Sommerhitze

Es ist ein großer Sommer. Mehr als das. Wir erleben gerade erneut eine Hitzewelle, eine Canicule, nach dem 15. August ist das eher selten. In ganz Südfrankreich wurde “alerte rouge” ausgerufen, also die höchste Warnstufe: “Bleiben Sie tagsüber drin, meiden Sie körperliche Anstrengungen und Sport, auch den im Wasser, trinken Sie viel” hören wir alle halbe Stunde im Radio. Es ist wirklich heiß. Von wegen Sommerfrische. Haha. Sogar in den Bergen haben wir dreißig Grad erreicht, nachts kühlt es kaum noch ab. Gewitter, so typisch für die Nachmittage im August, gab es bislang keines.

Wir erleben auch eine neue Covid-Welle und mussten gerade das für Donnerstag geplante Loto absagen. Die Vereinsvorsitzende ist erkrankt und wurde heute mittag positiv getestet. Loto ist ein familienfreundliches Spiel, ich habe letztes Jahr schon einmal darüber geschrieben, es ist einfach, eine nette Abwechslung und man kann was gewinnen, alle haben sich darauf gefreut, aber bei der Hitze und mit eventuellem Viren wollen wir nicht sechzig Personen, darunter viele Senioren, in einem Saal versammeln.

Gerade habe ich kleine Schildchen gebastelt und die Plakate mit “annulé” überklebt, was natürlich zu einem Aufschrei führte, nicht nur, dass es ausfällt, heute morgen haben manche noch mit der Vereinsvorsitzenden Tische und Stühle getragen und den Saal vorbereitet.

Im Dorf ist auch ohne Loto ziemlich viel los, dank der Region, die für alle Orte, auch die kleinsten Dörfer im Hinterland ein kostenloses Sommerprogramm auf die Beine stellt, les soirées estivales, mit Konzerten, Tanz, Theater oder klamaukigen Zirkusveranstaltungen. Wir kamen in diesem Sommer schon in den Genuss einer Theatervorstellung, die hier aber nicht auf sehr viel Gegenliebe stieß. Eine junge alternative Theatergruppe bot ein etwas unkohärentes Stück über die Liebe in der Vor- und Frühgeschichte (Préhistoire) dar. Auch wenn es uns einen abwechslungsreichen Abend beschert hat, kamen wir uns ein bisschen verar* nicht ernstgenommen vor.

Hingegen hatten wir am letzten Samstag Abend ein hochkarätiges lateinamerikanisch angehauchtes Jazzkonzert auf dem Dorfplatz, und hier waren wir uns alle einig, es war großartig! Les Cordes latines heißt die Gruppe um François Arnaud, der aus der klassischen Musik kommt, irgendwann das Nizzaer Orchester verlassen und sich für “Weltmusik” geöffnet hat, um kreativer arbeiten zu können.

Ich habe mal dieses Video hier ausgewählt. Es gibt so ungefähr wieder, wie es war.

Wir waren allerdings ein viel enthusiastischeres Publikum und wir haben auch getanzt! ICH! HABE! GETANZT! Es war wirklich eine ganz besonders tolle Atmosphäre, in dieser warmen Sommernacht auf dem kleinen Dorfplatz diese mitreißende Musik zu hören und dazu zu tanzen. So ein Glück dabei sein zu können! Wunderschön!

Was mich nachwievor auch sehr beglückt ist bei lokalen Erzeugern Joghurt, Käse und Gemüse zu kaufen und damit Essen zubereiten. Ratatouille mit von der Sonne durchglühten Tomaten, Auberginen und Zucchini, hmmm, so lecker! Noch schöner ist, wenn mir Dorfnachbarn aus ihrem Garten frischestes Gemüse schenken!

Courgettes heißen Zucchini übrigens in französischer Sprache. Neulich musste ich erklären, warum wir Deutsche ein italienisches Wort für dieses Gemüse gewählt hätten, und kein deutsches. Weil es ursprünglich kein deutsches Gemüse ist, deshalb, und weil es die Italiener bei uns eingeführt haben. Ich kannte es in meiner Kindheit nicht und erinnere mich noch, dass ich dieses nach Gurke aussehende Gemüse zum ersten Mal während meiner Ausbildungszeit Anfang der achtziger Jahre sah, weil eine Kollegin es im Garten anbaute, eine Zucchini-Schwemme hatte und sie an uns Kolleginnen verteilte. Was macht man denn damit? fragte ich dumm. Man könne sie mit Hackfleisch füllen und im Ofen überbacken, wurde mir vorgeschlagen. Ich weiß noch, dass ich das eigenartig fand, sehr aufwändig, und einen Ofen hatte ich in meinem Einzimmerappartment sowieso auch nicht. Ich habe dann auch keine Zucchini genommen.

Dreißig Jahre später bin ich soweit, dass ich die vielen Zucchinisorten auseinanderhalten kann und ich kann Ihnen sagen, dass die Courgettes de Nice (siehe Foto oben) die auch Violon de Nice oder Trompette de Nice heißen, weil sie manchmal eine etwas eigenwillige Form annehmen, die besten überhaupt sind! Sie haben eine grasgrüne Haut, innen festes gelbes Fleisch, fast keine Kerne und einen nussigen Geschmack, und sie sind, nur mit etwas Öl kurz in der Pfanne angebraten, ein Genuss schlechthin!

Kürzlich bekam ich von derselben Nachbarin Zucchiniblüten geschenkt, und nein, man stellt sie nicht in die Vase, man macht beignets daraus: frittierte Zucchiniblüten. Gegessen habe ich sie schon oft, gemacht noch nie, ich folge aber dem mündlich überlieferten Rezept einer Dame aus dem Dorf, und mache den Teig sehr dünn, damit man später nicht den Frittierteig schmeckt, sondern vor allem die Blüte. Sie sind nämlich sehr aromatisch! Es war dé-li-cieux!

Voila, schon wieder hört es abrupt auf, und wird vermutlich noch einmal fortgesetzt …

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9 Responses to Sommerhitze

  1. Ursula Weber sagt:

    Herrlich diese Köstlichkeiten aus der Pfanne 👏.
    Liebe Christiane, es freut mich sehr, dass du so frohe, schöne Stunden in den Bergen genießen kannst 👍
    Liebe Grüße und weiterhin eine schöne Zeit 💕🍀🍋🍊

  2. Gabriele sagt:

    Ich wusste gar nicht, dass es verschiedene Zucchinisorten gibt – ich kannte nur grüne oder gelbe. Sehr interessant. Habe noch nie Blüten-Beignets gegessen, sehen sehr gut aus. Vielleicht gibt es ja noch welche nächsten Monat 🤔. Liebe Grüße

  3. Caroline Bahri sagt:

    Hallo liebe Christiane,

    Wir sind zurück aus Travemünde, wo wir bei 17 Grad ein Sturmtief erlebten und schwitzen jetzt hier bei 35 Grad. Ich weiß nicht, was besser ist. Aber zum Wochenende soll es ja etwas kühler werden, dann will ich endlich die Sommerkleider auspacken, die ich in Deutschland nicht tragen konnte. Die Koffer stehen noch unberührt, ich kann mich einfach nicht aufraffen. Ich komme aus dem Badeanzug nicht raus, aber in den Pool will ich nicht springen. Es ist viel zu heiß und das Wasser ist wie eine heiße Badewanne.
    Liebe Grüße hoch in die Berge von Caro

  4. roswitha sagt:

    zucchiniblüten gefüllt mit frischkäse, ganz wie oben kurz gebacken- wunderbar! danke für die berichte von weit entfernten sehnsuchtsorten! lieben gruß, roswitha

    • dreher sagt:

      Sehr gerne! Ja, gefüllt will ich sie auch noch mal machen 😋
      Liebe Grüße aus dem zu heißen Sehnsuchtsort

  5. Marion sagt:

    Zucchini kannte ich in meiner Kindheit auch nicht, ebenso wenig wie Broccoli. Weiße habe ich noch nie gesehen. Beim C-Wort wird einem nur noch schlecht, verdränge ich alles, solange es nicht wieder akut ist. Lieber an was Schönes denken, z.B. – gute Idee -an erntefrisches Gemüse 🥰. Guck’ mal das Filmchen an, ich liebe die Serie “Land & Lecker”, diesmal ist der Star hier aus Stommeln mit seinem tollen Projekt “Stadt Land Gemüse”: https://www.ardmediathek.de/video/land-und-lecker/frisches-gemuese-aus-der-koelner-bucht-s22-e05/wdr/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLXNvcGhvcmEtNGYyZTY4NTgtY2UyOC00ZTI0LWE4YzEtNGI4NTgwZTY5NWY2

    • dreher sagt:

      Netter Film, danke dir! Du wohnst doch richtig gut – französischer Laden, Bio-Gemüse … ist doch toll!
      Das Menü wäre aus französischer Sicht natürlich nur eine Vorspeise gewesen, Brot gabs auch nicht … aber ich hätte es gerne probiert! Obwohl ich rote Beete nicht mag.

      Hier sind jetzt noch mehr Leute an Corona erkrankt, wir sozialisieren also nur mit Abstand und draußen. :-(