Hitze, Regen und dies und das

Den Artikel über die Hitze und die Auswirkungen auf das Gehirn habe ich zwar wiedergefunden, aber ich habe ihn nur quergelesen, er ist mir ehrlich gesagt zu anstrengend. Die Quintessenz steht in den einleitenden Sätzen: “Extreme Hitzewellen sind großer Stress für den Geist. Das Denken fällt schwerer, die Psyche leidet.” Jo. Isso. Kann ich bestätigen. Es geht im Artikel auch noch um den Klimawandel. Hier, in den Bergen haben wir gerade nie dagewesene 28 Grad Innentemperatur und draußen irgendwas um 33 oder gefühlte 35 Grad. Ich habe das elektronische Thermometer auf den Gartentisch gestellt und es hat quasi sofort den Geist aufgegeben. Ich war aber heute in Guillaumes einkaufen, dort ist es im Winter so kalt (es liegt so eingeklemmt zwischen den Bergen, dass die Sonne im Winter kaum hinkommt) im Sommer aber so unerträglich heiß (die Sonne knallt gnadenlos auf das schmale Straßendorf), dass es einem nach gut zwei Stunden dort unten hier oben dann wieder frisch vorkommt. Gerade (17 Uhr) zieht, wie schon gestern, ein Gewitter regenlos an uns vorbei. Es hat aber immerhin schon das Internet durcheinandergebracht.

Ich wollte ja noch ein paar Sätze zu Olympia gesagt haben. Die Eröffnungsfeier habe ich nur auf meinem Handy gesehen, da fehlte vielleicht ein bisschen der Wow-Effekt, den man vor dem Fernseher haben kann. Gleichzeitig hat es mich an die Synchronschwimmgala meiner Enkelin erinnert, die wir jahrelang besucht haben, wo man auch immer nur Bruchstücke der Choreographie gesehen hat, weil ein Teil unter Wasser war und die Formation auch durch das ganze Becken ging, außerdem war alles, was am anderen Beckenrand dekoriert war und sich dort abgespielt hat, so klein, dass man es nicht richtig gesehen und nur ungefähr verstanden hat. Das sagten übrigens auch die auf den Tribünen im strömenden Regen ausharrenden, vermutlich allesamt ausländischen, Zuschauer (die Pariser haben, so sie konnten, Paris verlassen, einerseits weil sie das im Sommer immer tun, andererseits weil sie Paris kaum noch durchqueren konnten, ohne QR-Code und was weiß ich, welche Auflagen es noch gab; viele Restaurateure sind sauer, weil man sie die Terrassen abbauen ließ und ihnen gleichzeitig die Lauf-Kundschaft nahm, die ohne den richtigen QR-Code nicht mehr kommen konnte), zurück zu den ausländischen Zuschauern, die beklagten, dass sie für einen wahnsinnig hohen Ticketpreis im Prinzip nichts (Besonderes) gesehen haben. Verstanden haben sie vermutlich auch nicht viel. Die Meinungen über die Zeremonie sind so gespalten, wie das Land politisch gespalten ist. Für die Älteren und Konservativen war es ein großer Mist, unwürdig und peinlich, die jüngere Generation war begeistert, wie jung, modern und divers sich Frankreich gezeigt hat. Nur ein Beispiel: Die Rapperin Aya Nakamura, die von konservativer Seite wegen ihrer Sprache kritisiert wird, sang und tanzte vor der Académie Française, der Institution für die französische Sprache, begleitet von der Garde Républiquaine, einer Abteilung der Gendarmerie Nationale, die bei Ehrungen und Zeremonien auftritt. Ich meine, kontroverser kann es kaum sein. Nun gut. Einig war man sich nur darin, dass die von ihrer Krankheit gezeichnete Céline Dion, die auf dem Eiffelturm die Hymne an die Liebe sang, zum Heulen schön war.

Die Seine ist leider aufgrund des Regens wieder sehr verschmutzt. Vielleicht erinnern Sie sich an das Bild, das ich kürzlich gezeigt habe, auf dem der Fluss Var, vom Regen verschmutzt, in das türkisblaue Mittelmeer mündet und das Meer unschwimmbar macht. Ähnlich verhält es sich mit dem Regenwasser und dem Abwasser in Paris, die sich unangenehm vermischen. War vor kurzem noch von der Regattastrecke als Ausweichort die Rede, so ist davon jetzt wohl keine Rede mehr, die Wettkämpfe werden vorerst verschoben, vielleicht sogar abgesagt. Das ist nicht nur für die Freiwasserschwimmer blöd, sondern auch für die Triathleten, die gezwungenermaßen zu Duathleten werden. Wenn das Schwimmen ihre Stärke war, haben sie Pech gehabt.

Ich bin kein großer Fan der Olympischen Spiele und finde es auch problematisch, dass Frankreich nun auch die Olympischen Winterspiele 2030 ausrichten wird. “Hurra, wir haben den Zuschlag bekommen”, jubelte die regionale Presse vor einigen Tagen. Ja, wir haben den Zuschlag bekommen, aber es gab auch nur einen Bewerber, nämlich Frankreich, haha. Und jetzt wird in den nächsten Jahren in die maroden Anlagen der Skigebiete investiert, es wird wohl jahrelange Großbaustellen geben, obwohl wir uns einig sind, dass der ganze Skizirkus der Natur nicht gut tut, vom Klimawandel ganz zu schweigen. Schnee gibt es schon jetzt kaum noch, meist wird er von Schneekanonen produziert.

Es hat dann doch gewittert und geregnet, lange und nicht zu knapp. Abkühlung! Ich habe alle Fenster aufgerissen, und wir konnten das Wohnzimmer drei Grad runterkühlen. Man kann wieder atmen. Internet aber war weg. Es hat sich quasi mit dem ersten Donnergrollen verabschiedet. Es kam erst nach 21 Uhr wieder.

Wir haben Sommerbesuch, das ist hier so üblich. Normalerweise frühstücken Monsieur und ich nicht mehr am Tisch sitzend, jeder von uns macht sich in der Küche stehend seinen Kaffee, ein Brot oder ein Müsli, wie und wann er will. Monsieur isst oft gar nichts. Aber wenn Besuch kommt, decke ich wieder den Frühstückstisch, und zwar unbewusst nach deutscher Art, die Tasse neben den Teller, weil ich auch nach neunzehn Jahren immer noch denke, dass der Teller für das Brot da ist, aber hier kann ich Teller hinstellen, so viele ich will, das Brot wird gnadenlos auf dem Tisch zubereitet, die Teller dienen immer nur dazu, den Bol, die Kaffeeschüssel darauf zu stellen, weil man das Brot nachher in den Kaffee tunkt, und das ist immer eine ziemlich suddelige Angelegenheit, an die ich mich auch noch nicht gewöhnt habe.

Mit dem Sommerbesuch mache ich natürlich auch wieder viel Essen und vor allem viel mehr Essen. Ich bin immer wieder erstaunt, was die jungen Männer alles in sich hineinstopfen können. Das Brot, das ich für eine Woche eingeplant habe, ist nach drei Tagen weg. Ebenso der Käse. Mit Schrecken sah ich die Vorräte dahinschmelzen und fühlte mich zum ersten Mal wie meine verstorbene Schwiegermutter, die uns das Essen immer streng rationiert hat. Man kann hier nicht einfach so einkaufen, man muss immer eine halbe Stunde runter ins Dorf fahren, wo man natürlich auch nicht alles bekommt (Fisch zum Beispiel gibt es nicht), also überlegt man sich im Voraus, wen man in den nächsten Tagen eventuell bewirten muss, was man wann kochen könnte, bestellt Fleisch beim Metzger und Brot beim Bäcker oder bei der Coopérative (im Sommer liefert ein Bäcker Brot von der anderen Seite des Cols, über den wir neulich gefahren sind) und kauft alles Mögliche ein und versucht, damit auszukommen. Junge Männer mit großem Hunger zweimal am Tag zu bekochen (und das trotz der Hitze warm!), bringt meine Planung etwas durcheinander. Deshalb war ich schon heute einkaufen und nicht erst am Donnerstag, wenn hier Markt ist.

Hier übrigens noch ein bisschen (trotz Hitze leicht verständliche Information) über das gestern erwähnte Sternbild des Großen Hundes. Das man bei uns aber nur im Winter sehen kann.

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13 Responses to Hitze, Regen und dies und das

  1. Heidi Lang sagt:

    Hallo Christine , dieser Beitrag ist wieder so interessant und köstlich zu lesen, das ich meine helle Freude daran habe.
    Mit zweimal warm kochen an einem Tag wäre ich überfordert, ich würde einmal soviel kochen, das es für eine zweite Mahlzeit reichen würde….herzliche Grüße und danke für all die tollen Berichte…Heidi L.

    • dreher sagt:

      Liebe Heidi, sehr gerne, vielen Dank!
      Ich versuche das in der Tat, aber es bleibt trotzdem nie genug übrig, dass es für alle zweimal reicht, allerdings gab es gestern Abend Reste von den zwei vorherigen Tagen, zusammen mit frisch gekochten Nudeln … heute Mittag gibts gegrilltes Hähnchen, ich hoffe, es bleibt dieses Mal genug für die Abendmahlzeit übrig :D
      LG!

  2. Ich lese die Geschichten aus dem Alltag so so gerne!
    Liebevoll – kritisch mit einem Augenzwinkern! ♥

    Danke

    • dreher sagt:

      Ach danke, liebe Franka!
      Ich denke ja oft, ich habe alles schon erzählt, und will das wirklich jemand wissen?
      Schön, wenn Sie es (immer noch) lesen mögen ❤️

      • Swuuj sagt:

        Ich lese auch immer mit großem Genuss hier mit, Ihre Binnensicht aus Frankreich schätze ich sehr, sie bringt mir neue Blickwinkel. Das Kochthema kenne ich, habe kurzerhand manchmal 1/2 der Menge in der Küche zur Seite gestellt/versteckt und nicht aufgetragen.

        • dreher sagt:

          Danke für die schöne Rückmeldung!
          Die Hälfte nicht auftragen ist vielleicht eine Lösung, ich denke drüber nach :D

  3. Sabine B. sagt:

    Ja, das will man wissen und möchte man sehr, sehr gerne lesen. Also bitte weitermachen mit Ihren Geschichten aus dem Alltag. Sie sind eine Bereicherung.
    Ich grüße Sie aus dem unerträglich heißen Toronto, in der es heute eine Hitzewarnung gibt.
    Sabine

  4. Ute sagt:

    So schön, wie Du das Frühstück beschreibst😁

  5. Martina sagt:

    Es gab über die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele auch sehr viele positive Äußerungen, vor allem weil es mal nicht das übliche Gehüpfe in einem Stadion war. Es war auf jeden Fall nicht unwürdig und peinlich und auf verstockte Ältere und Konservative will ich schon gar nicht hören.*) Ich kenne außerdem keine Restaurateure, die nicht meckern, entweder über die Touristen, wenn sie da sind oder wenn sie nicht kommen.
    Man kann über die Olympischen Spiele denken, was man will, aber bei jeden Spielen werden neue, auch internationale Freundschaften geknüpft, sowohl zwischen Zuschauern als auch Sportlern. Jede neue Freundschaft ist auch ein kleiner Beitrag zur Völkerverständigung.
    Die Winterspiele sind wegen der viel größeren Umweltschäden natürlich wesentlich problematischer.

    Nichts für ungut und viele Grüsse aus Kopenhagen

    *) In der Philharmonie de Paris ist noch bis 29. September eine sehr gute Metal-Ausstellung (über die verschiedenen Richtungen des Heavy Metal und Hard Rock). Der Grund ist, dass die Philharmonie auch für andere Musikrichtungen offen sein will. Es gab vorher schon eine Ausstellung über Hiphop. Ist das auch peinlich und unwürdig?

    • dreher sagt:

      Ach, ich wollte gar nicht so unfreundlich klingen, ICH denke nicht, dass es peinlich war, ich fand vieles erstaunlich und mutig (Aya Nakamura vor der Academie Française zum Beispiel), manches schräg und vielleicht albern (die Darstellung des Gemäldes “Feier im Olymp”), manches beeindruckend (die Lichtgestaltung des Eiffelturms), manches war mir zu lang (das mechanische Pferd auf der Seine, die nicht enden wollenden Fackelübergaben) und Celine Dion rührend – insgesamt überwiegt bei mir der positive Eindruck.
      Ich denke nur, es liegt so vieles im Argen, und es wird so viel Geld für diese paar Tage Sportfest verpulvert … ich bin einfach nicht von diesem Sportfieber und der Medaillen-Begeisterung gepackt; hoffe, es werden genug internationale Freundschaften entstehen und ich hoffe ebenso, dass es keine Anschläge geben wird.

      ps: gerade im Internet ein Foto gesehen, wo nord- und südkoreanische Sportler ein gemeinsames Foto (= Selfie) machen, das ist schön!

      • Martina sagt:

        Und wenn sie das Geld nicht für Olympische Spiele ausgegeben hätten? Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass dann gelöst worden wäre, was im Argen liegt?
        Ich möchte aber nicht die Diskussion in die Länge ziehen und falls es jetzt nicht so klar war, so lese ich Ihre Beiträge wirklich gerne.