Der Süden ist blau

Gestern war ein unglaublich blauer Tag. Unglaublich warm auch. Ich war in Nizza und habe Feli, vom Berlinerin in Frankreich-Blog getroffen. Feli ist viel jünger als ich, sie könnte, hömhöm räusper, meine Tochter sein, aber wir hatten uns viel zu sagen, das fand ich sehr besonders. Wir liefen also durch Nizza und bis ans Meer und saßen auf den grauen Kieselsteinen, von denen ich immer mindestens einen mitnehmen muss, weil ich ihn auch so besonders finde. Der Strand war so voll wie manchmal am Wochenende.

Der Wind bauschte das türkisfarbene Meer zu weißen schaumigen Wellen auf, die auf die Steine vor uns rauschten, es gab drei Menschen, die in Badeanzügen kreischend und lachend im Wasser herumhüpften. Wir saßen auf den Steinen, der Wind wehte und die Sonne schien so warm, wie an Frühlingstagen.

Die Temperaturanzeige im Auto zeigte bis zu 24 Grad, ich habe es aber erst bei 23 Grad dokumentiert. Ende Januar immerhin. Unglaublich war das, atemberaubend schön, ich kam aus dem Staunen über das Blau, das Licht und die Wärme und aus dem “Ist das nicht großartig!”-Juchzen nicht heraus, obwohl ich hier ja schon so lange lebe. So kann es hier sein. So blau, so warm, so hell. Es sind die Momente, in denen man all das Nervige, das es hier ja auch gibt, vergisst.

Das 3. confinement zum Beispiel, das uns für nächste Woche angedroht war und weswegen ich in dieser Woche schnellschnell noch ganz viel unterwegs war, aber jetzt kommt es doch gar nicht, oder zumindest nicht so richtig. Wir wissen nicht, ob es eine gute Entscheidung ist, aber die Vorstellung, ein weiteres Mal streng eingesperrt zu sein und nur eine Stunde im Ein-Kilometerradius herumeiern zu dürfen, machte uns allen extrem schlechte Laune. Und das, obwohl mein Einkilomterradius auch bis ans Meer reicht, das wissen Sie schon.

Ich nahm vor drei Tagen in Aix-en-Provence an einer eher unnützen Fortbildung statt. In Aix ist es immer ein Stück kälter als in Cannes, Null Grad um Acht Uhr morgens. Der Süden kann auch sehr kalt sein. Pocket Film hieß die Fortbildung, ich (wie auch die anderen Teilnehmerinnen, Autorinnen und Illustratorinnen) erwartete(n), dass man uns Fertigkeiten an die Hand gibt, wie wir uns, unser Schaffen und unsere Bücher filmisch dokumentieren können, da das Medium der Wahl in dieser eher kontaktlosen Zeit der Film geworden ist, das Video oder auf jeden Fall bewegte Bilder statt Text, und wir alle plötzlich aufgefordert werden “mal eben schnell einen Film” zu drehen. Ich habe das vergangenen Sommer probiert – aber ich bin nicht die Generation, die sich selbst aufnehmend durch die Stadt läuft und gleichzeitig plaudert. Ich dachte, so etwas in der Art würde ich jetzt lernen und danach könnte ich auch auf FB und Instagramm spielerisch Filme und Stories und Reels und wie das alles heißt, einstellen. Pustekuchen. Pocket Film ist ein eigenes Genre, eine Art Minifilm, unmontiert und in einem Rutsch mit dem Smartphone durchgedreht. Man überlegt sich ein Szenario, schreibt einen Titel, einen Abspann dreht das Ganze dann in kürzester Zeit. Roh und handwerklich grob. Aber eben ein Unter-Unter-Genre des Kinofilms, künstlerisch und nicht dokumentierend. Gelernt habe ich, dass Filme, selbst ganz kurze, genauso viel Arbeit machen wie ein Buch (nicht, dass ich das nicht schon gewusst hätte) und man eigentlich einen ganz neuen Beruf lernen müsste, um einen perfekten kleinen Dokumentarfilm zu drehen. Also “mal eben schnell” ist vielleicht möglich für eine andere Generation, die mit dem Smartphone in der Hand aufwächst, aber nicht für mich. Nun gut. Ich hab mal einen Tag lang was anderes gesehen, gehört, gemacht und mit anderen Menschen geplaudert, wer weiß, zu was es gut war, und es passt schon zu meinem Wort des Jahres “MOVE” – movie – bewegte Bilder.

Dieser drei-Wochen-Kurs zum “Wort des Jahres” war sehr inspirierend und ermutigend. Hat mir gut getan, damit das Jahr zu beginnen. Und jetzt habe ich mich zu einem anderen Online-Kurs angemeldet. Achtung! Dies ist vielleicht, sicher sogar, Werbung, ich sags nur. Aber unbezahlt und unaufgefordert. Fastenchallenge heißt er und ich dachte erst “nee” Fasten mache ich nicht. Kann ich nicht, will ich nicht. Schluss aus, dieses Essen verbieten. Darum gehts aber gar nicht. Es ist mehr in dem Sinne des “Sieben Wochen anders leben”, an dieser Aktion habe ich auch ein paar Jahre teilgenommen. Letztes Jahr war “Jammerfasten” ein großer Hit. Eine Zeitlang nicht jammern, sich nicht beschweren, nicht nörgeln. Weiß nicht, ob man das sieben Wochen lang schaffen kann. Ein Versuch wäre es wert. Bei der Fastenchallenge aber geht es ums “Entrümpeln” unserer Wohnung und gleichzeitig darum, mit dem Entrümpelten etwas Gutes zu tun. Unsere Wohnung ist sooo voll, es passt nichts mehr rein. Ich MUSS das machen! Zufällig und unbeabsichtigt habe ich schon einen winzigen Einblick erhalten und darf hier noch nichts erzählen, aber es hat mich sehr begeistert. Das mache ich also und freue mich darauf!

So viel ganz schnell und für eben, damit Sie ein paar der blauen Bilder zum Wochenende bekommen (heute ist es schon wieder bedeckt und soll regnen). Bis die Tage!

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27 Responses to Der Süden ist blau

  1. Sabine Gerlach sagt:

    So, nachdem ich gestern Abend schon total begeistert von den Fotos war und in Erinnerungen versunken, war ich heute morgen fit genug, um den Text ganz zu Ende zu lesen und was soll ich sagen, er hat mich mal wieder voll auf den Punk getroffen und ich habe mich bei der Fastenchallenge angemeldet. Das ist genau das, was ich brauche: einen kleinen Schubs (und auch etwas Öffentlichkeit 🙈), um diese Aufgabe durchzuhalten. Danke Christiane für Deinen schönen Blog. Ich bin schon ganz aufgeregt, wie es wohl wird….Aaaber, mein Wort des Jahres „Mut“ hat mir geholfen, diesen für mich sehr ungewöhnlichen Schritt zu gehen. Wenn schon dieses Jahr der Urlaub an der Côte d‘Azur wahrscheinlich wieder flach fällt, werde ich diesen dann in einem geordneteren Zuhause verbringen. Liebe Grüße in den blauen Süden ~ bisous ~ Sabine 🥰

  2. Marion sagt:

    Was für nette Workshops und Challenges. Ich kann mich zu gar nichts aufraffen, außer immerhin zu meinen Spaziergängen. Die tun gut. Jetzt hat auch noch meine Mutter im Heim Corona. Da sie aber schon geimpft wurde, sieht es nach einem leichten Verlauf aus. Die DVD “Le gôut des autres” (konnte man nicht streamen) ist angekommen und so mache ich mir einen schönen Heimkinoabend mit einem Gläschen Wein. Bescheidene Freuden…

    • dreher sagt:

      Oh, das tut mir leid für deine Mutter! Für dich natürlich auch. Ich drücke euch die Daumen, dass es nur “Corona light” wird, und sie nicht so lange isoliert bleiben muss!
      Spazierengehen ist doch toll. Mache ich auch wieder mehr! Es erinnert mich an einen Link, den ich vergessen habe…
      Bonne projection, wie man hier sagt! Hoffe, du magst den Film!

      • Marion sagt:

        Danke für die guten Wünsche, bin mir sicher, dass ich den Film mag… ❤ Ja, meine Spaziergänge sind meine Challenge. Ich fahre gern in irgendwelche Käffer in der Gegend, wo garantiert kein Touri hinkommt, und das Highlight ist dann der Einkauf in einem fremden Supermarkt… 🤣

  3. Manuela sagt:

    Die Fastenchallenge ist ja cool! Ich mache dieses Jahr ein ähnliches Projekt, das ich mir von der Journalistin Meike Winnemuth abgeguckt habe. Sie hat das Projekt damals “und Tschüß” genannt, es gibt auch einen Blog dazu: 1 Jahr lang wird entrümpelt, jeden Tag fliegt ein Teil raus oder wird im Idealfall weiterverschenkt. Nach 1 Jahr haben 365 Dinge das Haus verlassen. Bin mal gespannt, ob ich das schaffe, bisher macht es großen Spaß. Bitte berichte mal, wie deine Fastenchallenge läuft!

    • dreher sagt:

      Oh, das klingt auch spannend. Ein Jahr aber ist lang 😳 Gibt es eine Anleitung oder ist man damit allein?
      Ich werde auf jeden Fall berichten! Du kannst gerne gegenkommentieren 😊🙋‍♀️

      • Manuela sagt:

        Ich mache das nur für mich allein, nach meinen eigenen Regeln, wobei es mit Gleichgesinnten natürlich noch cooler (und motivierender) wäre. Ich hatte den Blog von Meike nochmal gelesen – ist bei ihr schon länger her, aber der Blog ist noch auf http://www.daskleineblaue.de online unter “und Tschüß”. Das hat mir irgendwie Lust gemacht. Ich bin eh ständig am entrümpeln, ich mag es einfach nicht, wenn alles so voll ist. Es macht echt Spaß, nur manchmal ist es gar nicht leicht, noch einen Verwendungszweck zu finden (was macht man mit alten Kameras? Falls einer ne Idee hat. .)

        • dreher sagt:

          Gerade “Und tschüss” quergelesen. Schönes Projekt. Ein Jahr ist trotzdem lang und wir haben hier so viel mehr als 365 Dinge … und ich lebe in der Wohnung eines bewahrenden Sammlers (ich bin ehrlicherweise auch Sammlerin) – ich glaube hier muss in einer kurzen Zeit viel passieren, das ist wirksamer. On verra. Wir lesen uns!
          Zu den Kameras: Bislang haben wir so etwas immer für den Flohmarkt aufgehoben, die richtig alten haben sich gut verkauft und man kann ein “lot” machen, alle zusammen (auch die weniger alten) für den Preis X. Wir haben aber ehrlicherweise erst einen einzigen Flohmarkt gemacht!

          • Wendy sagt:

            Maike Winnemuth war auch mein Anstoß für “30 Tage”

          • Manuela sagt:

            Das mit dem Flohmarkt ist eine gute Idee. Es gibt auch offizielle Verkaufsplattformen für Kameras, aber da würde ich für meine Modelle gar nichts mehr bekommen..
            Ich bin auch mit einem Sammler zusammen… Seufz. Ich selbst bin eher Minimalist. Ich konzentriere mich auf meine eigenen Sachen, es kommt nicht gut an, wenn man die Sachen von anderen entsorgt, egal wie wertlos sie scheinen. Kann ich auch verstehen.
            Ich bin gespannt, wie das große Entrümpelprojekt laufen wird, in einer Gruppe ist das bestimmt motivierend!

          • dreher sagt:

            Ich weiß, seufz, ich konzentriere mich in erster Linie auch auf meine Sachen, aber es gibt ja so einen Graubereich, eine Schublade voller Weinkorken, wem gehören die?

            Je mehr ich hier lese, desto mehr habe ich Lust anzufangen… der Gatte ist zumindest informiert und nicht ganz ablehnend. Er ist sich des zu viel durchaus bewusst. On verra!

  4. Ursula Weber sagt:

    Vielen Dank für Deinen interessanten Bericht und die wunderschönen Fotos. Alles Gute für Euch und ein schönes Wochenende 🤗😘🍀

  5. Liebe Christiane,

    ja schön wars! Und deine Fotos sind toll geworden. Nizza ist übrigens nicht immer blau. Heute war es grau und am Ende unseres Spaziergangs sind wir richtig nass geworden. War aber auch schön!

    Liebe Grüße
    Feli

    • dreher sagt:

      Danke liebe Feli!
      Foto-Lob aus deinem Mund ehrt mich!
      Hier war es heute auch grau und jetzt regnet schüttet es. Gut, dass wir gestern ausgenutzt haben.
      Liebe Grüße nach nebenan!
      Christiane

  6. Wendy sagt:

    Hallo, ich habe das 8 oder 10 Jahre lang gemacht, der Januar war mein “Entrümpel-Monat ” , öffentlich, in meinem Blog. Es war befreiend, lehrreich (ich kaufe bewusster, mit der Frage im Kopf “ist das nur wieder ein Teil, das du nächsten Januar entrümpelst”). Man kann es nachlesen unter 30 Tage und entrümpeln und dabei lachen, was sich so ansammelt. Nur dieses Jahr, ich habe nicht den Nerv dafür. Wenn die Welt um einen herum in den Fugen knirscht, hängt man am Bekannten.

    • Manuela sagt:

      Das ist auch eine gute Idee, jeden Januar zu entrümpeln. Oder immer in der Fastenzeit, da mache ich meist eh immer irgendwelche Selbstversuche.
      Wie heißt die Seite, wo ich das nachlesen kann?

  7. Wendy sagt:

    Falls Sie reinlesen möchten (den Beitrag müssen Sie nicht freischalten, letztlich wäre es nur Werbung für mein Blog, das kein kommerzielles ist und nicht beworben werden muss)

    https://wendytier.wordpress.com/category/30-tage/

    • dreher sagt:

      Toll! Gerade den halben Januar gelesen, amüsant und lehrreich! Die Vorräte! Das ist hier auch Eichhörnchenmaessig 😳🙄😂 Die Soleier… 👀😂🙃
      Auch verständlich, dass es dieses Jahr nicht geht. Aber ich freue mich auf mein Entrümpeln 😊

      • Wendy sagt:

        Im Grunde ist es die Dokumentation des Peinlichen . Was hebt man nur alles auf? Warum? Wenigstens habe ich kein Problem damit, über mich zu lachen.

        • dreher sagt:

          Ach was! Alle haben Schubladen und Schränke voller Absonderlichkeiten, abgelaufene Vorräte, Jeans, in die man nicht mehr passt und Sonnenbrillen vom Ex … ich finde das toll, dass du das öffentlich gemacht hast! Sehr mutig und toll! ❤️

  8. Sylvia sagt:

    Als ich nach Teneriffa ausgewandert bin, habe ich auch “und tschüss“ gesagt und mich von allen teils seit mehr als 40 Jahren angesammelten Dingen getrennt. Hunderte von Büchern zum kostenlosen Mitnehmen vor das Haus gestellt, vieles in soziale Kaufhäuser abgegeben. Es ist ein befreiendes Gefühl nur noch das Existentielle zu behalten. Seit über drei Jahren habe ich es geschafft, mir diese neue Lebensweise zu bewahren. Es lebt sich mit weniger leichter. Genießt eure Challenge und das Leben. Sonnige Grüße von Teneriffa🙋

    • dreher sagt:

      Ja, ich erinnere mich daran! Respekt, dass du in Teneriffa nicht gleich wieder alles angesammelt hast!
      Liebe Grüße auf die Insel, bleib gesund!