Drei Filme

Auch Cinécroisette, der Filmclub, dem wir angehören, macht sich stark für die Ukraine. Die Kinos, Filmclubs und Festivals in Frankreich zeigen eine Filmauswahl ukrainischer Filme und sie verzichten, wie auch sämtliche Filmverleiher vollkommen auf die eingenommenen Gelder. Sämtliche Eintrittsgelder und zwar komplett, nicht nur der häufig symbolische Euro, gehen an die Ukraine (in unserem Fall an einen Verein, der mit der Stadt Cannes zusammenarbeitet). Das Kino wurde extra dafür geöffnet und alle (Kassierer, Filmvorführer) haben ohne Bezahlung gearbeitet. Wir haben heute früh “Olga” gesehen. Olga ist eine 15jährige Kunstturnerin, die in Kiew für die Europameisterschaften trainiert. Als auf ihre Mutter, eine Journalistin, die über den damaligen Präsidenten ermittelt und schreibt, ein Anschlag verübt wird, schickt man Olga zum Trainieren in die Schweiz, die Heimat ihres verstorbenen Vaters. Sehr starker Film! Ich schäme mich mal wieder, so wenig über die Revolution auf dem Maidan mitgekriegt zu haben. Hier eine Besprechung und ein Interview mit dem Filmemacher.

Am Abend sahen wir Donbass von Sergej Lotznitska. Hmpf. Endet Olga mit einer positiven Grundstimmung, demoralisiert Donbass umso mehr, und deswegen kriegen Sie den Link zum Trailer dazu nur indirekt auf der am Anfang des Satzes verlinkten Seite. Wenn Sie wissen wollen, wie sich der alltägliche Krieg (in der Ostukraine) heute (!) anfühlt (ich dachte immer wieder, das kann doch nicht im 21. Jahrhundert stattfinden!), dann sehen Sie den Film an, aber seien Sie gewappnet. Ich musste danach erstmal viel darüber lesen. Sieben der dreizehn nicht miteinander verknüpften Szenen, aus denen der Film besteht, hat der Filmemacher von privat veröffentlichten Videos übernommen und nur etwas “akzentuiert”. Umso schlimmer. Der Film lief in Cannes beim Filmfestival 2018 und ich verlinke Ihnen dieses Interview, das damals in der taz erschienen ist.

In Nice Matin zu lesen, dass einer der russischen Waffenhersteller (Kalashnikov-Group) in Cannes eine Villa besitzt, macht dann auch keine richtig gute Laune. Allerdings hat unser Bürgermeister mit seinem ausdrücklichen Engagement für die Ukraine eindeutig seine Seite gewählt. Es wird dem Tourismus in Cannes allerdings wehtun, wenn Oligarchengattinnen nicht mehr Luxus-Boutiquen leer kaufen und Sternerestaurants nicht mehr für ausschweifende Feiern privatisiert werden. Davon lebt Cannes schon auch. Nun gut, man muss sich entscheiden.

Ok, alles etwas Ukrainelastig derzeit, aber die französischen Nachrichten sind auch nicht prickelnder: Depardieu hat nicht nur seine Auftritte mit seinem Programm “Depardieu singt Barbara” abgesagt, (Sie erinnern sich vielleicht, wir haben ihn gehört/gesehen und waren sehr begeistert. Doch doch, waren wir. Ich stehe dazu auch immer noch, ich finde Depardieu als Schauspieler ziemlich großartig), aber nun ist seine herzliche Zugewandtheit zu Putin doch etwas problematisch, dazu kommt, dass man (frau vielmehr) ihn der Vergewaltigung bezichtigt. Nee, verlinke ich Ihnen jetzt nicht, ist mir zu trashig.

Hier kommt ein weiteres Filmchen unseres Präsidenten-Kandidaten. Es ist schon von letzter Woche, aber bei uns passiert gerade zu viel, ich sehe es eben erst. Macron hat in der Zwischenzeit auch sein Programm vorgestellt. Im Film sieht man ihn im QG, quartier général, Hauptquartier seiner Wahlkampagne und umringt von den Leuten, die seine Kampagne machen und ihn unterstützen. Was ich zum ersten Mal so wahrnehme (vermutlich das neu kriegsgeschulte Auge, seufz) sind die Sicherheitsbeamten, die (bei der Szene im Innenhof, etwa ab Minute 4) ununterbrochen die Fenster und Dächer scannen, während alle anderen nur Macron ansehen. Mon Dieu. Später ein erstes Gespräch (Fragen und Antworten) in Poissy. Gewonnen ist die Wahl erst am Ende, sagt er mal wieder. Auf die Frage, was er machen würde, wenn er die Wahl verliere, verweist er auf Angela Merkel, die gesagt habe, sie mache erstmal nichts und überlege.

Ich muss sagen, ich kriege im Moment nicht so viel mit von den anderen Kandidaten, abgesehen von der Nachricht, dass Marion Maréchal sich nicht ihrer Tante Marine, sondern dem noch konservativeren Eric Zemmour angeschlossen hat. Und das, obwohl Marine le Pen derzeit in den Sondagen, vermutlich wegen ihrer weniger aggressiven Kampagne, besser abschneidet als alle anderen, wenn sie auch weit hinter Macron liegt. Für den zweiten Wahldurchgang käme es dann, wie beim letzten Mal, zu einem Wahlduell Macron – Le Pen.

So viel für heute. Morgen früh werde ich mit Tetiana zum Ukraine-Büro der Stadt gehen und schauen, was wir an weiterführender Hilfe beantragen können. Sie hat tatsächlich ihre vorläufige Aufenthaltsgenehmigung (für sechs Monate) bekommen, nachdem sie mit ihrem Bruder die Nacht vor der Präfektur ausgeharrt haben. Seit gestern kann man diese Papiere nun auch in Cannes bekommen und muss dafür nicht mehr bis nach Nizza fahren, wo man dann mit Leuten aus dem ganzen Departement ansteht, das hat der Bürgermeister, der gerade als Präsident aller Bürgermeister gewählt wurde und damit einiges durchsetzen kann, erreicht. Das sage ich den erschöpften beiden jetzt aber nicht mehr. Einerseits ist man mit einem gültigen (biometrischen) Pass und einer Unterkunft zwar für drei Monate en règle, aber wenn man zum Beispiel einen (von der Stadt angebotenen kostenlosen) Sprachkurs machen will, dann braucht man die Aufenthaltsgenehmigung der Präfektur schon. Um aber den Sprachkurs (der tagsüber angeboten wird) machen zu können, müssten die Kinder in der Schule sein. Eins hängt am anderen. Lebensmittelhilfe wäre auch schön, finanziell ist es doch etwas eng, so wie ich das mitkriege. Nun, das sehen wir morgen. Jetzt (24 Uhr schon wieder) gehe ich ins Bett.

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4 Responses to Drei Filme

  1. Nat sagt:

    Hallo, Bonsoir

    Si je peux aider votre pensionnaire et ses enfants … faites nous signe. Comment pouvons nous entrer en contact en dehors de cette plateforme ?
    Cordialement Nathalie

  2. FrauC sagt:

    Ich schließe mich an, bitte schicken Sie mir auch eine Mail.