Cannes ist keine junge Stadt. Street Art oder Graffiti, wie es sie in Marseille, Paris und in jeder anderen Stadt gibt, findet man hier nicht. Insofern war ich verblüfft als ich im Suquet, in der Altstadt von Cannes, an manchen Mauern und Hauswänden eine Art Straßen-Kunst entdeckte. Ein Junge, der Fische angelt, eine ältere Frau, tanzende Mädchen.
Mir gefiel es gut und ich war enttäuscht, dass manche der Kunstwerke schon bald wieder verschwunden waren. Ich dachte natürlich, sie sei unrechtmäßig angebracht worden und die Hausbesitzer oder die Stadt Cannes ließen sie wieder verschwinden. Wie sollte es hier auch anders sein. Es dauerte einen Moment, bis ich begriffen habe, dass es sich um eine offizielle Ausstellung unter freiem Himmel handelt, die im Prinzip schon zu Ende geht. Seit letzten Sommer hat Olivia Paroldi im Suquet Kunst an die Wände und Mauern gemalt. Das heißt, sie hat nicht wirklich auf die Mauern gemalt; zunächst sind ihre Arbeiten gravures, ich sage mal laienhaft eine Mischung aus Linolschnitt oder Holzschnitt, und hier kann man sehen, wie sie arbeitet.
Letztlich klebt sie Drucke mit Tapetenkleister an die Wände, so wie man auch Plakate ankleben würde. Genauso schnell kann man ihre Kunst auch wieder entfernen. Und das war auch Absicht dieser Ausstellung.
Ich habe heute die offizielle Ausstellung (gut versteckt) im Suquet besucht und kam sehr begeistert und, mein Lieblingswort, ich bin mir dessen bewusst, berührt wieder heraus.
Vor allem aber bin ich enttäuscht, dass ich so viel großartige Kunst im Suquet seit Monaten verpasst habe. Wie konnte das sein, frage ich mich, aber naja, der Suquet ist Touristen-Ausflugsziel, unsereins läuft nur selten, meist auch nur mit Besuch durch die Gässchen, wenn man etwa den Blick von der Aussichtsterrasse zeigen will.
Die Ausstellung wurde zudem Ende August eröffnet, da lag ich mit einem Manuskript in den letzten Zügen und hielt mich nicht mal in Cannes auf. Aber, sehen wir es positiv, immerhin habe ich ein paar Werke noch “draußen” und die Ausstellung gesehen! Bis zum 22. April ist sie noch kostenfrei! zu sehen (allerdings nur am Wochenende, und zwischen zwölf und zwei Uhr ist sie natürlich auch geschlossen, hier wird zu Mittag gegessen!).
Olivia Paroldi zeigt in der Ausstellung noch andere Werke aus vergangenen Projekten, darunter Les enfants de l’exil . Sie hat Bilder von Kindern auf der Flucht, in Ländern, in denen Krieg war und ist, und an aktuellen Grenzorten angebracht: Bosnien, Sarajevo, Ventimiglia …
Les enfants de l’exil ist auch in einem Buch dokumentiert und Werke der Künstlerin sind –> ebenfalls hier zu erwerben.
Tolle Ausstellung, vielen Dank für die vielen schönen Fotos 😘
Merci! Wie schön, dass du wieder unter den Sehenden bist, Uschi