Corona Tagebuch – Tag 24

Jetzt wirds eng, der 24. Tag hat noch drei Stunden, ich machs daher kurz. Den ganzen Tag ein Gefühl von Samstag gehabt, das wurde noch verstärkt, weil der Gatte heute Nachmittag zum ersten Mal in unserer Geschichte und vielleicht zum ersten Mal in seinem ganzen Leben, spontan den Küchenboden nass gewischt hat. So richtig professionnel, mit Stühle und Tisch verrücken, den Boden freiräumen, zuerst mit dem Besen durch (Monsieur ist ein Anhänger des Besens und lehnt Staubsauger ab) wie sich das gehört. Ich sagte, während ich am PC saß, “du kannst dein Büro und den Eingang auch noch machen”. Ich meinte das ernst und glaubte genauso ernsthaft, er würde das machen, so viel zusätzliche Fläche ist es nicht. “Ich werde doch jetzt nicht die ganze Wohnung machen” empörte er sich. “Ach nein?”, gab ich zugegeben etwas spitz zurück. “Wer soll es denn deiner Ansicht nach dann machen?” Darauf wurde mir nicht mehr geantwortet, und ich gebe zu, ich war etwas unleidlich und hielt laut einen Vortrag darüber, was ich alles mache und überhaupt. Ich wischte dann demonstrativ das Büro und den Eingangsbereich, während Monsieur einen Freund anrief und sich mit dem Telefon ans andere Ende der Wohnung begab. Und statt froh zu sein, dass er die Küche wischte, war ich sauer, dass er nur die Küche gewischt hat.

Aber er war vermutlich schon körperlich ausgelastet, die Schlagzahl auf dem Rudergerät im Hinterhof wird täglich mehr, am Ende der Ausgangssperre wird er fit genug sein, den Atlantik rudernd zu überqueren.

Die Katze sprang heute auch erstmals seit Monaten wieder über die Mauer in den verlassenen Park, nachdem sie tagelang auf der Mauer saß und hineinstarrte. Ich fiel vor Schreck fast vom Stuhl, weil ich sie jetzt im Zweifelsfall nicht aus dem (verschlossenen) Park würde retten können, wenn sie von der anderen Seite der Mauer, wo ihr niemand freundlicherweise ein Höckerchen hingestellt hat, nicht mehr hinauf käme. Aber auch die Katze wird durch die Ausgangssperre fitter, sie kam Stunden später zufrieden zurück mit dem staubigsten Fell, dass man sich vorstellen kann, sie hat sich im Park vermutlich auf allen sandigen Wegen und dem Boulefeld gewälzt und warf sich dann hier erschöpft auf den Teppichboden. Nicht schlimm, der ist noch nicht gesaugt, das machen wir dann am richtigen Samstag. Also “wir” ist eine façon de parler, nur so eine Art zu sprechen. Den Staubsauger nimmt Monsieur ganz bestimmt nicht in die Hand.

Derart spannende Sachen passieren hier, heute Vormittag aber habe ich ein Vorwort geschrieben und Seiten freigegeben, von was erfahren Sie alles bald, und mit mehreren Menschen privat und beruflich hin- und hergemailt und mich nach dem Verbleib von Büchern erkundigt, und mit einer Bank telefoniert und gewartet und etwas erklärt und erst die Drei und dann die Vier gedrückt und wieder gewartet. Ging dann aber gut aus. Deutschlands Bankbeamte sind noch verständig. Dann habe ich Mittagessen gemacht (violetter Spargel, Schweinekotelett, überbackene Polenta, Erdbeeren mit Ananas, ohne Foto) und wir haben draußen gegessen und mit der Familie von oben geplaudert, die auch draußen aßen, und ich habe noch ein bisschen so in die Sonne geblinzelt und nebenbei erschütternde Zahlen in einer Statistik angesehen und denke nicht, dass wir die Ausgangssperre lockern werden. Nochmal zwei Wochen hängen sie uns dran, befürchte ich. In Paris haben sie die Ausgangssperre für Sport verkürzt (drei Stunden morgens und drei abends), weil zu viele Menschen unterwegs waren, was aber nur zur Folge hat, dass umso mehr Menschen in diesen beiden Zeitfenstern draußen herumrennen. Seufz. Sieste bis 15 Uhr. Dann kam der Putz-Streit.

So ungefähr war der Tag, dann rief eine Freundin von ganz früher an und wir verplauderten uns am Telefon. Ich daddelte ein bisschen auf Facebook herum und klickte hier und da, die Bücher sind jetzt überall angekommen, nur nicht bei mir, und verteilte Herzchen, weil sooo viele Menschen mein Buch gekauft haben und es lesen! Danke Ihnen allen! Noch ein paar Mails hin- und hergeschickt, und dann machte ich schon wieder Abendessen. Und schon ist der Tag rum und ich habe noch nichts Interessantes für den Blog gefunden. Und bin dennoch schon sehr müde.

Sie bekommen Herrn Bonelli, den ich ausnahmsweise nur kurz angehört habe, ich vertraue darauf, dass das Thema passt und er es gut vermittelt.

Die Tulpen werden immer schöner!

Und die kleinen Kreidekerle wollte ich Ihnen schon lange zeigen.

Uh, es ist spät, guten Abend, gute Nacht, jetzt gehen Sie auch nicht mehr raus und das ist auch gut so. Schlafen Sie gut und wachen Sie gesund wieder auf!

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13 Responses to Corona Tagebuch – Tag 24

  1. Caroline Bahri sagt:

    Auch nur kurz vorm Schlafen: Habe heute Post von der französischen Rentenkasse bekommen. Ich kriege jetzt Rente! Jeden Monat 3,87 €! Ich habe ja 1985 mal 6 Monate in Paris gearbeitet und bei der urssaf eingezahlt. Du siehst, es lohnt sich, dran zu bleiben. Das kann ich jetzt jeden Monat auf den Kopf hauen. Prost!

  2. Mumbai sagt:

    die Tage vergehen wirklich schnell und auf laengeren lockdown muessen sich auch die Spanier einstellen, die, so las ich gerade, den internat. Tourismus im Sommer verbieten!! wollen. Na dann, Wirtschaft ade, denn 80%, besonders in Andalusien und in den Grosstaedten leben davon. Es ging der Mehrheit schon vor der Krise nicht gut.
    Wenn ich all die Restriktionen lese werde ich nicht mehr traurig sondern zornig, daher finde ich das Verhalten von Monsieur eigentlich nur zum schmunzeln. Nicht kooperativ, zugegeben…aber was nicht ist kann noch werden. Bleiben Sie weiterhin gesund

    • dreher sagt:

      Naja, wir haben deswegen irgendwann eine Haushaltshilfe eingestellt – damit waren all diese Diskussionen beendet. Aber die kommt ja derzeit nicht.
      Hier sprechen sie auch davon, den Tourismus “abzusagen” – das würde gerade hier im Süden auch eine Katastrophe.

      • Mumbai sagt:

        habe gerade im “the guardian” gelesen, dass ein privat jet mit
        7 Personen versuchte in Cannes zu landen um in eine luxury Villa zu gelangen. Es waren 1 Kroate, 1 Ukraine, 1 Franzose, 1 Deutscher und 3 Frauen. Wie unverschaemt und unsensible ist das? Obwohl man ja ueber andere nicht urteilen soll, aber die gehoeren hinter Gitter und zwar fuer mehrere Jahre, ausserdem Beschlagnahmung des Jets und extrem hohe Geldstrafen, damit man kranken Corona-Patienten und alles was drum und dran notwendig ist, helfen kann.

        • dreher sagt:

          Naja, nach Frankreich würde ich gerade jetzt nicht gerade fliegen, Luxusvilla in Cannes hin oder her …

  3. Sunni sagt:

    Hach, “wir … facon de parler”, was musste ich lachen. Gängiger Ausdruck auch hier mit bestimmt vergleichbarem Ende.
    DAS Buch???? Gibt es das schon??? Ich warte doch so sehr.
    Ihnen alles, alles Liebe, Zeit um draußen zu essen, Zeit zum Schreiben und etwas “Außerhalb”, soweit es geht.
    Hier zum ersten Mal seit 11 Jahren ohne Enkel, was die Diskussion heraufbeschwor, ob man nächste Jahr noch da sei, sei ja fraglich. Mon dieu….!Ja, es ist halt immer fraglich. Und ja, mit 82 und allem dazu noch mehr, aber noch weitaus mehr, wenn man das nun hin- und herbedenkt. Daher jetzt: Kleiner Ausflug per Auto und zu Fuß und anschließend auf einer Waldbank ein kleiner Abendinbiß. Dann kann man über anderes nachdenken. Herzliche Grüße und ein gutes Ostern! Sunni

  4. Eleonore Braun-Folta sagt:

    Danke Christiane, ich habe ganz vergessen, dass ich dein neues Buch ja als eBook vorbestellt hatte. Es ist da. Ich freue mich, Elli

    • dreher sagt:

      Ich freue mich auch Elli! Danke, dass du es gekauft hast!

      • Eleonore Braun-Folta sagt:

        Und schon gelesen. Ich kann einfach nicht aufhören. Es gab Passagen, an denen mir die Tränen liefen, bei der Geburt seiner Tochter Julie oder beim Telefonat mit seiner Tochter Lilly. Es zeigt eine ganz andere Seite des Kommissars. Danke , Frohe Ostern, Elli

  5. Anne sagt:

    Bonjour, Christjann,
    die Fotos im nächsten Beitrag klappen prima – nur das Kommentarfenster öffnet sich nicht?
    Viele Grüße
    Anne