Cachou

Cachou, sprich Kaschuh, mein freundlicher großer schwarzer Kater, benannt nach klitzekleinen Lakritzbonbons, ist tot. Er wurde überfahren. Fast direkt vor dem Haus auf der viel befahrenen Straße. Ich weiß nicht, wieso er auf der Straße war, er hatte einen Heidenrespekt vor ihr, als ehemaliger Landkater hatte er sich an die Autos hier nie so richtig gewöhnt, und er hatte eigentlich genug Gelände neben und hinter dem Haus im angrenzenden Park und im Garten des Altersheims und in den Gärten der Nachbarn. Er wurde von allen geliebt, von der Omi nebenan, die ihn rund und fett fütterte, und selbst von dem Parkwächter, der jeden unfreundlich vom Rasen scheucht, aber mit meinen Katzen superlieb war (und mit Peptita immer noch ist). Er war es auch, der mir bestätigte, dass die tote schwarze Katze, die von Nachbarn gesehen wurde, mein Cachou war. Ich habe ihn nicht mehr gesehen, die Straßenreinigung war schneller – ich kann nicht aufhören, mir Vorwürfe zu machen, weil ich ihn nicht suchen gegangen bin, als er nicht zum Fressen kam. Da lag er fast direkt vor dem Haus und ich habe ihn nicht gesehen! Mein lieber schwarzer Kater. Er hatte immer wieder so seine Phasen, in denen er ein bisschen verschwand. Er war sowieso ein Freigänger und wenn er raus wollte, konnte ich ihn nicht drin halten. Diesen Sommer in den Bergen war er zwei komplette Tage und Nächte verschwunden und ich war damals überzeugt, dass ihm dort oben, mit all den Füchsen und Wölfen und Wildschweinen, irgendetwas zugestoßen ist. Ich weinte und suchte ihn, und bat alle Kinder, die dort oben herumrannten, ihn mit suchen zu helfen und mir auf jeden Fall zu sagen, wenn sie irgendwelche Spuren gefunden hätten. Und zwei Tage später war er wieder da. Einfach so und ohne irgendwelche Verletzungen oder Kampfspuren geschweige denn ausgehungert. Er konnte mir ja nun nicht erzählen, was er erlebt hatte, und ich glaubte an ein Wunder. Aber so habe ich mir dieses Mal gesagt, “er ist mal wieder unterwegs, wird schon wieder kommen, mach dir keinen Kopf”, und ich bin nicht suchen gegangen. Nicht gleich zumindest. Aber dieses Mal kam er nicht mehr.

Dieses Rein und Raus von zwei Katzen mit unterschiedlichem Rhythmus, dieses ständige Tür auf-Tür zu, und Cachou, der am liebsten gegen fünf Uhr morgens raus wollte und jämmerlich neben meinem Bett miaute, aber dann natürlich keinsfalls einfach so raus gehen konnte, vorher musste schon was im Schüsselchen sein, aber hallo! Manchmal habe ich gedacht, mit nur einer Katze wäre es einfacher – auch die Eifersuchtskrisen, die Streitereien und Keifereien der beiden untereinander gingen mir manchmal auf die Nerven. Cachou war offen aggressiv mit Pepita. Jeden Platz, den Pepita sich erkoren hatte, egal ob Karton, Aktenablagekörbchen, Bücherregal oder Einkaufskorb musste er haben und jagte sie unsanft weg. Dafür fraß sie grundsätzlich aus seinem Schälchen bis es fast leer war und und gab ihm hinterrücks eins auf die Nase, wenn er unter ihrem Stuhl durchschlich. Davon, dass sie einmal wie das Ying-Yang-Symbol ineinander verknotet zusammen auf dem Sessel geschlafen hatten, war nichts mehr zu spüren. Wie gesagt, manchmal dachte ich, mit nur einer Katze wäre es viel ruhiger … und jetzt ist es so ruhig, dass es mir auch nicht recht ist. Er fehlt mir so, mein freundlicher Cachou, der ganzkörpermäßig schnurren konnte, als habe er einen Vibrator verschluckt. Ich habe kein Foto mehr von ihm. Vollkommen schwarze Katzen sind ohne fiesen Blitz schlecht fotografisch einzufangen, es ergibt immer nur einen schwarzen undefinierten Fleck – so, dass ich, wie gemein und ungerecht, immer nur Pepita fotografiert habe. Und alle früheren Fotos sind ja dem Computerklau zum Opfer gefallen…  so werde hier noch einmal einen Blog-Text von vor zwei Jahren einstellen, als Erinnerung an ihn, und dort gibt es auch zwei Fotos von Cachou im Abenteuerland.

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15 Responses to Cachou

  1. ichbins sagt:

    Wollte mir eben ganz in Ruhe nochmal den letzten Beitrag anschauen .. und dann das.
    Kann das Ganze gut nachempfinden .. einerseits gönne ich meinem Kater seine Freiheit und fände es unerträglich ihn nur im Haus zu halten – andererseits immer die Angst, wenn er zu lange wegbleibt. Es ist halt niemals ” nur ein Tier ” . Aus Erfahrung kann ich aber sagen, der Entschluss ” nie wieder ” wir dann nach kürzerer oder längerer Zeit beim Anblick eines Katzenbabys aufgeweicht- obwohl man zunächst gar nicht so weit denken möchte.

    • dreher sagt:

      Danke! ich habe ja noch Pepita, die doch sehr charakterstark ist ;) und vermutlich ein neues kleines Katzenbaby neben sich nicht dulden würde (c’est elle la princesse!) aber ich war neulich spazieren, wo eine handvoll wilder scheuer aber hinreißend niedlicher Katzenbabys herumsausten… (da gab es Cachou aber noch) … wäre ich alleine (sprich ohne Monsieur, der doch stark bremst) ich hätte sicher bald wieder eine weitere Katze …

  2. eva sagt:

    Liebe Christjann,
    da wird mir ganz traurig zumute!
    Wir haben auch schon einige Katzenverluste erlitten, es ist immer ganz traurig, wenn man zur Balkontüre schaut, weil man denkt, eine Katze will rein….und keine kommt mehr!
    Unsere derzeitige Mitbewohnerin Muckla ist jetzt schon 8 Jahre alt und uns (wie auch alle anderen bisher) sehr lieb geworden!
    Ich würde mir wünschen, dass sie eines Tages als alte Katzenoma (auch wenn sie keine Jungen gekriegt hat) geht, aber bitte nicht vorher und bitte nicht an der Straße!
    Ich denk an Dich,
    viele Grüße,
    Eva

    • dreher sagt:

      liebe Eva, danke dir – ja, genau, ich schaue immer wieder zur Terrassentür … er war ein “spät-abends-doch-noch-Heimkehrer” und sass dann immer mit grooossen Augen und miauend im Eckchen: “heee, bin jetzt da!” und jetzt sind da keine grossen Augen mehr, die im Dunkeln blitzen …

  3. Anja sagt:

    Oh wie traurig!
    Nach der Buchlektüre im diesjährigen Sommerurlaub bin ich auf Blogsuche gegangen, weil ich gerne mehr Fotos der Katzen sehen wollte. Ich habe so geschmunzelt, wie Katzen sich selbst AllergikerInnen zu eigen machen!
    Und ohne Cachou je persönlich getroffen zu haben, macht es mich so betroffen, jetzt hier von seinem Tod zu lesen. :'(
    @bremsen:
    Mensch kann ohne Katze leben, aber warum sollte sie/er?!
    Schon mal an eine Ragdoll oder Britisch Kurzhaar als Wohnungskatze gedacht? Die finden im Gegensatz zu den meisten Hauskatzen ein Leben in der Wohnung schöner als draußen und vertragen sich recht gut mit anderen.
    Bisous à la princesse! ;)

  4. Karin sagt:

    Liebe Christiane,

    Ich kann gut nachvollziehen wie Du Dich jetzt fühlst. Meine Eltern hatten immer Katzen, alles Freigänger, egal ob wir im ruhigen Viertel wohnten oder an einer vielbefahrenen Strasse. Wenn sie denn vielleicht überfahren werden sollten, dann sollten sie doch wenigstens ein “richtiges” Katzenleben gelebt haben, fand mein Vater. Von den vielen Katzen, die wir hatten, haben wir glüchlicherweise nur zwei durch Unfälle verloren. Getrauert haben wir um jede, am schlimmsten jedoch war es als unser schwarzer Kater einfach verschwand. Wir suchten mit Suchanzeige, wochenlang, sogar in anderen Stadtvierteln. Erst Jahre später haben wir per Zufall erfahren, dass er ganz in der Nähe bei einer Sprengung zu Tode gekommen war. Und jedesmal wieder schwor sich mein Vater, nie wieder würde er eine Katze aufnehmen (denn “zugelaufen” waren uns bis auf eine alle!). Und es war immer er, der weich wurde, wenn wieder eine miauend vor der Tür stand…

    Jetzt im Alter könnte er einen derartigen Verlust glaube ich nicht mehr so wegstecken, und hat daher nur die Katze der Nachbarn “adoptiert”, dh. sie bekommt bei ihm die Streicheleinheiten, die sie (und er!!!) braucht und natürlich Futter, und da nur vom Feinsten! Ist wie mit Enkeln, man kann sie geniessen, ist aber nicht für sie verantwortlich!

    Liebe Grüsse aus Genf,
    Karin

  5. eva sagt:

    Liebe Christjann,
    ich hoffe, es geht Dir gut!
    Ich wollte Dich fragen, da ich morgen nach Paris fahre und ich mich noch gut an Deinen Bericht aus Paris erinnere, was ich/wir UNBEDINGT machen müssen! Ich war zuletzt vor vielleicht 25 Jahren und weiß gar nicht mehr so viel (außer dass es z. T. sehr fremd war). Wir waren damals vietnamesich Essen, das gabs bei uns (in Stuttgart) nicht. Und seitdem besitze ich auch einen kleinen metallenen Eiffelturm, den brauche ich jetzt also schon nicht mehr!
    Wir haben uns eine kleine Ferienwohnung im Montmartre rausgesucht.
    Also, falls Du Zeit und Lust hast, mir etwas vorzuschlagen: Ich bin bereit!
    Herzliche Grüße,
    Eva
    PS: Was macht deine (vereinsamte???) Katze???

    • dreher sagt:

      liebe Eva, ich schick dir mal den link zu télérama “Ausgehen in Paris” vielleicht findest du dort dein Glück http://sortir.telerama.fr/ – Ich bin nicht so sicher, ob das, was mir gefällt, auch anderen gefällt – denn ich, so abgeschnitten von Großstadtkultur, würde in Paris jetzt vermutlich eine Ausstellung ansehen oder ins Museum gehen. Mein Favorit letztes Mal waren die Seerosen in der Orangerie. Ich war aber auch noch nie in Giverny, nicht im Musée d’Orsay und noch nicht im Louvre, weil ich all die Jahre vorher immer nur flanieren und Stadt erleben und erlaufen und in Cafés sitzen und in Läden stöbern wollte. Das letzte Mal gefiel mir das Viertel Marais gut, nur war (und ist) das Picassomuseum (weswegen ich dort war) wegen Renovierung geschlossen. Ich fahre gern Metro, gehe gern auf Friedhöfe und liebe einfach das großstädtische Flair von Paris. In Montmartre war ich schon lange nicht mehr, aber ich denke, das ist ein schöner Ausgansgspunkt. Genießt es!

      Pepita trauerte ja anfangs nicht, ich hatte das Gefühl, sie war ganz erleichtert, mal eine Weile allein zu sein. Dann wurde sie aber ziemlich “knatschig” und jammerte rum, so als wollte sie sagen, “he, es reicht, er kann jetzt wieder kommen” – und jetzt ist sie einfach furchtbar anhänglich, kaum sitzt man irgendwo, springt sie auf den Schoß und macht sich platt wie eine Flunder, schnurrt und bekundet ihre Liebe – damit wir nur nicht auf die Idee kommen, uns ihr zu entledigen, wie wir es wohl mit Cachou gemacht haben …
      liebe Grüße und viel Spaß in Paris
      Christiane

      ps: es soll einen Reiseführer geben “Öffentliche Toiletten in Paris” – das ist auch ein origineller Ansatz finde ich, da entdeckt man bestimmt ganz neue Orte ;) habe den richtigen Titel aber auf die Schnelle nicht gefunden (ps: es ist NICHT “Pissing in Paris”)
      pps: voilà : http://www.amazon.fr/faire-pipi-Paris-toilettes-accessibles/dp/2917084553 – naja gut, vielleicht etwas grenzwertig, aber es IST doch immer ein Problem, n’est-ce pas?! ;)

      • eva sagt:

        Vielen Dank,
        das, was Du beschreibst, ist eigentlich auch eher das, was mich an Städten interessiert! Ich kann oft sehr gut ohne die besonderen touristischen Highlights eine Stadt erwandern/entdecken; oft ist/sind doch einfach das Leben in den Straßen, die Menschen, die Ruhe auf Friedhöfen, die Marktstände, die kleinen Lädchen das Interessanteste…..was nicht heißt, dass wir nicht auch in die eine oder andere Kirche oder auch ins Museum gehen werden (je nach Wetterlage). Deine Fotos der Metrostationen sind auch sehr gut!
        Und kraul’ Deine Pepita einmal fest von mir,
        liebe Grüße,
        Eva

  6. Susanne sagt:

    Liebe Christiane,
    ich lese Deinen Blog – diesen und auch den alten – von Anfang an mit und bin sehr traurig! Beim Lesen sind mir heute ein paar Tränen runtergekullert.
    Ich kann Dich sehr gut verstehen.
    Ich habe zwar keine eigenen Katzen, aber zwei Besuchskatzen, die ich auch versorge, wenn deren Familie im Urlaub ist. Sind beides Freigänger – bevorzugt nachts – und ich bin jedes mal heilfroh, wenn sie gesund und munter wieder heimkommen.
    Paß’ gut auf Pepita auf!
    Viele liebe Grüße aus dem Schwabenland!
    Susanne

  7. eva sagt:

    Hallo,
    wir sind wieder zurück und ich bin noch immer ganz fusslahm vom vielen Rumlaufen!
    Es war SEHR schön, sehr großstädtisch und einfach auch sehr französisch! (und auch sehr teuer)…aber das weiss man eigentlich auch schon vorher. Eine gute und bezahlbare Möglichkeit, in Paris zu sein ist eine kleine Ferienwohnung (unsere war sehr gemütlich)! Ich frühstücke gerne im Schlafanzug, das geht im Hotel meist nicht so gut ;-).
    Viele liebe Grüße,
    Eva

    • dreher sagt:

      Wie schön! Ich finde Paris auch sehr französisch; teuer ist es hier auch, so dass es für mich da heute keinen Unterschied gibt – aber ich erinnere mich, vor langer Zeit mal im Winter in Paris gewesen zu sein, und die Hotelkosten (das billigste, was wir kriegen konnten) hat unser ganzes Budget gefressen, so dass wir eine knappe Woche lang ausschließlich von selbst belegten Baguettes gelebt haben (ich konnte danach keinen Camembert mehr sehen), es war bitterkalt und wir hatten kaum noch Geld – und der Kaffee in diesen schlecht geheizten Bistros, um sich mal ein bisschen aufzuwärmen, war so wahnsinnig teuer … aber ach, wir waren in Paris …
      liebe Grüße
      C*