“Wir werden die erste Generation sein, die eine Handyhalterung am Rollator haben wird”, lautet ein Witz, den ich kürzlich gelesen habe. Und jemand, der ganz ernsthaft darunter kommentiert, “Nein, gibt’s schon”. Ein anderer Witz, eine Karikatur in diesem Fall, die ich leider nicht mehr finde (die Suche danach im Internet hat mich zu Tripadvisor geführt, haha), zeigt einen pflegebedürftigen Senior in seinem Bett, der sagt “Aber EIN Migrant sollte noch einreisen dürfen!”
Die Pflegestationen einer Seniorenresidenz funktionieren nur, weil so viele Menschen mit Migrationshintergrund dort arbeiten. (In einem mir auf Instagram zugespielten Video des Seniorenheims der Arbeiterwohlfahrt in Passau kommen 25 von 32 Menschen, die dort in der Pflege arbeiten, ursprünglich nicht aus Deutschland!) Ich habe einen jungen algerischen Arzt kennengelernt, der als Pfleger und mit einem Pflegergehalt arbeitet, weil seine Arztausbildung in Deutschland nicht anerkannt wird. Ich habe einen fröhlichen Pfleger aus Kamerun kennengelernt, eine thailändische Pflegerin mit großem Lächeln und sanften Händen, einfühlsame türkischstämmige Krankenpflegerinnen, eine ruppige osteuropäische Kraft, um das auch zu sagen, und einige deutschstämmige Frauen und Männer. Zu wenig sind sie insgesamt für all die Bedürftigen, dies ist keine Beschwerde, nur eine Beobachtung. Und trotzdem sind alle freundlich und respektvoll und niemand von den mitunter anstrengenden Damen und Herren eines gewissen Alters wird ruhiggestellt. Ich könnte das nicht. Ich bin nach vier Wochen Dauereinsatz schon so erschöpft und unendlich dankbar für diese Pflegekräfte.
Wovon mein Herz voll ist, will ich hier nicht ausbreiten. Alles andere erscheint mir auf einmal banal. Bis auf die Weltlage, die mir so düster vorkommt, dass es mir das Herz zusammenkrampft. Für ein paar Tage bin ich zurück nach Frankreich gekommen, ausatmen, einatmen. Leider gibt es keine Sonne. Es regnet und ist grau bei Temperaturen, die nur unwesentlich über denen in Deutschland liegen. Am Donnerstag soll es sonnig werden, aber dann fliege ich schon wieder nach Deutschland.
Immerhin habe ich im Garten Bitterorangen geerntet und sie gestern mit Zitronen und süßen Orangen für die alljährliche Orangenmarmelade zerkleinert.

Orangenmarmelade will ich machen, auch wenn mich die orange Farbe gerade so sehr an die flammend orangeroten Haare der kleinen jüdischen Kinder erinnert, die man ermordet hat. Ariel und Kfir Bibas. Und ihre Mutter Shiri. Das alles treibt mir Tränen in die Augen.
Ob das Ergebnis der heutigen Wahlen mich noch mehr weinen lassen wird, werden wir sehen.
Liebe Christiane,
all die tollen Menschen in der Pflege,…ich sehe hier das Gleiche wie Du, bin voller Bewunderung und Dankbarkeit für ihre Arbeit, ihre Zugewandtheit, ihr Lächeln, Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel… aus so vielen Ländern, wie sie geduldig und liebevoll mit den alten Menschen umgehen.
Es macht das Herz ganz weit, das zu sehen, und gleichzeitig schnürt sich alles zusammen beim Blick in die kleine und in die große Welt…
Ich wünsche Dir, dass Du die Sonne im Herzen findest und bei Monsieur ein paar Tage ordentlich Kraft tanken kannst, ohne zu viel nach draußen zu sehen.
Liebe Grüße aus dem Rheinland
Ute
Von Herzen Dank, liebe Ute!
Alles Gute und viel Kraft für dich! LG Gundula
Merci Gundula!
So, die Qual der Wahl ist erledigt…
Meine Mutter, seit 8,5 Jahren ein Schwerstpflegefall, wird im Heim auch sehr liebevoll und “multikulti” betreut, dabei ist sie auch ein nicht einfacher Charakter. Da sie selbst viel gereist ist, macht ihr das Multikulti auch viel Spaß. Ich bewundere die Leistung dieser Leute ebenfalls sehr und ja, wir brauchen si
Tiens le coup ma chere!
Das ist doch toll, dass deine Mutter die Multikulti-Pflege schätzen kann! Achteinhalb Jahre… 😔
Merci! Wünsche ich dir auch!
Danke 🙏. Ja, so viele Jahre und es können noch viele mehr werden. Weshalb ich vor über drei Jahren den Kontakt abgebrochen habe. Die Familie ist halt total dysfunktional, seufz. Es ist zuviel Schlimmes passiert, bin selber erkrankt. Wird partout nicht verstanden. Soviel zu meinem schönen Leben 😪. Aber die Mutter ist gut versorgt, immerhin…
Die Welt ist ein Dorf! Ich bin Passauerin und genau in dem Pflegeheim hat meine Mutter ihre letzten eineinhalb Jahre verbracht. Damals hatten allerdings noch nicht so viele der Pflegekräfte Migrationshintergrund. Was an Sprachkenntnissen manchmal fehlte haben sie an Menschlichkeit und Liebenswürdigkeit mehr als ausgeglichen.
Ich wünsche dir viel Kraft und Geduld. Ich habe über die Jahre meinen Vater während meiner Ferien entlastet als meine Mutter noch zu Hause lebte, mehr ging nicht wegen Job hier in der Schweiz und Kind, Homeoffice gab es damals in meiner Organisation ja auch noch nicht. Aber das war schon schwer genug. Es ist einfach sehr schmerzvoll mit anzusehen und auszuhalten wie eine Persönlichkeit und dann auch physisch ein Mensch praktisch vor deinen Augen verschwindet.
Courage, courage, courage! Ich denke an dich
Karin
Danke von Herzen, liebe Karin, und ja, die Welt ist ein Dorf 😅 liebe Grüße in die Schweiz!
Liebe Christiane,
wie du weißt, können wir das alles nachfühlen.
Sei von Herzen umarmt,
Eva&Tibor
Ja, ich weiß, liebe Eva und Tibor. Danke!
Man fällt innerhalb kurzer Zeit in eine andere Welt. Meine Mutter wollte partout nicht in ein Pflegeheim, dort war sie für drei Wochen in Kurzzeitpflege nach dem zweiten Schlaganfall.
Ich konnte es dann organisieren, dass sie zuhause bleiben konnte, das alles mit vielen helfenden Händen und durchsorgten Nächten. Mit 300 km dazwischen war nichts leicht und jeder Telefonanruf ließ mir das Herz fast still stehen.
Ich fühle mit Dir.
Von Herzen Dank, Croco ! Es ist traurig und tröstlich gleichzeitig, dass wir das fast alle irgendwann erleben.