Berlin

Ob ich es nochmal schaffe, die Berlin-Reise zu dokumentieren? Irgendwie bin ich abends müde. Ich daddel im Internet herum, lese von anderer Leuts Reisen, wovon ich diese hier gerne verlinken möchte, so es noch niemand anders getan hat. Es ist nicht so idyllisch in Bosnien, aber Simona reiste dorthin, weil sie vor allem den bosnischen Sänger Božo Vrećo in Bosnien hören wollte (den sie dann aber in Kroatien hört). Sehr spannend. Das lese ich also, und ich folge auf Instagram mehreren Reisenden; sehr gerne mag ich @gruenumdiewelt, ein nettes Paar, denen ich zufällig ab Tag 1 ihrer Weltreise folge, die vor allem mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind; zur Zeit machen sie einen längeren Stop in San Diego als House- und Hunde- und Katzensitter, weil sie auf ihre Ersatz-Kreditkarten warten, sie haben ihre Tasche mit allen Zahlungsmitteln vor ein paar Wochen im Zug verloren; seit kurzem folge ich auch einem verrückten jungen Mann @thegreathans, der mit dem Fahrrad durch die Welt gondelt, sagenhafte Fotos und Filme macht und mit einem eher schnodderigen Ton davon berichtet, gerade ist er im Iran, er schwärmt in höchsten Tönen vom Land und von der überwältigenden Gastfreundschaft, ich will das nicht in Abrede stellen, aber klar ist alles super für ihn, er ist ein (junger weißer) Mann und auf allen Fotos (auch vorher schon) sehe ich nur Männer. Kein Wort zu den Frauen und zu ihrer Situation bisher. On verra.

Gestern sah ich von ihm ein Video, indem er alle Kosten der Reise öffentlich macht – meine Güte, Respekt dafür, aber das wäre das letzte, was ich auf so einer Reise machen wollte. @gruenumdiewelt machen das übrigens auch. Was der junge Radfahrer auch tat war, detailliert auflisten, wieviel Zeit er in seine Beiträge und vor allem in das Erstellen von Youtube Videos investiert. Und dass er sich extra zum Video schneiden in Unterkünfte einmieten muss (sonst zeltet er wild), was die Reise dann wieder verteuert. Mein größter Respekt vor all den Reisenden, die unterwegs unter diesen Bedingungen so viel arbeiten – ja, sie verdienen teilweise Geld damit. Also vielleicht ist es gar nicht so mühselig für sie, aber mir kommt das alles so anstrengend vor, weil ich diesen neuen Medien-Kram nicht beherrsche und “nur” schreibe und Fotos mache und weiß, wie lange das manchmal dauert, bis ein Artikel fertig ist. Das sind so Momente, wo ich spüre, dass ich eine andere Generation bin, die Generation Boomer übrigens, keine Ahnung seit wann man das als Schimpfwort verwendet, die sich so langsam auf die Zielgerade Richtung Ende einschaukelt. Das Gefühl, dass ich nicht mehr die Zielgruppe bin für so allerhand, hatte ich dieses Jahr schon ziemlich häufig. Darüber vielleicht ein andermal, wenn ich es schaffe, seufz. Sechzig Jahre und ein bisschen müde. Sie erinnern sich vielleicht an Curd Jürgens? Ich komme vom Hölzchen aufs Stöckchen, will jetzt aber doch von unserer kleinen Reise ein bisschen berichten.

Sie war ja jetzt nur noch vier Tage lang – am ersten Tag kamen wir übermüdet frühmorgens an, wurden, wie versprochen, abgeholt und durften zu dieser ungewöhnlichen Uhrzeit einchecken, und zwar ins Taute Heim. Ein kleines Häuschen in der Hufeisensiedlung (gebaut vom Architekten Bruno Taut), das von dem Architektenehepaar Katrin Lesser und Ben Buschfeld erworben und von ihnen im Originalstil der Zwanziger Jahre renoviert, um nicht zu sagen restauriert wurde, hier kann man mehr darüber lesen; man kann das Häuschen mieten und wohnt dann dort ein bisschen wie im Museum. Allerdings mit allem Komfort der heutigen Zeit. Genial. Ich war sofort verliebt, als ich diese Möglichkeit entdeckt hatte. Eigentlich wollte ich einen eigenen Eintrag für das Häuschen machen, aber ich scheiterte schon zweimal daran, die Siedlungs- und Architekturgeschichte leicht und verständlich aufzubereiten, so sehr sie mich interessiert, irgendwie wollte da nichts zustande kommen. Also bitte ich Sie, die Seite von Tautes Heim anzuklicken und sich dort bei Interesse einzulesen, und ich verlinke Ihnen auch den Wikipedia Eintrag, der ganz vernünftig klingt.

Ich musste Herrn Buschfeld, der uns etwas zur Geschichte der Siedlung und vor allem des Hauses erzählte, irgendwann stoppen, wir hatten den Termin fur unsere erste touristische Aktivität und mussten eiligst einmal quer durch Berlin, um zu unserem Schiffchen zu kommen, mit dem wir über die Spree und den Landwehrkanal schipperten. Gemütlicher Einstieg, mehr hätten wir auch nicht geschafft, glaube ich.

Danach aßen wir bei einem Italiener und fuhren zurück zum Häuschen, um eine kleine Sieste zu machen, wir wollten für die Abendveranstaltung ausgeruht sein. Die Enkelin schlief gute drei Stunden, ich nur etwa dreißig Minuten (ich greife vor, wenn ich sage, dass ich in Berlin extrem wenig schlief und auf einer Art Euphorie-Droge war, dann aber, als ich wieder zuhause war, schlief ich einen Tag fast völlig durch) und schaukelte dann unterm Apfelbaum in der Hängematte – so schön! –

und plauderte mit der Berliner Freundin, die vorbeikam, da sie ganz in der Nähe wohnt. Wir kauften noch ein paar Kleinigkeiten fürs Frühstück am nächsten Tag ein und schon fuhren die Enkelin und ich zum, tatatataaa: Fernsehturm!

Boah! Ging ja rasant hoch, wa’, in nur vierzig Sekunden, die Ohren gingen zu und schon sind wir da und durften ins Restaurant mit Fensterplatz. Wenn schon, denn schon. Ich habe ja ein wenig Höhenangst und hatte ein bisschen Sorge, ob ich da oben dann gar nicht aus dem Fenster gucken könnte, vor allem dreht sich das Ding ja – war aber alles gut, das Drehen spürt man nicht, wir drehten uns dreimal um und über Berlin, und wir waren rechtzeitig zum Sonnenuntergang oben!

wird fortgesetzt … :-)

Was ich in Berlin übrigens die ganze Zeit im Ohr hatte, war das hier:

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10 Responses to Berlin

  1. Marion sagt:

    Das Häuschen ist ja wundervoll, mal was anderes und interessantes. Komisch, als ich jünger war und Geld+Zeit gehabt hätte, hab’ ich die Weltreise/mehr weite Reisen nicht gemacht, vielleicht weil ich allein hätte reisen müssen, und heute interessiert es mich gar nicht mehr so. Aber wenn man erstmal wieder Reiseluft geschnuppert hat, kann sich die Abenteuer- und Entdeckerlust schnell wieder einstellen, denke ich… Gehöre auch zu den (jüngeren) “Boomern” und ärgere mich, dass das als Schimpfwort benutzt wird. Eigentlich fühle ich mich auch noch nicht so alt, obwohl ich jetzt graue Haare habe (habe ja während Corona die Farbe rauswachsen lassen); nur der Körper zeigt mir seine Grenzen auf (das kommt davon, wenn man zu lange unsportlich war), und die Gesellschaft steckt einen halt leider in Schubladen.

    • dreher sagt:

      Ich hatte irgendwie nie genug Geld für große Reisen – das bedaure ich manchmal, New York werde ich wohl nicht mehr sehen. Aber ich bin trotzdem rumgekommen, viel low-budget und Camping allerdings. Heute, vor allem natürlich weil ich schon im Ausland lebe und vor allem, weil ich an einem touristischen Ort lebe, sehe ich das Reisen eher kritisch. Schau mal, was in Venedig passiert – grauenhaft!

      • Marion sagt:

        Aber du warst doch in Neuseeland und Afrika, das sind doch große Reisen! Ich war richtig weit weg auch “nur” in Thailand und Kanada/USA (incl. NYC), auch alles Low Budget, aber bewusst so gewählt. Und ja, die Auswüchse des Tourismus sind kritisch zu sehen.

        • dreher sagt:

          Ja, das stimmt natürlich; ich war auch in Israel, meine erste außereuropäische Reise, die war sehr prägend!

  2. Marion sagt:

    P.S.: Noch was anderes: Am Montag habe ich eeendlich “Im Herzen jung” (Les jeunes amants) im Kino gesehen! Es hat jetzt tatsächlich 2 Jahre gedauert, bis er hier erschienen ist, unglaublich, und streamen konnte man ihn auch nicht. Allerdings hat er in mir so gar nichts ausgelöst, wenn ich ehrlich bin, außer vielleicht, dass ich nicht soviel übers Alter nachdenken möchte (reicht mir, dass alle um mich herum abbauen und sterben), aber Fanny Ardant ist natürlich trotzdem jeden Film wert, in dem sie mitspielt. Wenn man SO altern könnte, seufz…

    • dreher sagt:

      Oh das tut mir leid – da ist in der Zwischenzeit die Erwartungshaltung so hoch geworden, dass es der Film nicht mehr einlösen konnte. Oder vielleicht lag es an der Sprache? Französische Filme in deutscher Sprache funktionieren für mich nicht mehr, umgekehrt “verstehe” ich deutsche Filme in französischer Sprache auch nicht gut.

    • Marion sagt:

      Ja wahrscheinlich 😆. War aber OmU, wobei man ja dann doch mehr auf die Untertitel schielt, als einem lieb ist.

      • dreher sagt:

        OmU ist doch gut! Auch wenn man die Untertitel liest, bleibt das Französische erhalten, die rauchige Stimme von Fanny Ardant etwa ;-)

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