Ich wünschte mir ja, dass meine Texte, die nichts oder nur am Rande mit Politik zu tun haben, auch mal einen Tag sichtbar stehenbleiben könnten, ohne dass sich schon wieder aktuelle politische Dinge tun, über die ich berichten muss, dank meiner mir selbst auferlegten Pflicht n’est-ce pas *seufz* – aber das hier muss ich loswerden.
Auch wenn er einem schon leid tun kann, der gute Herr Fillon. Oder gerade deswegen. Gestern Abend, während eines Interviews bei BMFTV, wurde Fillon von einem Journalisten zwischen zwei anderen, klassisch politischen Fragen, plötzlich gefragt, ob er am Ende des Monats eigentlich Geld zurücklege, so wie es wohl 35% der Franzosen tun. “Ich?” fragte Fillon völlig überrascht und schüttelte dann den Kopf. Er persönlich habe am Ende des Monats kein Geld übrig.
Diese kleine Aussage beschäftigt die Franzosen jetzt mehr als alles andere, das kann ich Ihnen sagen. Es ist auf allen Kanälen zu hören und zu sehen, und schon gestern wurde vom satirischen Magazin le Gorafi zusammen mit Leetchi, einer Internetspendenplattform, spontan ein Spendenaufruf “Solidarität für Fillon” gestartet, um ihm über die schwierige finanzielle Situation am Monatsende hinwegzuhelfen. Und tatsächlich haben heute morgen schon knapp tausend Menschen immerhin einen Summe von mehr als 1400 Euro gespendet, Solidarität unter Sozialhilfeempfängern verpflichtet, sagte so mancher in seinem Kommentar. Die Spendenaktion für Fillon läuft noch knapp drei Wochen, bis zur Wahl quasi, falls Sie sich noch beteiligen möchten, hier der link.
Das gesammelte Geld soll dann sozialen Projekten im Wahlkreis von Fillon, der Sarthe, zufließen.
Mir tut Fillon ja langsam wirklich leid, auch wenn er es verdient hat, abgestraft zu werden. Aber diese Art von überraschenden Fragen, die so nebenbei abgeschossen werden, journalistisch professionnel natürlich, gab es für mich auch schon. Was weiß man schon, nicht wahr, von dieser reichen deutschen Côte d’Azur-Tussi, die da an ihrem Pool sitzt und sich Caipirinhas anreichen lässt, und gelangweilt in ihr Aufnahmegerät ihre Kriminalromane diktiert. Oder sitzt sie auf ihrer Yacht? “Haben Sie eigentlich ein Boot?”. wurde ich einmal überraschend beim abschließenden Essen gefragt. Ich fragte genauso überrascht wie Fillon nach. “Was ich?” “Ja, hier haben doch alle ein Boot, Sie nicht?” Ich lachte (HA! denkt der Journalist: deutliches Zeichen von Verlegenheit!) und schüttelte den Kopf. Aber tatsächlich denke ich an den Sportkatamaran, den Monsieur früher zusammen mit einem Freund besaß. Nicht mehr als zwei Surfbretter groß, mit Segel, der lag in einem kleinen Hafen in einem Nachbarort. Aber beide Herren haben das sportliche Segeln mit Mitte Sechzig aufgegeben. Es ist sicher nicht das, was der Journalist meint, soll ich es ihm trotzdem erzählen? Quatsch, denke ich und sage lächelnd “Nein”. Das alles spürt der gewiefte Journalist aber und fragt lauernd-ironisch weiter. “Nein? Kein Boot? Sind Sie sicher? Ein ganz Kleines vielleicht?” Er denkt vermutlich trotzdem an eine 15 Meter Yacht, während ich vor meinen Augen schon wieder den für 1500 Euro verkauften Sportkatamaran sehe, der nicht mal mir gehörte. Ich habe kein Boot, nicht mal ein aufblasbares Gummiboot habe ich. Was glaubt der eigentlich von mir? “Nein”, sage ich jetzt entschieden, “wirklich nicht.” “Hm, hm”, macht er und lächelt, als habe er mich beim Lügen ertappt.
Hoffentlich hast Du wenigstens ein Quietscheentchen für die Badewanne, Du Arme…
ach, ich sehe schon, Fillon und ich, wir werden überall missverstanden, uns glaubt man nichts …
Hihi, genau… jetzt behaupte nur noch, Du hättest am Monatsende kein Geld mehr …