Da bin ich wieder – lang ist’s her, ich weiß, und es wird auch nur kurz heute, bin quasi schon auf dem Weg in die Berge. Wir haben hier eine ätzende Baustelle direkt nebenan, es röhrt und brüllt und unser Haus vibriert, sodass wir dieses Jahr früher fahren und länger bleiben, den gesamten Juli und August vermutlich … Monsieur ist bereits vorgefahren und stand heute auch nur zwei Stunden fest auf der Autobahn, weil hier ja die Tour de France …
… die ganze Küste von Cagnes bis Marseille lahm gelegt hat. Nichts ging mehr. Hätte man sich denken können. Die Enkelkinder sind irgendwo in den Var Rädchen gucken gefahren. Noch nie war ich so nah an der Tour de France und ich bin nicht hingegangen?! Nö. Ich bin nicht mehr so ganz großer Fan, bin sozusagen mit Jan Ullrich ausgestiegen; die vielen Doping-Skandale haben mich auch zunehmend in meiner Begeisterung gebremst, und ich bin hier ziemlich allein mit meinem Interesse: Monsieur sieht lieber Autos im Kreis fahren. Zeit, einen ganzen Tag damit zu verplempern, hatte ich auch nicht wirklich, habe die Tour also, die übrigens männlich ist, Le Tour de France heißt es, ganz bequem im Fernsehen verfolgt. Ist wie beim Filmfestival, man sieht zu Hause am Fernseher wirklich mehr. Jaja, ich weiß, das Ambiente, das Dabei sein … ph …
Ich warte hier nur noch auf das Eintreffen meiner progressiven Test-Kontaktlinsen, jaja, die neue Weitsichtigkeit verbunden mit genetisch erworbener Maulwurfsblindheit führt zu komplizierten Linsen. Mal sehen, ob mein müdes Hirn diese Anpassungsleistung noch erbringt. Und ich warte ebenso auf meine Live-Box, erinnern Sie sich? Die Live-Box, der Herzschrittmacher fürs Internet, mit der ich mich vor Jahren schon in Chateauneuf herumschlug, hier nachzulesen, wenn Sie mögen. Das ist vier Jahre her und war in einem anderen Leben, und was damals als noch undenkbar erschien, soll jetzt möglich sein. Internet sogar im abgelegenen Weiler Les Tourres und sogar nur temporär, wie auch das Telefon, nur in der Sommersaison angemeldet. Ich muss nur meine Live-Box noch in einer ominösen Beauty Lounge entgegen nehmen, mit in die Berge schleppen, selbst anschließen (Kinderspiel, klar) und ab Mittwoch soll das Internet dann mit einem gigantischen Giga laufen. Wenn das klappen sollte, wäre das der Hammer. Bedeutete nämlich, ich könnte da oben richtig arbeiten und müsste nicht immer anstrengende Pendelfahrten veranstalten, um etwas zu recherchieren oder Texte zu versenden. Monsieur war völlig gegen diese technischen Neuerungen im alten Haus. Stimmt schon, wir heizen mit Holz im zugigen Kamin, hören Radio und verkratzte Vinyplatten und pinkeln nachts in einen Nachttopf. Natürlich hat das Charme. Internet da oben wäre anachronistisch, ich fände es aber ziemlich sexy. Drücken Sie mir mal die Daumen.
Was ich schon lange gesagt haben wollte, wäre ein kurzer Nachtrag zum Orangenwein. Ich habe ihn ja mit einem halben Liter 90%igen Alkohol gemacht und ich finde ihn sehr stark, also sehr alkoholhaltig. Da würde ich nächstes Mal entweder weniger nehmen, oder anderen Alkohol (oder mehr Wein). Und ich würde keinen Zimt dazu tun, erinnert mich zu sehr an Weihnachten. Ich habe ihn bereits zweimal gefiltert, er hat aber immer noch einen starken Bodensatz. Den Limoncello finde ich aber sehr gelungen, ich hätte die doppelte Menge machen sollen, es gibt schon fast nichts mehr. Meine französische Familie hat auch am Orangenwein nichts auszusetzen – nur ich bin nicht ganz zufrieden. Dass mir der Orangenwein nicht so richtig schmeckt, kann aber auch an meiner Histaminunverträglichkeit liegen, die mich so gut wie keinen Alkohol mehr vertragen lässt, trotz Enzymen, die mir hin und wieder helfen. Es wird nicht besser im Alter.
Trotz dieser Alkoholunverträglichkeit habe ich beschlossen, dieses Jahr auch noch Nusswein anzusetzen. Das ist, wie der Orangenwein, ein traditioneller Aperitivwein, ist aber weniger schick, vielleicht ein bisschen altmodischer, und er wird vor allem im ländlichen Raum gemacht und auch getrunken. Eigentlich müsste man die Walnüsse dafür am Johannistag, das heißt Ende Juni, ernten. Sie müssen noch grün sein (auch wenn im Rezept reife Walnüsse abgebildet sind) und in der Regel muss man sie dafür mit einem Stock vom Baum schlagen. Ich war kurz vor dem Johannistag in Chateauneuf, aber die Walnüsse waren aufgrund des schlechten Wetters gerade so groß wie Erdnüsse. Jetzt sind sie aber gleich so weit und ich komme gerade richtig zur Ernte. Ich gebe Ihnen mal hier einen netten Artikel (in französisch) zum Lesen und das Rezept, das Sie aber abwandeln können. Ich werde sicher keinen Zimt mehr nehmen. Das Rezept ist auch in französisch, aber das kriegen Sie hin. Ich zerschlage die Nüsse aber nicht, wie im Rezept angegeben (concasser) sondern durchbohre sie mehrfach mit einer Stricknadel. Die unreifen Nüsse sind ja noch weich innen, das geht also. Der Nusswein braucht lange, bis er wirklich gut ist. Setzen Sie ihn an und vergessen Sie ihn dann im Keller. Probieren Sie ihn im nächsten Jahr, wenn er ihnen nicht schmeckt, geben sie einfach noch ein, zwei Jahre hinzu.
Für eben lasse ich Sie wie man hier sagt, je vous laisse und wünsche Ihnen einen guten Sommer. Alles Gute und viel Sonne!
Und wenn ich da oben funktionierendes Internet haben sollte, laufen sie Gefahr von mir zu hören …
Liebe Christjann,
Dir auch einen schönen Sommer.
Ich muss noch einige Wochen warten, dann darf ich nach Limoux, wo´s auch sehr schön ist (am Fuß der franz. Pyrenäen-schreibt man auf D so, bin ganz irritiert, weil es so seltsam aussieht)
Herzliche Grüße noch aus dem “wilden” Süden von D,
Eva
merci Eva, dir auch schöne Ferien *wink*
Tststse – keine Tour geguckt…
1997 sind wir um 5 Uhr früh von GL nach Colmar gefahren um am späten Nachmittag die Massenankunft der ganzen TDF-Blase anzusehen. Vorweg, und mit einigen Minuten Vorsprung, gewann der Australier Neil Stephens die Etappe. Dann kam das Hauptfeld und nach 12 Sekunden war alles vorbei. Nachts um 23 Uhr waren wir wieder zu Hause in GL.
Heute juckt uns die Tour de Dope sportlich nicht mehr so ganz. Schade um den Radsport. Aber wenn es um die Luftaufnahmen während der Tour geht, gerät man wieder ins Schwärmen. Ins Schwärmen von Frankreich, naturellement.
Eine schöne Zeit in den Bergen.
PS Unser Orangenlikör schmeckt jetzt im Sommer noch viiiel besser. Aber wie bereits erwähnt, reduziere ich den Vanilleanteil beim nächsten mal.
ach, das beruhigt mich – und ja, die Luftaufnahmen sind superbe, ich war gestern ganz aus dem Häuschen als ich die Calanques vor Marseille sah – muss ich mal mit einem Boot abfahren … im September oder so …
Grüße! viel Sommer!
-auf die Gefahr hin, dass Du schon -en route- bist, wünsche ich Dir und -naturellement Monsieur- einen supertollen Sommer dort oben in den Bergen, seufz, ich gönne es Dir von Herzen. Ich merke gerade, dass ich doch schon beinahe Urlaubsreif bin.
Tour gucken in Deutschland? Nur noch auf dem Bezahlkanal möglich, oder irre ich mich da? Und da ich selbst mal mit dem Rennrad lange Jahre Kilometer gespult habe, vermisse ich es sehr- ja ja, jetzt nur noch auch oder vor Allem wegen den tollen Luftaufnahmen.
Deine Rezepte sind bei uns gut angekommen, neben unserem traditionellen Holundersirup und Rosenblattgelee ( ein Träumchen). Werde versuchen vom Nachbar noch Walnüsse zu betteln……..
Oh, die Calanques hast Du noch nicht gesehen? Ach, das wird Dir gefallen.
Herzliche Grüße aus dem immer noch verregneten Wilden Süden Deutschlands
Marianne et le reste de la famille
merci Mariannchen, merci auch für deinen Brief – muss dir mal außerhalb von hier schreiben, wenn ich mal undsoweiter … so viel Urlaub ist es gar nicht, muss noch arbeiten und habe Teile von la famille zum Bespaßen – die ganze lange Zeit – aber es ist trotzdem eine Auszeit vom Krach und Dreck zumindest… bises! viel Sommer in den wilden Süden
C*
Na dann wünsche ich Dir eine anachronistisch-sexy Sommerfrische!
A bientôt, Marion