4. Deutsches Filmfestival in Cannes

Achtung! Versehentlich wurden auf der Seite von Cinécroisette und dann auch hier bei mir die Kinosäle der beiden Nachmittagsfilme am Wochenende vertauscht, ich habe es jetzt richtiggestellt:

Coming Out: Cinétoile Rocheville samedi 16 septembre 15h

Karla: Le Cannet Toiles, Le Cannet dimanche 17 septembre 15h

Gefühle vor einem historischen Hintergrund
Bereits zum vierten Mal veranstaltet Cinécroisette sein Festival des deutschen Films mit einem außergewöhnlichen Programm, darunter drei Filme der DEFA (“Der Dritte”, “Karla” , “Coming out”), der Filmgesellschaft der DDR, die uns einen authentischen Einblick in den Alltag der ostdeutschen Bürger geben. Filme, die zu ihrer Zeit der Zensur unterlagen oder verboten wurden, weil sie von der Regierung als zu frei oder zu kritisch eingestuft wurden. Filme, die heute fast nirgends mehr zu sehen sind, obwohl sie Perlen der Zeitgeschichte und der Filmwelt sind. Um die Filme für uns heute verständlich zu machen, werden sie vorgestellt und kommentiert von Wieland Koch von der DEFA-Stiftung sowie von Franka Günther, die bis vor kurzem noch beim Institut Français in Erfurt tätig war, und die ebenso die Übersetzung für das französische Publikum übernehmen wird. Als thematische Ergänzung werden drei aktuelle deutsche Filme gezeigt, darunter “Zwischen uns die Mauer”, der zum ersten Mal in Frankreich zu sehen ist, sowie die Vorpremiere von Christian Petzolds Film “Der rote Himmel”, der während der Berlinale 2023 mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde.

Das ist, meine Damen und Herren, die offizielle Ankündigung für unser Filmfestival. Tatsächlich ist es schon das vierte Mal, dass wir mit Cinécroisette deutsche Filme zeigen werden, dieses Mal kein reines DEFA-Festival wie etwa letztes Jahr oder im November 2019, aber wir zeigen doch drei DEFA-Filme (DEFA = Filmgesellschaft der DDR), denn nachwievor interessiert uns das deutsch-deutsche Thema, das wir dem französischen Publikum zu vermitteln suchen. Der sechste Film, der nicht mehr in die Ankündigung passte, und der auch nicht brandneu ist, hier aber noch nicht zu sehen war, ist “Das schweigende Klassenzimmer”.

Eröffnungs- und Abschlussfilm werden von einer der Hauptdarstellerinnen getragen: Jutta Hoffmann, die vom Publikum begleitet wird auf der Suche nach dem “Mann ihres Lebens” (“Der Dritte”, 1972, Preis für die beste weibliche Darstellerin auf der Mostra 1972) und bei der Suche nach ihrem Platz in einer Gesellschaft voller Zwänge und Verbote (“Karla”, 1965 veröffentlicht, später verboten und 1990 tatsächlich veröffentlicht).

Der Dritte: Margit ist Mitte 30 und scheint auf den ersten Blick eine erfolgreiche Frau zu sein. Mathematikerin und Managerin eines der ersten Datenzentren des Landes, verkörpert sie die personifizierte Emanzipation. Aber es gibt einen wunden Punkt: Margit ist eine alleinerziehende Mutter von zwei Töchtern. Die beiden Kinder stammen von verschiedenen Vätern. Ihr großer Wunsch ist eine neue Beziehung. Sie ist nicht mehr bereit, sich den Verhaltensweisen der Gesellschaft anzupassen und als Frau auf ihren idealen Partner zu warten – sie geht auf der Suche nach ihm in die Offensive.

Karla, eine idealistische junge Frau, die gerade ihr Studium als Lehrerin abgeschlossen hat, tritt ihre erste Stelle in einer kleinen Stadt im Norden der DDR an. Sie versucht, ihre Schüler dazu zu ermutigen, freie Menschen zu werden. Sie findet Freunde und Feinde. Sie findet auch einen Mann, der einst als Journalist über Stalins Verbrechen schreiben wollte und der mehr noch als sie auf Unverständnis und Verbote stieß.

Wir haben keinen Trailer für “Karla” gefunden, aber hier ein interessantes Interview mit dem Regisseur Herrmann Zschoche.

Zwei weitere Filme dieses Festivals greifen die Geschichte Deutschlands auf und stellen uns einerseits junge Menschen vor, die sich gegen ein System stellen, in dem die demokratische Diskussion fehlt (“Das schweigende Klassenzimmer” 2018) und andererseits ein junges Paar, das sich bei einer von der evangelischen Kirche getragenen Ost-West Begegenung kennenlernt und versucht, seine Liebe trotz der sie trennenden Berliner Mauer zu leben (“Zwischen uns die Mauer”, 2023).

Das schweigende Klassenzimmer: Kurt, Theo und Lena sind 18 Jahre alt und bereiten sich auf ihr Abitur vor. Zusammen mit ihren Mitschülern beschließen sie, in der Klasse eine Schweigeminute zu Ehren der ungarischen Revolutionäre abzuhalten, die von der Sowjetarmee hart niedergeschlagen wurden. Diese Schweigeminute wird zur Staatsaffäre. Sie wird ihr Leben auf den Kopf stellen. Gegenüber einer
DDR-Regierung, die entschlossen ist, die Verantwortlichen zu identifizieren und zu bestrafen, müssen die 19 Schüler von Stalinstadt sich allen Bedrohungen stellen und zusammenhalten.


Zwischen uns die Mauer: Anna lernt Philipp kennen, den Sohn eines in der DDR lebenden Pfarrers, einen desillusionierten, aber charmanten Zyniker, in den sie sich verliebt. Ihre Beziehung wird per Briefwechsel fortgesetzt und mit gelegentlichen Besuchen, nach dem genehmigten Verfahren, für die Dauer eines einzigen gestohlenen Tages. Doch bald wird eine Idee zur Obsession: sich für immer zu treffen, jenseits der Mauer, die sie trennt.

Als Ergänzung haben wir zwei Filme ausgewählt, die das Erwachen der Sexualität und der Liebe zum Thema haben.

“Der rote Himmel” (erschienen 2023, Silberner Bär bei der Berlinale) ist eine Vorpremiere für Frankreich! “Coming out” hingegen kam am Abend des 9. Novembers 1989 in Ost-Berlin erstmal ins Kino, exakt zu dem Zeitpunkt, an dem die Mauer in Berlin fiel. Der Film wurde bei der Berlinale 1990 ebenfalls mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet.

Der rote Himmel: Ein kleines Ferienhaus an der Ostsee. Die Tage sind warm und es hat seit Wochen nicht mehr geregnet. Vier junge Leute treffen sich, alte und neue Freunde. Die ausgedörrten Wälder um sie herum beginnen zu brennen, ebenso wie ihre Gefühle. Glück, Lust und Liebe, aber auch Eifersucht, Groll und Spannungen. Währenddessen brennen die Wälder. Und schon bald sind die Flammen da.

Coming Out: Der ehrgeizige Lehrer Philipp Klarmann erfreut sich an seiner Schule großer Beliebtheit. Dann verliebt sich seine Kollegin Tanja in ihn und die beiden werden ein Paar. Als Philipp jedoch seinen ehemaligen Klassenkameraden Jacob wiedertrifft, mit dem er eine Beziehung hatte, wird der junge Lehrer mit seiner unterdrückten Homosexualität konfrontiert. Als er Matthias in einer Schwulenbar kennenlernt, verlieben sich die beiden Männer ineinander. Philipp gerät in einen immer stärker werdenden emotionalen Konflikt, während er versucht, seine Beziehung zu Tanja und Matthias aufrechtzuerhalten. Für Philipp beginnt ein schmerzhafter Prozess der Selbsterkenntnis, der ihn zu seinem Coming-out und dem offenen Eingeständnis seiner eigenen Homosexualität führt.

Alle Filme werden in Kinosälen in Cannes und Le Cannet in deutscher Sprache mit französischen Untertiteln gezeigt.

Bitte beachten Sie! Versehentlich wurden auf der Seite von Cinécroisette und dann auch hier bei mir die Kinosäle der beiden Nachmittagsfilme am Wochenende vertauscht, ich habe es jetzt hier richtiggestellt:

Der Dritte: Théâtre Alexandre III jeudi 14 septembre 18h

Das schweigende Klassenzimmer: Olympia  vendredi 15 septembre 18h

Der rote Himmel: Les Arcades samedi 16 septembre 10h30

Coming Out: Cinétoile Rocheville samedi 16 septembre 15h

Zwischen uns die Mauer: Les Arcades dimanche 17 septembre 10h30

Karla: Le Cannet Toiles dimanche 17 septembre 15h

Na? Lust bekommen? Dann kommen Sie ins Kino! Wir freuen uns auf Sie!

Ps: Natürlich können Sie ins Kino kommen und die Filme sehen, OHNE Mitglied bei Cinécroisette zu sein. Eintrittspreis ist, je nach Kino, nicht sehr hoch, die Vormittagsvorstellungen sind ohnehin reduziert. Aber als Mitglied sind SÄMTLICHE Filme DIESES Festivals kostenlos, und der Eintritt in allen Kinos von Cannes, einschließlich Cinéum, bis zum Ende des Jahres (für i.d. Regel französische Filme) reduziert. Eine Mitgliedschaft lohnt sich also vor allem, wenn man alle, oder sagen wir drei Filme des Deutschen Festivals sehen will (und Lust hat, in der Folge noch den einen oder anderen französischen Film in einem Cannoiser Kino zu sehen).

Es ist möglich noch eine “halbe” Mitgliedschaft zu erwerben, die dann bis Ende des Jahres gilt: 15€/Person und 25€/Paar.

Wenn Sie Mtiglied werden wollen, geht das auch noch am Abend vor der ersten Vorstellung, allerdings bitten wir Sie, frühzeitig da zu sein – der Verein und die Kinos sind getrennte Organismen – wenn wir (der Verein) Ihnen eine Mitgliedskarte ausstellen, braucht es ein paar Minuten für die Anmeldung;  

ACHTUNG: Sie benötigen für die Mitgliedskarte ein kleines Foto von sich (3x4cm), kann ein altes Passfoto sein, dass man zurechtschneidet oder ein Foto, aus dem Sie gut erkennbar sind.

Mit dem Ausweis, den Sie dann an der Kinokasse vorzeigen, kommen Sie kostenlos in die Vorstellung.

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10 Responses to 4. Deutsches Filmfestival in Cannes

  1. Gabriele sagt:

    Schade, zwei Wochen zu früh 😫 Toll, was Ihr wieder auf die Beine gestellt habt und großartig, dass Ihr auch immer wieder ostdeutsche Filme im Programm habt 🤩. Das gibt es – soweit ich das überblicke – nicht mal in Berlin. Liebe Grüße

    • dreher sagt:

      Dankeschön! Ja, ich dachte an dich, ging hier aber zeitlich nicht anders 🤷

      Dass wir den Zugang zu den Defa Filmen haben, verdanken wir vor allem der rührigen Franka Günther aus Weimar, die Mitglied bei Cinécroisette ist, und Ideen liefert zu möglichen Themen (in diesem Fall Jutta Hoffmann), und die uns auch Wieland Koch von der Defa-Stiftung organisiert hat, der wiederum einen DDR-Gegenpart zu “Der rote Himmel” (Homosexualität) nämlich “Coming out” wusste.
      Ohne deren Erläuterungen würden die Filme hier nicht wirklich verstanden werden und entsprechend weniger gut ankommen.
      Liebe Grüße!

  2. N. Aunyn sagt:

    Sehr beeindruckend. Da wäre ich gern dabie.

  3. Haas, Ludwig und Gisela sagt:

    Einmalig, so was gibt es bei uns im Stuttgarter Raum nicht.
    Wir werden kommen und sehen.
    Viel Erfolg!
    Gisela und Ludwig Haas

  4. Pingback: 23-09-10 c0 = ct x (1+r)^-t – iberty.de

  5. Marion sagt:

    Viel Erfolg! Hatte aufgrund deiner früheren Empfehlungen irgendwann “Solo Sunny” gestreamt und war sehr beeindruckt!