“Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehrst”, sagen katholische Priester am Aschermittwochmorgen und malen einem als Symbol der Vergänglichkeit ein Aschekreuz auf die Stirn. Ach, seufzen Sie, schon wieder ein trauriges Thema, wann wird’s denn mal wieder lustiger auf diesem Blog? Tja, ich weiß es auch nicht, hier regnet es viel, ……
mir ist es immer noch und immer wieder schwer ums Herz, und ich war zum ersten Mal seit Jahren nicht mal von Ferne karnevalsgestimmt. Zwischenzeitlich habe ich auch den umstrittenen Roman von Houellebecq gelesen und nähere mich wohl der depressiven Grundstimmung des Autors an. (Ich will hier nicht über das Buch schreiben und verweise Sie daher auf den perlentaucher, der verschiedene deutsche Kritiken des Romans versammelt; um die Wucht des Romans zu spüren, ist aber vielleicht die eigene Lektüre angeraten, aber wie gesagt, in diesem Fall riskieren Sie am Ende selbst depressiv zu werden …) Nun, vielleicht schauen Sie in ein paar Wochen wieder rein, wer weiß, vielleicht ist es dann heiterer, aber versprechen kann ich’s nicht. Heute also ein paar Bilder vom Palmensterben …
Von der Vergänglichkeit sind hier zurzeit nämlich besonders die Palmen betroffen, die in kürzester Zeit einem Käfer und vor allem seiner gefräßigen Brut wehrlos zum Opfer fallen. Le charençon rouge heißt das Biest, oder auf deutsch der rote Rüsselkäfer**, hört sich niedlich an, erinnert mich irgendwie an Loriots, äh, Professor Grzimeks Steinlaus***, ist aber dabei sich, anders als die vom Aussterben bedrohte Steinlaus, länderübergreifend auszubreiten und wird den armen Palmen allerorten zum Verhängnis. Wenn man nämlich merkt, dass die Blätter der Palme irgendwie schlapp aussehen, dann ist es schon zu spät, dann haben die Larven die Palme schon komplett leergefressen und ausgehölt. Ob sie sich je wieder erholen und irgendwann neu ausschlagen ist bislang noch ungewiss. Derzeit werden die Blätter abgesäbelt, die Stümpfe behandelt und dann steht das, was von der Palme übrig blieb, trist und kahl in Gärten, Parks und Alleen.
Als ich vor ein paar Wochen hier vorbeikam, dachte ich eigentlich, dass die Palme nur beschnitten würde – da klettern die Männer mit einer Art Steigeisen nach oben und schneiden alte, vertrocknete und zerzauste Palmwedel ab, das wollte ich schon immer mal aufnehmen und war froh, dieses Mal die Kamera dabei zu haben. Kürzlich lief ich wieder hier vorbei und siehe da – nur noch der Stumpf steht. Ich war so schockiert.
Nicht alle Palmen sterben, so ganz klar ist nicht, wieso manche Palmen betroffen sind und andere, direkt daneben, nicht. Die Stadt hat zwar dazu aufgerufen, dass alle Besitzer einer (oder mehrerer) Palme(n) diese prophylaktisch behandeln sollen, aber die Kosten dafür (mehrfach pro Jahr müsste jemand kommen und auf die Palme(n) klettern und ein Mittel einsetzen) sind so hoch, dass es kaum jemand macht. Das Leben ist teuer genug, die Steuerabgaben sind so angestiegen, wenn Palmen sterben ist das traurig, aber tant pis …
Noch ist gegen die Käfer kein Kraut gewachsen, aber vielleicht können wir sie (wie so viel anderes) vernichten, indem wir sie als Delikatesse einführen. Wenn das Meer bald keine Crevetten mehr zu bieten hat, dann schnabulieren wir zukünftig Käferlarven – sie sind energie- und eiweißreich, sehen auch nicht anders aus als Krabben und Crevetten und man kann sie roh, geräuchert oder gegrillt verzehren. Wieso igitt? Angeblich erinnert der Geschmack an gebratene Nierchen. Na also! Bon appetit!
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**nachdem ich drüber geschlafen habe, ist mir auch wieder eingefallen, wieso ich mir den Rüsselkäfer so niedlich vorstellte … weil ich ihn HIER (klickstu!) zum ersten Mal gesehen habe! Das war aber vor dem Palmensterben.
*** ich wollte hier ja gern das Filmchen von der betonfressenden Steinlaus verlinken, klappte aber nicht, bin vielleicht auch gerade nur zu müde … Sie finden es, wenn Sie “Loriot Die Steinlaus” in Ihre Suchmaschine eingeben. Viel Spaß!
Hallo Christiane, mich deprimiert dein Bericht über das Palmensterben mehr als das Buch von Houellebecq, das hatte ich mir nach dem Wirbel und Aufschrei in der Presse schlimmer vorgestellt. Eigentlich hält er unserer Gesellschaft nur den Spiegel vors Gesicht, aber ob die Menschen dadurch schlauer werden, …? Ich bezweifle es. Da werden wir eher die Palmen gesundmachen! Trotzdem LG aus Dresden von Birgit
Liebe Birgit, was Houellebecq betrifft, stimmt, es ist ein Spiegel, Houellebecq beobachtet genau und ist dabei zynisch und gnadenlos – ich habe die französische Version gelesen, ich weiß nicht, ob die deutsche Version irgendwie adaptiert wurde, aber die französische Version verletzt, weil viele sich darin wiedererkannt und sich deshalb furchtbar aufgeregt haben. Ansonsten ist es natürlich eine Fiktion, die genauso überzeichnet ist wie die Karikaturen von Charlie Hebdo. Mich aber hat es berührt, weil ich nicht vergessen habe, dass Opportunismus und Feigheit uns schon einmal zum Schlimmsten geführt haben.
Den Houellebecq habe ich mir gleich besorgt, aber noch nicht gelesen, deshalb kann ich Dir (noch) nichts über die dt. Version sagen. Und das Palmensterben ist wirklich traurig, ja…