Eigentlich sollte ich die Hände schon seit Tagen im Hefeteig haben um formvollendete Christstollen zu kneten, die hochheilig für den Weihnachtsmarkt in Châteauneuf versprochen wurden, der an eben diesem vor der Tür stehenden Wochenende stattfinden wird. Die ganze Zeit ist hier und selbst in den Bergen lieblichstes Herbstwetter, sonnig, blauhimmelig, warm, man kann mittags noch draußen in der Sonne essen und Monsieur war gestern morgen noch am Strand und mit den Füßen im Wasser. Irgendwie war das bislang nicht die rechte Stimmung… für Weihnachtsmarkt und Christstollen, unsere heimische Baustelle verhindert auch jegliches adventliches Ambiente, ein mageres Kerzlein flackert hier hin und wieder, denn immerhin haben zwei treue Freundinnen mir den andere zeiten Adventskalender geschickt, aber sämtliche zimtige Deko ist dieses Jahr vorerst gestrichen.
Die Christstollen, deren Herstellung aufgrund des Mangels an klassischem deutschen Zitronat und Orangeat immer weiter hinausgeschoben wurde (ich verließ mich fälschlicherweise auf den bösen deutschen Discounter, in dem man politisch korrekterweise nicht einkaufen dürfte, der aber so viele deutsche Produkte hat, dass es eine Freude ist) ist auch jetzt noch immer nicht fertig, da ich heute morgen, als ich endlich französisches Orangeat in Würfel schnitt und Mandeln hackte (Mandelstifte gibt’s hier auch nicht) mit einem Tütchen voller großäugiger Tintenfische frisch vom Markt überrascht wurde, seiche heißen die hier, die angeblich danach schrien, sofort enttintet und zubereitet zu werden. Ich bin ja schon allerhand fischige Überraschungen gewohnt, aber Tintenfische hatte ich noch nicht. Ich hab auch erst mal aufgeschrieen, da ich fand, dass sie mich, obwohl offiziell tot, vorwurfsvoll ansahen. Monsieur fand mich lächerlich, erzählt mir dann aber im gleichen Atemzug, dass Tintenfische sehr intelligente Wesen sind, die zur Freundschaft mit dem Menschen fähig sind. So wie Flipper. Oh Mann. Sie sind sehr glibberig, sehr schwarztintig, haben sehr schöne Augen und die Tentakeln sind noch lange griffig. Ich konnts fast nicht. Es waren meine ersten echten kleinen Tintenfischchen. Tiefgekühlt ist das alles leichter. Monsieur musste die Hauptarbeit leisten und hat jetzt vermutlich noch tagelang tintenschwarze Fingernägel. Ich machs kurz, es gab sie mit SchalottenKnoblauchPetersilienWeißweinsoße und sie waren sehr lecker. Ja, ich hab sie gegessen.
Auf dem Hof glaubte ich, mehrfach mit Kamel ernährt worden zu sein, es war dann doch nur Gemse, und ein Verständnisfehler zwischen den mir bis dato unbekannten Vokabeln chameau und chamois, ich kannte weder das eine noch das andere, zumindest nicht auf dem Teller, und es schien mir durchaus nicht unmöglich, dass es Kamel sein könnte. Hätte ich damals schon diese Suppe gekannt, hätte ich vermutlich auch nie daran gezweifelt: Chorba. Ich dachte wirklich, es sei Kamelsuppe. Ist es aber nicht, Chorba ist Gemüsesuppe mit oder ohne Kichererbsen, kann weiterhin mit oder ohne Lamm-, Schaf-, Kalb- oder meinetwegen Kamelfleisch gegessen werden, auch wenn ich für letztere Zutat kein Rezept gefunden habe, und sie wird zum Fastenbrechen am Ramadan täglich gegessen. Dann findet man sie auch überall in allen Supermärkten und nicht nur beim arabe du coin.
Der Christstollen. Morgen. Letzter Termin. Muss.
Nachtrag am Freitag morgen 7 Uhr. Es regnet und ist kalt. Auf 1400 Höhenmeter hochgerechnet bedeutet das eine gewisse Ungemütlichkeit für den Weihnachtsmarkt in den Bergen…
Hallo liebe Christiane!
Da geht’s Dir genau wie mir: schon seit Tagen, eigentlich Wochen, will ich mit dem Backen anfangen. Das leuchtende Beispiel meiner Schwägerin vor Augen, die immer schon am Buss- und Bettag damit anfängt, machte ich mir täglich Druck. Bis gestern konnte ich mich nicht dazu bringen, natürlich aus anderen Gründen, weder ist es hier sehr warm, noch will man unbedingt die Füsse in den schon recht kühlen Genfer See stecken (mit “man” meine ich natürlich nicht die kleine Schar von Kollegen, die jede Woche, den ganzen Winter hindurch, in der Mittagspause zum See hinunterradeln und sich in die eisigen Fluten stürzen; brrrrrrr). Es gibt schlicht und einfach zuviel zu tun: Adventskalender für die kleine füllen, Geschenkchen für die Lehrer kaufen etc. etc. etc. Gestern Abend dann hatte ich doch noch so einen Anfall von Backlaune, der Teig war gemacht, ruhte im Kühlschrank, ich wollte ihn rausnehmen zum Auswellen – und das Telefon klingelte. Was ist schon Backen gegen einen kleinen Schwatz mit einem Freund sagte ich mir – der Teig liegt noch immer im Kühlschrank. Heute Abend vielleicht geht’s weiter.
Ganz liebe Grüsse aus Genf
Karin
(die Dich bewundert, dass Du die seiches verarbeiten konntest, ich brächt’s nicht über’s Herz)
liebe Karin, es war nicht leicht mit den Tintenfischchen… und: man sollte nicht gezwungenermassen und contre coeur backen. Der Teig ging nicht auf und ich hab jetzt hier zwei schwere Christ-brocken… :/
Hallo Christiann,
keine Sorge, deine Christ-Brocken werden trotzdem wunderbar schmecken, schon allein die Zutaten sind so lecker… ich selbst mag den Christstollen, wenn er etwas älter und damit fester ist, da kommt das Kuchen-Aroma besser zur Geltung. Die Leute auf dem Chateauneuf’er Weihnachtsmarkt werden ihn mögen.
Toi-toi-toi… viel Freude und gute Nerven.
Bises i.
Danke siri… ich wollte ihn eigentlich zu Gunsten der marschierenden Eichhörnchen verkaufen… werde ihn wohl nur kostenlos verkosten lassen… und hier schüttet es schon wieder… haette das schoene Wetter nicht noch nur einen klitzekleinen Tag anhalten koennen?!
Liebe Grüße von Weihnachtsmarktvorbereiterin zu Weihnachtsmarktvorbereiterin. Letztes Jahr gab es pünktlich zum Markt romantischen Schnee. Heute eher unromantischen Nieselregen. Bah. Da würde ich doch lieber mal die Füßchen ins Meer halten. Lasst es Euch gut gehen.
Ihr Euch auch! Wenns da oben so schneit, wie es hier gerade regnet, na danke… und der Christstollen ist speckig… hmpf
Ausgerechnet Christstollen, das ist doch (wie meine Mutter sagen würde) eine Arbeit für einen, der Vater und Mutter erschlagen hat. Und mit schrecklich vielen teuren Zutaten, die einem das Wegtun und Neuanfangen so schwer machen. Ganz davon abgesehen, daß beim Verkauf kaum auch nur der Preis der Zutaten wieder hereinkommt…
Die Pfarrfrau hat ja nun dieses Jahr auch gestollt… aber der war nur für mich, und ich muß ja auch sagen: jetzt liegt er acht Tage, und jetzt wird er so richtig gut. Was im Umkehrschluß bedeutet, falls sie für den 2.12. nächstes Jahr solches Backwerk schaffen will, muß sie sich um den 20.11. dran machen.
Und nun warte ich drauf, daß Weihnachten vorbeigeht…
Als ob ich das nicht wüsste… dennoch danke für das errechnete Timing
ich hätte aber dennoch locker zwanzig verkaufen können… nicht nur zwei! Also muss ich zukünftig am 10. November anfangen und jeden Tag bis zum 20. November je zwei backen… ich habe sie zum Herstellpreis verkauft, da sie nicht so perfekt waren, wie ich gern gehabt hätte.
mit so leckerem Stollen ist die Vorweihnachtszeit doch erträglich, oder? Oder ist das Hauptarbeitszeit?
Hallo Christiane, nun möchte ich mich auch mal wieder melden. Schon deshalb, um Ihnen zu sagen, dass ich mich noch nie an das Backen eines Stollen gewagt habe, obwohl ich ganz gern mal einen Kuchen auf den Tisch zaubere. Meine Hochachtung – Stollen ist schon die hohe Schule, das muss ich ja wissen, denn in meiner schönen Stadt Dresden wurde er ja erfunden – wir essen also nur den “ganz Echten”, haha! Wenn ich Ihre Adresse hätte, würde ich Ihnen gern mal einen in das schöne Frankreich schicken – so einfach als Vorlage für weitere Backversuche.
Ansonsten wird es nun langsam weihnachtlich bei uns nach dem langen Sommer, der ja dieses Jahr bis November dauerte.
Eine schöne Vorweihnachtszeit wünscht Ihnen Birgit
Ohhh, liebe Birgit, das wäre zuuuu schön! Ich habe zweimal in meinem Leben echten Dresdner Stollen gegessen (aus Dresden importiert) und ich weiss, dass mein Stollen damit nicht viel zu tun hat, obwohl ich ihn geschmacklich gut finde. Und besser als manches, was man so im Supermarkt findet. Aber ich finde, das ist ein zu grosses und zu schweres und daher zu teures Geschenk! Und danach traue ich mich vermutlich nie mehr meinen eigenen Christstollen zu backen, anzubieten, geschweige denn zu verkaufen. Also träume ich lieber nur davon… es sei denn… Sie insistieren ganz doll… dann aber nur einen klitzekleinen
Ihnen auch eine kerzenlichte Adventszeit !
liebe Gruesse nach Dresden
Christiane
Hallo liebe Christiane,
Hut ab vor dem Stollenbacken, an deutschen Stollen habe ich mich fern der Heimat noch nicht gewagt (traue der amerikanischen Hefe irgendwie nicht), aber zum Glueck gibts hier ja Trader Joe’s, eine amerikanische Aldi-Tochter, die so fast alles was das deutsche Herz begehrt in ihren Aldi-gleichen Regalen hat, auch einen einigermassen essbaren Stollen (natuerlich kein Vergleich mit echtem Dresdner Stollen auf dem echten Dresdner Weihnachtsmarkt. Ich hoffe, dass der Weihnachtsmarkt nicht zu verschneit war, und wuensche eine schoene Vorweihnachtszeit aus dem weihnachtlich-sonnigen San Francisco.
Alexandra
liebe Alexandra,
ich glaube, so was traut man sich im Ausland eher, weil man sich da eh schon so viel traut… Theorie, die ich gerade entwickelt habe aber die Tintenfische hätte ich in Deutschland auch NIE gemacht!
Ich habe Hape Kerkeling bestellt, hastus gesehen? Aber noch nicht rengeguckt, muss eine Übersetzung abgeben morgen…
viel Advent nach San Francisco!
Hallo unbekannte Alexandria,
leider haben wir bis jetzt noch keinen Schnee in Dresden, da muss man im Moment noch ins Gebirge fahren. Vorweihnachtliche Grüsse nach SF.
Birgit
Dann hast Du ja in Chateauneuf doch einen Weihnachtsmarkt hinterlassen.
Elli
ja! und dieses Jahr lief er fast ganz ohne mich! und wurde beinahe allein von einer Frau gestemmt, die sehr daran hängt – ist echt ein netter Markt, aber wird nur bedingt angenommen, deswegen frage ich mich ja auch im näxten Artikel “Heimat”, ob das wirklich richtig war, so etwas einzuführen…
liebe Gruesse
Christiane