
So, heute schreibe ich. Wenn Sie wüssten, wie viele angefangene Texte hier schon im Programm stehen, die nicht zu Ende geführt wurden, aus welchen Gründen auch immer, die dann von den Ereignissen überholt wurden und bei WordPress als Textleichen ihr ungelesenes Dasein fristen. Ich schicke Ihnen heute mal ein paar davon.
Danke für Ihre Nachfragen und Mails hier und da, es rührt mich immer, dass Sie sich um mich sorgen, und ich freue mich, dass es in dieser Welt, die immer aggressiver wird, noch eine kleine Community gibt, in der es freundlich und zivilisiert zugeht. Liebe geht raus an Sie alle, wie man jetzt allenthalben sagt.
In der französischen Presse ist heute die Eröffnung des ersten Ladens der chinesischen Billigmodemarke Shein Thema, die bisher nur online verfügbar war. Ich habe keine Ahnung, wie man “Shein” ausspricht, aber die Franzosen machen daraus “Schie’hn”. Die Kooperation wurde mit dem Bazar de l’Hôtel de Ville, kurz BHV oder BHV Marais, gegründet. Das Kaufhaus gehörte lange Zeit zu den Galeries Lafayette, die aber selbst verkauft wurden und nun einer anderen Gesellschaft gehören. Diese Kooperation wird stark kritisiert, nicht zuletzt, weil Shein, wie vor kurzem bekannt wurde, nun auch Puppen verkauft, die der männlichen Befriedigung dienen (sie haben eine Vagina und einen Anus). Es ist abscheulich und schockierend, weil es sich um eine lebensecht aussehende Puppe in Form eines kleinen Mädchens mit großen, treuherzigen Augen, handelt, das zusätzlich einen Teddybär mit sich herumträgt. Diese Puppen gibt es vermutlich nicht im Kaufhaus zu erwerben, aber es wird deutlich: Shein macht alles, mit dem sich Geld verdienen lässt – und das unter, sanft ausgedrückt, wenig sozialen Bedingungen. Es kann nicht alles dem Geldscheffeln unterworfen werden, es gibt Anstand und Moral, sagt zumindest die Begründerin der Modemarke agnès b., die ihren Shop bei BHV heute demonstrativ geschlossen hat und ihren Vertrag dort ab Januar 2026 nicht verlängern wird. Dafür möchte ich am liebsten gleich in ihre Boutique gehen und etwas erwerben. Ihr Rat übrigens, wenn man nicht genug Geld für teure Kleidung hat und außerdem noch nicht seinen Stil gefunden hat, wie viele der jungen Käuferinnen der Billigmode, ist, auf dem Flohmarkt oder in Secondhand-Shops einzukaufen. Es werden übrigens noch ein paar andere Marken BHV verlassen, aber keine ist so groß oder angesehen wie agnes b.
Ich erfahre das alles, weil Monsieur mit seinen Grippeviren im Bett nebenan Radio hört. Oder besser gesagt: hörte. Gerade nämlich dringt neben den Nachrichten ein röchelndes Schnarchen zu mir durch. Aber seit heute ist er auf dem Weg der Besserung, zumindest scheint es so. Es ist nicht Covid, das haben wir getestet, denn den habe ich mir aus Deutschland mitgebracht, und der hat mich hier zehn Tage lang lahmgelegt, und meine Energiereserven fühlen sich auch immer noch ziemlich ausgelutscht an.
Hier ein früherer Textentwurf:
Einfach anfangen. Dem Schreibenden wirft sich das Wort in die Tastatur. Vielleicht. Wer hätte gedacht, dass mir das Schreiben mal entgleiten würde, schwierig würde. Über so viele Themen habe ich zumindest im Kopf geschrieben, manchmal sogar Stichworte hingeworfen, Fotos gemacht, und komme doch, quasi am Stift kauend oder über den Tasten grübelnd, nicht richtig weiter.
Es ist grau heute und ich bin müde. Ich hatte gestern ein großes Familienessen, es stresst mich immer noch, nicht nur, weil unter den Eingeladenen ein ehemaliger Metzger war. Ich habe mich an “Choucroute garnie” gewagt, ein elsässischer Klassiker, der hier im Süden aber gerne uns Deutschen zugeordnet wird, und der von Teilen der Familie schon mehrfach von mir gewünscht wurde. In meinem ersten Büchlein habe ich schon einmal ein Kapitel über Sauerkraut geschrieben. Können Sie gerne nachlesen, es hat sich nichts daran geändert, allein die Zubereitung des Sauerkrauts lässt stets ausufernde Diskussionen zu. Ich bin nachwievor keine Sauerkrautliebhaberin, ein oder zweimal kann ich es im Winter essen, ich bevorzuge es dabei so roh wie möglich, “Choucroute garnie” muss aber natürlich ordentlich gekochtes Sauerkraut vorweisen. Anyway, es war aus vielerlei Gründen und trotz guter Charcuterie, für die ich mich bin zu einem Metzger im Nachbarort bewegt habe, nicht so gut, wie ich es mir gewünscht hätte, aber wir haben trotzdem einen netten Abend mit Familie und vor allem den nur noch punktuell anwesenden Enkelerwachsenen (Kinder sind sie nicht mehr!) verbracht.
Aber mich ermüden Zusammenkünfte dieser Art immer, heute habe ich einen Sozialkater und brauche Zeit für mich.
Letztes Jahr habe ich schon einmal über diese Inflation von Adventskalendern gestöhnt, fand aber den Wurstadventskalender, den es in Frankreich plötzlich gab, noch richtig witzig. Dieses Jahr gibt es einen Bieradventskalender, diverse Weinadventskalender, es gibt sogar einen mit Trüffelpasteten und Foie-Gras-Gläschen, scheinbar alles gibt es jetzt in 24 mehr oder weniger großen Päckchen und dem Preis nach oben ist keine Grenze gesetzt, gerade wurde mir der exzessiv teure Adventskalender von Dior, den man für nur 650 € erwerben kann, auf meiner Timeline angeschwemmt, und ich glaube, für mich ist es jetzt vorbei. Zu viel ist zu viel. Bei mir gab es für die “Enkelkinder” bislang nur Schokolade-Adventskalender, und schon da habe ich mich jedes Jahr durch das anschwellende Angebot gerwühlt, um immer auf dem aktuellsten oder originellsten Stand zu sein, aber ich bin nicht gewillt, diesen überdimensionierten Hype mitzumachen. Beide sind nun groß, die Enkelin hat gestern überraschend gesagt, dass sie keine Schokolade mehr isst, (dabei habe ich gerade noch eine exquisite Nusscreme mit dunkler Schokolade bei einem Chocolatier für sie erstanden), der Enkel bekommt vermutlich einen Adventskalender von seiner Liebsten, vielleicht auch nicht, es ist mir aber egal, ich bin raus.
Gerade hatte ich einen Absatz über ebenso inflationär auftauchendes Halloween geschrieben, dann hatte ich einen eigenartigen Error XY, kopierte den Text in die Zwischenablage, bevor ich neustartete und außerdem den Cache leerte, und siehe da, alles weg. Also den Halloween-Absatz vergessen wir jetzt. Frankreich ist eher Halloweenresistent, auch wenn hier und da ein paar Kürbisse dekorativ herumliegen.
Und jetzt ist Halloween auch schon wieder vorbei – alles ist Schall und Rauch.
Was ist nicht noch alles passiert in den vergangenen Wochen – kurze Zeit sprach ganz Frankreich nur noch vom Juwelenraub, angeblich werden schon die Filmrechte dafür verhandelt, fragt sich nur mit wem. Mit dem Louvre? Oder mit den zwei Herren, deren DNA man am Tatort gefunden hat? Hatten die keine Handschuhe an, frage ich mich?
Gleichzeitig versucht das dritte oder ist es schon das vierte Gouvernement einen Haushalt zu erarbeiten, der nicht gleich wieder der Zensur zum Opfer fällt.
Es soll französische Briefmarken geben, die nicht nur ein Croissant abbilden, sondern angeblich sogar den Duft von Croissants mitliefern. Sie geisterten schon durch meine Insta-Timeline, aber in Cannes sind sie noch nicht oder vielleicht auch schon nicht mehr zu haben.
In der Zwischenzeit ist Nachmittag, dem Gatten geht es definitiv besser, er hat sich gerade bis aufs Sofa geschleppt und schaut dort weiterhin Nachrichten. Ich lüfte derweil das virenverseuchte Schlafzimmer.
Und hier ein anderer, noch früherer Textentwurf:
Gerade bin ich über den Fall von Anne gestolpert, einer dreiundfünfzigjährigen Französin, die tatsächlich glaubte, eine Fern-Beziehung zu Brad Pitt zu haben, und dem sie mal eben etwas mehr als 800.000 Euro überwiesen hat, weil er klagte, dass Angela Jolie ihm die Konten gesperrt habe. “Bist du es wirklich?” fragte sie, und er hatte “Ja” geantwortet. Das macht mich kurz sprachlos. Auch die unglaublich schlecht gemachten Foto-Fakes, die angeblich während der OP von Brad Pitt gemacht wurden, der ebenso angeblich eine Nierentransplantation benötigte und die er dank ihrer finanziellen Hilfe vornehmen konnte und dank ihrer liebevollen Nachrichten gut überstanden hat, zweifelt sie nicht an. Die Journalisten, die sie in verschiedene Sendungen eingeladen haben, wo sie ihre Geschichte erzählt, haben Mühe ernst zu bleiben. Aber ich will den ersten Stein nicht werfen, ich habe meinem ersten Mann seinerzeit auch allerhand bizarre Geschichten geglaubt, weswegen ich heute vermutlich auch erstmal sehr misstrauisch bin. Und ja, was man heute schon und zukünftig noch alles mit künstlicher Intelligenz oder intelligence artificielle, wie es im Französischen heißt, anstellen kann, davon machen wir uns vermutlich keinen Begriff.
Was einem als älterer Mensch heute ganz ohne betrügerische Absicht zugemutet wird, ist, an einer Umfrage der Krankenkasse teilzunehmen, wobei man ganz einfach mit dem Smartphone den QR-Code einscannen und dann fröhlich im Internet auf verschiedene Fragen antworten soll. Liebe Versicherungsfachangestellte, bitte machen Sie sich ein realistisches Bild Ihrer Versicherten – insbesondere, wenn es um Versicherte eines gewissen Alters und mit einem höheren Pflegegrad geht. Schauen Sie sich dazu einfach mal Ihre eigenen Groß- oder Urgroßeltern an, krank oder nicht, und überlegen Sie, ob Sie denen so ein Unterfangen zumuten würden. Ganz abgesehen davon, dass es in Pflegeheimen kein Internet gibt. Das muss sich in diesen Etablissements zumindest für uns Boomer und alle, die nach uns kommen, mal deutlich ändern. Vielleicht kriegen wir aber auch kein Internet, damit wir nicht auf unsere alten Tage auf Betrüger hereinfallen und unser Pflegegeld falschen Investmentbankern anvertrauen oder es aus lauter Langeweile beim Pokern im Internet verspielen. Vielleicht wird man irgendwann auch einfach zu müde für all das? Möglich ist das.
So. Diesen Text-Gemischtwarenladen schicke ich jetzt mal raus, sonst wird es nichts mehr. Und nein, es tut mir leid, ich habe bislang weder über den Geburtstag noch über das Deutsche Filmfestival geschrieben.












Liebe Christiane,
gut, von Dir/Euch zu hören. Ich dachte, dass Du familiär aufgeräumt bist… und bin davon ausgegangen, dass Du Dich schon melden würdest, wenn Du wieder Licht am Ende des Tunnels siehst. Du bist ja auch immer zwischen zwei Ländern unterwegs!
Ich hoffe, Du wirst trotzdem irgendwie in Weihnachtsstimmung kommen und auch wieder die Ruhe zum Schreiben finden.
Sei fest gedrückt,
Eva
Danke dir liebe Eva!
Ja, Weihnachten drängt sich über den Nikolausmarkt in Châteauneuf energisch in den Vordergrund, da die hauptamtliche Nikolaus marktbeauftragte dieses Jahr aus gesundheitlichen Gründen nicht viel machen kann. Also stehe ich in der ersten Reihe… aber glücklicherweise nicht alleine!
LG
Ich war gerade eine Woche in Frabnkreich und da sehr erstaunt, wie groß und reichlich überall auf Halloween dekoriert war – etwas… speziell fand ich die blutigen Handabdrücke an den Glastüren und -scheiben eines Metzgers *irx*
Schön, Sie wieder zu lesen!
Vinni
Urgh,sehr humorvoll der Metzger😱
Ok, Cannes ist vermutlich nicht repräsentativ für die Ausbreitung von Halloween in Frankreich 🤷
Dankeschön und liebe Grüße!
Schön von Dir zu hören! Ueber Wochen habe ich werktäglich hier reingeschaut und gehofft, Neues von Dir zu hören. Mailen wollte ich nicht, um Dir nicht noch zusätzlich Druck zu machen.
Dass Ihr beide auf dem Weg der Besserung seid freut mich sehr. Die besten Genesungswünsche an Dich und Monsieur!
Halloween wird hier auch immer grösser (eigentlich alles, mit dem man potentiell Geld machen kann, wird grösser und ein Anlass entweder Süssigkeiten oder Geschenke oder am besten beides an den Mann/die Frau zu bringen), was aber angesichts der vielen Expats auch verständlich ist.
Bald ist Adventszeit, die Zeit rast und für mich rast sie gefühlt noch schneller, denn Ende diesen Monats gehe ich in Pension! Ich kann es selbst noch nicht glauben. Anfangs des Jahres konnte ich es kaum erwarten und jetzt würde ich es gerne noch ein paar Monate rausschieben, wenn es denn möglich wäre. Ich werde vermutlich Februar/März zurück nach Deutschland gehen und es ist noch so viel zu tun. Mein Elternhaus dort renovieren, hier die Umzugskartons packen und alles Administrative erledigen, dann umziehen… Dazu kommt, dass seit Anfang des Jahres in “meiner” Strasse (und Umgebung) Bauarbeiten stattfinden, Rohre für Fernwärme werden verlegt, die Tramschienen erneuert und die Arbeiten sind “consequent”, also sehr umfänglich. Wo da ein Umzugswagen parken soll ist mir schleierhaft, es ist ja kaum Platz einen Kinderwagen durch die verengten Gehwege zu bugsieren. Das Planungsbüro hat mir versichert bis Mitte Dezember sei das (geplant) längst erledigt … à condition que… Man wisse ja nie, was den Versorgungs- oder Verkehrsbetrieben noch in letzter Minute alles einfällt, wenn man denn schon aufgegraben hat. 😱😱😱
Liebe Grüße und courage für die Weihnachtsmarktvorbereitungen!
Karin
Lieben Dank für deine Treue, liebe Karin! Danke auch für deine Besserungswünsche, der Gatte ist dann heute doch mal zum Arzt gegangen.
Ich erinnere mich, dass du die Bauarbeiten und Umzugsprobleme Anfang des Jahres schon befürchtet hast – und ja, die Zeit rast!
Ich verstehe deine Sorge, aber ist das nicht die Arbeit von Umzugsunternehmen, das auch in schwierigen logistischen Fällen hinzukriegen? Deswegen bezahlt man die doch! Vermutlich wird es teurer – aber hinkriegen sollten sie es doch!
Es bleibt ja wirklich noch genug für dich zu tun – packen, ausmisten, renovieren … auch wenn man vielleicht nicht alles selbst machen muss, muss man es doch überwachen.
Liebe Grüße und Courage auch für dich!
Wir waren über Halloween gerade in Antibes und am Halloweentag auch in Menton. Wir waren erstaunt, dass überall in den Schaufenstern und selbst in den Supermärkten reichlich dekoriert worden war. Schaufensterscheiben waren teils anspruchsvoll bemalt zum Thema und durch die Stadt liefen unglaublich viele Kinder mit ihren Eltern, die ebenfalls verkleidet waren, um ihr: Des bonbons ou un sort! vorzutragen und Süßigkeiten zu erhaschen.
Man hatte das Gefühl, kein Geschäft kann es sich leisten, nicht zu dekorieren, wenn selbst der Immobilienmakler Plastikspinnweben und -spinnen über seine Exposé hängt. In diesem Ausmaß habe ich das in Deutschland noch nie erlebt. An unserer Ferienwohnung wurde quasi dauergeklingelt. Nun ist der “Spuk” vorbei. Lustig anzusehen waren vor allem die vielen verkleideten Erwachsenen in den Straßen schon…hatte was von Karneval in Deutschland.
Ok, nehme ich zur Kenntnis. Ich war nicht in der Innenstadt, vielleicht war es da Halloweeniger, in meinem Viertel passierte nix, nur der Bäcker hatte dekoriert und hatte Geister-Kekse im Angebot, die mit buntem Zuckerguss bemalt waren. Die verkauft er auch immer noch, weil hier einfach keine oder zumindest (nicht genug) entsprechenden KundInnen dafür da sind.
🤷