Heute ist der 5. des Monats und Eingeweihte wissen es schon, Tagebuchbloggen ist dran! WmdedgT steht für, “Was machst du eigentlich den ganzen Tag?” Die Alltagsprotokolle sammelt seit Jahr und Tag die liebe Frau Brüllen.
Ich fahre heute Nachmittag wieder runter an die Küste, ich war nach einem Wochenende am Meer nämlich schon wieder hier oben, die Baustelle, Sie wissen schon. Aber siehe da, es ist gar niemand da, auf der Baustelle. Gut, es kommen dann doch zwei, um etwas mit mir zu besprechen. Egal, ich bin in den Bergen geblieben und genoss knapp drei Tage Stille und Alleinsein und ein bisschen Schreibklausur. Wobei das Schlafen erstaunlich ungewohnt und schwierig war, so alleine, und wenn man die vertrauten Geräusche des anderen, die einen ja manchmal durchaus stören, nicht wahr, nicht hört, und auch sonst gar nichts (außer dem Röhren der Hirsche, le brame du cerf heißt das hier, das hört man weit im Tal spät abends und auch sonst immer mal wieder, eindrucksvoll laut) und wenn sich nachts heimlich keine Katze ankuschelt. Insofern schlafe ich immer erst spät in der Nacht ein, eigentlich schon am frühen Morgen, wenn ich wirklich wirklich müde bin, wache dafür entsprechend spät auf. So auch heute, es ist schon Viertel nach Acht, aber es kommt ja auch heute anscheinend kein Handwerker, der irgendwas will, sodass ich nicht gehetzt aus dem Bett springe, sondern mir einen Kaffee und ein Stück Apfeltarte ins Bett hole, das Badezimmer heize und ein bisschen durchs Handy scrolle.
Dann ruft Monsieur an – der hatte schon am Tag, an dem ich wegfuhr, kein Internet mehr und kein Telefon und kein Fernsehen, bei uns ist alles “dégroupé”, alles läuft übers Internet, wenn es nicht da ist, dann geht gar nix. Ich habe ihn nur über das Handy der Nachbarin erreichen können, und von hier oben versucht, Hilfe anzufordern. “Was wird auf der Box angezeigt?” fragt mich mein unsichtbarere Chat-Gesprächspartner. “Keine Ahnung” chatte ich zurück, ich bin ja nicht vor Ort und meinen Mann kann ich nicht erreichen, um ihn das zu fragen. Nun gut, der Chat-Partner, ich weiß nicht, ob es sich noch um einen echten Menschen handelt oder um KI, ist auf jeden Fall reaktiv, er probiert allerhand, und schickt uns letzten Endes einen Techniker, der kam heute morgen, stellte fest, dass man uns außerhalb des Hauses vom Netz getrennt hat, ob absichtlich oder aus Versehen, man weiß es nicht. Auf jeden Fall geht alles wieder und Monsieur kann mich anrufen. Wir erzählen uns, was es Neues gibt.
Anschließend stehe ich auf und gehe ins warme Bad.
Danach beantworte ich ein paar Mails und Nachrichten auf dem Handy. Gehe zur Baustelle und mache ein paar Fotos, damit ich Monsieur zuhause zeigen kann, wie weit die Arbeiten gediehen sind, begrüße einen Nachbarn, der seinerseits in seinem Haus herumwerkelt.
Es ist wieder so warm geworden! Draußen ist es sogar wärmer als im Haus! In der Sonne sind es bestimmt 25 Grad. Ich sehe mit kritischem Blick unsere vom Baustellendreck verschmutzten Fenster, und putze kurzentschlossen zumindest die schmutzigsten, die der Baustelle zugewandt sind, und außerdem die Windschutzscheibe des Autos innen und außen. Dann will ich nur schnell die Küchenabfälle in den Futtereimer für die Hühner (von Freunden) bringen, treffe dabei aber eine der älteren Damen des Dorfes (im nächsten Monat wird sie 94, vertraut sie mir an) und werde festgequatscht. Im Dorf ist kaum noch jemand, sie hat Redebedarf. Die Dame gießt mithilfe eines Untertellerchens die Blumen, die um das ehemalige Lavoir, das Becken, in dem man früher die Wäsche gewaschen hat, herumstehen. Das ist ein bisschen mühsam, die Gießkanne aber, auch wenn sie sie nicht voll machen würde, ist ihr zu schwer. Ich verspreche zu helfen, bringe die Abfälle weg und wasche die Schüssel am Lavoir aus, und gieße damit dann energisch den Rest der Blumen, auch die, die weiter weg auf der Mauer stehen. Sie dankt mir dafür und begleitet mich jetzt zurück zum Hühnerfuttereimer, den sie nicht kennt (für sie ein kleiner Ausflug, zwanzig Meter steil bergab und wieder bergauf, “man muss immer beweglich bleiben!”), auf den ich meine Schüssel jetzt umgedreht lege, damit nicht irgendwelche anderen Tiere die Küchenabfälle wegfuttern, bevor die Freunde, die gerade “unten” sind, wiederkommen. Wir betrachten zusammen die letzten Rosen, es blüht auch noch ein wenig Lavendel, wie wundervoll, aber ach, klagt sie, niemand schneidet mehr die Rosen zurück und den Lavendel!
Es grämt sie sehr, dass sich da niemand mehr so kümmert, die junge Generation kommt nur noch zum Vergnügen in das Bergdorf, keiner macht mehr Gartenarbeit, sagt sie. Wir plaudern noch über alles und nichts (die Bettwanzenplage, die kennt sie noch aus dem Krieg, damals musste man die Wanzen täglich mit der Hand ablesen, die aufgegebenen, und verwahrlosten Gärten, das erstaunlich warme und zu trockene Wetter, wo uns das nur hinführt) und sie wünscht mir dann einen “guten Appetit”. Es ist tatsächlich schon halb zwölf. Ich räume ein bisschen auf, werfe einen Blick auf die Fotos von den Rosen und dem Lavendel, letztere sind unscharf geworden, ich sehe so schlecht im Gegenlicht. Ich stelle den Topf mit Nudelwasser auf. Da ich aber die Regel “a watched pot nevers boils” beherzige, lasse ich das Wasser alleine und gehe noch einmal schnell Fotos vom Lavendel machen.
Als ich zurückkomme, kocht das Wasser und ich werfe eine, wie ich finde, kleine Portion Spaghetti hinein, ich will sie mit dem Spaghetti-Rest von gestern und der selbst gemachten Tomatensoße essen. Es werden dann natürlich doch wieder zu viele Spaghetti, es bleibt erneut ein Rest.
Ich fülle alle Reste (Spaghetti, Tomatensoße, Zucchinisuppe)i in Mitnehm-Behälter, räume die Spülmaschine mit allem voll, was herumsteht und stelle sie an. Ich spüle den Rest Geschirr, der nicht in die Spülmaschine darf, putze den Herd, die Waschbecken im Bad und in der Toilette, entscheide, welche von Monsieurs Kleidung für hier oben nicht mehr ausreichend warm sein könnte, unten aber genau richtig ist und stecke sie in einen große Tasche. Es wäre schön, wenn man nicht mehr ständig alles hin und herschleppen müsste. Dann erinnere ich mich, dass es der fünte ist und beginne, diesen Text zu schreiben.
Schwupps ist es 15 Uhr, wenn ich um 16 Uhr loswill, dann muss ich mich jetzt sputen. Was ich tue:
Müll wegbringen, Kühlschrank leeren, alles, was ich hochgeschleppt habe (Laptop, Bücher) wieder ins Auto packen, Gas abstellen, Gasflasche im Keller zudrehen. Ich ziehe mich wieder für “die Küste” an (leichtere Hose, leichtere Schuhe, T-Shirt statt Wollpullover). Die fertige Spülmaschine ausräumen. Noch mal schnell beim jungen Aubergisten vorbeischauen, fragen, wie es weitergeht. Sein Enthusiasmus für die Auberge ist nämlich nach der ersten richtigen Saison ein wenig erlahmt; er wird erstmal drei Monate “Auszeit” nehmen, und unten an der Küste Hunde ausführen – das sei weniger Arbeit und besser bezahlt. Ich sage dazu nichts. In drei Monaten entscheidet er sich, ob er die Auberge weiterführen wird oder nicht.
Punkt 16 Uhr fahre ich los. Ich höre mir auf dem Handy eine weitere Folge des Mare Podcasts “Übers Meer” an. Das habe ich auch schon beim Hochfahren gemacht. Sehr amüsant, weil Nikolaus Gelpke dort von seiner Playlist mit französischer Musik spricht, die er einschaltet, sobald er in Frankreich ist. Ich hingegen höre deutsche Podcasts vom Meer, wenn ich in die französischen Berge fahre. Auf dem Hinweg habe ich die Folge mit Arezu Weitholz gehört – sehr gemocht! Auf dem Rückweg höre ich zunächst die mit Mathijs Deen und denke, der Krimi “Der Holländer” könnnte mir vielleicht gefallen.
Ich nähere mich nach knapp zwei Stunden der Ebene und dem zähflüssigen Berufsverkehr und mache daher einen Abstecher zum blau-gelben Möbelhaus, das extrem praktisch auf dem Weg liegt. Die Gläser, die ich suche, gibts wohl nicht mehr, die hübschen Dosen, die ich neulich bei @kleinefluchten entdeckte, gibt es noch, aber nicht alle Größen. Ich nehme dafür noch ein paar andere Kleinigkeiten mit. Dann wieder zurück und auf die jetzt freie Autobahn. Die Sonne geht unter, direkt vor mir glüht ein orangefarbener Ball, und ich erinnere mich, dass ich schon letztes Jahr einen Text schreiben wollte mit dem Titel “die tiefstehende Sonne im November” – ok, wir haben Oktober, aber die Sonne steht im Winterhalbjahr grundsätzlich tief und blendet auch dann so stark, dass man ohne Sonnenbrille nicht fahren kann. Gut auch, dass ich die Windschutzscheibe von innen und außen saubergemacht habe! Um zwanzig nach sieben bin ich in meiner Straße, lade vor dem Haus das Auto aus, suche noch zehn Minuten lang einen Parkplatz, und finde einen nicht allzu weit entfernt! Ein Dank ans Universum. Doch doch, ich bestelle mir immer einen Parkplatz. Das klappt auch fast immer. Sonnenuntergang beim Parken, nur echt mit Stromleitung.
Ich begrüße Monsieur und streichele die jetzt krächzende Katze (als ich wegfuhr quietschte sie). Morgen werde ich einen Termin beim Tierarzt ausmachen. Meine erste, die deutscheste der deutschen Gewohnheiten, die man auch nach 18 Jahren Frankreich nicht lassen kann: Ich lüfte! Sehr zum Ärger von Monsieur, dem es ungemütlich wird mit der vielen frischen Luft. Und natürlich blieb das Katzenklo auch an mir hängen. Ist ja auch meine Katze. Klar. Ich mache Abendessen (Zucchinisuppe und Schinken). Anschließend versuche ich ein Video von 2 Minuten 40 via We transfer abzuschicken. Es braucht knappe drei Stunden. In der Zeit sehe ich fern “Sous controle” – eine Mini-Serie auf arte. Sehr französisch. Gegen Mitternacht gehe ich ins Bett und schlafe bei den vertrauten Geräuschen sofort ein.
Gestern viel zu müde, um das hier zu Ende zu bringen. Also mit etwas Verspätung für das offizielle WmdedgT, dafür bekommen Sie noch den Freitag vormittag:
Um neun Uhr haben wir einen Termin beim italienischen Autohaus. Wir haben einen zweiten Autoschlüssel bestellt, er kam endlich und jetzt muss er neu codiert werden (passen Sie schön auf Ihre Autoschlüssel auf, das alles kostet nämlich insgesamt schlappe vierhundert Euro!). Ich lasse den Schlüssel da, zwei Stunden später können wir das Auto und die zwei neu codierten Schlüssel abholen.
Wir fahren (mit dem anderen Auto) beim Tierarzt vorbei, ich habe Katzenfutter bestellt, das ich abhole, und mache gleichzeitig einen Termin für die krächzende Katze aus. Für Mittwoch, herrjeh! Dann gehen wir kurz schwimmen. “Elle est toujours aussi bonne”, ruft mir Monsieur beglückt aus dem Meer zu, während ich noch die Handtücher ausbreite. Anfang Oktober und das Wasser hat noch gute Schwimmtemperatur. Die Flossen sind aber im Auto, das beim Autohändler steht. Ich habe das Gefühl, dass ich kaum vorwärts komme und schwimme weniger lang als sonst.
Wir legen uns dann aber doch nicht hin, sondern ziehen uns wieder an, um das Auto und die zwei Schlüssel abzuholen. “C’est pour la Fiat” sage ich ein bisschen dumm am Empfangstresen bei Fiat, aber der junge Mann weiß natürlich, dass es um den Panda geht. Nur, der Schlüssel konnte nicht codiert werden, er funktioniert nicht. Es ist ein bisschen kompliziert, ich erspare Ihnen die Erklärungen und das neuerliche Prozedere, es wird voraussichtlich nochmal drei Wochen dauern. Ich sage nicht, dass ich extra wegen dieses Termins aus meiner Mini-Schreibklausur aus den Bergen runtergekommen bin. Aber immerhin haben Sie mir das Auto gewaschen. Das ist vermutlich der Service, den sie jetzt anbieten, damit man weniger meckert. Es gibt bislang bei jedem meiner Besuche bei Fiat IMMER jemanden, der hysterisch schreit, dass sie VON ANFANG AN NUR ÄRGER mit diesem Auto hätten! In meiner Jugend sagte man, Fiat bedeute “Fehler in allen Teilen” oder “First in all trouble”.
Dann Mittagessen: Lammkotelett und Nudeln mit Tomatensoße, (es bleibt schon wieder ein Rest!), Salat, Eis. Ich tippe hier fertig. Bestelle nebenbei via Chat bei dem mir schon bekannten Assistenten von Free eine neue Box fürs Internet, die Box, die wir haben, sei nämlich auch am Ende, ließ der Techniker noch verlauten. Jetzt fahre ich Monsieur zum Bridge und werde dann am PC tatsächlich auch mal arbeiten.
Schönen Dank fürs Lesen meines Alltags! Die anderen TagebuchbloggerInnen gibt es wie immer bei Frau Brüllen!
Die Alltagspoesie kann ganz schön stressig sein 😆.
Ich hatte immer Fiats, habe sie geliebt, und meine besten Zeiten mit ihnen verbracht: Fiat 127, Panda, Uno, Punto. Und den passenden lieben süßen italienischen Mechaniker (wenn ich denn in Köln war), bei dem es immer einen netten Plausch und ausgezeichneten Espresso gab. So viele technische Probleme gab es gar nicht. Ok, der Hyundai 120 von meiner Mutter, den ich aktuell fahre, soll angeblich sehr robust sein, aber ich würde mir trotzdem wieder eine Fiat anschaffen, glaube ich, allein aus diesen nostalgischen Gründen. Apropos Nostalgie, da könnte ich glatt wieder heulen, bin derzeit nah am Wasser gebaut. Alles geht vorbei, es belastet mich sehr.
Die Bettwanzen: In Frankreich sind sie mir zum Glück nie untergekommen, aber wahrscheinlich damals in Kanada in einem Hostel; wüsste nicht, was diese roten juckenden Flecken sonst hätten sein können.
Hier ist Thierry ein großer Fiat-Fan. Und Lancia. Und Alfa Romeo. Die Schwiegermutter hat uns einen Toyota vererbt, der ist in der Tat robust, wäre aber nicht das Auto meiner Wahl. Wir sind bislang ganz zufrieden mit dem kleinen Panda und auch mit dem Service bei Fiat. Dass wir einen Schlüssel verloren haben, dafür kann Fiat ja nun nichts; der Ersatzschlüssel ist das erste nicht-funktionierende Teil. On verra. Aber wirklich jedes Mal kriegt jemand direkt vor mir einen Wutanfall, sodass ich von extrem freundlichen und kooperativen Mitarbeitern bedient werde, wie um mir zu zeigen, es liegt nicht an ihnen.
Fiat 132 musste ich erst googeln. Fühl dich gedrückt von Ferne!
Ach so, und die Bettwanzen – ich hatte meine erste Erfahrung (ohne zu begreifen, allerdings) in einer Hütte in Norwegen.
Fiat 132 nicht 127… erstes eigenes Auto, knallrot, innen verkleidet mit beigem Teppich 😆, war ich auf Korsika mit unterwegs…🥰