Von den Leiden einer jungen Kolumnistin

Ich bin zu spät. Es ist alles schon gesagt. Seit ich angefangen habe, eine wöchentliche Kolumne zu schreiben, stelle ich das immer wieder desillusioniert fest. Entweder schrieb es Martenstein oder Ildiko von Kürthy, Julia Karnick oder einer der jungen aufstrebenden Menschen im Zeit-Magazin. Denke ich darüber nach, etwas über Bikini-Mode zu schreiben und aus tiefstem Herzen den Badeanzug mit Bein aus den 50er Jahren zurückzuwünschen, so lese ich das just in der selben Woche schon im Zeit-Magazin. Denke ich, ich könnte etwas über meinen Garten schreiben oder die Schnakenplage, so hat Ildiko das gerade getan. Will ich Yoga ausschlachten, so lese ich einen perfekten Artikel darüber in der Brigitte.
Ich wollte über Hunde schreiben und schon erscheint ein Zeit-Magazin, das sich dem wieder modisch gewordenen Dackel widmet. Neben modischen Herrenschuhen werden, farblich passend, versteht sich, adlige Dackeldamen gezeigt wie etwa Vanessa Freifrau von Hohenlohe zu Raubersberg. Den Stolz des adligen Stammbaums sieht man ihrem gelangweiltem Blick an. Ich kann sie mir auch beim besten Willen nicht wütend bellend und verdreckt in einem Kaninchenloch scharrend vorstellen, obwohl die Jagd angeblich zu ihren Leidenschaften gehört.

Filz immerhin konnte ich bislang alleine abhandeln, ich will auch noch über dicke schwarze Hornbrillen schreiben, ich sage das hier explizit, damit man mir nicht vorwerfen kann, ich schriebe irgendwo ab. Abschreiben ist ja gerade so ein Thema in Deutschland, wie ich dem Internetradio entnehme. A propos Radio. Ich merke, dass ich alt werde, grumpf… auf der Suche nach einem deutschen angenehm hörbaren Sender sind alle meine noch vor ein paar Jahren in Deutschland bevorzugten Sender rausgeflogen. Diese albernen Kalauer-Doppel-Moderationen am frühen Morgen, gehen mir so was von auf die Nerven. Ich finde mich also mit Deutschlandradio wieder oder mit den 1-er-Programmen, mit informativen Beiträgen, hörbarer Musik und vernünftigen Moderatoren. Ich bin von mir selbst überrascht, denn ich wollte insbesondere beim Thema Musik nie, NIE reaktionär werden. Wie sehr habe ich es meinem Vater übel genommen, dass er sich nicht für „meine“ Musik erwärmen konnte, und nicht mal annähernd Interesse zeigte. Gott sei Dank habe ich keine Kinder. Ich wäre vermutlich genauso ignorant, heul. Das letzte Mal als ich einen dieser „jungen“ Radiosender gehört habe, war das Thema „Epilieren“ dran. Irgendein Schauspieler hatte sich wohl Ganzkörper-Epilieren lassen, daraufhin durfte man anrufen und seine Meinung kund tun. So viele junge Mädchen riefen an und ließen sich detailliert über ihre Epilier-Erlebnisse und die ihres Freundes aus, dass mir ganz schlecht wurde. Ich fühlte mich schlagartig alt. Das letzte Mal, als man mir klar machte, dass es Welten gibt, die sich mir verschließen, war, als ich an der Uni am Kopierer gesiezt wurde. Also, auch wenn man mir vielleicht vorwerfen kann, dass ich mich hier in gewisser Weise ebenso exhibitioniere, verspreche ich hier hoch und heilig, dass ich Ihnen niemals etwas über meine Epilierzonen verraten werde!

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