Geschafft!

Das Manuskript ist fertig geworden. Mit nur zwei Monaten Verspätung. Ich danke dem Verlag und meiner Lektorin für Geduld und Unterstützung. Es wird also auch im nächsten Jahr einen Krimi geben. Trotz aller Hindernisse.

Geschafft haben wir auch diesen Sommer, der ein gewisses Maß an Schwere in sich trug. Seit vier Uhr lag ich wach und dachte mir einen trotz allem amüsanten Blogtext darüber aus, aber jetzt merke ich, ich will nicht nicht mehr darüber schreiben. Über gar nichts. Auch und vor allem nicht über diese K-Krankheit. Die mit einer einschneidenden (im wahrsten Sinn) Operation hinter uns liegt. Eine Narbe bleibt. Eine Verletzung.

Wir sind froh, dass wir die OP in dem kleinen Moment hinter uns bringen konnten, in dem die Betten auf der Intensivstation gerade nicht ausschließlich von COVID-Fällen belegt waren. Jetzt sind die Intensivstationen schon wieder komplett mit COVID ausgelastet, stand gestern in der Zeitung und schrieb der Bürgermeister in seiner Rundmail, in der er ganz konkrete Zahlen für den Süden und für Cannes nennt. Sie sind in Cannes (derzeit) dreimal so hoch wie in Deutschland (166/100.000), im französischen Durchschnitt fünfmal so hoch (261/100.000) an manchen Orten geht es durch die Decke (bis zu 800/100.000). Der Bürgermeister ist wieder zu seiner ermutigenden und tröstlichen Grußformel sursum corda zurückgekehrt. Hoch die Herzen! 

Das brauchen wir auch, wir haben ab heute Abend 21 Uhr wieder Ausgangssperre, so wie etwa die Hälfte der französischen Departements. Nur nachts, damit vor allem das Herumhängen in Bars, Restaurants vermieden wird und das Herumknutschen während der Uni-Feten. In meinem Singgrüppchen, dem ich mutig vor kurzem beigetreten bin, um dann nicht hinzugehen, damit ich Monsieur nicht gefährde, wurden vier von acht Personen positiv getestet, nachdem eine Frau krank geworden ist. Ich singe jetzt über Skype.

Wir waren gestern trotzdem im Kino. Irgendwie feiern, das das Schwere hinter uns liegt und es wieder leichter wird. Wir waren seit dem Autokino-Erlebnis im Mai nicht mehr im Kino. Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist, aber hier hat sich das Autokino nicht durchgesetzt. Stattdessen gibt es halbleere Kinosäle, Maskenpflicht, Desinfektionsmittel. Man wartet, trotz Regen, draußen und so lange, bis der Saal nach der vorigen Vorstellung wieder durchgelüftet wurde. Dürchlüften ist nicht Französisch, darüber habe ich andernorts schon geschrieben. Durchlüften ist absolut deutsch, man darf also keinen deutschen Anspruch an das französische Lüften haben. Egal. Mit Maske, Gel, und viel Abstand sitzen wir mit etwa zehn anderen (drei Mal Familie mit Kind (es sind Herbstferien) und wir) in einem Saal und sehen Antoinette dans les Cevennes. Auf Deutsch heißt der Film Mein Liebhaber, der Esel & ich. Genau darum geht es. Eine Pariser Grundschullehrerin, die ein Verhältnis mit dem Vater einer ihrer Schülerinnen hat, und der sie wegen eines kurzfristig angesetzten Esel-Wanderurlaubs mit der Familie versetzt, entscheidet sich, die gleiche Wanderung zu machen, um ihren Geliebten dort “ganz zufällig” zu treffen. Man ist in den Cevennen und auf den Spuren von R.L. Stevenson.  Der Film ist leicht und amüsant und sehr französisch. Ich glaube, nur Franzosen können einen derart “décomplexierten” Familientauglichen Film über Ehebruch zu machen, in dem auch sonst viel über Liebe, Beziehungen und Sex geredet und gezeigt wird, und den sich Eltern mit Kindern dann genauso décomplexiert ansehen. Auch nach fünfzehn Jahren Frankreich erstaunt mich das.

Aber letztlich ist es wie auch bei den Jakobsweg-Wanderungen, der Weg ist das Ziel und er verändert uns.

So viel für heute. Langsam anfangen. Ein gutes Wochenende Ihnen allen. Bleiben Sie so gesund wie Sie können und passen Sie auf sich auf!

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24 Responses to Geschafft!

  1. Karin sagt:

    Manchmal ist es halt verhext. Zum Jahreswechsel habe ich mir eine Rippe gebrochen, dann hatte ich Covid und *jamais deux sans trois* in dem kurzen Zeitfenster im Sommer, in dem wir nach Deutschland fahren konnten, habe ich mir noch schnell eine Borreliose eingefangen. Töchterchen ist seit gestern in Quarantäne zu Hause. Ich glaube, dass es eine normale Erkältung ist, man geht als Teenie ja nie ausreichend warm oder überhaupt ans Wetter angepasst aus dem Haus, aber da ist die Schule ganz streng: ein Covid-Test muss her. Der frühestmögliche Termin, der zu bekommen war, ist Donnerstag. Hoffen wir mal, dass es nicht Covid ist.
    Ich gehe nach wie vor regelmässig ins Kino, schon allein, um die Branche zu unterstützen, aber es ist schon traurig, diese meist ziemlich leeren Säle zu sehen. Mit dem französischen Kino werde ich nicht so warm. Zum einen wird mir zuviel geredet, zum anderen finde ich die Themen manchmal grenzwertig. Ich erinnere mich mit Schaudern an einen Film, in dem thematisiert wurde, dass eine Mutter und ihr vielleicht vierzehn- oder fünfzehnjähriger Sohn miteinander im Bett landen. Das Ganze wurde als Ausrutscher, der ja nicht so schlimm ist hingestellt. Was soll man davon halten?
    Euch wünsche ich, dass es nur noch bergauf geht, geniesst die Zeit trotz der engen Grenzen, die gesetzt sind, freu dich daran, dass dein Manuskript fertig ist und schon viele freudig auf die Veröffentlichung warten und fühl dich aufgehoben und geborgen in der Wertschätzung, die dir so viele entgegenbringen!

    • dreher sagt:

      Danke, liebe Karin, das tut mir ja leid, Borreliose und Covid, urgh, du Arme. Ich hoffe, du hast beides (und den Rippenbruch natürlich auch) über- und ausgestanden. Für die Tochter drücke ich die Daumen.
      Ich bin ein großer Fan des französischen Films, viele Filme schaue ich mir heute mit einem anderen Blick und tieferem Verständnis an, als damals, wo ich sie als Schülerin und Studentin entdeckt habe (Fahrstuhl zum Schafott, wow!).
      Ich stimme durchaus Trulla zu, die sagt, dass viele der Filme durch moderne grenzüberschreitende Themen und auch durch kontroverse Diskussionen die Gesellschaft weitergebracht haben und dennoch … mit manchen Themen komme ich auch nicht klar, aus Gründen und auch weil ich die Zeit selbst nicht (als Erwachsene) erlebt habe:

      Einen französischen “Kultfilm” mit Depardieu “Les Valseuses” finde ich grauenhaft, weil darin Frauen die ganze Zeit benutzt und vergewaltigt werden. Aber es war “eine andere Zeit”, es hat niemand “gesehen”. Genau wie damals ein frz. Schriftsteller (Gabriel Matzneff) hochgejubelt wurde für seinen “Liebesroman”, im Prinzip ausschließlich detaillierte Schilderung seines Sexlebens mit einem 15 jährigen Mädchen. Die einzige Schriftstellerin, die damals dagegen protestiert hatte und sagte das ist Pädopornographie, wurde als “spießig” und “verklemmt” und “lange nicht gevögelt” hingestellt und ihre Bücher wurden daraufhin in der Presse ignoriert oder schlecht besprochen. Das damals 15 jährige Mädchen (Vanessa Springora) hat dieses Jahr ein Buch über diese “Liebe” geschrieben und dankt ausdrücklich dieser Schriftstellerin, die als einzige “gesehen” hat, was es wirklich war (nämlich Pädopornographie) und gewagt hat, es öffentlich zu sagen. Heute versteht kein Mensch mehr, wie man das damals hat geschehen lassen können (die Eltern, die Lehrer). Ich hatte mit Monsieur hitzige Diskussionen darüber, und auch über die “Valseuses”, die ich ihm beim letzten Ansehen aus meiner Sicht interpretiert habe, es öffnete ihm die Augen, machte ihn sprachlos. “So war das damals eben”. Es war eine andere Zeit.

  2. Trulla sagt:

    Ein unglaubliches Jahr werden wir vielleicht später einmal sagen. Alles mögliche ist geschehen, positiv und negativ, und auch zu meiner Freude, liebe Christiane, in Ihrem besonderen Fall, mit gutem Ausgang und ungebrochener Kreativität!

    @Karin
    Mich haben die französischen Filme in meiner Jugend sehr beeindruckt, unendlich viele habe ich in den – wenigen – Hamburger Studio Kinos gesehen: Godard, Chabrol, Truffaut, den Spanier Bunuel quasi als Vater ihrer Kunstform. Ach, und die wunderbaren Darsteller/innen, Jeanne Moreau, die Deneuve Schwestern, Trintignant, Belmondo… Und stimmt, es wurde immer viel und gern geredet und gestikuliert.

    Der von Ihnen erwähnte Film war “Herzflimmern” von Louis Malle.

    Film eben, in jener Zeit wurden gern mal Grenzen überschritten und heftiger Diskussionsstoff produziert. Diese kontroversen Diskussionen über alle möglichen Themen (später auch durch deutsche Filmemacher wie u.a. Fassbinder, Rosa von Praunheim, von Trotta, Schlöndorff) haben nach meiner Meinung unsere Gesellschaft ein ordentliches Stück vorangebracht.

    • dreher sagt:

      Sehr lieben Dank, ma chère Trulla!
      Danke auch für die hommage an den französischen Film, ich teile Ihre Begeisterung, aber nicht bei allen Themen. Siehe meien Antwort bei Karin.