Es geht Schlag auf Schlag. Bin selbst schon ganz atemlos. Dabei war ich nicht mal im Kino, um die Eröffnungszeremonie anzusehen, was ich allerdings bedauerte, während ich sie zuhause auf dem Sofa sah: es war so emotional, das hätte ich wirklich gerne “größer” erlebt! Aber ich hatte vor allem keine Lust auf den Eröffnungsfilm, ich kann mit dem Humor von Quentin Dupieux wenig anfangen, und der Eröffnungsfilm soll wahnsinnig komisch sein. Haha. Aber ich fand schon den Vorfilm nicht interessant. Gähn.
So viel hatte ich gestern Abend geschrieben, dann sahen wir uns einen Film mit Juliette Binoche im Fernsehen an: “Ouistreham”, “Wie im echten Leben” heißt er auf Deutsch, kein witziger, aber ein guter Film. Danach aber war ich zu müde, um hier zu schreiben. Heute morgen dann muss ich gar nichts mehr schreiben, es gibt schon alles, ich kann einfach einen Text verlinken. Hier bitte schön, es schreibt Katja Nicodemus von der ZEIT. Da steht alles drin, aber mir fehlen die Emotionen.
Eins nach dem anderen. Die High Heels sind jedes Jahr Thema, und ich, die ich noch nie wirklich in hohen Schuhen laufen konnte, finde das schon immer skandalös. Einmal ließen sie eine Schauspielerin nicht hinein, weil sie im Rollstuhl saß. Und wenn man Greta Gerwig und Meryl Streep im engen langen Kleid und mit hohen Schuhen mühsam die zwei Stufen auf die Bühne hinabsteigen sieht, sehe ich sie im Geiste auch jedes mal schon umknicken und dann den Saal mit einem geschwollenen Knöchel hinkend oder gleich im Rollstuhl sitzend verlassen. Zaho de Zagazan, Überraschungsgast, stand mitten im Publikum auf und sang als Überraschungsgeste für Greta Gerwig, die diesjährige Präsidentin der Jury, “Modern Love” von David Bowie. Es ist eine Anspielung auf den Film “Frances H” mit Greta Gerwig, in dem übrigens auch Meryl Streep mitspielte. Sie schleudert irgendwann mit energischem Tritt, ha! das glaubte ich gesehen zu haben!, aber nein, sie streifte elegant ihre Schuhe davon ab, um auf der Bühne richtig zu tanzen. Yeah!
Einmal wurde auch ein Schauspieler nicht eingelassen, weil er kein konformes Schuhwerk trug – in dem Fall ging es nicht um High Heels, sondern um traditionelle Schuhe amerikanischer (oder kanadischer? ich erinnere mich nicht genau) Ureinwohner, früher hätte man gesagt “Indianerschuhe”, damit Sie sich bildlich etwas vorstellen können. Er immerhin konnte den Zugang zum Festival erringen, kulturelle Besonderheiten genießen ja in der Zwischenzeit einen Schutz.
Emotional wurde es auch bei dem Zusammenschnitt der Filme von Meryl Streep. Das wissen Sie alles: “Kramer gegen Kramer”, “Out of Africa”, “Die Brücken am Fluss”, was habe ich da jedes Mal im Kino geheult! Und was habe ich kürzlich erst gelacht, als ich sie in dem Film “Julia und Julia” als die amerikanische Köchin Julia Child in Frankreich entdeckte (Dank an Marion für diesen Tipp). Und “Mamma Mia”, “Der Teufel trägt Prada”, “Die Suffragetten” – und zig andere Filme. Was für ein Werk! Es gab lange standing ovations!
Nächster emotionaler Moment, als Juliette Binoche, btw. ich glaubte zu sehen, dass sie sich mit roten Plateausohlen aus der Schuh-Affaire zog, die goldene Palme für ihr Lebenswerk an Meryl Streep vergab.
“Wort- und Tränenreich” sagt Katja Nicodemus kurz. Ja, es war emotional, Herrgott, darf man nicht mal aufgeregt und berührt sein bei so etwas? Beide Damen schätzen sich, das sah man, beide waren gerührt, Meryl Streep von der auf englisch vorgetragenen Rede Binoches und Binoche von dem Dank Meryl Streeps, und sie lagen sich kurz in den Armen. Ich fand Binoches Frisur, einfach glatt gegeeltes Haar, ein bisschen befremdlich, insbesondere weil Meryl Streep nicht nur dem Publikum, das sie immer noch sehen will dankte, sondern auch ihrem Agenten und vor allem ihrem Friseur und Make-up-Artist, der sie in allen Rollen erst zu der Person mache, die sie spiele.
Beide eröffneten dann offiziell das 77. Festival in Cannes.
Und heute regnet es in Strömen, wie könnte es anders sein. Auch das ist Cannes zu Zeiten des Festivals, es regnet immer mindestens an einem Tag!
Ich freue mich über die Auszeichnung für Meryl Streep!
Viele der von dir genannten Namen (Dupieux, Cottin, de Zagazan) sagen mir schon gar nichts mehr. Kriege nicht mehr viel mit von Frankreich 🙁, aber ich habe ja dich! 😍
“Wie im echten Leben” hatte ich auch im Kino gesehen, ging schon unter die Haut.
Zaho de Zagazan ist DIE junge Frau in der Musikbranche, die gerade alles aufmischt. So erfrischend natürlich und ohne Allüren, tolle Stimme, ich habe sie neulich schon einmal vorgestellt: La symphonie des éclairs https://www.youtube.com/watch?v=pqo59FkF_5g
Cottin hat in der Serie “Dix pour cents” mitgespielt und ist jetzt so angesagt, dass sie derzeit Nespresso Werbung mit George Clooney macht
Was für eine grandiose Schauspielerin!
Und geweint habe ich auch. Die Brücken am Fluss und Out of Africa waren traurige Geschichten der Liebe, die trotzdem ein Leben reich machen.
Ich hatte nie das Gefühl, dass sie großartig geschminkt war. Ihre Kleider allerdings waren unglaublich stilvoll. Nach Jenseits von Afrika habe ich meine Kleidung von Tiefschwarz auf Leinen mit weiß umgestellt.
Ich habe die Eröffnung gesehen und mich auch über die frisch geduschte Version von Madame Binoche gewundert.
Ja, tolle Filme! So viele Tränen und so bereichernd, absolut!
Komische Frisur fand ich auch …