Wider den Stachel

Wissen Sie noch, wann Sie Ihren ersten Seeigel gegessen haben? Nein, nicht, wann Sie das erste Mal reingetreten sind, ich fragte nach „essen“. Dochdoch, man kann die essen. Meine französischen Gastgeber am Wochenende waren ganz erstaunt, dass ich Seeigel kulinarisch nicht kannte…

Ich sagte trocken „bei uns isst man Seeigel nicht, bei uns tritt man nur rein“. Ich fand mich wahnsinnig originell mit diesem Satz, aber meine französischen Freunde sahen mich nur ernst an. Ich geb’s auf, das klappt nie mit dem Humor zwischen Deutschen und Franzosen. Franzosen nehmen Seeigel eben ernst. Wie alles Essbare.

SeeigelöffnerMan kann die also essen, nicht das stachelige Äußere, sondern das Innere. Man muss sie nur aufkriegen die Igelchen, das geht vermutlich mit allem Möglichen, stilecht ist es aber mit einer komischen Zange, die ich bislang für einen Öffner gehalten habe, um Gurken- oder Marmeladengläser zu öffnen. Man schneidet die Stachelkugeln damit und einem schneller RatschSeeigeln fixierenschnellen Ratsch horizontal durch, der Deckel fliegt weg und man entfernt noch alles Mögliche andere bis quasi nur noch ein bisschen rote oder orangefarbene weiche Masse übrig bleibt. Das isst man dann. Und man isst es möglichst schnell, weil diese Masse sich sonst verflüssigt und gleich davonläuft. Und WAS isst man da? Räusper, ähm, also, wenn Sie sich eh schon ekeln und Kaviar und Austern auch nicht mögen, dann sollten Sie jetzt ein paar Zeilen überspringen…
man isst die männlichen oder weiblichen Geschlechtsorgane. Daher auch die unterschiedlichen Farben, also je nachdem ob wir das Männchen oder das Weibchen vor und haben. So wurde mir das zumindest erklärt. Eigentlich würden die beiden das lieber bei Gelegenheit ins Meer fließen lassen, um sich so fortzupflanzen, aber die Seeigel-RestSeeigel bereit zum Auslöffelnhier kamen nicht mehr dazu, sondern wurden schnöde als Entrée ausgelöffelt. Bisschen Brot, trockener Weißwein dazu.
Unter Kennern gelten Seeigel als delikateste Meeresfrucht, und sie sind nicht ganz billig. Gemessen am Preis-Mengen-Verhältnis dessen, was man letztlich zu Essen bekommt, würde ich sie auch einfach als teuer bezeichnen wollen. Und? Lecker? Hm. Wie schmeckts? Hm. Sagen wir mal fremd. Leicht salzig. Weniger salzig als Austern und auch cremiger. Aha. Wissen Sie’s jetzt? Ganz ehrlich, bevor ich in Frankreich lebte, habe ich diesen glibberigen Rotz auch noch nicht gegessen, bzw. geschlürft. Aber ich habe kulinarische Fortschritte gemacht und bei Austern kann ich jetzt sogar Unterschiede feststellen. Alles in allem ist das ein bisschen wie Sushi. Erst denkt man, och nö, Algen, klebriger Reis und roher toter Fisch muss nicht sein, und dann ist man ratzfatz süchtig. Ich vermute, mit den Seeigeln wird es mir ähnlich gehen. Gibt ja auch Seeigel-Sushi.

Sie gelten außerdem als Aphrodisiakum. Ach du gute Güte, das wird ja ein lustiger Beitrag heute. Keine Angst, ich schreib Ihnen jetzt nicht noch mal die Schlussszene aus Patrick Süskinds Parfüm. Ich wurde ehrlich gesagt auch nur ein bisschen müde, das kann aber auch am Wein gelegen haben.

Frohe Ostern gehabt zu haben wünsche ich!

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