Corona Tagebuch Tag 8

Es ist kalt und grau heute. Also kalt ist relativ, 10 Grad sind es, nachdem wir im Februar schon bei 23°C draußen rumgehampelt haben. Ha! Heißt es “wir sind rumgehampelt” oder “wir haben rumgehampelt”? Das sind so Sachen, die ich plötzlich nicht mehr weiß. Egal, bei dem Wetter will in Südfrankreich sowieso keiner draußen rumhampeln. Denkt man. Es sind täglich mehr Autos auf der Straße, ich vermute, dass der Boulevard Carnot zu sehr überwacht wird, weshalb alle die Alternativroute nehmen. Oder es sind alles Mediziner, die im Krankenhaus arbeiten, das an der Verlängerung dieser Straße liegt. Nehmen wir das an. Heute wird es kein sehr lustiger Beitrag. Auch wenn ich wie jeden Morgen von der Katze geweckt wurde.

Die erste Info, die ich bekomme, ist, dass die Gemüsemärkte mit sofortiger Wirkung, nach einer Regierungs-Anordnung von heute Nacht, geschlossen wurden. Das Communiqué des Bürgermeisters, den ich anfange zu schätzen, klingt bitter. Er fügt sich, findet aber, dass die Entscheidungen, die in Paris gefällt werden, dem Süden nicht gerecht werden. Er hält den hygienisch überwachten Freiluftmarkt für gesünder als die Supermärkte. Außerdem beklagt er den Verlust der Ware, die heute nicht verkauft werden kann und den Verlust des Einkommens für die regionalen Bauern. Er bittet uns, den lokalen Handel zu unterstützen. Jetzt, so gut es geht, und vor allem nach der Krise.

Ich finde das auch bitter, denn ich wollte just heute auf den Markt, frisches Obst, Gemüse und Salat einkaufen. Bleibt nur der kleine Lebensmittelladen neben dem Bäcker. Monsieurs Tochter bietet sich an, später für uns im großen Supermarkt miteinzukaufen. Ich gehe zunächst in den kleinen Laden und fülle dafür meinen Ausgangsschein aus. In der Tageszeitung gibt es jeden Tag einen Schein zum Ausschneiden, für die, die keinen PC und Drucker haben.

Was für ein Glück, das Lädchen wurde gerade mit Ware beliefert. Ich muss aber erst draußen warten, mit einem kleinen aufgeregten Hund, denn mehr als zwei Personen sollen nicht in dem Lädchen sein, zusätzlich zur Besitzerin an der Kasse, dem Ehemann und dem Großvater, die die Waren auspacken und einfüllen.

Zu meiner großen Freude räumt der Besitzer gerade Eier ins Regal. Die gab es lange nicht, ich nehme gleich 3 Pakete (à sechs Eier) 12 für die Familie über uns, 6 für uns, und komme mir trotzdem wie ein Hamsterer vor. Dafür gibt es kein Mehl. Ich brauche keines, aber es wird von der Kundin vor mir und der hinter mir beklagt. Ich nehme die letzte Flasche Rosé für Monsieur und hoffe, es gibt da zukünftig keinen Lieferengpass. Kein Wein in Frankreich, das wärs noch! Obst und Gemüse (unreife Bananen, Äpfel, Lauch, Chicoree) hat Supermarktqualität und ich bin nicht so wahnsinnig glücklich, nehme daher zusätzlich die ersten französischen Erdbeeren mit, komplett überteuert. Als ich wieder rauskomme, stehen acht Personen draußen Schlange. In der Bäckerei gibt es nur wenig Brot, sie wurden ebenfalls nicht mit Mehl beliefert, außerdem sind sie jetzt nur noch vormittags geöffnet. Mir fällt die Erzählung “Der dritte Nagel” von Herrmann Kant ein, die ich gerade gerne wiederlesen würde. Hier eine Inhaltsangabe. Ich nehme auf dem Weg dieses Mal Fenster auf. Erdgeschossfenster, die wie durch Zufall, fast alle geschlossen sind. Mit dem wenigen Licht wirkt das heute alles sehr trist. Das ist Cannes? Das ist auch Cannes!

Sie wundern Sich vielleicht, warum ich Ihnen den Wiener Psychiater vorenthalten habe, er hat durchaus Videos produziert, ich musste aber erstmal verdauen, was er sagte, habe eine Nacht schlecht geschlafen und habe gezögert, ob ich das hier veröffentlichen will. Er stellt die Frage der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen, spricht über die Existenzängste vieler Menschen, denen diese Ausgangssperre das Einkommen nimmt, sie arbeitslos macht, die kleine Unternehmen ruiniert, und er spricht über den Tod. Retten wir Leben oder verlängern wir das Sterben? fragt er. Ich muss da erstmal schlucken. Finde seine Ausführungen hörenswert, und doch … In meiner französischen Familie gibt es durch Corona verschuldete Arbeitslosigkeit und verhinderte Projekte. Meine Friseurin, mein Fingernagelstudio, der Fischer, bei dem ich Fisch kaufe, die Buchhandlung, gerade erst in größere Räumlichkeiten umgezogen, mein Lieblingsrestaurant, werden die das alle überstehen? Die Hilfen, die vom Staat angeboten werden, die natürlich erst beantragt werden müssen, die kommen wann? Können die das auffangen? Monsieur gehört zur Risikogruppe. Er würde die Krankheit, die sein Sohn gerade durchlebt, vielleicht nicht überleben. Ich kann mich an den Gedanken, “er muss ja sowieso sterben” nur schwer gewöhnen, auch wenn ich weiß, dass es so ist. Ich habe meinen Vater früh verloren, meinen ersten Mann, meinen langjährigen Freund. Ein Freund meines Mannes, gesund und sportlich, starb vor nicht allzulanger Zeit beim Wandern. Herzinfarkt. Zack, weg, tot. Wir alle müssen sterben. Ich weiß.

Lassen Sie uns gemeinsam nachdenken, sagt Bonelli. Ich lasse Sie nachdenken. A weng Zeit müssens aber schon mitbringen, nicht wahr.

https://www.youtube.com/watch?v=9BgUIl0InzI
https://www.youtube.com/watch?v=-8hdnNVezlw
https://www.youtube.com/watch?v=nqmNj2kcSYY

Bis morgen! Bleiben Sie zuhause und bleiben Sie gesund!

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Nur für heute – Nachtrag zu Tag 7

Na, es wird auch weniger tief recherchiert, wenn man so schnell produziert, bin ich ja nicht gewohnt, mache ja keinen Journalismus, ich schreibe normalerweise langsam, oft lasse ich Texte über Nacht ruhen. Jetzt aber habe ich den Takt erhöht. Ist auch neu für mich. Danke für Ihre diversen Hinweise zu der 20-Punkte-Liste, die ich veröffentlicht habe. Die ich grundsätzlich nicht schlecht finde, die auch jeder andere hätte schreiben können; die, von denen ich sie habe, liegen aber doch nicht auf meiner Wellenlänge. Das nur zu Klarstellung.

Keinesfalls wollte ich mit dieser im letzten Beitrag veröffentlichten 20-Punkte-Liste irgendwie Druck ausüben, was man alles soll oder nicht soll an seinen gefühlt oder wirklich leeren Tagen.

Nicht alle sind gerade in positiver Entdeckungs- und Aufbruchsstimmung. Vielen schlägt die Situation, verlorene Jobs, keine Aufträge, abgesagte Lesungen und Konzerte, keine Rücklagen, um einen Laden, eine Firma über mehrere Monate aufrecht zu halten und die finanzielle Unsicherheit der (nahen) Zukunft aufs Gemüt.

Vor mehr als 15 Jahren hatte ich einen Burnout, eine Depression, wie auch immer, und ich landete in einer psychosomatischen Kur. Ich war überrascht und fast verärgert, wie durchgetaktet meine Tage dort waren. Ich wollte doch nur in Ruhe im Bett liegen, aber schon um Sieben sollte man zur Morgenvisite angezogen im Flur auf den Arzt warten, danach gab es Frühstück und danach eilte man zu seinen Veranstaltungen, seinen diversen Therapien (Gespräche, Gruppen, Malen, Töpfern, Singen, Gartenarbeit, einen Pferdestall ausmisten (!)), hatte seine “Haus-Dienste” (Tisch decken, Essen servieren, Blumen gießen) oder “Hausaufgaben” zu erledigen. Menschen mit Angststörungen sollten vielleicht einmal alleine um den Block gehen. Mir wurden zusätzlich für die Mittagspause eigenartige Spaziergänge aufgetragen, Rückwärts gehen, Hüpfen, Wahrnehmungsübungen und dergleichen. Wir sollten aktiv werden, nicht lethargisch bleiben. Ich fand das damals alles befremdlich, im Nachhinein aber sehr “erdend” und “verlebendigend”. Vieles war damals nicht erlaubt: Fernsehen, Mobiltelefone, Internet (das war damals aber noch gar nicht so verbreitet, man mag es gar nicht glauben), stattdessen sollten wir stricken, lesen, malen, puzzeln, Gesellschaftsspiele spielen oder singen in unserer abendlichen Freizeit. Abgesehen vom Lesen fand ich das alles absurd. Aber als ich zum ersten Mal nach gefühlten Ewigkeiten ein Puzzle legte, fand ich es ungemein hilfreich, sich nur auf das eine blaue Teil zu konzentrieren, das man suchte, anstatt ununterbrochen den ratternden nervösen “wie soll das alles nur enden”-Gedanken im Kopf nachzuhängen. Singen half mir damals auch ungemein, meine Ängste zu besiegen. Damals gab es diesen schrecklichen Tsunami, den habe ich aufgrund der fehlenden Medien total verpasst, aber ich glaube, eine zusätzliche Katastrophe wäre seelisch nur schwer zu verkraften gewesen. Mir haben dieses Anregungen aus der Kur und der getaktete Tag (aufstehen, sich anziehen, essen am Tisch, singen, spazierengehen …) dann auch während meiner späteren Arbeitslosigkeit geholfen. 

Ich hatte gestern früh überlegt, ob ich den Dekalog der Gelassenheit posten möchte und habe mich für diese Liste entschieden, weil sie positiv und gleichzeitig aktiver klang. Ob man nun eine Stunde in der Bibel lesen mag oder nicht, sei dahingestellt, aber den Tag in Häppchen einzuteilen, sich Aufgaben zu geben und aktiv zu sein und nicht stundenlang vor dem Fernsehen zu sitzen und sich die Nachrichten reinzuziehen, erscheint mir absolut sinnvoll. Das hätte ich zu dieser Liste vielleicht noch dazuschreiben können, wenn ich nicht so schnell hätte sein wollen. Ich reiche es hiermit nach.

Den Dekalog der Gelassenheit, und dessen Botschaft, die indirekt in der besagten Liste steht “lebe heute nur diesen einen Tag” gebe ich Ihnen aber dennoch. Ich habe mich für diese Variante entschieden, weil man hier ein bisschen Natur in seine vier Wände geliefert bekommt.

Bleiben Sie ruhig und gelassen und vor allem gesund!

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Corona Tagebuch Tag 7

-Immerhin muss ich mir keine Gedanken mehr über eine Überschrift machen, dafür habe ich sonst oft die meiste Zeit gebraucht. Ich habe ja noch nie wirklich jeden Tag geschrieben, wie es andere machen, Frau Brüllen, der wir die Aktion “Was machst du eigentlich den ganzen Tag” verdanken, oder die Kaltmamsell, oder Herr Buddenbohm, der einzige, den ich auch in Stresszeiten wenigstens überfliege, und der gerade weniger bloggt, weil er akute Schmerzen in den Armen und/oder Ellbogen hat; ich lege übrigens, seit meinem “Tennis-Schreib-Arm” vor ein paar Jahren, immer den Arm auf beim Schreiben und schreibe nicht mehr im Bett oder auf dem Sofa, was man als stets im Homeoffice-Seiende manchmal macht. Es ist interessant, wie sich der Blick ändert, wenn ich den Blog täglich füllen will. Ich finde so viel, dass ich heute vielleicht sogar zwei Beiträge senden werde, weil die Themen so richtig nicht zusammenpassen. Vielleicht sollte mir das schnurz sein in diesen Tagen, ich denke das weiter, während ich schreibe.

Eine Woche heute. Montag ist es. Es sind erstaunlich viele Autos auf der Straße, Busse, Motorräder. Ich werde Schwierigkeiten haben, mich wieder an den üblichen Lärmpegel zu gewöhnen, wenn es wieder “normal” wird. Es ist mild draußen, aber nicht sonnig. Ein etwas milchiges Licht. Um Acht morgens hat Monsieur schon voller Tatendrang unten im Keller auf eine Tür eingeschlagen, von der wir gestern entschieden haben, dass sie weg soll. Dahinter ist nur ein winziger Verschlag, der offen mit Regalen nützlicher sein kann. Ich reiße das Fenster auf und ermahne den Gatten, dass es erst in einer Stunde sozialverträglich ist, solchen Lärm zu machen. Also sägt er die Tür weg. Dann rudert er.

Punkt Neun schlägt er dann wieder zu. Ich schaue derweil das Internet durch und stoße auf Patrick Bruel, der jetzt auch, wie schon Calogero, einen Song gemacht hat, um all den Menschen zu danken, die “da draußen” arbeiten. Ich mag beide Songs nicht so besonders, aber Calogero immerhin spendet die zukünftigen Einkünfte daraus dem medizinischen Personal. Patrick Bruel sieht ein bisschen verschlafen und unrasiert aus, ist auch in Jogginghose und T-Shirt, hat sich wohl ganz spontan zu dieser Aktion entschieden und scheint von sich selbst überrascht. Ich hingegen bin überrascht von dem riesigen Weinkühlschrank im Hintergrund (gefüllt, versteht sich). Monsieur, den ich dazu befrage, sagt, er fände einen gut gefüllten Weinkühlschrank durchaus nicht verkehrt, ich habe mit meiner Alkohol-Abstinenz (ist das ein Pleonasmus?) einen zu kritischen Blick. Ich gebe das so weiter, aber der Blick auf den Kühlschrank macht, das ich das Lied nicht so richtig in mich aufnehme. Ich will nicht zu böse sein, kein Künstler kann derzeit auftreten. Es ist kein Spaß. Auch für ihn nicht: Si vous etes en famille ne vous engueulez pas trop, sind seine letzten Worte auf dem kleinen Video. “Wenn Sie mit ihrer Familie zuhause sind, schreien Sie sich nicht zu sehr an”. Ich verlinke Ihnen aber lieber dieses neue Lied von Duffy, nicht nur weil sie ein bisschen klingt wie Amy Winehouse, sondern weil es mir besser gefällt und sie nicht irgendjemandem dankt, sondern nur allgemein positive Wellen für alle zu Hause, auch die Herden von neuen Arbeitslosen, sendet. Dazu später mehr.

https://www.youtube.com/watch?v=f4Oe4FNEWX4

Ich habe mich ein bisschen schwer getan, das “richtige” Video auszuwählen, Sie hat den Song nämlich nicht offiziell veröffentlicht, ich will hier in den schwierigen Zeiten nicht auch noch Rechte verletzen.

Es gibt derzeit viele Tipps für die Quarantäne, damit einem nicht die Decke auf den Kopf fällt. Leider kann ich das Video des Gebetshauses Augsburg nicht einfügen, das ist vielleicht auch gut so, ich weiß nichts über sie und möchte ungern Seiten verlinken, deren Aktionen mir (bei all meiner Nähe zum Universum) bizarr vorkommen (Tag und Nacht beten). Die Liste aber kopiere ich dennoch: Anspruchsvolle Klassiker lesen, nicht zocken, keine Pornos. Ich sags nur.


20 Tipps für Quarantäne und Isolation 1. Gehe zu einer festen Zeit ins Bett und stehe rechtzeitig auf.2. Folge einem festen Tagesplan.3. Beginne jeden Tag mit einer festen Routine.4. Treibe täglich Sport (Es gibt jede Menge Fitness-Übungen für zu Hause).5. Nimm dir anspruchsvolle Lektüre vor und lies täglich zwei Stunden.6. Verbringe wenn möglich mindestens eine Stunde am Tag in der Natur.7. Beschränke die Zeit, in der du Videos schaust oder zockst. 8. Verzichte auf Pornos.9. Mach Skype-Termine mit guten Freunden aus. Sei nicht stark.10. Halte Ordnung und Sauberkeit in Wohnung und Kleidung.11. Plane eine „Stille Zeit“ ein (Gebet oder Meditation).12. Lies täglich eine Stunde in der Bibel. Beginne bei Genesis 1 oder Matthäus 1.13. Lebe genau einen (!) Tag. Plane deinen Tag. „Überlebe den Tag“.14. Mach eine Dankbarkeits-Liste.15. Traue deinen eigenen Gedanken nicht, wenn es in dir tobt. 16. Im Hier und Jetzt ist immer ein bisschen Frieden. „Ich bin im Hier und Jetzt“ (Finde deinen Frieden)17. Du bist für deine Emotionen verantwortlich.18. Mache oder lerne etwas kreatives. (YouTube-Tutorials für alles)19. Gott hält Wut, Enttäuschung, Einsamkeit aus. Bring sie Ihm. 20. Diese Zeit wird enden und die Zeit kann dir zum Nutzen werden.

Eine Bekannte hier, Sängerin, gibt quasi vom ersten Tag der Ausgangssperre via Skype ihren SchülerInnen Gesangsunterricht. Eine andere hat via Zoom eine weltweite Party organisiert. Ich habe keine Ahnung wie es geht, das ist der Nachteil der Älteren, die sich die neuen Techniken nicht mehr so zackig draufschaffen können. Dieses Tanzstudio gibt Ballett und Aufwärmtraining für Kids (via Uschi W.), die beiden Kleinen sind übrigens Groß-groß-groß-Cousinen von mir, ich kenne sie nicht persönlich, bin aber gerade sehr entzückt. Die Tonqualität ist nicht die beste, aber man sieht, was man tun soll.

Vielleicht haben Sie auch Lust Yoga anzufangen? Diese junge sehr elastische Frau finde ich recht sympathisch, ich suche allerdings noch nach einer realistischen Yoga-Anleitung für die rundliche Endfünfzigerin, falls Sie da etwas wissen, nur her damit.

So viel für eben. Bis später! Schön drinbleiben! Und bleiben Sie gesund!

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Corona Tagebuch Tag 6 Sonntag

Heute ist Sonntag und der Geburtstag meiner Freundin Tine und ich wollte heute einen Coronafreien Tag haben. Geht natürlich nicht so richtig, aber Tine sagte heute früh “heute ist MEIN Tag und ich gehe nachher raus in den Garten und feiere mit den Blumen eine Party”. Es ist nämlich auch Frühling.


Über den Frühling und den Sonntag und Nachbarschaft und Kirche, in die man jetzt auch nicht mehr gehen kann, geht es in dem wunderbaren nagelneuen Veedels-Podcast Agnes trifft. “Veedel” meint Viertel für die Nicht-KölnerInnen unter Ihnen. Und es wird ums Leben rund um die Agneskirche im Kölner Agnesviertel gehen. Ist aber auch für Nicht-KölnerInnen hörenswert.

Im letzten Herbst habe ich in einer deutschen Telefonzelle, die zum Bücherschrank umgewandelt worden war, ein kleines Diogenes Büchlein mitgenommen, das vermutlich eine Jahresgabe der Buchhandlung war. Es enthält kurze Gedichte und Texte rund um die vier Jahreszeiten. Ich mag das Büchlein, es hat ein Lesebändchen und enthält zarte farbige Zeichnungen von Sempé. Ich bin schon beim ersten Lesen darin an einem kleinen Text zum Frühjahr von Robert Walser hängengeblieben: “Das junge Frühlingsgrün erschien mir wie ein grünes Feuer. Blau und Grün ergossen sich in einen zusammentönenden Klang” … Ist das nicht schön? Ich bin verliebt in diesen kleinen Text. Ich habe noch nie etwas von Robert Walser gelesen. Ich habe auch, ich gestehe und schäme mich, noch nie etwas von Joseph Roth gelesen. Ich bin aber in seinen kleinen Text über den Herbst “Flüssiges Gold und Silber” ebenso verliebt. Beide schaffen Stimmungen und Gemälde mit ihren Worten. Wie wundervoll kann Sprache sein. Ich spüre bei mir, wie mir das Deutsche entgleitet, mein Wortschatz wird kleiner und immer öfter weiß ich nicht mehr, wie man diese oder jenes “richtig” sagt; ich mochte früher so gerne altmodische Worte in verschlungene Sätze flechten und es gelingt mir immer weniger, ich fürchte, meine Sprache wird prosaisch.

Wusste ich von Walser und Roth immerhin das eine oder andere (mehr von Roth zugegeben), Rainer Brambach kannte ich gar nicht. Seine Gedichte klingen frech und jung, dabei wäre er auch schon ein über Hundertjähriger, wenn er noch leben würde.

Und Monsieur hört und sieht Barbara. Gibt es noch bis zum 28. März auf arte. Einen guten Sonntag gehabt zu haben, wünsche ich Ihnen. Bleiben sie gesund!


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Corona Tagebuch Tag 5.1

Hier kommen jetzt die Türen aus meiner unmittelbaren Umgebung.

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Corona Tagebuch Tag 5

Man will es ja nicht glauben, aber in Deutschland hat das Hamstern von Klopapier noch nicht aufgehört. Da ruft man sich schon gegenseitig an, um zu sagen, man habe aus sicherer Quelle gehört, beim Aldi sei wieder Klopapier angeliefert worden. Aber dann ist es doch schon wieder aus. Bitte seien Sie solidarisch! Ein Paket pro Haushalt! Ich möchte in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, dass es Kulturen gibt, da geht es ganz ohne Papier! Igitt, sagen Sie vielleicht. Igitt, sagen diese Menschen ebenfalls, wenn sie an unsere Art Exkremente abzuwischen denken. So unsauber. Nur Wasser reinigt wirklich. In Japan gibt es schon diese hochkomplizierten Toiletten mit körperwarmen Duschstrahl, das ist der neueste Hype in der Sanitärbranche, ich sags Ihnen!

Hier noch ein reizender Selbstversuch einer Deutschen in Japan. Ich frage mich zwar, was sie die sieben Tage vorher gemacht hat, ging sie da nicht aufs Klo? Und ganz blickt sie es auch heute nicht, trotz der englischen Beschriftung. Amüsant ist es trotzdem.

Geht aber auch billiger. Denn ja, es gibt Kulturelle Unterschiede auf dem stillen Örtchen und die Frage, ob Klopapier abgeschafft werden soll, stellt sich auch. Und falls Sie sich wie die junge Dame auf dem Japanischen High-Tech Klo gefragt haben, was ist eigentlich ein Bidet, kommt hier ein hilfreicher Beitrag von Arte Karambolage. Bidets gibts in Frankreich nämlich immer noch und die jüngere “ich-dusche-täglich”-Generation weiß nicht mehr, dass man damit früher Intimhygiene und die Damen vor allem Scheidenspülungen gemacht haben, um nicht schwanger zu werden. “Is it to wash the Baby in?” soll ein Engländer in einem französischen Badezimmer vor dem Bidet stehend gefragt haben. “No, it’s to wash the Baby OUT” lautete die französische Antwort. Haha. (habs leider außerhalb FBs nur in Französischer Sprache gefunden)

Sie können nicht sagen, dass Sie hier nichts lernen.

Zurück zum Virus. Er/es kommt näher. In unserer Familie ist er jetzt auch angekommen, nicht hier im Haus, aber Monsieurs Sohn hat ihn und hohes Fieber und Husten, und sein Lebensgefährte wartet darauf, dass es auch bei ihm losgeht. Gesunde junge Männer, sie bleiben jetzt zwei Wochen zu Hause, wir machen uns um ihre Gesundheit nicht wirklich Sorgen, aber man bleibt auch als junger Mensch nicht verschont. Bei Eva H. habe ich dieses Physik-Video gefunden, das zeigt, wie sich beim Husten die Atemwellen mit und ohne Maske ausbreiten. Bitte halten Sie Abstand!

In Nizza, wo der Bürgermeister den Virus nun auch hat (wir berichteten) gibt es jetzt die verstärkte Ausgangssperre, nach dem confinement folgt jetzt das nächtliche couvre-feu (das ich so nur aus Kriegsfilmen kenne, nach 20 Uhr darf niemand raus!) das verhindern soll, dass weiterhin Parties gefeiert werden. Wir lernen neue Vokabeln. Im Deutschen heißt beides nur Ausgangssperre.

In Cannes wurde in einem Saal des Palais des Festivals jetzt ein zusätzliches vorübergehendes Heim für Obdachlose eingerichtet, ein anderer Saal wird als Lazarett vorbereitet für den Fall dass … “On s’adapte”, sagte der Bürgermeister, wir passen uns (an die jeweilige Situation) an. Ich finde den Bürgermeister gerade erfrischend pragmatisch. Das Filmfestival wurde jetzt offiziell abgesagt, man spricht noch von Verschieben, bislang drang das alles nur halb offiziell durch.

Es gibt kein neues Video von Herrn Bonelli, Wochenende auch für den Psychiater, dafür gerne diesen Podcast des Deutschlandfunks von gestern, möglicherweise was die Corona Situation angeht schon wieder veraltet, aber es ist voller positiver Impulse und ich mochte besonders das Interview mit der Buchhändlerin in Köln Nippes, die alles versucht, um mit den Kunden und Nachbarn in einem mehr als geschäftlichen Kontakt zu bleiben.

Anderer positiver Text, der gerade kursiert, von Zukunftsforscher Mathias Horx, Die Welt nach Corona.

Croco schreibt auch ein Corona-Tagebuch. Sehr zu empfehlen. Ich forste bei Gelegenheit mal die anderen Blogs durch, Sie können sich aber auch gern hier melden, wenn Sie einen angenehm zu lesenden (informativ, freundlich, positiv) Blog schreiben oder kennen. Danke Ihnen!

Aus unserem Alltag: Der Enkel war gestern unterwegs und wurde von der Polizei verwarnt (zu weit weg von seinem Wohnort); der Schwiegersohn, ein leidenschaftlicher Marathonläufer ist frustriert über den einen Kilometer Auslauf, den man ihm zusteht. Vierzig mal dieselbe Runde ist fad. Monsieur hat aus dem Keller das alte Rudergerät hochgeholt und säubert und ölt es. Wenn schon nicht Laufen im Meer, dann eben Rudern im Hinterhof. Ich wollte gestern nur schnell an den Briefkasten, aber der ist “momentanément indisponible”.

Daher bin ich heute früh mit Ausgangsschein die 500 Meter bis zur kleinen Bar Tabac, die gleichzeitig Poststelle ist, gelaufen. Ich finde, es sind doch ganz schön viele Autos unterwegs, aber immerhin kann ich noch mitten auf der Straße stehend die Türen fotografieren.  

Daraus mache ich Ihnen aber einen neuen Eintrag. Themenspaziergänge. Ich verweise da gerne noch einmal auf die Spaziergänge, die ich, lang ists her, in Cannes gemacht hatte. Am Ende der Ausgangssperre ist mir nichts mehr fremd in meinem Viertel :)

Bis später! Bleiben Sie zu Hause und vor allem gesund!


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Corona Tagebuch Tag 4

Gestern kam die Post der letzten Woche(n) auf einen Schlag, darunter schöne Hefte, ein Buch und viel offizielle Post verschiedener Abteilungen des Finanzamtes. Ich war so viel Nähe zum Finanzamt in Deutschland, wo einem alle Sozialabgaben schon beim Gehalt abgezogen werden, nicht gewohnt. In Frankreich gab es eine Reform, die nun vorsieht, dass es (ähnlich) wie in Deutschland sein soll. Bis es funktioniert ist es aber vermutlich noch ein langer Weg. Ich bin immer ein schwieriger Sonderfall mit meinen Einkünften aus Deutschland, und zusätzlich auch noch “Künstlerin”. Bis vor kurzem gehörte ich der französischen Künstlersozialkasse AGESSA an, die nun aber in die allgemeine Sozialversicherung URSSAF aufgegangen ist. Waren die Ansprechpartner bei der AGESSA reizend und kompetent, sind es die Menschen bei der URSSAF, die allgemein gefürchtet wird, nun nicht mehr. Um dort nun meine Sozialabgaben zahlen zu dürfen (!) muss ich zunächst eine Micro-Entreprise gründen, und schon werde ich von einer neuen Stelle des Finanzamts angeschrieben, ich möge bitte angeben, wieviele Quadratmeter mein Arbeitsort “zu Hause” habe. Mein PC auf einem vollgestopften Esstisch und mein Kopf, das macht wieviel Quadratmeter?

Homeoffice

Egal, was ich angebe, ich werde von nun an auch dafür (zusätzlich) besteuert. Sage ich “Null Quadratmeter”, weil ich eine “intellektuelle” und “dématerialisierte” Tätigkeit ausübe, werde ich zukünftig prozentual vom Einkommen besteuert. Alle sehr tricky, ich versuche also eine Organisation zu kontaktieren, die mir hoffentlich sagen kann, wie ich das Problem am besten löse. Diese Centres agrées  sind eine französische Besonderheit und eine zusätzliche Institution zwischen Buchhaltung und Finanzamt, für mich alles immer schwer zu verstehen und ich mache bislang nicht mal Buchhaltung, geschweige denn habe ich jemanden, der das für mich macht. Egal, ich rufe dort an und versuche meinen Fall zu erklären. Ich bin noch im Nachthemd, das sieht die Dame nicht, aber während ich spreche, sucht Pepita ihr Katzenklo auf und scharrt wie eine Wahnsinnige, kackt und scharrt erneut. Ich kann mich vor lauter Scham über das Geräusch und die nachfolgende Geruchsbelästigung kaum auf die Informationen konzentrieren. Homeoffice, sage ich nur. Ist für mich zwar nichts Neues, aber manchmal ist es peinlich, auch wenn die Waschmaschine unvermutet schleudert und piepst. Sie erinnern sich an den Journalisten Robert Kelly, der von zu Hause aus der BBC über die politische Lage in Nord- und Südkorea berichtete?

Es gibt bei mir im Anschluss dieses Videos übrigens eines von Ellen de Generes, auch sehr witzig, sie glaubt zu sehen, dass die Frau des Journalisten mit offener Hose ins Büro rannte, so als käme sie gerade hektisch vom Klo (sie sagt natürlich nicht Klo, sondern höflich “bathroom”). Man kann nicht mal aufs Klo gehen, ohne dass die Kids in dieser Zeit Unsinn machen. Haha. Der Journalist und seine Familie wurden innerhalb kürzester Zeit berühmt, so dass man sie kurz darauf als komplette Familie vorstellte. Befragt, was die Gattin gemacht habe in der Zeit, in der die Kids das Büro eroberten, ist sie kurz verlegen, vielleicht war sie wirklich auf dem Klo. Sie antwortet jedoch, sie habe im Nebenraum das Live Interview im Fernsehen angesehen und sozusagen im Fernsehen entdeckt, dass die Kinder gerade das Büro ihres Mannes enterten. Robert Kelly gibt übrigens zu, dass er nicht aufstehen konnte, weil er obenrum zwar Hemd und Krawatte trug, unten aber bereits seine Pyjamahose, weil das Interview (für koreanische Zeit) spät abends stattfand. Homeoffice eben. Vielleicht sollten wir zukünftig unsere jeweiligen Businesses viel weniger cool und smart machen, sondern menschlicher. Es kann sich gerade so viel ändern, warum nicht auch das?

Monsieur lechzt nach Ausgang, füllt sich seine Attestation de déplacement aus und geht einkaufen: Brot beim Bäcker und, um es etwas auszudehnen, geht er noch in den kleinen Lebensmittelladen, schon wegen des Rosé. Derzeit wird hier ein Rosé aus dem Var bevorzugt. Rosé aus dem Luberon ist im eingeschränkten Angebot des Lädchens nicht vorhanden. Er ist schneller zurück als erwartet und erzählt nichts von seinem spannenden Ausflug, Herrgott! Aber immerhin weiß er, Prinz Albert aus Monaco, Sie wissen schon, der Sohn von Rainier und Grace, der blasse Bruder von Caroline und der rundliche Gatte der schmallippigen Charlene, er hat heute Geburtstag, wir gratulieren!, aber viel schlimmer, er hat den Virus!!! Und das bringt das Fürstentum nebenan zum Klagen! “Er hatte enge Kontakte zu anderen Top-Royals!” klagt auch diese Gazette hier in ihrer Eilmeldung. Die Titelzeile ist auch wunderschön: “Coronavirus erreicht europäischen Adel” und “erster positiver Test in prominentem Königshaus” (sic!). Der Fürst macht jetzt auch Homeoffice in seinem Schloss und wird ärztlich überwacht. “Ärzte und Spezialisten im Princess Grace Hospital Center haben ein Auge auf den Gesundheitszustand des Fürsten, heißt es vom Palast.” Wir müssen uns also keine Sorgen machen. In Monaco herrscht nun auch Ausgangssperre. Aber Sie sehen, der Virus ist gnadenlos und macht auch vor dem Hochadel nicht Halt. ps: der Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi hat das Virus auch! Diese Herren schütteln eben einfach zu viele Hände!

Hier die tägliche Dosis Psychotherapie aus Wien. Die sind uns dort einen Tag voraus mit der Ausgangssperre. Unter anderem wird Lesen empfohlen. Stefan Zweig schlägt Herr Bonelli vor. Die Schachnovelle fällt mir ein. Wie dankbar war der in einem Zimmer eingesperrte Held über das einzige Büchlein, dem er eines Tages habhaft werden konnte, bedauerlicherweise nur ein Schachbuch. Ok, es gibt noch andere Tipps :D

https://www.youtube.com/watch?v=CWOORYa4JxQ

Ich bekam von einer Leserin (huhu Uschi!) den Hinweis auf die Kunsthalle Mannheim, die unter dem Hashtag #kumachallenge klitzekleine Museumsführungen macht und jeden Tag ein anderes Kunstwerk vorstellt. Toll! Allerdings nur über Facebook oder Instagram anzusehen, auf der Homepage des Museums gibt es leider keine Museumsführung. Ich kam auch mit den von mir gestern angegebenen online-Museumstipps nicht wirklich weit. Kompliziert!

In der gestrigen Post war nicht nur die Riviera Zeit sondern auch das neue Frankreichmagazin mit dem “Special” Provence und Côte d’Azur. Was für ein schönes Heft! Ich bin wirklich glücklich, für dieses Heft jetzt Kolumnen schreiben zu dürfen. Schöne Alternative, wenn Sie nicht reisen können!

Noch ein bisschen Frankreich für zuhause gibt es bei Frankreich Webazine, dort können Sie zum Beispiel Ihr Französisch etwas aufpolieren (leider ohne Aussprachehilfe), für den Tag, an dem Sie endlich wieder dorthin reisen dürfen, und wie immer bei Hilke Maunder.

Ich mach mal Schluss für heute, damit ich noch zu etwas anderem komme. Das Schwierige im Homeoffice ist ja, wie man sich organisiert … hier ein netter Beitrag dazu!  Bis morgen, bleiben Sie schön zuhause und vor allem gesund!

oh mon Dieu und jetzt stürzt laufend das Internet ab … beten wir alle zusammen zum Internetgott, dass er es uns erhalte in diesen schwierigen Zeiten!

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Corona Tagebuch Tag 3

Heute morgen suchte Monsieur unsere Hausärztin auf, damit Sie ihm einen “Passierschein” fürs Meer ausstellen möge, damit er dort seine Venenerkrankung durch Wassertreten behandeln kann, wie alle Zeit. Strand und Meer gehören nämlich nicht zu unserem Ausgangssektor. Mit dem “Passierschein” und dem anderen Dokument bewaffnet und einem Handtuch unterm Arm zieht er glückselig von dannen.

Ich laufe vom Haus aus zum Naturpark, der zumindest zu Teilen gerade noch zu unserem Sektor gehört; Monsieurs Tochter, die eine große Tour laufen wollte, wurde von der Polizei aufgehalten, kontrolliert und zurückgeschickt. Ich lief nur ein Ründchen und das war zumindest heute noch erlaubt. Unser Bürgermeister läuft selbst Marathon und hat in ganz Cannes Laufpfade eingerichtet, ich war ihm dafür heute wirklich dankbar. Ich laufe nicht in dem Sinn, ich marschiere dynamisch, könnte man sagen und eigentlich tue ich es nicht so wahnsinnig gerne, die Knie und das Übergewicht bremsen meinen Bewegungsdrang erheblich. Aber seit Januar marschiere ich wenigstens einmal die Woche und heute hat es mich wirklich beglückt. Die Möglichkeit, dass es morgen schon nicht mehr möglich sein kann, ließen mich Sonne, Wind, das Grün und den Blick aufs Meer umso mehr genießen.

Heute hatte ich zum ersten Mal auch Lust weiter zu laufen als die kleine Runde. Hey, wir machen Fortschritte! Auf dem Rückweg pflückte ich ein paar Blumen, es wachsen so viele wilde Freesien, es ist eine Freude!

Der Gatte kommt beglückt vom Meer, aber es war das letzte Mal, seit heute Mittag ist der Zugang zum Meer untersagt, es gab zu viele Menschen, die sich dort vergnügten. Und wir haben ja keine Ferien sondern Ausgangssperre. Im Naturschutzpark liefen auch allerhand Menschen herum, mit Hund und ohne, Hundeausführen könnte gerade das einzig lukrative Geschäft sein, ich leih dir meinen Hund, so könnten auch Drogendealer noch arbeiten, denn deren Geschäft geht, ähnlich wie das der Prostituierten, gerade gegen Null. Tut mir leid, das ist die Krimischriftstellerin in mir, die immer auch die weniger legalen Tätigkeiten mitdenkt. Einbruch wird auch gegen Null gehen, sind ja alle zuhause. Vermutlich wird es viel Totschlag im Affekt geben in den nächsten Monaten, denn das Laufen im Naturpark wird demnächst auch untersagt, so geht zumindest das Gerücht, und wohin soll man dann hin mit seinen Aggressionen gegen den Ehepartner, der einen am dritten Tag der Ausgangssperre schon nervt bis zum Anschlag? Nein, nicht bei uns, alles friedlich hier, aber in China soll es nach der Aufhebung der Ausgangssperre einen Run auf Scheidungsanwälte gegeben haben. 

Heute möchte ich Ihnen ein paar Links geben, mit denen Sie sich vielleicht beschäftigen können oder möchten in Ihrer vielen freien Zeit zuhause. Ich weiß, es gibt nicht nur Menschen, die nicht wissen, wie sie die Einsamkeit und die Zeit alleine zuhause herumkriegen, sondern auch solche, die Homeoffice machen sollen mit zwei quengeligen Kleinkindern oder zwei energiestrotzenden Teenagern (wir haben zwei über uns wohnen, ich bin indirekt betroffen) oder auch drei und vielleicht reicht auch ein gelangweiltes Kind schon, und all das auf ein paar wenigen Quadratmetern ohne Balkon. Ich bin zwar in Cannes aber nicht aus der Welt, ich weiß, wie Menschen wohnen können. In Frankreich sind die Wohnungen in der Regel kleiner als in Deutschland, Touristen spotten in der Regel, dass man das Hotelzimmer um das Bett gebaut hat, so klein ist es. Hier werden auch Räume unter den 9 Quadratmetern, die offiziell ein Zimmer ausmachen, als “Wohnung” vermietet und das Klo ist auf dem Gang. Gibts alles noch. Anyway, darum geht es gar nicht, ich will sagen, ich bin mir bewusst, dass nicht alle mein “Betreuungsprogramm” brauchen, aber vielleicht kann der oder die eine oder andere etwas damit anfangen.

Mir wurde von einer Leserin (merci Beate!) dieser Hinweis auf Raphael Bonelli, einen Wiener Psychiater gegeben, der bisher zumindest, jeden Tag ein Video veröffentlicht zur Corona-Lage. Ich mag den sehr, aber ich habe auch eine Schwäche für das Wienerische und diese leise Ironie und ich habe einen Hang zu Sinnfragen, daher also bitte, ich weiß nicht, ob Sie sich mit ihm anfreunden können, ich gebe Ihnen hier mal ein Video, nicht das erste, weil das fast eine Stunde dauert und dadurch eher abschreckt.

https://www.youtube.com/watch?v=WxgvRsmFX70

So, ein paar andere Hör-Tipps, jenseits von Panik und Sinnhaftigkeit, einfach nur Hörspiele gibts zum Beispiel beim Deutschlandfunk oder beim WDR . Die Berliner Philharmoniker geben demnächst kostenlose Konzerte per Internet hör- und vielleicht auch sichtbar, man muss nur bis Ende März einen Gutschein einlösen. Die Oper in Paris bietet Livestreams ihrer Opern an, aber leider nur in Frankreich abzurufen und die MET in New York soll das ebenso und sogar weltweit abrufbar anbieten, ich hab den richtigen Link zwar nicht gefunden, aber die Info gebe ich gern weiter. Im Louvre und vielen anderen Museen soll man nun auch virtuell herumlaufen können, ich schau mir das gleich noch genauer an.

So viel für heute! Bleiben Sie weiterhin zu Hause und außerdem gesund!

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Corona Tagebuch Tag 2

Es ist Mittwoch, aber es fühlt sich an wie Sonntag. So still draußen, kaum Autos. Um halb Elf bin ich daher immer noch im Nachthemd und verstehe jetzt den Satz, der durch die Medien gerufen wird, man könne im Pyjama die Welt retten. Monsieur würde gerne an den Strand, ich drucke ihm das Dokument aus, das auch Sport machen oder Hunde ausführen vorsieht, jedoch alleine.

Er kann an den Strand gehen, danach gehe ich. Zusammen dürfen wir es nicht. Und wir dürfen uns auch nicht “zufällig” am Strand treffen und dann dort zusammen sein. Und ja, das wird kontrolliert. Alleine aber hat Monsieur keine Lust, er leistet daher dem Handwerker, der jetzt hörbar im Keller schabt, von Weitem zumindest, Gesellschaft. Ich bin ja gern alleine, aber die geselligen Südfranzosen haben es schwer damit. Um das Sonntagsgefühl etwas zu verscheuchen, werfe ich eine Maschine Wäsche an. Die Teenager donnern schwungvoll durch die Wohnung über uns, man hört es auch viel mehr, wenn der Straßenlärm so minimiert ist.

Gestern haben wir erfahren, dass die jüngste Schwester meiner Schwiegermutter verstorben ist. Nein, kein Corona-Fall, einfach so, weil ihre Zeit gekommen war, insofern kann sie beerdigt werden, aber nur die allerengste Familie darf, mit Abstand etc.pp. daran teilnehmen. Nicht mal alle drei Kinder dürfen dabei sein. Es wird noch immer viel hin- und hertelefoniert. Auch Freunde rufen an, die eine halb demente Mutter zu betreuen haben. Nicht einfach alles.

Wir essen, machen danach eine Sieste. Monsieur spielt Bridge mit oder gegen seinem PC. Pepita schläft. Nachmittags kommt wieder mehr Autoverkehr auf, aber immer noch ist es viel stiller als sonst und wenn ich die Fenster öffne, höre ich Vögel zwitschern! Am hellichten Tag!

Ich bin ziemlich unproduktiv, hänge nur viel im Internet, klicke hier und lese da, ich würde gerne etwas Positives, Helfendes und Verständliches zum Corona-Virus posten, das Beste, was mir heute unter die Augen gekommen ist, ist (via Claus Ast, der die Bildchen darin zeichnete) das Video von Gert Scobel. Er ist ein bisschen anstrengend, finde ich, aber seriös. Bitte glauben Sie nicht schnell und unkritisch alles, was im Netz steht und nicht alle Verschwörungstheorien, die kursieren, ich will sie hier gar nicht aufzählen. Ich glaube, es ist mit diesem Virus ein bisschen so wie mit der Aids-Erkrankung, die, als sie begann, schrecklich viele Menschenleben forderte. Für mich blieb es lange abstrakt und unwirklich, weil ich in meiner kleinen Welt niemanden kannte, der mit dem Virus infiziert war. Es bedeutete aber nicht, dass der Virus nicht existierte und die vielen Menschen, die “positiv” getestet waren, zur Anfangszeit zumindest, rasend schnell und elend starben, und auch wenn es überwiegend Homosexuelle und Drogenabhängige betraf, so gab es auch Opfer unter Heterosexuellen.

Ja, es sind bislang weltweit “nur” ein paar tausend Menschen an dem Corona Virus gestorben (mehr als 3000 in China, mehr als 2000 in Italien, auf die anderen Länder wird das richtige “Hoch” der Epidemie noch zukommen). Deswegen machen wir so eine Katastrophe daraus? Die aktuelle Maßnahme, zu Hause zu bleiben, dient vor allem dazu, das Gesundheitssystem nicht zum Kollabieren zu bringen. Ich versuchte es gestern schon zu erklären. Wenn zeitgleich zu viele Menschen auf die Intensivstation müssen und jeden Tag neue Infizierte nachkommen, die anderen aber noch immer auf der Intensivstation liegen, ja was dann? Lassen wir sie halt sterben? Tatsächlich treffen italienische Ärzte jetzt solche Entscheidungen. So lange es uns nicht betrifft, ist es uns wurscht? Ich möchte die sehen, denen es heute wurscht ist, wenn die morgen auf einer Liege im Flur eines Krankenhauses nur notdürftig versorgt werden können. Wenn wir in unserem Umfeld keine(n) Arzt/Ärztin oder eine Krankenschwester/Krankenpfleger oder alle, die im medizinischen Bereich arbeiten, haben, der/die erschöpft und unter Einsatz seiner/ihrer eigenen Gesundheit “beweist”, dass Notstand ist, dann glauben wir es nicht. Die Situation in Italien ist nicht ausgedacht. Die italienischen Ärzte sind am Ende Ihrer Kraft und Ihres Materials, es gibt einen Aufruf von Ärzte ohne Grenzen nach europäischer Hilfe. Ich weiß nicht, ob es etwas bringt, wenn ich das hier veröffentliche, aber ich würde mir wünschen, dass Europa und europäische Ärzte zusammenarbeiten würde, und sich gegenseitig helfen.

So, ich war Brot kaufen und noch trois bricoles, ein paar Kleinigkeiten, im kleinen Lebensmittelladen im Viertel. In der Boulangerie war es wie gestern. Leergekauft der Laden und erschöpft die beiden Frauen, die dort arbeiten. Es gibt jetzt einen Plastikschutz hinter der Kasse, damit man die Dame nicht anspuckt vermutlich. Im kleinen Lebensmittelladen ist der Besitzer ähnlich erschöpft. Sie haben wie verrückt gearbeitet die letzten beiden Tage, erzählt er, die Regale sind teilweise leer (abgepacktes Fleisch, Schinken und Wurst), aber sonst ist alles noch da, vor allem Rosé, wegen dem ich den Weg dorthin gemacht habe. Monsieur fand, die Situation erfordere doch ein Glas Wein am Abend. Ich hatte vorher die Nachbarn gefragt, ob ich ihnen Brot mitbringen solle, aber sie wollten auf ihren täglichen Ausflug nicht verzichten.

Ich denke, ich mache aus dem täglichen Weg jetzt einen Themenspaziergang. Heute nur mal die leeren Straßen. Das Besondere ist, dass ich mich in die Mitte der Straße stellen konnte, um sie aufzunehmen. Undenkbar vorher, die Avenue de Grasse ist die Alternativroute zur Autobahn, seitdem der Boulevard Carnot verkehrsberuhigt ist, fahren alle hier durch. Auch Lkw’s. Es ist ein unablässiger Autostrom. Normalerweise.

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Corona Tagebuch Tag 1

Es wird langsam ruhiger. Nur noch vereinzelt fahren Autos und Motorräder, alle zehn Minuten ein Bus, die sonst stark befahrene Avenue de Grasse entlang. Seit 12 Uhr mittags gilt die Ausgangssperre, wer jetzt noch unterwegs ist, muss mit einem ausgefüllten Dokument nachweisen, warum : Arztbesuch, Einkauf, Arbeit. Sogar Sport darf man derzeit noch draußen machen, aber nur einzeln. Hat man dieses Dokument nicht bei sich, kann man, im Falle einer Kontrolle, zu einer Geldstrafe verdonnert werden. Ich bekam diese Mitteilung gestern Abend von der Regierung aufs Handy geschickt.

Das Dokument kann man auf www.gouvernement.fr herunterladen, immer vorausgesetzt, dass man Internet, PC und funktionierenden Drucker hat (man kann den Text auch mit Hand abschreiben, wurde gerade gesagt, aber man braucht für jedes Außer-Haus-Sein erneut einen Schein! Das wird, zugegeben, etwas lästig, wenn Sie Ihren Hund fünfmal am Tag ausführen). Es gibt Kontrollen, hat mir die Nachbarin von oben gerade bestätigt, die vom späten Einkaufen (mit Schein) zurück kam und mir eine Tüte mit Lebensmitteln vor die Tür gestellt hat.

Das ist genau das, was die Menschen in Macrons Rede nicht verstanden haben. Man soll sich um seine Nachbarn, nicht aber um seine Familie kümmern? Hä? Also in unserem Fall sind wir Nachbarn und Familie, aber in der Regel wohnt man eben häufiger mit “Nachbarn” und nicht immer mit Familie zusammen. Insofern ist Hilfe und Solidarität, immer mit ausreichendem Sicherheitsabstand versteht sich, durchaus gewünscht und machbar, mit dem Nachbar und natürlich auch mit der Nachbarin. Heute morgen hatte die Nachbarin es schon einmal versucht, ergebnislos kam sie zurück, zu viele Menschen, zu viel Hektik im Supermarkt. Heute Morgen war es überall extrem hektisch. Monsieurs Zahnärztin bestellte Monsieur kurzfristig ein, weil sie, da ohne Masken, nicht mehr weiterarbeiten wird. Monsieur war ihr letzter Patient für eine ungewisse Zeit. Ich fuhr mit Pepita zum Tierarzt, einen Termin, den ich immerhin gestern schon ausgemacht hatte, da sie sich am Sonntag sämtliches Fell von ihrem so wuscheligen Bauch, den Sie neulich noch bewundern konnten, geleckt hat. Wir kamen von unserem Wahltag in den Bergen nach Hause und sie war total kahl und hatte sich auch ihren Popo nackt- und wundgeleckt. Wir warteten also mit großem Sicherheitsabstand vor der Tierarztpraxis mit anderen Hunden und Katzen und ihren BesitzerInnen und nervösen TierfutterkäuferInnen. Pepita bekam zwei Piekser und ein paar Kapseln für zuhause und jetzt ist sie wieder ruhiger und hat aufgehört sich wie besessen abzulecken. Auf der Rückfahrt machte ich beim Metzger Halt, der gerade mit einem halben Rind beliefert wurde, ich kaufte ein gegrilltes Hähnchen für mittags und ein bisschen Fleisch und Schinken.

In der Apotheke holte ich mein Medikament ab, sah jedoch davon ab frisches Brot zu holen, es war katastrophal voll in und vor der Bäckerei. Jetzt werden wir und wird alles ruhiger. Unten schabt und kratzt ein Bauarbeiter sehr allein in einem Kellerraum Estrich an die Wände. Eine Baustelle, die gestern begonnen wurde und auch beendet wird.

 Wir sind uns bewusst, dass wir in einer sehr privilegierten Lage sind. Zwei Menschen und eine Katze in einer großen Wohnung mit Hinterhof und kleinem Vorgarten, den wir erstmals nutzen können, weil die Autos nicht mehr unablässig daran vorbeirauschen; wir verstehen uns gut, haben ausreichend Geld, auch wenn viele Mieter jetzt ihre Miete nicht zahlen werden, werden wir es hinkriegen. Wir haben Bücher und Filme und uns immer noch genug zu sagen. Wir haben es warm, haben Wasser und Strom und Fernsehen und Internet, auch wenn das Internet mit zwei zusätzlichen Homeofficern und zwei Homeschooling machenden Teenagern schwächelt. Der Kühlschrank ist voll. Es geht uns gut. Unsere Freitags-Nathalie wohnt mit Tochter, Schwiegersohn, drei kleinen Kindern und einem Hund auf dreißig Quadratmetern. Andere leben in weniger harmonischen Beziehungen und Familien zusammen. Andere sind alleine und halten es schlecht zuhause aus. Aber trotzdem machen wir das jetzt alle: wir bleiben zuhause, weil es die einzige Möglichkeit ist, die ansteigende Kranken-Kurve abzuflachen. Es geht nicht darum, ob Sie sich gesund und unbesiegbar fühlen und keinen Kranken kennen, oder dass auf einmal 50% Prozent der Bevölkerung krank werden, es geht darum, diesen Virus, den wir vermutlich alle irgendwann haben werden, nicht spazierentragen zu unseren Eltern, Großeltern und Kranken. Wir haben derzeit vier Menschen mit einer Krebserkrankung in unserem Bekanntenkreis. Das sind keine alten und gebrechlichen Menschen, es sind Menschen im mittleren Alter, sie sind Eltern und vielleicht schon Großeltern, Partner und Freunde, sie können gesund werden, wenn ihnen nicht dieser blöde Virus dazwischen kommt. Das Problem ist, dass an diesem Virus zu viele Menschen zeitgleich sehr krank werden und es nicht genügend Betten auf den Intensivstationen gibt, nicht genügend Beatmungsgeräte und nicht genug die Ärzte und das Personal schützendes Material. In Italien stehen die Krankenwagen vor den Krankenhäusern Schlange wie Taxen vor dem Bahnhof und es gibt keine Betten für die Kranken. Wenn Sie ein freies Bett haben und ein Beatmungsgerät und zeitgleich zehn verzweifelt nach Luft japsende Kranke, wem geben Sie es? Und am nächsten Tag gibt es zehn neue Erkrankte und am übernächsten Tag noch einmal fünzehn neue Erkrankte und so fort, und die anderen Kranken liegen immer noch auf der Intensivstation. Vielleicht ist die Situation in deutschen Krankenhäusern besser, ich wünsche es Ihnen, aber wir können helfen, die Kurve der mit dem Virus Infizierten Schwerkranken abzuflachen, indem wir einfach zu Hause bleiben. Niemand will, dass Sie in den Krieg ziehen. Sie sollen nur zu Hause bleiben. Das kann man schon mal machen, oder? Und das ohne zu jammern und ohne zu schimpfen, ob die Maßnahmen zu spät kommen, wer Schuld hat, welcher unfähige Politiker sowieso zurücktreten sollte undsoweiter. Es gibt eine Krise und es gibt ein danach, sagten die Ärzte gestern einhellig. Wir streiten uns jetzt nicht herum, wir helfen und machen, was möglich ist! Danach kann man analysieren und das zusammengesparte Gesundheitssystem hoffentlich umstrukturieren. Macron sagte so etwas neulich. Ich hoffe, er denkt nach der Krise auch noch so.

Ich bin gelassen. Es ist mein Wort für das Jahr und hatte ich lange auch Zweifel, ob es nicht zu groß ist, ob ich nicht ein bescheideneres Wort hätte wählen sollte, bin ich heute überzeugt, dass es das richtige Wort für mich ist. Das bedeutet nicht, dass ich nicht wüsste, wie sich Angst anfühlt. Ich kenne dieses flatterig-zitterige Gefühl, das mir in der Regel den Nacken hochkriecht und mich von innen ausfüllt, das mich hilflos macht und unfähig, angemessen zu reagieren. Ich werde gelähmt wie das Kaninchen vor der Schlange. Ich kenne Angst gut. Ich weiß aber auch, wie ich sie banne. Ich entscheide, dass ich mir dramatische Nachrichten nicht ungebremst antue. Ich beschäftige mich mit anderem. Ich sehe einen Film, lege ein Puzzle, höre Musik oder ein beruhigendes Audio oder eine Entspannungs-CD, streichle die Katze, spazierengehen hilft auch, aber das ist ja jetzt nur eingeschränkt möglich. Am besten hilft mir, wenn ich meine Ängste und Gedanken, die unablässig rattern, aufschreibe und sie mir anschaue. Es sind nur Gedanken, aber ich bin nicht meine Gedanken. Ich kann auch etwas anderes denken! Das weiß ich, seit ich meine(n) französische(n) Lieblings-Coach Clotilde Dusolier höre, sie hat einen wunderbaren Podcast, den ich Ihnen ans Herz legen möchte, er ist in französischer Sprache, das ist sein einziger Nachteil. (Vielleicht kennt jemand einen guten hilfreichen Podcast oder Videos in deutscher Sprache, ich sammle das gerne hier.) Clotilde hat kürzlich einen kleines Video “Wie man die Gelassenheit in Zeiten von Corona wiederfindet” verfasst. Und man kann ein kleines Büchlein herunterladen “le guide pratique de la sérénité”, und damit konkret an seinen Ängsten und Sorgen arbeiten. Mir hilft das. Es ist das Beste, was ich Ihnen derzeit mitgeben kann.

Abgesehen von den sangesfreudigen Italienern, die sich überall im Land um 18 Uhr zum Singen auf den Balkons und an den Fenstern verabreden. Das haben Sie sicher schon gesehen. Nett oder?

Bleiben Sie ruhig, es gibt keinen Grund zur Panik, es gibt genug zu Essen, alles ist da und es gibt Lieferdienste. Bei Hilke Maunder finden Sie noch einmal alles ganz konkret zu Corona in Frankreich. Bleiben Sie zuhause und vor allem bleiben Sie gesund!


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Ausgangssperre – le confinement

Voilà, es ist soweit. Gerade hat Präsident Macron eine Ausgangssperre angeordnet. Ab morgen 12 Uhr mittags. Wir haben es schon erwartet, Italien ist schon lange soweit und auch Spanien hat sie am Wochenende angeordnet. Für erste vierzehn Tage, heißt es. Aber es ist uns allen klar, es wird länger dauern. Und die Ausgangssperre wird nach Bedarf angepasst. Denn zur Zeit darf man noch einkaufen, sogar Joggen ist nicht wirklich verboten, allerdings alleine, aber Macron appelliert an unser Verantwortungsbewusstsein und unsrere Solidarität mit den anderen (den Virus nicht unbewusst weiterzugeben) und sich nicht mit Freunden und Familie zu treffen, und nicht, so wie gestern geschehen, in geselligen Gruppen in Parks herumzusitzen oder am Fluss oder am Meer. Die Parks werden daher ab morgen geschlossen. Im Prinzip sollen wir zu Hause bleiben und nur unvermeidbare Ausgänge vornehmen. Ein Arztbesuch etwa oder der Kauf des Baguettes. Das sagt er tatsächlich. “Nous sommes en guerre” sagte er wiederholt, “une guerre sanitaire”, aber ein Krieg erfordere besondere Maßnahmen. So werden auch die Grenzen zu den anderen Ländern geschlossen. Franzosen, die aus dem Ausland zurückkommen wollen, können aber jederzeit kommen. Es ist eine lange Rede. Er bitte uns, nicht in Panik zu verfallen, keine hysterischen Hamsterkäufe zu machen, er bitte uns um Ruhe, Solidarität und Verantwortungsbewusstsein. Der zweite Wahlgang, der für nächsten Sonntag vorgesehen war, findet nicht statt, beziehungsweise wird dort, wo er nötig ist (in Cannes wurde David Lisnard mit 88% im ersten Wahlgang gewählt), bis auf weiteres verschoben.

Da sich das schon in den diversen Sendungen heute Abend ankündigte, war ich noch schnell in der Apotheke, um ein Medikament zu erstehen; dort hatte man die Regale umgestellt, um verschiedene Zonen zu schaffen und mit Klebeband Abstandslinien auf den Boden geklebt. Die Apothekerin war schon völlig erschöpft. Die Aggressivität der Menschen, sagte sie, sei kaum zu ertragen. In der Bäckerei gegenüber gleiches Szenario. Viele orangefarbene Streifen zeigen an, was ein Meter Abstand bedeutet. Zwei abgekämpfte Bäckereifachverkäuferinnen vor fast leeren Regalen.

Ärzte, die heute den ganzen Abend im Fernsehen zu Wort kamen, sind enttäuscht, ihnen geht dieses “lasche” Ausgangsverbot nicht weit genug. Sie sagen, wir sind mit der Epidemie nur acht Tage hinter Italien, wir hätten jetzt schon strengere Maßnahmen treffen können, um es gar nicht so weit kommen zu lassen. Sie erzählen von unhaltbaren Zuständen in den Krankenhäusern im Osten Frankreichs, das ist konkret das Elsass. Ein Arzt, der vergangene Nacht Dienst am Notfalltelefon hatte, sagte sichtlich erschöpft, “wir hatten 11.000 Anrufe für alles und nichts”. Er appelliert an die Vernunft der Franzosen, die Notfallnummer und den Notarzt nur wirklich im Falle eines Notfalls anzurufen und nicht weil man Bauchweh habe. “Reißen Sie sich zusammen”, sagt er nicht, aber er meint es. Ins Krankenhaus solle man erst gehen, wenn man hohes Fieber habe und Atemprobleme, vorher sei dort kein Platz für einen. Und dann auch nicht wirklich, so wie es scheint. Die Ärzte sagen ungern, dass sie eine Auswahl treffen müssen, wem sie ein Beatmungsgerät geben können und wen sie seinem Schicksal überlassen müssen. Das Militär wird von nun an, wie in einem Krieg, eingesetzt, um die Kranken in andere Krankenhäuser zu transportieren, wo die Kapazitäten noch nicht erschöpft sind.

Macron gab noch weitere Maßnahmen bekannt, damit die Menschen, die durch den Verdienstausfall in Not geraten, überleben können. Es wird Hilfen geben, Elektrizitätsrechnungen, Wasser- und Gaskosten sowie Mieten sollen gestundet werden und allerlei anderes. Das kann man im Einzelnen sicher morgen überall nachlesen.

In Deutschland schreibt sich seit ein paar Wochen der Journalist und Autor Christian Y. Schmidt in den sozialen Medien heiser; er lebt eigentlich in China. Er hat die Epidemie dort erlebt und findet, dass Deutschland gnadenlos hinterhertrödelt. Wenn Sie pertinente Zahlen und sehr konkrete Hinweise haben wollen, googeln Sie ihn auf Facebook. Ich kann ihn und das alles nur in kleinen Dosen vertragen, aber ich denke, eine gewisse Hellsichtigkeit sollten wir alle haben in diesen Tagen. So viel für eben. Aus unserem Quarantäne-Aufenthalt schreibe ich Ihnen die nächsten Tage. “Restez chez vous” haben heute Krankenschwestern und Ärzte in kleinen Videos auf FB oder wars Instagram? gefordert. Meint, “helft uns, indem ihr zuhause bleibt”. Helfen Sie den Ärzten und dem ganzen medizinischen Personal und bleiben Sie zuhause! Und vor allem: Bleiben Sie gesund!

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Je suis française oder Wahlen in Zeiten von Corona

Die Situation galoppiert hier davon. Sie wissen es sicher schon. Seit heute Nacht 00.00 Uhr sind alle Restaurants, Bars, Diskotheken und Läden, die nicht dringend geöffnet sein müssen, also alle, die nicht Lebensmittel verkaufen, in Frankreich geschlossen. Bäcker sind geöffnet, Metzger, der kleine Tante-Emma-Laden im Viertel und auch der Zigarettenkiosk (für einige ist das lebenswichtig, machen wir uns nichts vor) und die großen Supermärkte. Wie es mit den Lebensmittelmärkten aussieht, weiß ich nicht. Wir machten gestern dort einen Gemüsegroßeinkauf. Der kleine Fisch, ein loup de mer,war fast genauso teuer wie der Rest der Einkäufe. Aber ausgezeichnet. 

Apotheken sind ebenso weiterhin geöffnet und sie dürfen jetzt ihre eigenes Desinfektionsgel brauen und zu einem staatlich festgesetzten Preis verkaufen. Alles andere zu, geschlossen. Alle Einzelhandelsläden, seien es Optiker(in), Patissier(ière), Klamotten- und Schuhläden, Souvenirshops, Tättowierstudio, Buchhandlung oder Büroartikel und was es nicht alles gibt. Alles zu. Auch die Markt-Händler der typischen französischen Gemischtwarenmärkte, Straßenhändler, Künstler, professionelle Brocanteurs, also Leute die Flohmärkte und Antikmärkte machen, keine(r) darf arbeiten. Viele von ihnen, viele Einzelhändler und kleine Unternehmen werden das nicht überleben, fürchte ich. Ich bekam vor drei Tagen noch eine geradezu händeringende Mail meines Optikers, “zu kommen”, aber jetzt ist er zwangsläufig geschlossen. Die Tochter von Monsieur ist freie Dienstleisterin und wurde Freitag bereits von ihrer Firma “freigestellt”. Ihr zweites Standbein als Mitarbeiterin bei den Kongressen ist auch weggebrochen. Der Lebensgefährte des Sohnes ist unfreiwillig und bis auf weiteres in unbezahltem Urlaub. Die Kinder sind zu Hause, denn Schulen und Crèches, Universitäten sind sind sowieso geschlossen. Alle Veranstaltungen abgesagt, alle Kongresse, Theateraufführungen, Konzerte, Marathons, Flohmärkte, Sportfeste, und sogar das ehrwürdige Filmfestival findet dieses Jahr nicht statt. Kinos sind auch geschlossen.

Alle Vereine zu. Privat werden Hochzeiten und Geburtstagsfeste abgesagt und jede Menge Urlaube. Wir sollen stattdessen zu Hause bleiben. Nur wählen dürfen wir noch, die Kommunalwahlen finden bizarrerweise statt, immerhin unter Hygieneauflagen, und so machten wir heute vermutlich den letzten Ausflug für lange Zeit in die Berge, aber nur ein aller-retour, morgens hin, nachmittags zurück, denn ich wollte es dieses Mal nicht verpassen, bin ich doch vor kurzem Französin geworden und darf jetzt ganz offiziell wählen! Ok, bei Kommunalwahlen durfte ich schon immer wählen, stand aber bisher als Ausländerin in einem gesonderten Verzeichnis, und dieses Mal wählte ich “comme tout le monde”, wie alle, wie die Bürgermeisterin des Bergdorfs sagte.

Vor kurzem erhielt ich einen Anruf des Rathauses von Cannes und kurz darauf einen aus der Mairie des Bergdorfes: Félicitations! Glückwunsch! Die Kommission hat Ihrem Antrag zur naturalisation zugestimmt! Vous êtes française! Ich habe mich wirklich viel mehr gefreut, als ich selbst erwartet habe, ich sprang hier durch die Wohnung, als hätte ich im Lotto gewonnen. Monsieur war gerührt, dass ich mich so freute, und führte die neue kleine Französin standesgemäß zum Essen aus. Dann haben sich beide Gemeinden darum gerissen, mich als Wählerin zu bekommen und ich habe mich für das Bergdorf entschieden. Da bin ich jetzt die 102. Wählerin :-) Verstehen wir uns nicht falsch, da oben leben ganzjährig derzeit nur etwa 25 Menschen, aber einige mehr (Zweitwohnsitzler) sind dort auf der Wählerliste eingeschrieben: mit mir jetzt 102. Nicht wirklich viel, alle kennen alle, deswegen konnte ich auch wählen, obwohl ich bislang weder ein französisches Ausweisdokument noch die Wählerkarte rechtzeitig erhalten habe, weil “ich bekannt bin”, wie mir die Sekretärin der Mairie zusicherte.

Nun fuhren wir also in die Berge. Heute Morgen kaum ein Auto auf der Straße und nur hier und da ein Mensch mit einem Baguette unterm Arm. Die Autobahn fast so leer wie an den Autofreien Sonntagen in den Siebziger Jahren während der Erdölkrise, falls die Älteren unter uns sich daran noch erinnern. Ich bin damals Rollschuh gelaufen auf der Autobahn, es kann aber auch ein noch nicht fertig gestellter Abschnitt gewesen sein, so genau weiß ich das nicht mehr. Nur dieses tolle Gefühl von so viel freier und glattester Rollschuhpiste! Damals bin ich ja noch mit so eigenartigen Dingern gerollert, die man unter die Schuhe geschnallt hat, und mit denen dann über Stock und Stein. Die Autobahnpiste sonntags war wirklich genial! So leer war es also heute früh. Wir waren schon nach anderthalb Stunden im Bergdorf, das dort noch von schneebedeckten Bergen umringt ist.

Da oben schien die Sonne, der Himmel so blau und auf der Terrasse vor der Mairie standen weit gestreut Stühle, damit man in Ruhe warten konnte, denn es durfte immer nur ein(e) Wähler(in) in den Raum.

Madame le Maire

Wir haben im Dorf jetzt auch einen öffentlichen Bücherschrank und ich habe zwei nette zeitgeschichtliche Alben mitgenommen: Les Francais en vacances und Les métiers des Francais.

Wir gaben uns alle keine Küsschen, sondern winkten uns zu und schickten Luftküsse und setzten uns auf die weit entfernten Stühle und plauderten in der Sonne. Eine 100 jährige Einwohnerin und ihre kranke Tochter besuchten wir zu Hause, blieben aber winkend an der Eingangstür stehen. “Wir haben keinen Virus”, rief die Dorfälteste abwinkend, “ihr könnt ruhig reinkommen.” “Naja”, sagen wir, mit Blick auf ihre schwer atmende Tochter, “wir aber vielleicht, und wir wollen ihn besser nicht mit euch teilen.”

In der Mairie wurden wahlweise Hände gewaschen oder Handschuhe gewählt, man bekam seine Liste (es gab nur eine Liste :D , man konnte also das Team wählen oder nicht, aber es gab keine Alternative) und einen kleinen Umschlag. Einen Stift hatte man selbst mitzubringen, für den Fall, dass man einen Kandidaten auf der Liste streichen wollte. So geht das hier. Ich hatte einen Stift, strich aber niemanden, ich finde das Team prima und bin auch mit der scheidenden Bürgermeisterin für weitere sechs Jahre einverstanden.

Zu Mittag aßen wir mit großem Sicherheitsabstand am großen Esstisch bei einer Freundin und gegen 16 Uhr fuhren wir wieder zurück. Jetzt waren die Straßen voller, an der Küste waren zwar alle Etablissements geschlossen, die Menschen aber liefen bei schönstem Wetter in Gruppen auf den Uferpromenaden spazieren oder saßen dort gruppiert herum, und da war nix mit Abstand. Der Franzose ist ja eher ungehorsam.

Gerade erhielt ich die Wahlergebnisse aus dem Dorf: Wahlbeteiligung 79; gültig 77, das Team ist im ersten Wahlgang fast einstimmig von allen und die Bürgermeisterin wieder gewählt worden. Super! Und abends waren sie dann alle im Haus der ältesten Dorfbewohnerin (und ihrer kranken Tochter!) und haben gefeiert. Abstand? Virus? Welcher Virus? So ist er der Franzose.

Die ersten Hochrechnungen für die großen Städte Frankreichs trudeln gerade ein, es ist unübersichtlich mit all den Arrondissements in Marseille und Paris, aber in Paris scheint Anne Hidalgo, wegen ihrer Umweltpolitik sehr umstrittene Bürgermeisterin, es doch wieder zu schaffen; es gibt bei mehreren KandidatInnen (in Paris gleich drei Frauen!) unter den beiden KandidatInnen, die am besten abgeschnitten haben, nächsten Sonntag eine weitere Wahl; man spricht insgesamt von einer geringen Wahlbeteiligung. We’ll keep you informed!


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12 von 12 im März 2020

Monsieur weckt sich und mich mit einem Aufschrei “Wir haben vergessen den Sperrmüll rauszustellen!” Es ist Donnerstag und 6 Uhr morgens. Der Sperrmüll wird erst heute Abend rausgestellt, ich sinke zurück ins Kissen, döse, kann aber nicht mehr schlafen. Als ich endlich aufstehe und das Fenster öffne, sehe ich milchiges Wetter und den Sperrmüll. Gestern wäre fototechnisch ein spannenderer Tag gewesen, wir haben anderen Müll zur Mülldeponie gebracht.

Erstmal Frühstück. Warmes Porridge hat sich bewährt. Heute mit Apfel, Banane, Mango und Granatapfel. Kein Kaffee sondern Mutlivitaminsaft, bin etwas angeschlagen, versuche das mit Aspirin in Schach zu halten. Wir glauben erstmal nicht an den Virus, sind aber wachsam und ich gehe nirgendwohin heute und in den nächsten Tagen.

Ich verbringe den Tag auf dem Sofa und im Bett mit Filmen und Vorträgen. Ich hatte mich zur  “flow-summit 2020” eingeschrieben und wurde elf Tage lang mit Vorträgen zugeworfen, mit denen ich kaum etwas anfangen konnte. Erst heute, am Zusatztag, finde ich einen Film und einen Vortrag, die mich ansprechen. Für Sie vielleicht schon ein alter Hut, für mich neu und erhellend.

Gerald Hüther, Neurobiologe, wurde für den Film awake2paradise zum Thema “Lernen” interviewt; Teile des Interviews sind im Film zu sehen, aber er es gibt dazu auch einen längeren ausgekoppelten Vortrag. Großartig!

Ich bin so begeistert von dem Vortrag, dass ich Monsieur damit zusabbel und weder vom Kochen noch vom Essen Fotos anfertige. Es gab rohe Artischocke mit Vinaigrette zum Entrée, danach Buchweizen und Fenchel, und für Monsieur ein Stück Lammfleisch. Danach Käse, Obst, Kaffee (Monsieur) ein fertiger amerikanischer Cheesecake (zum Teil, für mich). Hier zwei Danach-Fotos.

Sieste, ohne Foto.

Dafür ein Foto von gestern (der interessantere Tag, wie so oft). Wir wissen seit gestern, dass wir im weiteren Bekanntenkreis einen Virusfall haben: Ein älteres Ehepaar (Mitte 80). Er wird mit Sauerstoffflasche vermutlich am Wochenende aus dem Krankenhaus entlassen. Die Informationslage war schlecht. Er konnte weder telefonieren noch SMS’en schicken, letzteres, weil er nicht wusste, wie es geht; das KH-Personal hatte schon genug zu tun, man wollte es nicht mit zusätzlichen Anrufen belästigen. Sie ist seit knapp vierzehn Tagen zu Hause in Quarantäne. Niemand darf zu ihr. Die Nachbarn stellen die Einkäufe vor die Tür. Das ist das Tragische, dass man die Personen, egal wie alt und krank sie sind, nicht besuchen darf. Zusätzliche Maßnahmen: Man darf grundsätzlich nicht mehr seine Angehörigen in den Alters- und Pflegeheimen besuchen, selbst die, die im Sterben liegen, bleiben jetzt allein. Tragisch. Ich nehme die Lage nun auch etwas ernster und war gestern noch einmal einkaufen. Ich habe ja die letzten Wochen, Monate gar, nur inhäusig und vor dem PC verbracht, insofern lebte ich wie in einer Seifenblase und das echte Leben mit Virus und ÖPNV und leergekauften Supermärkten bekam ich nicht mit. Von meinem Fenster sah die Welt ganz in Ordnung aus. Nur, wenn ich Nachrichten sehe, werde ich nervös. Ich fuhr gestern also mit gemischten Gefühlen einkaufen, aber die Situation im Supermarkt dann wieder total beruhigend. Alle Regale sind wieder voll. Klopapier, Nudeln, Mehl, alles da. Keine Hamsterkäufe. Ich finde sogar Desinfektionstüchlein. Selten liebte ich die überdimensionierten französischen Supermärkte mehr als gestern. 

Komische Stimmung, vor allem mit dem komplett geschlossenen Italien in 50 km Entfernung und dem Aufruf von Matteo Renzi, nicht leichtsinnig zu sein. Die Einstellung “wir haben keine Angst, wir gehen ins Theater” sei im Falle eines Terrorangriffs angemessen, sagt er, aber nicht bei einer pandemischen Krise, deren Ausbreitung zu verlangsamen sei. Am Wochenende werden in Frankreich die Kommunalwahlen stattfinden, es gibt Hygieneregeln, aber man befürchtet dennoch eine sehr niedrige Wahlbeteiligung.

So, ich sollte auch einen Live-Blog machen, das ist anscheinend im Trend und der Lage angemessen. Gerade war unser Präsident im Fernsehen. Wir schließen Frankreich jetzt auch. Also zu großen Teilen jedenfalls. Er bittet uns, so gut es geht, zuhause zu bleiben, und von zu Hause zu arbeiten, um die Epidemie zu verlangsamen.
Personen über 70 Jahren, les plus fragiles, sollten grundsätzlich zu Hause bleiben. Der arme Monsieur: Pas de nouilles, pas de Bridge. Wir werden ausgiebig zum Lesen kommen. Schulen, Kinderkrippen, Universitäten sind ab Montag geschlossen. Gut dass unsere “Kleinen”, schon so groß sind. Busse und Bahnen fahren eingeschränkt, damit eine Möglichkeit gegeben ist, Ärzte und Krankenhäuser aufzusuchen. Die Wahlen finden am Sonntag unter strengen Hygieneauflagen statt. I’ll keep you informed.

Und jetzt also stellen wir den der Sperrmüll raus, der morgen in aller Frühe abgeholt wird.

Und zum Abschluss noch etwas Erfreuliches. Zum ausführlichen Bloglesen komme ich jetzt endlich auch mit dem erzwungenen Hausarrest, hurrah! Zum Beispiel den von Maria Al-Mana, Unruhewerk heißt er. Ich habe ihn schon einmal verlinkt. Es lohnt sich, nicht nur weil Maria die Krimis von Christine Cazon besprochen hat. Das ist zwar schon einen Moment her, aber ich war mit anderem beschäftigt und habe es dann leider aus den Augen verloren. Mea culpa. Aber jetzt! Schöne Besprechung! Herzlichen Dank Maria!

Passen Sie auf sich auf! Bleiben Sie gesund und zu Hause, nicht nur wegen Ihnen, sondern wegen all der anderen. Wir gehören alle zusammen in dieser Gesellschaft und sogar in dieser Welt!

Danke fürs Lesen! Die anderen 12 von 12er finden Sie wie immer bei Frau Kännchen

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Pas de nouilles pour Monsieur C.

So. Der Gatte legt Patiencen, die Katze liegt tiefenentspannt auf dem Balkon, ich gehe zum letzten Mal mein Manuskript durch. Jetzt wissen Sie auch, warum Sie so wenig von mir gehört haben, ich habe hier viel geschrieben. Nein, nicht am nächsten Krimi, an den setze ich mich sofort im Anschluss. Wir sind ja fleißig hier, aber daran haben Sie nicht gezweifelt, oder?! Diese Blättersammlung wird ein anderes Buch. Es wird im Herbst erscheinen und noch ist es geheim, aber wir sind ja unter uns und Sie sagen es nicht weiter, n’est-ce pas?!

Und sonst so? Da ich wenig rauskomme, habe ich die Corona-Hysterie staunend im Fernsehen und in der Zeitung verfolgt. Wir sind ja nah an Italien und haben jetzt auch ein paar Inifizierte im Departement, 14 oder 18, und auch ein bis drei davon in Cannes, so genau weiß ich es nicht, es ändert sich ja auch ständig. Gestorben ist hier noch niemand, also gestorben wird ständig, etwa 1700 Menschen sterben täglich in Frankreich, davon sind knapp 90% über 60 Jahre alt, das heißt die gesundheitlich Schwächeren sterben zuerst, aber am Virus selbst ist bis eben noch niemand gestorben. (Gestorben waren gestern doch schon ein paar Menschen, laut gerade aktuellem Stand sind es derzeit 25 Personen, tut mir leid für die ungenaue Berichterstattung!) Aber wir wollen uns dennoch alle nicht anstecken und geben uns keine Hand und schon gar keine Bises und meiden Veranstaltungen, bei denen sehr viele Menschen von überallher kommen könnten und deshalb wurden in Nizza die letzten Tage des Karnevals abgesagt und in Menton die letzten Tage des Zitronenfests, in Cannes wurde ein großer Immobilienkongress MIPIM annuliert, also im Prinzip wurde er abgesagt, weil die Teilnehmer nicht kommen wollten, zwei weitere Kongresse, MIPTV und Cannes Series, wurden ebenso abgesagt oder in den Herbst verschoben. Jetzt bibbern alle wegen des Filmfestivals. Es gilt bislang ein Versammlungsverbot, das vorsieht, dass nicht mehr als 5000 Personen irgendwo zusammenkommen dürfen. Sämtliche Hotels und ihr Servicepersonal, die Restaurants und Taxifahrer, alle, die mit dem Tourismus und den Festivals und Kongressen Geld verdienen, fürchten, dass sie dieses Jahr nichts verdienen und jammern und klagen bereits über die Verluste, die sie machen.

Ich bin letzte Woche pflichtschuldigst einkaufen gefahren, weil in der Zeitung stand, Auchan, ein Supermarkt, sei leergekauft worden und ich dachte, bevor es gleich nichts mehr gibt, sollte ich wenigstens den Kühlschrank auffüllen. Deswegen die Überschrift: Pas de nouilles pour Monsieur C.***  Es gab keine Nudeln mehr, also es gab noch ein paar Sorten, aber nouilles, die Lieblingssorte von Monsieur, eigentlich völlig unspektakuläre kurze und schmale Bandnudeln, also im Prinzip sehen sie aus wie Bandnudelbruch und ich finde sie ausgesprochen langweilig, aber diese Nudeln sind typisch französisch und so wie es aussieht nicht nur Monsieurs Lieblingssorte, sondern auch die anderer Franzosen. Und die waren weg. Ausverkauft. Überhaupt war ein ziemlicher Nudelnotstand in den Regalen, und ich musste an mich halten, dass ich nicht auch schwupps fünf Packungen Spaghetti kaufte statt einer, wenn es schon keine nouilles gab. Gab es wirklich keine mehr? Ich bückte mich. Doch! Ganz hinten unten gab es noch kürzere und noch dünnere nouilles einer anderen Marke, aber das weiß ich schon, mit denen brauche ich gar nicht ankommen, die können den echten nouilles nicht das Nudelwasser reichen. Das wissen auch die anderen Franzosen, deswegen sind diese Nudeln noch da. Mehl war auch knapp und Reis sowieso. In Australien soll es gar einen Klopapiernotstand gegeben haben. Oder war es in Deutschland? Ich habe vorsichtshalber welches eingekauft und auch Katzenstreu für die Katze. Sicher ist sicher. Ansonsten war aber noch alles da in meinem Supermarkt. Und die Leute wirkten auch entspannt. Die nervösen Nudelgroßeinkäufer waren ja schon weg.

Die Universitäten, Schulen und Crèches sind hier noch geöffnet. Anderswo, irgendwo im Norden Frankreichs, und in Italien sowieso, alle geschlossen. Es führt hier zu bizarren Szenarien, denn man hat einerseits untersagt, dass Kinder die “fragilen” Senioren in den Altersheimen besuchen dürfen, Kinder gelten als potentielle Virenschleudern, allerdings ist es hier so üblich, dass die Senioren, nicht gerade die im Altersheim, aber alle anderen, die Kinderbetreuung übernehmen, im Falle von Schulschließungen wegen Streik oder eben auch Viren. Also was jetzt? Wir schließen die Schulen und schicken die kleinen Virenschleudern zu den besonders gefährdeten Großeltern? Super.

Ansonsten scheint die Sonne wieder, wir waren heute am Strand und auf dem Markt und es war wie immer, würde ich sagen. Wir haben nur indirekt gehamstert, weil Monsieur dieselben Sachen eingekauft hat wie ich: Artischocken, Radieschen, Orangen und Mandarinen, davon haben wir jetzt eben etwas mehr.

Im Kino waren wir letzte Woche noch, wir haben eine Vorpremiere von de Gaulle gesehen. Sehr eindrückliche Verfilmung einiger weniger Tage im Juni 1940, als die Deutschen begannen Frankreich zu erobern, die Franzosen Haus und Hof verließen und panisch in den Süden flüchteten, es war ein dramatischer Exodus auf den Landstraßen und sie wurden dort leichtes Ziel von Tieffliegern. Bis die französische Regierung unter Petain entschied, das Frankreich sich den Deutschen ergibt. Nicht alle Politiker trugen diese Entscheidung mit, de Gaulle ging nach London (während seine Familie sich unter die Flüchtenden in Frankreich mischte) und rief von dort über die BBC die Franzosen auf, dass noch “nicht alles verloren sei”, es ist der Appel du 18. Juin, dem in Frankreich jedes Jahr gedacht wird. Es war der Beginn der Resistance, der Widerstandsbewegung in Frankreich. De Gaulle selbst wurde daraufhin von der französischen Regierung der französischen Staatsangehörigkeit enthoben, ebenso aller militärischer Grade und Ehrungen, man verurteilte ihn wegen Verrat zum Tode und forderte ihn auf zurückzukommen. Tat er natürlich nicht.


***Das ist ein Insiderjoke, denn der Lieblingskriminalroman des Gatten heißt “Pas d’orchidées pour Miss Blandish”.

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Nieselregen

Cannes kann auch anders. Grau, Nebel und Niesel. Ich hab irgendwo auch noch blauen Himmel und die letzten Mimosen dokumentiert, aber wir wollen ja realistisch abbilden, wie es hier auch sein kann, nicht wahr. Gestern war es schon grau, weshalb ich dann nicht rausgegangen bin, ganz wie eine echte Südfranzösin. Heute ist es dann zusätzlich noch nieselig, bin aber doch los, ich habe auch noch deutsche Anteile ;-) und es war gut! Schönen Sonntag allerseits!

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hinter der Palme blühen die Magnolien
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… und Claire

Claire Bretécher ist gestorben. Vorgestern schon. Ich habe gar keine Zeit Ihnen zu erzählen, was Sie mir bedeutete, und das klingt auch so komisch, “was sie mir bedeutete”. Aber ich merke, dass sie mir viel bedeutete, als ich nämlich eben die deutschen Nachrufe durchlas, die ich Ihnen der Schnelle halber hier hineinstellen wollte, da merke ich, dass keiner das ausdrückt, was ich fühle. Zunächst sprechen alle immer von “Agrippina”, das ist ein Generationenproblem, die Menschen in den Medien werden immer jünger. Oder ich immer älter, vermutlich beides. Ich bin mit den “Frustrierten” aufgewachsen. Ich habe kürzlich noch einmal einen Band der “Frustrierten” auf einem Bücherflohmarkt erstanden, “Les Frustrés” diesmal. Als Jugendliche habe ich die Comics in der deutschen Übersetzung gelesen. Jetzt lese ich die bandes dessinées auf Französisch. Ich habe die Frustrierten geliebt. Und ich liebe Les Frustrés immer noch. Vielleicht habe ich sie damals gar nicht wirklich verstanden, denke ich jetzt, also diese Anspielungen auf die französische Gesellschaft, bourgeois und bobo. Aber ich hatte das Gefühl, SIE verstand etwas in mir. Zumindest berührte sie etwas in mir. Mein Weg nach Frankreich war von ihr schon vorgezeichnet, haha. Agrippina habe ich dann gar nicht gelesen, Teenager-Probleme waren mir als vermeintlich schon Erwachsene egal. Später gab es Doktor med. Bobo und Mütter aber nichts hat mich mehr so gepackt wie die Frustrierten. Ich nehme mal diesen Text aus dem Tagesspiegel und den hier aus dem Deutschlandfunk und dann ein bisschen was Französisches zum Anschauen. Da kommt noch ein älteres Filmchen hinterher. Lohnt auch. Und gerade wurde mir noch ein schöner Beitrag von arte zugetragen. Da hätte ich auch selbst drauf kommen können. Adieu Claire Bretécher!


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12 von 12 im Februar 2020

Der Blick aus dem Fenster: blauer Himmel // Die Katze hat Durst // Mein Frühstück // Ganz früh schon schöne Post aus Deutschland // Am PC // Monsieur hat mir Anemonen vom Markt mitgebracht // Unterwegs: Wir sind zum Essen in Golfe Juan eingeladen // Ende des Essens // Unterwegs: zurück. Immer noch blauer Himmel // Nochmal schöne Post, diesmal aus St. Tropez! // Sieste // Abendessen: Gemüsesuppe mit Huhn (Reste) //

Heute ein etwas pragmatischer Beitrag für 12 von 12 bei Frau Kännchen. Danke fürs Gucken! Und die anderen 12 von 12er wie immer hier!

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Sabine und Ciara

Bei uns hieß Sabine Ciara und sie wütete im Norden Frankreichs auch ganz gewaltig, im Süden wurde sie nur als “leichte Brise” gehandelt, das ist so bis 35 Stundenkilometer Wind. Die Palmen hat es dennoch geschüttelt. Ich wollte Wellen fotografieren und ging los. Mit beißendem Sand im Gesicht und zwischen den Zähnen stemmte ich mich bis zu den Felsen in La Bocca gegen das bisschen Wind. Das Meer brauste, sah aber nach nix aus auf den Fotos, also wartete ich flatternd eine Stunde auf den Sonnenuntergang. Mit mir warteten andere und manch einer kletterte erwartungsvoll auf die Felsen. Und dann kam keiner. Nach Gelb kam sofort Schwarz.

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WMDEDGT 02/2020

War in der Nacht mehrfach wach, schlafe aber gegen Morgen tief ein. Werde wach, weil sich die Katze energisch zwischen meine Unterschenkel drängt. Ich mache mir Frühstück: warme Haferflocken mit Obst (köstlich!), dazu Kaffee, und frühstücke gegen halb neun,  jetzt mit der Katze auf den Knien, und Monsieur und ich besprechen den Tag. Unsere aggressive Miteigentümerin in dem Haus, in dem wir bereits einen (von ihr angezettelten) Prozess verloren haben, hat veranlasst, dass das Amt für Hygiene das Haus inspiziert. Es sei in einem unhygienischen Zustand. Außerdem haben wir eine Aufforderung der Stadt Cannes erhalten, unverzüglich die Fassade desselben Hauses zu renovieren. Madame C., im Stadtrat und gute Freundin des Bürgermeisters, macht von ihren Beziehungen Gebrauch. Ich schicke immer mal wieder Stoßgebete in den Himmel, dass uns das Universum von ihr erlösen möge. Monsieur bricht gegen 9 Uhr auf, um die Leute von der Hygiene zu empfangen, kommt unverzüglich zurück, weil er seine Sonnenbrille sucht. Es ist heute allerwunderbarstes Frühlingswetter. Wir suchen vergeblich die Jacke von gestern, in der die Sonnenbrille steckt. Schließlich geht er mit einer anderen Sonnenbrille los.

Ich gehe ins Bad. Stopfe Wäsche in die Waschmaschine. Setzte mich an den Schreibtisch, beantworte gefühlt nur zwei, drei Mails, schon ist Monsieur zurück (er hat Jacke und Sonnenbrille im Auto gefunden). RAS: Rien à signaler. Das Hygieneamt hat im und am Haus nichts zu beanstanden (noch sind nicht alle korrupt!), allerdings halten sie den synthetischen Rasen, den die Miteigentümerin in ihrem neuerdings “privaten” Garten hinter dem Haus verlegt hat, für problematisch. Tant mieux. Synthetischer Rasen und synthetische Hecken sind hier der letzte Schrei: sie ziehen keine Schädlinge an, müssen nicht beschnitten und vor allem nicht (mit dem immer teurer werdenden Leitungswasser) gegossen werden, sind dennoch quasi immergrün. Super praktisch! Und super zum K***. Ich dachte, mich trifft der Schlag, als ich den Kahlschlag sah, den der Garten erlitten hat. Früher eine verwilderte Oase, jetzt kahl und 100% Synthetik.

“Die Mieter haben jetzt endlich eine Aussicht auf einen sauberen Garten” hat sie uns wissen lassen. Es ist die trübsinnigste Aussicht, die man sich vorstellen kann. Der “Garten” ist nun auch eingezäunt und abgesperrt. Dort hinein dürfen die Mieter jetzt nicht mehr. Wozu auch. Das Hygieneamt allerdings ist von dem Synthetikrasen nicht angetan. Das Wasser fließe nicht richtig ab und würde so zur Bruststätte für Stechmücken. Bleibt zu beobachten.

Monsieur hat auch eingekauft und geht jetzt noch Brot holen. Er bringt zusätzlich Schmalzgebäck mit, ganses oder bugnes heißen die hier. Wir nähern uns auch in Südfrankreich dem Karneval. In der Post war heute ein Buch, ich lese kurz hinein, nehme mir vor, es heute Abend beim #Lesemittwoch anzufangen. Ich antworte noch auf eine Mail, dann ist es schon Zeit für das Mittagessen. Hacksteak, Tagliatelle mit Pilzsoße, grüner Salat, Käse und zum Dessert Schmalzgebäck für Monsieur, Schokopudding für mich. Ich werfe die Wäsche in den Trockner. Es folgt die Sieste. Danach gehen wir eine halbe Stunde in la Croix des Gardes spazieren, noch immer blühen die Mimosen, von Ferne sieht man Schnee auf den Alpengipfeln, es ist heute frühlingswarm, sonnig und blauhimmelig. Es soll schlechter werden, also wollten wir das ausnutzen.

15.30 Uhr: Monsieur besucht eine Freundin seiner Mutter und sucht dort in alten Unterlagen nach einem Dokument, ich mache mir einen Tee, gehe an den Schreibtisch zurück und suche ebenso, allerdings etwas weniger alte Unterlagen und verliere mich zusätzlich in alten Texten. Wie gut, dass ich auch zehn Jahre alte Mails aufgehoben habe, sie erhellen den Sachverhalt, an den ich mich nicht mehr erinnere. Ich schreibe dazu eine Mail.

Schwupps ist es 18 Uhr. Monsieur ist zurück, mit dem Dokument, und schaut fern. Monsieurs Tochter kommt. Auch sie wühlte in alten Papieren und es wird diskutiert. Es geht immer noch um die Erbschaftsangelegenheiten der Schwiegermutter. Ich backe Rosenkohl mit Datteln und Mandeln im Backofen. Wir essen. Ich hole die Wäsche aus dem Trockner, werde heute aber nicht mehr bügeln. Ich schreibe diesen Text zu Ende. 20.30 Uhr: Feierabend. Jetzt wird gelesen.

Dieser Text gehört in die von mir unregelmäßig geführte Tagebuchbloggen-Serie “Was machst du eigentlich den ganzen Tag” kurz WMDEDGT, die sehr regelmäßig von Frau Brüllen geführt wird. Die anderen Teilnehmer dieser Blogparade finden Sie ebenfalls dort. Danke, wenn Sie meinem Tag bis hierhin gefolgt sind.




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Mandelblütenschnee

Zuerst dachte ich, es sei Schnee, der da auf dem Boden lag. Aber nein, es sind Mandelblüten! Heimlich, still und leise haben sie zu blühen begonnen und der Wind der letzten Tage wehte die Blüten von den Bäumen. Es wird Frühling!

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