Shein oder nicht Shein

Wie es mit Shein (Marketplace) in Frankreich weitergehen wird, ist im Moment noch ungewiss. Neben den kinderpornografischen Puppen hat man auf der Onlineseite nun auch Waffen im Angebot gefunden, allerdings über Drittanbieter. Die Regierung hat „auf Anweisung des Premierministers”, von dem man jedoch nicht weiß, wie lange er noch im Amt sein wird, „ein Verfahren zur Aussetzung von Shein eingeleitet, bis die Plattform den Behörden nachweisen kann, dass alle ihre Inhalte mit den Gesetzen und Vorschriften Frankreichs übereinstimmen.” Nun gut, Frankreich wird eine gewisse Sheinheiligkeit vorgeworfen, Verzeihung für die plumpen Wortspiele in diesem Artikel, die sich aber geradezu anbieten. Alle tun gerade so, als würden sie ausschließlich französische Ware kaufen, aber was ist nicht chinesischer Herkunft in französischen Kaufhäusern? Das gesamte Non-Food-Angebot bei Monoprix stammt aus China. Auch die Corona-Tests, die ich hier in der Apotheke erworben habe, stammen aus China, und natürlich ist der gesamte Internethandel voll mit billigen chinesischen Produkten. Ich gestehe, dass ich acht große runde und vier rechteckige Tischdecken, die ich für Monsieurs Geburtstag einmal und vermutlich nie wieder brauche, ebenso dort erworben habe. Selbst das Leihen der Tischwäsche wäre mit An- und Abfahrt (von Grasse ins abgelegene Bergdorf) und allem Drum und Dran nicht billiger gewesen. Nachhaltiger? Vielleicht. Organisatorisch komplizierter aber auch.

Savoir oder pouvoir?

Der Direktor von BHV hat sich gestern einen Lapsus erlaubt, als er mit den KundInnen über die Polemik und Proteste, die sie beim (stundenlangen) Anstehen und Betreten des Kaufhauses erleben mussten, über die Scheinheiligkeit der Protestbewegung sprach: “ils n’ont rien à foutre avec des gens comme vous qui ne savent pas s’habiller”. Also: “Die, die da draußen protestieren, denen sind Leute wie Sie, die sich nicht anziehen können, piepegal.”

Man beachte hier den Unterschied zwischen “savoir” und “pouvoir” – beide bedeuten in der deutschen Übersetzung “können”, aber sich nicht anziehen können mit “pouvoir” gebildet, meint, man hat (möglicherweise) nicht genug Geld, um sich (schick und teuer) einzukleiden, und das will der Direktor vermutlich sagen, aber er sagt “vous, qui ne savent pas s’habiller”, was bedeutet, dass die Leute nicht “wissen” wie es geht, also sie haben es nicht gelernt oder sie haben nicht genug Gespür dafür, sich (gut) anzuziehen. Man unterstellt ihm nun, dass er im Eifer des Gefechts – es ist wirklich keine leichte Aufgabe, dort im Gewühl zu stehen, angepöbelt zu werden und dennoch in jeder Hinsicht das Gesicht zu wahren – gesagt hat, was er wirklich denkt und empfindet: eine gewisse Geringschätzung für die Shein-KundInnen nämlich. Das hat aber außer den JournalistInnen keiner wirklich gehört – die anstehenden Damen (die Herren sagten in der Regel, sie begleiteten nur ihre Frau) auf jeden Fall nicht, oder es hat sie nicht gestört.

So viel aus der Hauptstadt. Zurück in die Provinz.

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