Pepita

Sie denken es sich schon bei dieser Überschrift und wenn Sie hier bereits eine Weile mitlesen. Meine Katze Pepita, die vor fünfzehn Jahren in meinem Auberge-Schlafzimmer im Bergdorf auf die Welt kam, ist gestern hier unten in Cannes eingeschlafen. Eingeschlafen worden, um genau zu sein, damit hatte ich nicht gerechnet, als ich sie gestern Nachmittag nochmal zum Tierarzt schleppte; ich dachte, es gäbe noch eine Möglichkeit, sie wieder etwas aufzupäppeln, damit sie den nächsten Bergaufenthalt besser übersteht als den letzten, wo sie kaum noch Luft bekam. Was man eben so denkt, in Verkennung der Lage. Hätte ich verstanden, dass es wirklich ihre letzten Tage oder Stunden sind, hätte ich sie in Ruhe und auf dem Sofa liegen gelassen, das Atmen fiel ihr hier unten wieder etwas leichter, aber dennoch war sie erschöpft und fraß nichts mehr. Meine ultra-verfressene Katze wollte nichts mehr zu sich nehmen, nicht mal das kleinste bisschen leckeres Hähnchenfleisch, das ich ihr angeboten habe! Ich hätte es mir vielleicht denken können, aber sie hat bis vor ein paar Tagen noch wie immer alles Katzenübliche getan. Gut, man musste ihr in der Zwischenzeit einen Stuhl hinstellen, damit sie zum Wassertrinken am Wasserhahn in zwei Stufen hüpfen konnte, aber sie hielt Wache, spazierte hin und wieder ein bisschen ums Haus, sie fraß, sie trank, sie schlief, sie miaute, putzte sich, sie lag abends schnurrend auf unseren Knien und schlief nachts an mich gedrängt im Bett. Sie war vielleicht ein bisschen anhänglicher und schläfriger. Ich habe es nicht kommen sehen.

Aber immerhin weiß ich so, dass ich nichts mehr tun konnte, und sie musste nicht mühsam ersticken, denn darauf wäre es am Ende hinausgelaufen. Und ich war, wenn auch in einem klinisch reinen Behandlungszimmer, mit ihr allein, um Abschied zu nehmen und konnte dabei sein und sie halten, während sie einschlief. Ich habe nicht geweint, zumindest nur ganz leise, weil ich wollte, dass trotz der Umstände alles vertrauensvoll und friedlich ist. Sie hat, und das ist eigentlich unfassbar, noch einmal den Kopf gehoben und mich ganz klar und mit großen Augen angesehen. Meine Pepita. Mein kleines Katzenkind.

Sie haben in all den Jahren ja schon viele Fotos von Pepita gesehen. Ich kann mich gerade nicht entscheiden, welches ich hier noch einmal zeigen mag. Das hier ist auf jeden Fall das letzte Foto von ihr.

Ivan, der Bruder von Tetiana, der (vielleicht nicht nur) vorübergehend in unserem Haus lebt, hat, ein bisschen versteckt im Vorgarten und unter dem Mimosenbaum, ein Loch gegraben. Dort habe ich Pepita vorhin beerdigt. Hier ist es erlaubt, Kleintiere auf seinem Grundstück zu bestatten, ich musste es allerdings beim Tierarzt angeben. Und das Loch sollte tief genug sein, damit selbst der gerne in der Erde buddelnde Nachbarhund nicht bis zu ihr vordringen kann. Ich wollte zwar keinen Grabstein setzen, habe aber zum Schutz, zumindest vorübergehend, dennoch einen großen Stein darauf gelegt. Und die letzte kleine Rose des Gartens. Adieu Pepita. Du bist immer noch bei uns. Und auf jeden Fall für immer in unseren Herzen.

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33 Responses to Pepita

  1. Vinni sagt:

    Ach, das tut mir so leid. ♥

  2. Wendy sagt:

    Das tut mir so leid – und es wird nicht trösten, wenn ich sage, daß 15 Jahre schon ein sehr respektables Katzenalter ist. Aber es ist doch tröstlich, daß Pepita bis zum Schluß noch ihre normalen Tagesroutinen erlebt hat. Sie hat noch am Alltag teilgenommen und ihren Part in der Familie bestritten. Und ein bißchen Pepita wird immer bleiben.

    • dreher sagt:

      Danke, liebe Wendy! Doch, das ist alles tröstlich in gewisser Weise, dennoch ist der Schmerz da. Liebe Grüße!

  3. Karin Penteker sagt:

    Mit einem Haustier verliert man ja nicht nur ein Tier, sondern auch ein Familienmitglied. Ich kann dich so gut verstehen. In unserer Familie hatten wir immer Katzen und bei jedem Tod waren wir wieder überrascht von der Wucht mit der uns die Traurigkeit erwischte. Jedes Mal sagte mein Vater nie wieder würden wir uns ein Haustier zulegen, weil man sein Herz so daran hängt und man dann so traurig ist. Und jedes Mal wieder war er es, der sie hereinliess, die Streuner dieser Welt. Alle Katzen bis auf eine sind uns nämlich zugelaufen. Gerade erst wieder ist eine verstorben, Katze Luna, die bei meinem Bruder lebte, wir sind alle traurig, auch ich und meine Tochter, obwohl wir sie wahrlich nicht so oft gesehen haben. Leider war sie schon längere Zeit dement und hatte den Sinn eines Katzenklos oder des Nach-draussen-Gehens für’s Geschäft vergessen. Sie frass als gäbe es kein Morgen und war doch so dünn und fragil, dass wir ständig mit dem Schlimmsten rechneten. Obwohl es eine harte Zeit war (jeden Morgen mussten erstmal die Häufchen entfernt werden, manchmal aus den hintersten Ecken), liess die Familie Luna bis zum Schluss im Haus leben. Vor vier Wochen dann starb sie und wurde im Garten begraben (was eigentlich nicht erlaubt ist). Ich warte auf den nächsten Streuner…

    • dreher sagt:

      Danke liebe Karin für die schöne Geschichte!
      Ich sah meinen Vater nur einmal weinen, als er seinerzeit das Loch gegraben hatte, um unseren Hund im Garten zu begraben. Ja, Tiere sind Familienmitglieder, und der Schmerz ist groß 💔
      Ich möchte tatsächlich kein Tier mehr haben, ich sagte es irgendwo schon, aus vielerlei Gründen, aber vor allem, weil es nie wieder so werden wird wie mit Pepita.
      Liebe Grüße!

      • Karin Penteker sagt:

        Da hast du recht, Christiane, es wird nie wieder so werden wie mit Pepita, aber vielleicht auch schön. Vielleicht so wie mit Charlie, Mieze, Findus oder Cleo oder wie immer auch die Katze heissen mag. Jede Katze hat ihren eigenen Charakter und berührt uns auf ihre eigene Art.

  4. Monika Nieberle sagt:

    Unter anderem weil ich in Ihrem besonderen Blog immer wieder über das Zusammenleben mit Katzen gelesen habe, habe ich – nachdem ich fünf Jahre ohne Katze war – vor genau einem Jahr eine alte (17) Katze (Hedwig) aus dem Münchner Tierheim geholt und bin sehr froh darüber.
    Gute Reise, kleine Pepita! Ich hab so gern von Dir gelesen…

    • dreher sagt:

      💗 Liebe Monika, Ihr Kommentar rührt mich zu Tränen. Lieben Dank! Viel Freude und Glück mit Ihrem Senior-Kätzchen 💗

  5. Christin sagt:

    Liebe Christiane,
    da schaue ich nach viel zu langer Zeit wieder hier rein (eigentlich bei WMDEDGT) und lese “Pepita” und denke “Oh nein!” und dann lande ich hier … wie traurig. Ich gestehe, ich sitze hier mit Tränen in den Augen. Deine wunderbaren Geschichten über Deine kleine Pepita (ach, ach, und Deinen schönen Cachou), wie gerne habe ich sie gelesen, auch weil Pepita ziemlich eindeutig eine Katzenseelenverwandte meiner kleinen Tita was (und das Pendant zu Cachou, der große Tignanello, auch bei mir wohnt).
    Auch hier rückt der Tag näher, an dem ich Tita gehen lassen muss, 18 Jahre alt ist die kleine Dame jetzt, 17 davon hat sie mit mir gelebt. Vor einem Jahr dachten wir schon, es wäre so weit, ich bin heulend zum Tierarzt gerast und kam mit einer lebendigen Katze und Herztabletten zurück, was für eine Erleichterung. Sie hat sich wieder gut erholt und lebt, so weit ich das beurteilen kann, zufrieden und schmerzfrei, wenn sie nicht gerade schläft – was sie inzwischen gefühlt 90 Prozent der Zeit tut.
    Sie wachsen einem so ans Herz, sie gehören zur Familie, und sie werden geliebt und betrauert, wenn es so weit ist.

    Fühl Dich umarmt, wenn Du magst, von Tita soll ich einen kleinen Maunzer schicken, alles Liebe.

    • dreher sagt:

      So lieben Dank, Christin für deine Worte! Ich erhoffte mir auch Herztabletten beim Tierarzt und eine Katze, die sich wieder erholen würde, dass ich sie dort gehen lassen müsste, dass es schon das Ende war, so unvermittelt, das hat mich am meisten getroffen. Dankbar bin ich aber für die fünfzehn sehr besonderen Jahre mit Pepita und auch dafür, dass ich Abschied nehmen konnte – Cachou und Caline wurden überfahren – das ist viel bitterer.
      Ein Streichler zu Tita und Tignanello und alles Liebe zu Euch!