Der Strand, der Müll und das Meer

Heute war es limite degueulasse, die Ekelschwelle erreicht. Es hat mehrere Tagen geregnet. Caro, Cannoise und Antiboise aber ursprünglich aus Norddeutschland, würde mich sofort korrigieren, ich übertreibe, es waren täglich nur ein paar Minuten und außerdem wurde es dahinten schon bald wieder hell … danke, bei uns hat es reingeregnet und nicht zu knapp. Das Wasser tröpfelte nicht, sondern rann von der Decke in Monsieurs Bastelwerkstatt. Egal. Das nur, um zu sagen, am Strand fand man heute wenig frischen bunten Plastikkram, denn niemand war die letzten Tag am Strand, sondern es gab nur allerhand alten, angespülten hellgewaschenen Dreck. Ich laufe am Strand entlang und bücke mich hier und da und sammelte den Müll in ein Plastiksäckchen. Ein Mann kommt genervt auf mich zu, ich solle aufhören, alle Muscheln einzusammeln, es gäbe eh kaum welche. Ich sage, dass ich keine Muscheln sammle und er reißt mir das Plastiksäckchen auseinander, um hineinzusehen. Er versteht nicht, was er sieht. “Was ist das?”. “Müll”, sage ich. “Sie sammeln Müll?” fragt er verständnislos. “Ja.”, antworte ich. Er sieht mich an, als habe ich den Verstand verloren. “Warum machen Sie das denn?”, fragt er dann angewidert. “Darum”, sage ich. Er lässt mich stehen.

Ich trage den Rest der Strecke das zerrissene Säckchen wie ein Baby an meiner Brust, damit ich nichts verliere. Finde noch zwei verrostete Stangen, die das Meer hier ausgespuckt hat. Ich musste an Frank Schätzings “Der Schwarm” denken, in dem das Meer zurückschlägt. Die Fische einen Fischer in sein eigenes Netz ziehen und ertränken, die Wale das Wale watching satthaben und nun ihrerseits auftauchen, um die Touristen in den Booten zu betrachten, und das Meer kotzt uns den Dreck wieder zurück an den Strand.

Auf dem Weg zur Mülltonne grabe ich zwei Bierflaschen aus dem Sand und es riecht penetrant nach Urin. Diesen Geruch kriege ich dann nicht mehr aus der Nase, obwohl ich anschließend noch ein Stück schwimme. Auf der Suche nach etwas Idylle klettere ich auf den Wellenbrecher, um ein Segelboot am Horizont aufzunehmen und stoße auf den nächsten Müll. Herrjeh. Seit einer Woche gibt es hier alle fünfzig Meter je zwei Mülltonnen, es gibt schon wieder das erste Dixie-Klo, wie ich sie hasse, diese Plastikhäuschen am Strand, aber genau die geben dem Strand das Eco-Label. Ein angetrunkener junger Mann pisst dennoch gegen die Steine des Wellenbrechers. Dankeschön. Eine Bekannte erzählt mir, dass sie sich anschnauzen lassen musste, als sie einmal einen Hundebesitzer zurechtwies, er möge die Hinterlassenschaft seines Hundes mitnehmen: Salope! Was geht es dich an? Ich zahle Steuern! Die Gruppe der jungen Leute, die die Nacht oder zumindest den frühen Morgen am Strand verbracht hat, lässt dann auch sämtliche Plastikbecher und Plastikflaschen liegen. Zehn Meter von der Mülltonne entfernt. Ich sage nichts, werfe es aber weg. Zuhause dusche ich von Kopf bis Fuß, schrubbe mir die Hände und desinfiziere sie zusätzlich.

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ps: Die Zitronenfalterin hat mich gebeten, diesen Beitrag auf Ihrem Blog zu verlinken. Dort gibt es im Juni eine Blogparade zur Nachhaltigkeit.  Das mache ich gerne!

pps: Astridka von Le monde de Kitchi hat mich gestern  in einem Kommentar auf die Blogparade des DHM, des Deutschen Historischen Museums in Berlin, hingewiesen: Europa und das Meer. Mein Beitrag wurde ursprünglich nicht dafür verfasst, passt aber ganz gut. und ich werde ihn deshalb dort verlinken.

Ich bin Deutsche, lebe in Frankreich, insofern bin ich aktive Europäerin und wir (mein Mann, Franzose, und ich)  sammeln jeden Tag, an dem wir an “unserem” Strandabschnitt sind, dort den Müll. Mein Mann macht das schon seit 50 Jahren so. Ich habe mich ihm vor zehn Jahren, als ich hierherkam, angeschlossen. Die Müllmänner, die frühmorgens den Strand reinigen, machen das eher auf nachlässige Art und sie gehen nicht am Wasser entlang. Wir hingegen laufen, eigentlich aus sportlich-gesundheitlichen Gründen, ganzjährig mit den Füßen im Wasser und sammeln dabei das, was wir dort an (Plastik-)Müll finden, was angeschwemmt wurde und im Wasser schwimmt.  Ich habe es dieses Jahr, angeregt durch die vermehrte Plastik-Diskussion, erstmals dokumentiert und darüber geschrieben, etwa hier oder hier  Eine weitere Plastiksammelaktion gab es auf der Ile Ste. Marguerite. #DHMMeer

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13 Responses to Der Strand, der Müll und das Meer

  1. Den Beitrag kannst Du gleich bei meinem Monatsmotto Nachhaltigkeit verlinken. Wirklich erschreckend! Ich versteh gar nicht, wie die anderen Menschen das schier übersehen und ihren Abfall dazu werfen.
    Liebe Grüße
    Andrea

  2. Danke fürs Verlinken. Ich habe gerade deinen Beitrag über den Versuch, ohne Plastik einzukaufen, gelesen. Herrlich, ein Genuss, aber auch so wahr.
    Der Müll am Strand hingegen ist eine Katastrophe.
    Liebe Grüße
    Andrea

  3. Caroline Bahri sagt:

    Moin Moin, bin gerade in Bremen. Es ist heiß, heiß. Gauloise-Reklame vor einer Kneipe, aber vor allem sooo dreckig. Es liegt viel Müll am Straßenrand, Verkehrsinseln und Randstreifen sind von Unkraut überwuchert. Wenn du hier Müll sammeln müßtest, hättest du wohl rund um die Uhr zu tun. Ach, was sehne ich mich nach unserem sauberen Cannes und bin froh, wenn ich nächste Woche zurück bin.

    Liebe Grüße Caro

  4. Astridka sagt:

    Liebe Christiane, habe heute Morgen schon deinen ersten Beitrag bei Andrea gelesen ( sehr amüsiert da mit Wiedererkennungswert ), dann deinen Frankreichpost im Frankreichblog mit viel Wiedererkennungswert ( ohne ähnliche Folgen: Frankreich ist quasi zu uns gekommen in Form eines Schwiegersohnes, der – so südfranzösisch wie er aussieht – gnadenlos dem deutschen Primat der Arbeit huldigt, und zwei süßen Mademoisellchen ).Und zum kommentieren habe ich es dann nicht mehr geschafft, war schon zehn Uhr und ich musste aufstehen.
    Diesen Beitrag könntest du gut verlinken mit der Blogparade des Deutschen Historischen Museums zum Thema Meer & Europa. Schau mal hier:
    http://www.dhm.de/blog/2018/06/20/blogparade-europa-und-das-meer-was-bedeutet-mir-das-meer-dhmmeer/

    Liebe Grüße
    Astrid

  5. Tanja Praske sagt:

    Liebe Christjann,

    eigentlich ein traurig, amüsanter Post – wenngleich ich deine Abscheu bezüglich der Bierflasche gut nachvollziehen kann – igitt!

    Danke, dass du dich mit unserer Blogparade #DHMMeer verbunden hast, somit “stolperte” ich über dein Blog, in dem ich weiter stöbern werde – die Frankreichliebe verbindet uns! Der Pingback ist im DHM-Blog freigeschaltet, die Kommetarfunktion hat gerade einen Bug, wird behoben, ist aber scheinbar nicht so einfach. Die Blogparade startete erst am 20. Juni, also nach deinem Beitrag hier. Ich werde dich ins Pinterestboard zur Blogparade aufnehmen, da dein Thema wunderbar passt. Vielleicht fällt dir ja noch aufbauend auf deinen Gedanken hier etwas Spannendes zur Blogparade ein. Den Post nehmen wir dann sehr gerne unter Aktualisierung auf.

    Mir gefällt auch dein aktueller Beitrag – Blau – tolle Fotos!

    Sonnige Grüße und herzlich,
    Tanja von KULTUR – MUSEUM – TALK

    • dreher sagt:

      Liebe Tanja, vielen Dank für deinen Kommentar, habe gerade auch von DHM eine Nachricht bekommen, danke, wenn ihr den Beitrag bei Pinterest aufnehmen wollt, ich habe kein Konto dort und auch kein Twitterkonto. Mal sehen, ob ich Zeit finde, etwas Neues zu schreiben, ich hatte das Thema ja nun schon mehrfach auf dem Blog, muss ausserdem ein Manuskript abgeben. On verra. Schön, wenn du weiter im Blog lesen magst, habe schon gemerkt, dass uns die Liebe zu Frankreich verbindet 😊 Für eben gruesst herzlich vom Mittelmeer, Christiane
      Achso, es war gar nicht die Bierflasche, die mich angeekelt hat, sonder der Uringeruch, den ich an den Fingern hatte, als ich sie aus dem Sand (feucht!) gegraben habe 😝