Das Meer, das Kino und keine Küsse

Die allermeisten Strände sind seit gestern wieder zugänglich, hurrah, das wissen viele schon, aber ich will es der Vollständigkeit halber auch noch sagen. Immerhin leben wir in einer Stadt am Strand. Natürlich ist seit gestern schlechtes Wetter und auch die nächste Woche soll es wieder regnen, die Götter sind mit uns, könnte man meinen, sie passen darauf auf, dass wir nicht alle gleichzeitig draußen herumrennen. Die Betonung liegt auf Rennen, ja, denn Herumliegen, sich Sonnen, Picknicken, BBQ und Feten am Strand feiern ist nicht erlaubt. Jede Stadt regelt das déconfinement wie gehabt ein bisschen anders, das gilt auch für die Strände; in Cannes haben wir eine sogenannte plage dynamique, der Zugang ist zwischen 6 und 20 Uhr erlaubt, man darf alleine oder in Familien (nicht mehr als zehn Personen und immer mit Abstand zu anderen, plus Masken) spazierengehen, schwimmen oder (alleine) Wassersport machen (surfen, kiten, Stand-up Paddel etc), ebenso ist Angeln erlaubt. Was man jeweils alles darf oder nicht darf, darüber informieren zusätzlich Schilder an den Zugängen.

In Théoule, weil wir hier neulich über Théoule und die kleinen Buchten an der Pointe de l’Aiguille sprachen, ist der Strand zwar geöffnet, aber sind diese kleinen Buchten noch gesperrt. In der östlichen Ecke sind die Strände von Villefranche und St. Jean Cap Ferrat derzeit noch komplett gesperrt, und um Marseille herum ist auch alles noch im “roten Bereich”, sprich, nicht zugänglich. Ich gebe Ihnen mal diesen Link, in dem Artikel befindet sich eine Karte, die Sie vergrößern können, um zu sehen, ob “Ihr” Strand schon zugänglich ist. Dann können Sie sich wenigstens schonmal hinträumen. Wir sind aber gar nicht am Strand, weil es nämlich, sagte ich es schon? REGNET!

Ok, ich gebe zu, ich habe das gestern schon geschrieben. Heute morgen war ich auf dem Markt und bin auch kurz am Strand gewesen. Aber wirklich nur kurz.

Ob sich meine Bereitschaft, am Strand Müll zu sammeln verändert, durchaus eine “dynamische” Tätigkeit, muss ich abwarten. Diesen kleinen Plastikrechen habe ich schonmal nicht angefasst. :(

Und in Cannes haben wir jetzt auch ein vorübergehendes Drive-in Cinéma! Fünf Abende lang werden Filme auf einer Leinwand auf dem Parkplatz vom Palm Beach Casino ausgestrahlt.  Es gibt E.T. , Dr. Doolittle, ein Abenteuerfilm mit Harrison Ford und …. La Daronne! Sie erinnern sich, die Verfilmung des gleichnamigen Krimis (deutsch “Die Alte”)von Hannelore Cayre mit Isabelle Huppert! Und auch wenn die Wetteraussichten nicht genial sind, habe ich natürlich sofort zwei Tickets auf der super unübersichtlichen und bescheuert komplizierten Reservierungsseite gekauft! Vermutlich kommen sowieso nur ganz wenige Leute, weil niemand dieses Reservierungssystem versteht, für das man natürlich wieder ein neues Passwort braucht, das nicht zu lang und nicht zu kurz sein darf und Sonderzeichen beinhalten muss und trotzdem zurückgewiesen wird, weiß der Teufel warum, und dann tut man so, als reserviere man zwei Plätze im Saal 1 der Arcade-Kinos und lässt sich aber nicht irritieren, sondern reserviert sie trotzdem, und nachdem man einen weiteren Parcours durchlaufen hat, darf man die Plätze dann kaufen. Ich habe den “Schnellkauf”-Button geklickt, ich möchte nicht wissen, was ich noch alles hätte machen müssen, wenn ich ein Konto hätte anlegen wollen. Und wie dieses, für mich zumindest bewusst erlebte ERSTE Auto Kino-Happening werden wird, das erzähle ich Ihnen Ende der Woche NATÜRLICH auch.

Ein weitere Bestell-Herausforderung hatte ich gestern mit der numerisierten Ausgabe der vierzehntägig erscheinenden Zeitung Society. Ich wollte gern den Beitrag Requiem pour la bise also “Requiem für die französischen Küsschen” lesen. Da geht nämlich eine französische Tradition verloren – hier wird nicht mit dem Ellenbogen gestupst und auch nicht mit den Füßen gefüßelt, hier beugt man sich vor und ins Leere. Kein Küsschen für den Opi. Kein Küsschen unter Freunden, kein Küsschen gar nicht. Hier wurde so viel geküsst! Zur Begrüßung und zum Abschied. Ständig. Ich habe Jahre gebraucht, um die Küsschengeberei zu lernen und sie so französisch charmant und lässig anzuwenden, und jetzt gehen die Bises hinter Masken und Berührungsängsten verloren. Und ich wollte den ersten Text dazu gerne lesen und erstand eine Ausgabe in elektronischer Form. Aber Pustekuchen, wenn Sie glauben, dass Sie sofort loslesen können, wenn die Bestell- und Zahlungsbestätigung in den Mailordner geflattert kommen. Da ist zwar ein hübsches Bildchen der Zeitung, tut sich aber nichts. “Unser Abo-Service kümmert sich” steht lapidar darüber. Na, dann kümmer’ dich mal. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich auch warten können, bis ich die Zeitung an einem Zeitungskiosk bekomme. Papier wäre mir eh lieber gewesen, aber ich wollte den Text gestern SOFORT lesen! Nix is. Keine Bises, kein Text. Frankreich eben.

So, ich habe das Heft bekommen! Den Text werde ich heute nachmittag lesen. Beim Überfliegen nur schonmal so viel: dass Frankreich, Italien und Spanien so stark von der COVID-Krise betroffen sind (waren), hängt vermutlich auch mit dem steten Küsschengeben zusammen. Die Seite combiendesbises.com, wo Sie nachschauen können, wieviele Bises man sich im Norden, Osten oder im Zentrum von Frankreich gibt, das ist nämlich durchaus unterschiedlich, also diese Seite wird demnächst sicher überflüssig. Combien des bises en France? Aucun! Wieviele Küsschen gibt man sich in Frankreich? Keines! 

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6 Responses to Das Meer, das Kino und keine Küsse

  1. Birgit sagt:

    Liebe Christiane, immer wieder schön, Deine Geschichten zu lesen – bitte weitermachen 👏🏻🙏🏻! Ja, die Küsschen werden schuld an Corona sein, schade wir hatten uns schon so an diese liebe Begrüßungsritual gewöhnt, so dass wir es auch zurück in Deutschland beibehalten haben 😍. Jetzt kommen langsam Lockerungen auf uns zu, die aber sehr unterschiedlich gehandhabt werden. Die Menschen sind schon sehr verunsichert, frustriert und manchmal auch wütend. Auch bei uns kam es gestern zu spontanen Demos. Im Großen Garten in Dresden musste sich unser Ministerpräsident einigen Fragen und Beschimpfungen stellen. Ich hoffe, dass ich meine Mutter nach 8 Wochen mal wieder im Pflegeheim besuchen kann, es ist schrecklich mit anzusehen, wie die alten Menschen eingesperrt leiden. Gesundheit ist eben nicht alles, das Leben muss auch lebenswert sein! Einen schönen Sonntag und liebe Grüße

  2. Christine sagt:

    Ich möchte glauben (wissen tu ich’s natürlich nicht), dass das Küsschengeben das Immunsystem stärkt und nicht ursächlich für die hohe Zahl an Krankheitsfällen ist. In England sind die Zahlen ja auch hoch und der Engländer (ich ziehe jetzt mal das volle Klischeeregister) würde sich ja lieber in seinem pint ertränken als den Nebenmann zur Begrüßung zu küssen.

  3. Michael Chevalier sagt:

    Wunderschön deine Erfahrungen mit elektronischen Bestellvorgängen – die haben auch mich schon x mal zur Weißglut gebracht, insbesondere die genialen Passwortkonstruktionen, die man eingeben muss und niemals wiederfindet. Tant pis, ich wünsche noch eine schöne Zeit.

  4. Eleonore Braun-Folta sagt:

    Bei uns in der Familie, im Freundeskreis, unter Kollegen, mit den Nachbarn und in meinen Vereinen sind auch die Küsschen beliebt geworden. Aber nur eines, nicht 2 oder 3. Das fehlt sehr. Und niemand ist von uns krank geworden. Obwohl das auch mindestens 50 Personen sind. Ich glaube auch, dass das Immunsystem dadurch gestärkt wird.
    Schön von dir zu hören. Muss mich erst daran gewöhnen, dass ich nicht mehr jeden Abend von dir etwas zu lesen bekomme, Elli

  5. Croco sagt:

    Wie schön, das Meer!
    Diese Anmeldeseiten sind IQ- Kontrollen, ganz bestimmt.
    Oder eben ein Programmierer steckt dahinter, dem man nicht genug Geld gegeben hat.
    Die Küsschen sollen schuld sein?
    Seit wann küssen die Amis?
    Die Enge des Zusammenlebens, das denke ich eher.
    All die Länder, deren Menschen zuhause wenig Platz haben und draußen leben, oder gerne eng in Kneipen oder Restaurants sitzen, sind besonders betroffen.

  6. Mumbai sagt:

    nicht boese sein, aber den Regen haben wir geschickt, weil er uns nach 1 Woche schon zu viel wurde. Heute, genau zum Phase 1 Beginn wieder Sonne und wir stuerzten gleich morgens auf den Paseo um einen laaangen Spaziergang zu machen. Es war wie ein Geschenk und ich atmete jedes Co2 Molekuel mit solch einen Genuss, wie ich sonst nur
    Tarte onion essen wuerde. Gab’s uebrigens heute zu Mittag mit Rose aus Frankreich.
    Gerade gelesen, 70 Schulklassen mussten bei euch geschlossen werden. Weswegen?
    Natuerlich unser alter Coronavirus. Ob wir den jemals loswerden.? Vielleicht mit Kuesschen?…just fun