Na, heute kam sie dann die kalte Dusche, es regnete zwar nicht mehr, es gab zarte Schatten und eine fahle Sonne und ich machte mittags eine schnelle Tour durchs Quartier, das Viertel, auf deutsch. Ein Sträßchen, in dem ich auch noch nie war, lockte mich. Die Rue Bernis macht ein kleines Häkchen von und zur immergleichen Avenue de Grasse, es führt von dort aber auch eine lange Treppe eine Straßenetage tiefer
(Cannes ist hügelig, sagte ich das schon?) mitten in die Rue Pont St. Victor. Die kenne ich wiederum, weil ich hier oft parke und weil am anderen Ende der Brücke der Altglasbehälter steht. Ich fühlte mich dort also viel mehr zu Hause als in den privaten Sackgassen von gestern, als mich unversehens eine schrille Frauenstimme messerscharf in den Rücken stach: “Was ich hier fotografiere?” Ich sage, wie gestern geplant: “Ich erkunde mein Viertel”. “Wo ich denn wohne?” fragt sie weiter. Ich sage es, sie meint daraufhin, die Rue Pont St. Victor sei zu weit weg davon, hier sei nicht mehr mein Viertel (Ha! dabei parke ich manchmal noch viel weiter weg!) und ich habe hier nichts zu suchen und schon gar nichts zu fotografieren und wenn ich nicht gleich verschwinde, rufe sie die Polizei, denn ich wolle sicher nur Häuser ausspionieren um einzubrechen. Ich versuche freundlich zu erklären, aber sie lässt mich stehen und schreit, dass sie jetzt die Polizei riefe … na herzlichen Dank. Ich zittere ein bisschen. Sehe ich so gefährlich aus? Ja, ich fotografiere auch Häuser. Sicher, bei mir wurde auch eingebrochen und Leute, die mein Haus fotografieren, würde ich vielleicht auch komisch ansehen. Nun, ich stehe etwas bedröppelt auf der Brücke und traue mich auf dem Rückweg kaum, noch irgendetwas zu fotografieren. Vielleicht muss ich Visitenkarten mitnehmen, um meinen Blog vorzustellen – aber ich vermute der Dame heute hätte der Anblick all der Fotos auf meinem Blog und ein fremdsprachiger Text nur den Beweis geliefert, dass ich einer international organisierten Verbrecherbande angehöre und ganz Cannes ausplündern will.
Nun also, die kleine häkchenförmige Rue Bernis ist ganz ruhig mit gepflegte Häuschen und Villen und davor stehen große Platanen; von der Treppe, die hinten im Eckchen versteckt nach unten führt hat man einen überraschend tollen Blick auf das Meer (etwas blässlich heute) und unten führt die Rue Pont St. Victor (rechts) zur Brücke, die der Straße den Namen gibt. Sie ist leider von trauriger Berühmtheit, es stürzen sich immer wieder Leute von eben dieser Brücke auf die Schnellstraße darunter. Es hängt zu meiner großen Bestürzung noch ein trauriges Gesteck vom letzten Selbstmord an der Straßenlaterne. Zurück, wie gesagt etwas eingeschüchtert, traute ich mich fast nichts mehr zu fotografieren. Aber nun, sie ist eine Wohnstraße wie es so viele gibt, mit kleinen abgeschabten Häuschen, mittendrin einem hässlichen Appartementhaus und der einen oder anderen großen Villa. Und noch vielen Parkmöglichkeiten …
Arme Christjann, nicht entmutigen lassen…
merci für die Ermutigung, Marion!