Es ist natürlich nur ein Zufall, dass es heute einen Mimosentext gibt. Das hat gar nichts mit irgendwelchen Empfindlichkeiten zu tun, wo denken Sie hin, es ist einfach le temps des mimosas. Mimosen, eine ursprünglich aus Australien eingeschleppte Akazienart, daher haben Sie übrigens auch ihre antizyklische Blühphase jetzt im Winter, sprich im australischen Sommer – blühen von Januar bis März, aber richtig überall und intensiv blühen sie ab jetzt, in der zweiten Februarhälfte.
Das ist für mich wirklich Premiere, all die gelben Mimosenbüsche zu sehen. Die Hügel um Cannes sind gelb, gelb, so was von gelb… Peu à peu wurde es rundherum von dunkelgrün erst zu grüngelb, dann zu zitronen- oder auch schwefelgelb: So richtig sonnenwarm gelb sind sie nicht, die Mimosenblüten, aber doch ist es ein sehr intensives und verheißungsvolles Frühlingsgelb. Betrachtet man die gelben Rispen von nahem, sehen sie die einzelnen Blüten aus wie kleine gelbe flimmerige Plüschbällchen, mich erinnern sie an kleine Entenküken, so zart und flauschig. Natürlich habe ich auch in den Bergen immer mal Mimosen zu sehen bekommen, einmal brachte mir jemand Mimosen von der Cote d’Azur mit, als es in den Bergen noch voller Schnee war – wie viel Licht sie ausstrahlten, die Mimosen im Schnee! Wie eine Verheißung von Frühling blühten sie tapfer ein paar Tage gegen Kälte und überhitzte Räume an, bevor es Ihnen zu ungemütlich wurde. Mimosen sind ja sehr empfindlich, insbesondere die Blütenbällchen ziehen sich schnell zusammen, wenn ihnen irgendwas nicht passt. Zu kalt mögen sie nicht, zu warm aber auch nicht und überhaupt, abgeschnitten, in der Vase halten sie sich nicht lange. Es gibt neben den vielen wilden und vor allem wild wuchernden Mimosenbüschen (wo immer sie mal sind, kriegt man sie nicht mehr los), aber auch richtige Mimosenzüchter – neben den Gärtnereien, in denen Mimosen als dekoratives Gartenelement gezüchtet werden, gibt es vor allem die mimosistes, die Mimosen, als Schnitt“blumen“ züchten. Ihre Mimosen sind vielleicht ein bisschen robuster und werden in sogenannten forceries „vorgeblüht“ – damit sie schon im Januar flauschig und gelb auf dem Markt sind. Tatsächlich gibt es kaum jemanden, der den alleresten kleinen Mimosensträußchen in ihrem intensiv leuchtenden Gelb widerstehen kann. Dennoch sind die Mimosen heute weniger präsent als früher. Rosen, Orchideen und alle anderen Schnittblumen, die es gleichzeitig gibt, haben ihnen ein bisschen den Rang abgelaufen.
Aber entlang der route des mimosas, die in Bormes-les-Mimosas, nahe der Halbinsel Hyères beginnt und die sich 130 km entlang der Küste bis nach Grasse, der Parfumstadt, schlängelt, blüht es jetzt überall. Und überall entlang der Mimosenstraße gibt es irgendein karnevaleskes Mimosenspektakel. Feste, Märkte, Musik, Tanz, Artisten und mit Mimosen geschmückte Karnevalswagen ziehen tags und sogar nachts durch die Straßen, und es findet die sogenannte bataille des fleurs statt, man wird (ähnlich wie beim Karneval in Köln, wo es neben Kamelle auch Strüßjer von den Wagen regnet) mit Blumen beworfen, mit Mimosen natürlich! In Mandelieu-La-Napoule, gleich neben Cannes, der selbsternannten Mimosenhauptstadt wird die Mimosenkönigin gewählt, und sogar schon eine Mini-Mimosenkönigin, damit der Nachwuchs auch zukünftig nicht verloren geht. Wer mit drei Jahren schon Mini-Mimosenkönigin war, bleibt vermutlich auch später den Mimosen treu! Die Mimosenfeste ziehen jedes Jahr jede Menge Menschen an, es gibt vor allem viele familienfreundliche Events drumherum. Mich kriegen Sie da nicht hin, nicht mal um O-Töne zu sammeln, aber wenn es in dieser Woche noch mal aufhört zu regnen, gehe ich vielleicht ein bisschen wandern in den Tanneron, wo es den größten Mimosenwald gibt und den letzten Mimosenzüchter.