Everything is connected

Alles ist miteinander verbunden. Dies ist einer der vielen Sätze, den ich sofort aufschreiben musste, als ich heute Morgen in aller Frühe die Arte Doku über Paul Auster angesehen habe. Das war eine Empfehlung von Herrn Buddenbohm, das wissen Sie vielleicht schon. Vermutlich haben Sie auch von seinen New-York-Sehnsüchten gelesen, die ich auch habe, nur hat er New York tatsächlich schon einmal gesehen. Neid! Auch ich würde gerne mit dem Schiff nach New York fahren, wie so viele Auswanderer damals und heute Touristen.

Als mich Monsieur am frühen 1. Mai zum Flughafen fuhr, kam im Radio eine Sendung über Paul Auster. Die Begeisterung der zugeschalteten JournalistInnen und Büchermenschen die sich über ihn äußerten, ließ mich spüren, dass Paul Auster gestorben sein musste. So war es auch. Ob ich etwas von Paul Auster gelesen habe, fragte mich Monsieur. Das hatte ich. Die “New York Trilogie” und “Leviathan”, vielleicht auch noch etwas anderes, ich erinnere mich nicht mehr so richtig, ich weiß, dass ich damals sehr begeistert war, daran, dass in den Geschichten immer andere Geschichten auftauchten, die mindestens ebenso spannend gewesen wären, weiter erzählt zu werden, das mir das aber auch irgendwann zu viel wurde. So etwa die Geschichte des Zigarettenverkäufers aus dem Tabakladen an der Ecke, Auggie Wren, der jeden Tag zur selben Zeit denselben Ausschnitt der Straße fotografiert und mit diesen Fotos Alben gefüllt hat. Dies wurde meines Erachtens auch mit Harvey Keitel verfilmt, und ja, gerade gegoogelt, es ist ein Auschnitt des Films Smoke!

(Und nicht etwa Coffee and Cigarettes, was ich zuerst dachte, der ist von Jim Jarmusch). Heute könnte man sicherlich keine Filme mehr machen, in denen so viel geraucht wird, denke ich gerade.

Und wie es der Zufall (!) will, habe ich ein Büchlein von Paul Auster im Gepäck, das ich jemandem zurück geben will. Es ist genau diese Geschichte! Ha!

Im Hintergrund singt irgendwann Tom Waits, hach, meine Jugend.

Ich erinnere mich auch an eine verstörende Geschichte, wahrscheinlich aus der New York Trilogie, in der ein Detektiv (?) einem Mann durch die Straßen von New York folgt, der scheinbar wahllos Block um Block umrundet, aber am Ende, wenn man die Wege auf dem Stadtplan einzeichnet, kann man eine Botschaft lesen. Falls sich jemand von Ihnen erinnert, welche Geschichte es genau war, würde ich mich um Mitteilung freuen, die würde ich gerne noch einmal lesen.

Ein ps mitten im Text: ich habe später noch “Von der Hand in den Mund” gelesen, in dem Paul Auster darüber schreibt, wie er sich vor dem Erfolg ohne Geld und mit vielerlei Jobs durchgeschlagen hat, und dass er sich damals von sehr wenig, also von “der Hand in den Mund” ernährt hat. Da würde ich auch gerne nochmal reinlesen.

Und jetzt etwas, wofür ich mich heute schäme. Es geht um Siri Hustved. Wir jungen Studentinnen und Buchhändlerinnen waren alle in Paul Auster verliebt. Und dann tauchte Siri Hustved auf, die nicht nur mit ihm verheiratet war, sondern auch zu schreiben begann. Und ich weiß noch genau, wie verächtlich wir darüber waren! “Diese Plunze”, sagte eine damals beste Freundin voller Spott, “jetzt glaubt sie, schreiben zu können, nur weil sie mit Paul Auster verheiratet ist.” Und Hass wurde über Siri Hustved ausgegossen, zumindest in unserem kleinen Kreis von Studentinnen. Karrieresüchtig sei sie. Und hässlich auch noch. Jedenfalls hat es dazu geführt, dass ich bis heute keine Zeile von Siri Hustved gelesen habe. Shame over me.

Wie Sie vielleicht kürzlich gesehen haben, lese ich, wie so viele andere, “das” Buch über die Schriftstellerinnen der Gruppe 47. Dass es neben Ingeborg Bachmann noch andere Frauen gab, erstaunt mich. Ich habe die Gruppe 47 als literarischen (und wichtigen) “Männerverein” abgespeichert. Dass Nicole Seifert die “vergessenen” Schriftstellerinnen, die von den Männern bewusst nicht oder nur als schmückendes Beiwerk (zum Essen, Tanzen und Trallala) oder anekdotisch erwähnt wurden, nicht nur sichtbar macht, sondern auch zeigt, wie dieses von Männern (allen voran Hans Werner Richter) dominierte System funktionierte, ist ein großer Verdienst. Mir öffnet es die Augen, denn auch ich bin in einer männerdominierten Welt sozialisiert worden, und meine Verachtung für Siri Hustved speist sich aus einer männlichen Sicht.

In der Sendung kam auch François Busnel zu Wort, ein Literaturkritiker, der über vierzehn Jahre lang eine herausragende Büchersendung im französischen Fernsehen moderiert hatte, La grande librairie, jeden Mittwoch abend! Ich habe sie nicht oft genug gesehen, das sage ich heute mit Bedauern, sein Nachfolger, der alles, sogar seine Sprechweise nachahmt, ist für mich unerträglich.

In diesem Zusammenhang muss man auch den gerade verstorbenen Bernard Pivot erwähnen, das französische Pendant zu Marcel Reich Ranicki, wie es im Nachruf der FAZ heißt. Dass ich Ihnen diesen Nachruf verlinke hat damit zu tun, dass sich der der SZ hinter einer Paywall verbirgt. Ich würde mir ein etwas großzügigeres System wünschen, um an Artikel zu kommen. Ich würde gerne einzelne Artikel lesen, dafür auch etwas bezahlen, oder mir eine bestimmte Werbung anschauen, bevor ich zum Artikel komme (so ist es zum Beispiel bei Nice Matin), aber ich möchte nicht alle Zeitungen, die ich gelegentlich lese, abonnieren.

Bernard Pivot hat nicht nur die Zeitschrift “Lire” herausgegeben und ebenso die Literatursendung “Apostrophes” im Fernsehen moderiert (da sitzen auch vor allem Männer herum, rauchen und schwadronieren diskutieren), sondern auch einen Diktatwettbewerb, die “Dicos d’or” ins Leben gerufen, der wahnsinnig beliebt war und ist. Heute ist das natürlich ein Guiness-Buch-Ereignis: Letztes Jahr saßen etwa 1700 Menschen auf den Champs Elysées und schrieben ein Diktat.

aus dem verlinkten Artikel: Sortir à Paris, ohne Angabe der/des FotografIn

So viel für heute! Schönen Feiertag!

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4 Responses to Everything is connected

  1. Marion sagt:

    Die Doku ist toll. Auster und auch Hustvedt waren mir früher sehr präsent und doch habe ich es nie geschafft, etwas von ihnen zu lesen. Busnel kenne ich als Lebensgefährten von Delphine de Vigan, die ich sehr mag und von der ich fast alles gelesen habe. Danke auch für die ganzen restlichen interessanten Infos von gestern und heute. Heute ist hier statt ruhigem Feiertag wieder ganztägiges “Vatertagsbesäufnis” mit Musikbedröhnung auf dem Marktplatz angesagt, und die neuen Mieter unten sind auch am hämmern, d.h. keine ruhige Minute für mich. Werde wohl deshalb gleich noch gezwungenermaßen einen Ausflug machen, seufz. A la prochaine!

    • dreher sagt:

      Bitte gerne! :D Ich glaube von Delphine de Vigan hattest du schon einmal geschrieben, ich musste sie erst (oder erneut?) googlen. Habe mich gerade bei “Nach einer wahren Geschichte” gegruselt.
      Tut mir leid für den Lärm. Mitfühlende Grüße! Wir sind gerade allein im Haus, das finde ich so angenehm!
      Schönen Abend!

  2. Karin Penteker sagt:

    Hach, das ist meine Statusmeldung auf Whatsapp und so wahr!
    Falls du an den verschiedenen Nachrufen (auch einer von Siri Hustved) in der SZ interessiert bist: ich habe ein SZ-Abo (mein einziges) und schicke sie dir gerne zu. Darf man das so öffentlich sagen? :)
    Liebe Grüsse aus Genf

    • dreher sagt:

      Das könnte auch meine Statusmeldung werden!
      Ich habe Texte von Siri Hustved auf Instagram gelesen (sie konnte nicht mal selbst die Todesnachricht veröffentlichen, irgendjemand hatte es schon getan!) aber ich würde die Nachrufe gern lesen. Lieben Dank für das Angebot! Auch keine Ahnung, ob man das so öffentlich sagen darf :D
      Hast du meine Mailadresse?
      LG!

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