50 – WMDEDGT

Um halb Acht kratzt die Katze an der Tür und wimmert. Geschlossene Türen sind einfach mit der Natur der freiheitliebenden Katze nicht vereinbar. Ich öffne schlaftrunken. ENDLICH! maunzt sie empört und hoppst ins Bett. Das darf sie nicht, aber ich bin noch zu müde für Konsequenz. Wir dösen noch zwanzig Minuten. Dann stehe ich auf, die Katze begleitet mich in die Küche. FRESSEN? Es riecht nach frischem Kaffee, ich gebe dem Gatten einen Kuss und ich mache mir ein Brötchen mit HImbeerkonfitüre. Die Katze maunzt. FRESSEN? Ich erkundige mich, sie hat gerade erst etwas bekommen, also gibts nur Streicheln auf den Knien, während ich frühstücke und ein bisschen das Internet durchlese. Auf arte Karambolage gab es eine sehr nostalgische Erinnerung an Algerien und Aprikosenkerne, die ich außerhalb von Facebook nur im Gesamtpaket finde, Sie können auf Minute 3.36 vorspielen, wenn Sie den Unterschied zwischen Polizei und Gendarmerie uninteressant finden sollten, mit dem die Sendung beginnt. Ich schaue auch ein wenig Kölsche Mitternachtsspitzen, coronabedingt live und draußen in Köln Nippes (gefunden via Luda L.), aber so viel Zeit habe ich nicht, mir die komplette Sendung anzusehen, ich schubse die Katze von den Knien, wechsele das Zimmer und setze mich an den Tisch. Monsieur rudert. Ich erinnere mich, dass heute der 5. ist und am 5. gibts bei Frau Brüllen #WMDEDGT : “Was machst du eigentlich den ganzen Tag”. Ich habe schon lange nicht mehr mitgemacht, aber heute passt es. Was ich so mache in diesen Tagen, wissen Sie eigentlich schon. Im Moment, 9.08 Uhr schreibe ich schon im Nachthemd an diesem Text. Beinahe eine Live-Schaltung.

Heute haben wir Jubiläum: 50 Tage Ausgangssperre! Darauf ein Corona-Bier! Ok, verzeihen Sie den Kalauer und ich habe ihn auch noch geklaut. Ich sah ein Foto auf Facebook bei Pia Parolin. Auf deren Homepage können Sie übrigens tolle Fotos (nicht nur) von Nizza und der Promenade des Anglais sehen. Nun, schauen wir mal, wie wir das heute feiern. Gestern hatte ich noch diesen kleinen Scherz gefunden, aber dann vergessen zu posten. Ein Beitrag zur deutsch-französischen Verständigung. So isser der Franzose. Gefunden via Susanne E. Die böse Zeichnung wurde in einer deutsch-französischen Gruppe veröffentlicht, von einem Franzosen immerhin, der Scherz stammt auch von einem Franzosen wohlgemerkt, lustig finden die Franzosen (zumindest in dieser Gruppe) das aber nicht. Nur die Deutschen, die in Frankreich leben, amüsieren sich darüber.


Ich verschwinde im Bad, die Haare bleiben ungeföhnt und werden luftgetrocknet, es ist jetzt warm genug dafür, mal sehen, was das ergibt, sie sind hinten zumindest schon halslang und insgesamt formlos. Ich ziehe mich zum Jubiläumstag der Ausgangssperre schön an und winde dann doch ein rotes Haarband in die formlose Haarpracht. “Was sollen wir essen?”, frage ich vorausschauend den Gatten. “Fleisch oder Brandade de Morue?”, schlage ich aber einschränkend vor. “Fleisch”, sagt Monsieur, wundert mich nicht, wir haben drei Tage in Folge Fisch gegessen. “Et nouilles”, fügt er hinzu. Die Lieblingsnudeln gabs schon lang nicht mehr. Bestimmt 50 Tage lang. Sie erinnern sich, es gab lang keine nouilles zu kaufen. Und die Packung, die ich irgendwann ergatterte, ist tatsächlich noch nicht geöffnet. Ich wundere mich, wie haben wir das gemacht 50 Tage, gerade überprüft 60 Tage !!! ohne nouilles?

Monsieur spielt Bridge gegen den PC und erinnert mich daran, dass wir das Deckbett gegen ein Leintuch wechseln müssen, es ist ihm zu warm nachts, für mich ist es aber noch nicht warm genug für ein Leintuch mit Wolldecke, ich fordere bis Ende Mai, zumindest bis über die Eisheiligen, ein anderes, etwas dünneres Deckbett. Jedes Jahr dasselbe. Ich leere und reinige aber erst das Katzenklo. Die Katze mag das Corona-bedingte (grobere und dunklere) Katzenstreu nicht und kackt immer mal wieder neben das Katzenklo. Ich hoffe, durch viel Geschimpfe und ein penibel sauberes Katzenklo, wird sie es dennoch irgendwann akzeptieren, bis ich wieder die richtigen Körnchen finde. Wollen wir eine Petition unterzeichnen, die abwechslungsreicheres Fernsehen fordert? Draußen ist es so laut, als sei das déconfinement schon in Kraft getreten. Der Schwiegersohn ging auch irgendwohin arbeiten heute.

Ok, ganz viele Mails und Kommentare kommen. Sie sind großartig! Fassen wir das so zusammen: Es gibt fast überall neue oder neu-alte Autokinos. Autokino weckt Erinnerungen, war toll und hat auch mit Knutschen zu tun ;-) Eltern mögen es (vermutlich wegen dieser Erinnerungen) dann aber nicht, und als Kind kommt man nur hin, wenn man in den Ferien Verwöhn-Verwandtschaft besucht. Und danke für den Hinweis auf Bülent Ceylan, der erstmals eine Comédie-Show in einem Autokino machte. Ich hätte gern einen Artikel dazu verlinkt (aus der BZ = Badische Zeitung), weil ich nämlich irgendwie, vermutlich ein Versehen, ein kostenloses Abo für ausgewählte Artikel der BZ geschenkt bekam. Von der BZ. Dankeschön dafür! Aber ich kriege ihn gerade nicht verlinkt. Ich versuche es später noch einmal. Klappt nicht. Sie finden es auch so, wenn Sie es lesen wollen: ‘Bülent Ceylan Autokino’ reicht als Suchanfrage.

12.20 Uhr. Die Zeit ist verflogen mit nichts. Ich wollte Ratatouille machen, fand aber das Rezept nicht mehr und suchte ebenso vergeblich das entsprechende Video, ich hätte auch einfach in meinem vorletzten Krimi nachlesen können, aber als ich endlich anfange das Gemüse zu schnippeln, merke ich, dass es eh zu spät ist. Ich werfe der Einfachheit halber alles Gemüse geschnitten auf ein Blech, gebe grobes Salz, Knoblauch, etwas Pfeffer und un génereux filet de l’huile d’olives darüber und ab in den Ofen. Das geht hier als légumes à la catalane durch. Ob die Katalanen das wirklich so machen, sei dahingestellt. ps: die Auberginen mag ich ganz gerne so (im Rahmen ihrer Möglichkeiten) pps: irgendjemand (Frau Ackerbau?) wünschte sich längst ein Kochbuch mit sehr einfachen und leckeren Rezepten. Ich habe mich jahrelang bei Elisabeth Raether inspiriert. Aus den Rezepte-Kolumnen entstand jetzt wohl auch ein Buch.

12.30 Uhr. Die Katze maunzt. FRESSEN! Kriegt sie. Sie hatte sich übrigens SOFORT auf die Sommerzeit umgestellt. Eine Stunde früher? Passt!

Für uns gibt es zu Ehren des Tages einen Apéro. Wir trinken beide rotes Zeug. Pastis ist alle. Rotes Zeug, einmal mit, einmal ohne Alkohol. Prost! Außerdem stippen wir Radieschen in Salz und knabbern sie. Der Gatte hört Brassens, während er auf das Mittagessen wartet. Wir können aber trotz schönstem Wetter nicht draußen essen. Die Sonne reflektiert auf dem neuen hellen Boden im Hof zu stark, unsere von Wind und Wetter zerrissenen Sonnensegel haben wir im letzten Herbst entsorgt, Ersatz haben wir keinen, Monsieur aber hat schon entzündete Augen.

13.30 Uhr haben wir gegessen. Also es gab: eine Artischocke als Entrée für Monsieur; ein Stück Bavette (langfaseriges Rindfleisch, Flanksteak), das wir geteilt haben, dazu nouilles und légumes à la catalane. Als Dessert gekauften Schokopudding für mich, Caffécreme für Monsieur. Der Gatte siestet heute mit der Katze zu Brassensklängen auf dem Sofa.

14 Uhr: Post! Post!!! Heute kamen Masken von Sunni! Papiermasken in Rosa und in Weiß! So hübsch! Von Herzen Dank! Ich hoffe, Sie haben auch noch genug Masken für sich. Es wird ja alles noch eine Weile dauern. Und ich werde die Anweisungen Ihrer Enkelin beherzigen und nicht in die Maske rülpsen! :D

Und noch ein paar Mails, darunter zwei, die mir meinen neuen (deutschen) Reisepass mit der Post ankündigen. Ich muss bei Erhalt dann ein Foto schicken, das beweist, dass ich den alten Pass nicht unter der Hand weiterverkauft habe, sondern vernichtet. Ich muss mich außerdem um ein französisches Ausweisdokument kümmern. Ich dachte ja immer, da käme noch was Schriftliches von der Präfektur, aber nö, da kommt nix mehr, sagt man mir. Nur der feierliche Festakt mit Präfekt findet jetzt bedauerlicherweise auch nicht statt.

14.30 Uhr Der Gatte wechselt zum zweiten Teil der Sieste den Ort. Ich sieste jetzt auch kurz. Immer noch mit der zu warmen Decke.

15.30 Uhr trinke ich einen kleinen Kaffee und setze mich endlich zum Arbeiten an den PC. Alles andere heute war Herumgespiele, um einen würdigen Beitrag für den 50. Tag zu schreiben. Monsieur liest und sieht später fern. Um kurz vor 18 Uhr ruft mich meine Friseurin an, um mich über die sicheren Arbeitsbedingungen zu informieren. Sie frisiert bei sich zu Hause und bislang war es bei ihr immer ein “Salon” im französischen Sinn: “une pièce de reception dans une maison privée” : ein Empfang im privaten Rahmen, sprich: viele Menschen und fröhliches Geplauder. Jetzt nimmt sie nur noch eine Person vormittags und eine nachmittags und sie sichert mir zu, dass sie, schon auch um sich selbst zu schützen, Maske und Schutzbrille trägt, alles desinfiziert, Umhänge nicht für mehrere Kundinnen verwendet undsoweiter. Ich werde also in absehbarer Zeit doch zum Friseur gehen, aber wir lassen erst mal ein, zwei Wochen Lockerung vergehen, um zu sehen, was passiert.

So, der Schreibschwung ist raus. Im Fernsehen geht es um die Schulöffnung. Ich wollte heute Abend eigentlich ein Spargelrisotto machen, aber ich denke, wir essen die Reste des Gemüses und zwei Scheiben Schinken. Jetzt beziehe ich die dünnere Decke und dann ist Feierabend.

Und hier ein kleiner Festbeitrag, kann sein, dass ich den schonmal verlinkt habe, es kommt mir nicht unbekannt vor. Surtout! Noubliez pas de voyager, gibt der junge Mann uns als Tipp mit. Vergessen Sie vor allem das Reisen nicht! Da heulen wir jetzt alle im Chor auf. Tatsächlich finde ich Cannes in dem Film besonders schön, sogar die Feten, die mir im Sommer mir ihrem Elektro-Gewummer so auf die Nerven gehen, haben was. Hängt vermutlich damit zusammen, dass ich auch nicht mehr einfach alles sehen kann in dieser Zeit (La Croix des Gardes, die Inseln), und Feten am Strand wird es vielleicht so nicht mehr geben. Auch das Strandleben wird anders aussehen.

Keine Ahnung, wo es herstammt, ich habs irgendwo auf FB geklaut. Jetzt aber der Film. Haben Sie eigentlich “Ein leichtes Mädchen” gesehen? Wie hat er Ihnen gefallen?

Bis morgen! Wir lesen uns wieder. Bleiben Sie gesund und passen Sie auf sich auf! Wenn Sie noch in den Alltag anderer Menschen schnuppern wollen, die anderen #WMDEDGT-Tagebuchblogger gibts hier.


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Corona Tagebuch – Tag 49

Wow. 49. Sieben Wochen. Und ich habe nix zu erzählen, ich hab nicht mal Zeitung gelesen, kein Artikel auf Facebook hat mich begeistert, kein Lied gehört, kein gar nichts. Ich habe aber auch wenig gesucht, ich habe überlegt und nachgedacht und recherchiert und geschrieben und gekocht und gegessen und wieder was geschrieben. Und es gäbe noch so viel anderes zu tun, zu dem ich nicht komme. Ich kann nicht behaupten, dass ich mich besonders gelangweilt hätte in den letzten sieben Wochen. Eher finde ich die Tage zu kurz. Sie rutschen so weg. Ich habe “sieben” bei Google eingegeben, nur mal so: sieben Weltwunder, sieben Todsünden, sieben Leben und die Namen der sieben Zwerge wurden mir angeboten und Siebenschläfer, Siebenbürgen, Siebengebirge … bei Sieben mal Sieben kommt ein mäßiger Schlager von Udo Jürgens.

Croco hatte ihren ersten Schultag. Herr Buddenbohm warnt ein Eichhörnchen. Und in Limbach gibts jetzt ein Autokino. Gefunden bei Friederike vom Landlebenblog. Oh Mann, Autokino! Das kenne ich nur aus amerikanischen Filmen, obwohl es in meiner Kindheit sogar ein Autokino in Gravenbruch gab … warten Sie, Entschuldigung, ich google das nur mal eben …. uuuund Sie werden es nicht glauben, das gibt es wieder! Oder immer noch? Was weiß ich. Alles geht den Bach runter, aber das Autokino erlebt den Aufschwung. Ich weiß nicht, warum wir da nie waren? Zu teuer? Schlechte Filme? Oder hatte es etwas Anrüchiges? Ging es eigentlich ums Geknutsche auf dem Rücksitz? Waren Sie je in einem Autokino?

Mehr geht nicht heute. Mann und Katze haben schon wieder Hunger, ich eile in die Küche. Und nein, es gab keine Post heute. Wenn Ihre Masken gekommen wären, das hätte ich Ihnen erzählt!

https://www.youtube.com/watch?v=sFUBEECg7hk

Sieben Mal, sieben Mal, das ist meine Lieblingszahl … bis morgen! Gesund und wie gehabt!

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Corona Tagebuch – Tag 8448 Sonntag

Sie wissen vielleicht, dass ich eine Zahlenschwäche habe, Rechenschwäche offiziell, Dyskalkulie heißt es auf Französisch und sogar auf Deutsch. Ich denke “achtundvierzig” und schreibe 8 und 4. Gefühlt sind wir aber schon bei achttausendvierhundertundichweißnichtwieviel Tagen der Ausgangssperre. Ächz. Es wird auch noch so weitergehen, auch wenn wir im Süden jetzt endlich in der “grünen” Zone sind, gestern war es noch “orange”. So ein richtiges Aufatmen gibt es aber nicht. Also, es wird langsam wieder losgehen, aber die Betonung liegt auf langsam, alles ist unsicher, und alles wird von vorne nach hinten und zurück durchdiskutiert, und nicht überall sind die Bürgermeister einverstanden, dass die Schule wieder losgehen soll. Schulklassen werden halbiert, Busse und Nahverkehrszüge bekamen Abstandszeichen eingeklebt, nur jeder zweite Sitz soll besetzt werden, und die Fahrer werden durch eine Plexiglasscheibe geschützt. Man steigt jetzt auch nicht mehr vorne beim Fahrer ein, sondern hinten! Keine Möglichkeit beim Fahrer ein Ticket zu kaufen, keine Möglichkeit den Fahrer anzusprechen und der wird auch nichts mehr kontrollieren. Da es hier auch keine Fahrscheinautomaten gibt (man hat auf elektronisch aufladbare Wochen- und Monatskarten umgestellt) werden das endlich entspannte Zeiten für Schwarzfahrer. Aber das ist vermutlich das geringste Problem. Monaco hebt die Ausgangssperre morgen schon auf, das ist zumindest für Beausoleil, wo es Straßen gibt, deren eine Seite zu Monaco gehört und die andere zu Frankreich, etwas schwierig in der Umsetzung. Es sei (in Monaco) das Ende der Ausgangssperre, aber nicht das Ende der Krise, hört man warnend immer wieder. Deswegen gibt es auch vorsorglich Pläne zur Verlängerung der Ausgangssperre in Frankreich bis Ende Juli, aber Monsieur winkt nur ab. Er glaubt nicht, dass das durchgesetzt wird. Es ist nur ein Warnschuss sozusagen, ein “reißt euch gefälligst noch zwei Wochen zusammen”, damit wir das déconfinement ab dem 11. Mai halbwegs gesittet hinkriegen. Es ist eine sehr angespannte Situation in Frankreich, das merkt man in seinem klein-klein-Alltag mit den Fragen wo kriege ich frischen Mangold/Fisch/Spargel nicht direkt, aber die Franzosen sind unzufrieden mit ihrer Regierung und in den sozialen Medien kocht es hoch. Dieser Text hier fasst ein bisschen zusammen, wie es in Frankreich aussieht. Und was danach kommen kann.

Niemand hat je gesagt, dass Monaco schön sei.

Ok, was anderes. Wir waren heute ganz früh auf dem Markt, dem Gatten stand der Sinn nach frischem Fisch und außerdem wollte er testen, ob seine Muskelzerrung sich soweit beruhigt hat, dass er wieder ein Stück laufen konnte. Beides mal ja. Es gab zwei reizende kleine Doraden und das Bein hielt. Keine Beschwerden.

Sonntags halb Neun ist im Moment eine gute Zeit für den Marktbesuch, würde ich sagen. Keine Schlange, ausreichend Stände, auch kleine Erzeuger: Fisch, Eier, Käse, Wurst und Schinken, Gemüse, Obst und sogar Oliven und Beignets für den Apéro. Leider keine Blumen. Aber wirklich frische Erdbeeren, zum halben Supermarktpreis, super frischer Mangold (ich schrieb neulich, ich habe eine Wirsingtarte gemacht, es war Mangold!), und erste Zucchini und ihre Blüten, die man als Beignets ausbacken kann. Das Angebot ist gut und noch sind nur wenige Kunden da. Um Neun Uhr waren wir schon wieder zuhause. Mich lachte dieser frische junge Mangold so an, ich wollte sofort eine tourte aux blettes machen.

Eine süße Mangoldtorte, eine Nizzaer Spezialität. Wenn Sie die Zutaten lesen, wird Ihnen schwummerig: Parmesan, Olivenöl, Mangold, Rosinen, Pinienkerne und Äpfel in zwei Schichten sandigem Mürbeteig. Und das schmeckt? Ich habe meine erste tourte aux blettes in der Altstadt von Nizza bei einem kleinen Bäcker gekauft und war von dem eigentümlichen Geschmack sofort angefixt. Mit dieser Tourte (Tourte heißt es, wenn die Tarte noch einen Teigdeckel bekommt und “geschlossen” ist) ist es wie mit den Petits Farcies und all den anderen Spezialitäten aus der familiären Küche, es gibt so viele Varianten wie Familien. Bei einem Wettbewerb von AmateurbäckerInnen in Nizza geben alle ihre besonderen Tipps weiter: einer nimmt einen bestimmten Zucker, eine Dame gibt einen Schuss Pastis in den Teig, andere nehmen Backpulver, manche mischen die Äpfel in die Füllung, andere legen sie obenauf …

Ich zeige Ihnen mal dieses Video, sie sehen einen Landwirt, Jean-Marie, als er noch ein Kind war, erzählt er, gab es etwas hundert Gemüseeanbauer, die Mangold anbauten, jetzt gebe es nur noch vier oder fünf. Das  Rezept von Josette ist eigentlich das von Jacques Médecin und genau das, was ich gemacht habe. Ich habe heute aber ganz zarte junge Mangoldblättchen gekauft, nicht diese riesigen Lappen. Meine Tourte ist optisch nicht ganz gelungen (und ich habe den Mangold nicht richtig ausgewrungen, die Füllung ist etwas zu nass geworden) sie sieht vor allem mal wieder etwas grob-handwerklich aus, denn ich habe eine ungeeignete Auflaufform verwendet, ich hätte einfach eine normale Tarteform wählen sollen. Aber ich habe das Video erst anschließend angesehen. (Vor zwei Jahren habe ich es schonmal nicht in der richtigen Form gemacht, man lernt anscheinend nicht dazu *augenroll*.) Aber sie ist sehr lecker! Ein paar Sekunden Nizza sehen Sie in dem Video auch.

Nicht nur wir dürfen nicht fliegen, auch die Flugbegleiter von AirFrance leiden und haben Entzugserscheinungen. Sie haben ein lustiges Video gemacht.



Bis morgen! Passen Sie weiterhin auf sich auf!

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Corona Tagebuch – Tag 46 / 47

Für den 1. Mai hatte ich eigentlich einen launigen Beitrag geplant, denn der Handwerker kam und hat den Keller fertig gearbeitet. Am 1. Mai immerhin. Wenn das Philippe Martinez wüsste! Philippe Martinez ist Generalsekretär der CGT und ruft schon wieder in einem offenen Brief an die Regierung zum Streik auf. Der Handwerker aber wollte arbeiten, er braucht nämlich Geld. Die Freitags-Nathalie hat all ihre Reserven auch verbraucht und benötigt auch Geld und kam deshalb am Donnerstag schon. Die Wohnung ist ungewohnt sauber. Sehr angenehm. Wir haben mit der letzten Aubergine einen Entrée gebastelt nach diesem Rezept vom 21. April. Er heißt dort “Salat von lauwarmen Auberginen”. Über den Geschmack von Auberginen, ob sie einen haben und wenn ja wo, haben wir ja schon gesprochen; ich fürchte, wir müssen hier noch ein wenig daran arbeiten. Monsieur fand die Idee auf jeden Fall très sympathique, die so aufgefächerte Aubergine erinnerte uns etwas an einen kleinen Tintenfisch.

Und wie wars? Ich gebe mal wieder, was der Gatte sagte: Eine Minute weniger Blanchierzeit, damit die Aubergine nicht ganz so weich sei, wäre besser gewesen; das sind natürlich auch Erfahrungswerte, die hier noch fehlen und hängt auch damit zusammen, wie dick die Aubergine ist und wie frisch. Und (mahnend zu mir): Nimm nicht so viel Marinade, sonst schmeckt man die Aubergine nicht mehr! Über den Geschmack von Auberginen, wie gesagt … Nun ja. Ich vermute, ich werde dieses Jahr zur aktiven Auberginen-Testerin. 

Mir war dann aber gestern gar nicht mehr nach launigem Schreiben. Ich las nochmal den Mail-Wechsel mit Udo, seitdem wir uns 2010 wieder gefunden hatten und ich habe heute noch ganz dicke Augen vom Weinen. Vielen Dank für Ihre Anteilnahme. Nein, man kann gar nichts Tröstendes sagen. Das ist vielleicht auch gut zu merken. Ich komme auch so schnell in einen “helfen-wollen-Dreh”, wenn einem jemand etwas Schlimmes oder Trauriges erzählt. Ich finde meine letzten Mails an Udo etwas hilflos in diesem Sinn. Ich suchte tröstende Worte. Hilfe irgendwie. Aber es blieb ein hilfloser Versuch. Man kann (oft) nicht helfen. Es ist schlimm und traurig und es bleibt schlimm und traurig. Da kann man als Außenstehende noch so viel sagen und tun wollen. Zugewandt zuhören kann man vielleicht. Und es nicht wegreden. Es stehen lassen in all seiner Schwere. Mehr nicht. Und das ist nicht einfach. 

Ich hatte gestern keine Lust, den Beitrag auf Facebook zu veröffentlichen. Es erschien mir unpassend. Wenn Sie mich da vermisst haben, tut es mir leid.

Gestern, fast zeitgleich mit der Todesnachricht, erreichte mich die Nachricht, dass mein Podcast online sei. Ich konnte ihn gestern hören, freute mich auch doll, aber ich konnte ihn nicht veröffentlichen und bewerben. Aber hier kommt er klickstu dort —> Sonderpodcast bei Die Schreibenden.  Das Bild ist, auch wenn es so aussieht, nicht der Podcast, nur ein Screenshot.

Danke an Anja Goerz von Die Schreibenden! Tolle Idee, hat Spaß gemacht! Und wenn Sie sich durch den Podcast und den Sonderpodcast scrollen, da gibt es noch viele tolle Autoren und Bücher zu entdecken!

Mit Ausweisdokument, Wohnsitznachweis und Familienstammbuch bewaffnet war ich heute früh dann unterwegs, um die Zweitmaske, die uns zusteht, abzuholen. Wir gaben unsere “offiziellen” Masken an die beiden Sengalesen weiter, die hier gestrandet sind und weder arbeiten noch in den Senegal reisen können, weil dort die Grenzen geschlossen sind.

Ich machte einen Schlenker zur Apotheke und von dort zum Palais des Festivals. Dort kein roter Teppich, nirgends. Mehrere Filmfestivals darunter Berlin und Cannes planen wohl Ende Mai ein globales Evenement auf Youtube. Unter der Youtube Adresse : we are one sollen alte und neue Filme zu sehen sein. Hier ein deutscher Text

Vorbei an den leeren Boule-Plätzen der Allées – nur der eine oder andere Obdachlose sitzt oder lagert dort – ging ich zum Markt, mir war es aber zu voll (das ist natürlich sehr relativ gemessen an dem, wie es “früher” mal war, schon klar), schon die Warteschlange war mir zu lang und ich kaufte nur ein paar Kleinigkeiten in einem kleinen Supermarkt. Dort war alles leer. Ich sah heute viele Obdachlose, die derzeit eigentlich in einem Saal des Palais des Festivals untergebracht sind, in Ladenpassagen und an anderen Orten lagern und so wie es aussah, haben sie dort auch geschlafen. COVID19-Schutz hin oder her, ich vermute, dass ihnen das “geregelte” Leben im geschützten Raum einfach nicht zusagt. Auch wenn es in den Ladenpassagen verpisst roch und alles andere als adrett war, so ziehen doch einige von ihnen diese Freiheit vor.

Gerade brachte mir Monsieurs Tochter die Einkäufe. Sie hatte es schon einmal heute mittag vergeblich versucht (zu viele Menschen) und heute Abend gab es kaum noch etwas, von dem, was ich gern gehabt hätte. Sie brachte mir stattdessen …. dreimal dürfen Sie raten … Auberginen mit! :-D

Das Orchèstre National de France hatte MusikerInnen groß und klein aufgerufen, zuhause die Valse No. 2 von Schostakovitch einzuspielen und davon das Video zu senden. Daraus wurde dieses Konzert für Viva l’Orchèstre geschnitten. Schön, was?

Schönen Abend! Bis morgen! Bleiben Sie so gesund wie Sie können.

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Ein Freund

ist gestorben. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch. Ich habe es heute während des Mittagessens erfahren. Seitdem weine ich. Es ist der Freund und Kollege aus Buchhändlertagen, von dem ich neulich noch erzählt habe. Er war chronisch krank, litt schon lange an einer schweren Form von Rheuma und an etwas, was ich in seiner Komplexität nie verstanden habe, sagen wir der Einfachheit halber Autoimmunerkrankung, vielleicht stimmt es nicht, aber es war kompliziert und schmerzhaft, und seit Jahren bewegte er sich mühsam und immer mühsamer aber tapfer an Gehstöcken durch die Welt. Letztes Jahr hatte man ihm gesagt, er sei “austherapiert”. Alles, was es gab, hatte er schon durch, selbst Therapien, die noch im Erprobungsstadium waren, hatte man bei ihm angewandt und jetzt gab es nichts mehr. Die Medikamente, die er schon seit zig Jahren nahm, hatten seinen Körper nicht nur verändert, sondern auch krank gemacht und geschwächt. Man kämpft gegen x und dabei gehen langsam a-z in die Knie. Wir haben uns im November noch einmal gesehen, ich wollte ihn, den Buchhandelsleiter und die Buchhandlung noch einmal besuchen, bevor sie die Buchhandlung schließen mussten. Es war das erste Mal, dass ich die geballte Schwere seines Lebens, die zusätzlichen Sorgen mit den alten Eltern, die dement wurden, und anderes, von dem er mir stakkatoartig erzählte, fast nicht aushalten konnte, und ich unterbrach ihn, brauchte eine Pause. Ich schämte mich, denn er lebte das Unterträgliche, nicht ich, und ich ertrug nicht mal, dass er mir davon erzählte. Es war das erste Mal, dass ich ihn in einer Art Verzweiflung erlebte. All die anderen Jahre war er positiv, optimistisch, mit einer fatalistischen Heiterkeit, die Endlichkeit immer im Blick, so ist es, na und, und ja, es ist schwierig, aber glücklich war er trotzdem mit seiner Frau und den beiden Mädchen. Ich kenne niemanden, der so voller Optimismus, Tatkraft und Tapferkeit war. Es gab nichts, was er “nur wegen dieser Krankheit” nicht gemacht hätte. Und er war tief gläubig. In einer seiner letzten Mails schrieb er mir: “Das einzige, was ich sicher sagen kann, ist, dass ein Mensch, der sich als Teil eines grösseren Zusammenhangs versteht, anders handelt, als der, der das nicht tut. Das gilt auch für das Leid…..und ja, das heute zählt, der nächste Schritt…denn nicht die Zeit verstreicht, sondern wir in ihr.” Die letzten Jahre waren mühsam und die letzten Wochen unerträglich schmerzhaft, habe ich indirekt erfahren. Jetzt wurde er wegen etwas anderem operiert und er hat die zweite OP zum selben Problem nicht überlebt. Vielleicht ist er erlöst. Lebwohl Udo.

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Corona Tagebuch – Tag 45

Singapur  – New-York – Los Angeles – Cancún … gar nicht so einfach, viele von Ihnen haben es aber geschafft :)

Marianne Q. hat rausgefunden, dass es sich um Werbung der SNCF, der französischen Bahn handelte – deren Marketing-Abteilung für einmal übersprudelnde Phantasie bewiesen hat – im Sinne von “die Welt ist ein Dorf, und alles ist erreichbar”. Nachzulesen hier (französisch). Die “französisierten” Dorfnamen (es gibt noch ein paar andere), sind natürlich reine Phantasie (och!) und man hat sie in die Schilder hineinkopiert.

Heute war es grau, feucht und schwül. Es regnete heute Nachmittag, aber jetzt (19 Uhr) scheint die Sonne. Die Luft roch nach Schwimmbad. Auf dem Weg zum/vom Bäcker habe ich ein paar Häuser mit offenen/geschlossenen Fensterläden fotografiert. Susanne fragte neulich danach, ich zitiere: Obwohl das Wetter doch gerade (nicht) schlecht ist, sieht man so viele geschlossene Fensterläden. Die Leute müssen aber ja zu Hause bleiben. Hocken die nun den ganzen Tag in den dunklen Wohnungen oder werden nur die Läden nach hinten raus geöffnet, die man von der Straße aus nicht sehen kann?

niemand zu Hause
hier ist jemand
hier auch, nur ganz oben ist niemand

Ich finde die Frage gar nicht banal, die Antwort ist nämlich komplizierter, als man vielleicht denkt, deswegen greife ich es nochmal auf und beantworte es nicht nur im Kommentar. Erstens, wir sind in Cannes. Cannes ist ein Ferienort, sehr viele Menschen haben hier eine Ferienwohnung oder gar ein Ferien-Haus (das kann durchaus ein altes Haus sein, das der Familie gehört, die vielleicht aus Cannes stammt, aber in Paris oder anderswo arbeitet) wo sie aber nur ein paar Wochen im Jahr verbringen und die sie nur manchmal wochenweise, zu den großen Kongressen, wie etwa dem Filmfestival, untervermieten. Diese Wohnungen in alten oder neuen Appartmentanlagen, in alten Häusern, oder auch komplette Häuser haben in acht bis elf von zwölf Monaten die Fensterläden fest geschlossen, weil einfach niemand da ist. Je nach Stadtviertel kann es dort monatelang komplett ausgestorben sein, weil es reine Ferienwohnungsviertel sind.

Cannes liegt im Süden, hier ist es im Sommer sehr hell und sehr heiß. SEHR heiß! Im Sommer sehen die Häuser dann auch geschlossen aus, OBWOHL die Menschen nun da sind, weil man die Fenster und Fensterläden gegen die Hitze und das gleißende Licht geschlossen hält. Man verbringt seine Tage im Sommer drinnen tatsächlich in einem steten Halbdunkel. Es gibt im Sommer aber Varianten. Häufig (wenn man nicht gerade an einer sehr lauten Straße wohnt) öffnet man nachts das Fenster, hat aber die Fensterladen dennoch geschlossen. Es gibt auch eine Variante, die Fensterläden vor den offenen Fenstern “gesperrt” oder halb geöffnet zu haben. Es kommt auf diese Art ein bisschen Luft und Licht hinein, aber es ist trotzdem eher geschlossen.

Und die dritte Variante: Im Frühjahr oder Herbst, jetzt, zu “normal” warmen Jahreszeiten, hat man die Fensterläden, dort wo jemand wohnt, geöffnet, schließt sie aber, zumindest im Schlafzimmer, mittags zur Sieste. :D Und ja, es gibt auch die Variante, dass man nach Hinten oder zum Garten geöffnet ist und zur Straße geschlossen, weil die Fensterläden auch Lärm abhalten.

Also kurz gefasst: Im Winter ist alles verbarrikadiert, weil keiner da ist, und im Sommer ist alles verbarrikadiert, weil es so hell und heiß ist (und drinnen ist es dann wirklich ein stetes Halbdunkel).

Zum Sommer in Cannes: Bei der Riviera-Zeit auf Facebook fand ich heute den Hinweis auf einen Film, der am 4. Mai im ZDF ausgestrahlt wird. Une Fille facile heißt er auf Französisch. Ein leichtes Mädchen der deutsche Titel. Er wird dort mit einer vernichtenden Kritik angekündigt und nur wegen seiner Bilder von Cannes doch halbherzig empfohlen. Aber der Film ist nicht so schlecht. Ich habe ihn letztes Jahr auch mit gemischten Gefühlen angesehen und finde aber, er zeigt gut und realistisch die zwei Seiten der Champagnerwelt an der Côte d’Azur: die, die ihn trinken und die, die ihn servieren. Und man sieht wirklich viel von Cannes im Sommer. Und da es ja gar nicht so sicher ist, ob man dieses Jahr überhaupt und schon gleich hierher reisen kann, so können Sie wenigstens virtuell etwas Côte d’Azur einatmen. Ich gebe Ihnen hier eine gute Kritik des Films, erschienen in der Süddeutschen Zeitung, und die Vorschau.

Morgen ist der 1. Mai und es gibt dieses Jahr keine Maiglöckchen zu kaufen! Ich weiß nicht, ob es das schonmal gegeben hat. Unser Bäcker hat dennoch Maiglöckchen im Angebot: aus Stoff die Blüten, das Töpfchen ist aus Schokolade! Immerhin etwas.

Maiglöckchen sollen Glück bringen, deswegen schenkt man sie sich und je mehr Glöckchen man geschenkt bekommt, desto glücklicher soll man werden. Ich habe drei Glöckchen verschenkt und diese hier selbst behalten. Man ist für sein Glück (auch) selbst verantwortlich ;)  Viel Glück für Sie und Gesundheit und alles, was Sie gerade brauchen in diesen Tagen! Bis morgen!

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Corona Tagebuch – Tag 44

Ein vorbildlicher Quarantäne-Tag, keinen Schritt vor die Tür gemacht und den ganzen Tag am PC gearbeitet, zumindest ich. Télétravail heißt das französische Pendant zum neudeutschen “Homeoffice”, das ja gar nicht wirklich gibt im englischen Sprachschatz, genausowenig wie “Handy”. Jetzt noch schnell hier ein paar Zeilen, weil ich heute soooo schöne Post bekam! Gleich zweimal, einmal klingelte der Paketbote, der das Paket jetzt vor die Tür stellt und in einem Abstand von 5 Metern darauf wartet, dass ich es in Empfang nehme. Und der Briefträger, der nun auch wieder häufiger kommt, hielt mir einen Umschlag am ausgestreckten Arm und mit abgewandtem Gesicht entgegen. Das Paket kommt von frischmut und enthält ein schwarzes Top und zwei Tücher. Das Top ist in Größe 40 bzw. L und passt wie angegossen. Ich finde deutsche Größen immer so erholsam! Die beiden Tücher sind anders, als ich sie mir vorgestellt habe, das Tuch kleiner (ja die Maße standen dabei, trotzdem) und der Schal schmaler. Aber alles ist schön und fasst sich wunderbar an, das Shirt trage ich schon (unter dem anderen T-Shirt) und den Seidenschal trage ich um den Hals. Es war ein Solidaritätskauf und frischmut erließ mir ebenso solidarisch die Portokosten, obwohl sie höher waren als die Inlandsportokosten. Jetzt, wo ich weiß, dass L / 40 passt, würde ich auch andere T-Shirts bestellen. Auch im Paket ein winziges Leselämpchen als Geschenk und ein Gedicht über die Zeit, wie passend – und das alles, so steht es auf dem Umschlag, gefertigt in Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Sehr schön! 

Und im anderen Briefumschlag ein wundervolles Kistchen, vielleicht selbst gemacht, beklebt und gemalt, so sieht es aus, und darin MASKEN!!! Wunderschöne, selbst genähte Masken, mehrere Modelle und Farben, sogar ein paar gedecktere Farben für Monsieur sind dabei! Und Pusteblumensamen, Punkte, Streifen und auf der Rückseite kleine Pinguine. Wie süß! Ich quietschte vor Begeisterung! Für jedes Outfit eine, heißt es, ich aber bin total verliebt in diese blau-weiße, die mich an Delfter Porzellan erinnert. Wie toll! DANKE, liebe Claudia!!! Ich bin sehr gerührt und ich weiß, dass von anderen LeserInnen noch andere Masken unterwegs sind! Aus Papier und aus Stoff, das ist so lieb, dass Sie sich um uns sorgen! Monsieur ist schwer beeindruckt, nicht nur von den Masken, so etwas sieht man hier nicht! Aber vor allem, dass ich so tolle LeserInnen habe! Ich wusste das ja schon immer :D Sie sind die Besten! Danke!

Sieht man, dass ich strahle? Wir müssen jetzt intensives Augentraining machen, vor allem die BrillenträgerInnen, damit wir nicht alle wie finstere, potentielle BankräuberInnen aussehen.

Das geisterte heute durch französisches Internet. “Traumreisen zum kleinen Preis” heißt es. Man muss es natürlich französisch aussprechen ;-) Ich habe auch nicht alles auf den ersten Anhieb geschafft. Auflösung, falls Sie eine brauchen, gibts morgen!

So, jetzt wechsele ich die Sitzgelegenheit, vom Stuhl am Tisch, auf die Couch. Bonne soirée! Bis morgen, passen Sie weiterhin auf sich auf! 

Ach so, ich wollte noch etwas zu den geschlossenen Fensterläden erzählen, Susanne, fragte das, das mache ich morgen, jetzt kann ich nicht mehr.

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Corona Tagebuch – Tag 43

Viel Regen heute. Immer wieder schüttet es. Am Ende überall hübsche Pfützen.

Ich bin eine schlechte neue Französin, ich habe heute Nachmittag nicht brav dem Premierminister gelauscht, sondern war in der einen Stunde, in der es nicht geregnet hatte, spazieren. Den Kommentaren im Fernsehen entnehme ich, dass noch kein Startschuss für den fröhlichen Wiederanfang am 11. Mai gegeben wurde. Die Geschäfte dürfen wieder öffnen, es herrscht Maskenpflicht, aber alles bleibt streng und wird nur bedingt lockerer, und das alles auch nur und immer vorausgesetzt, dass wir weiterhin brav sind und die Zahlen weiter sinken. Sie können das Neueste zu Corona in Frankreich immer sofort und verlässlich bei Hilke Maunder lesen.

Heute Morgen viel Regen, bizarrerweise aber wurden heute auch die Wasserspiele im Park nebenan wieder angeworfen. Ein eigentlich friedliches Geräusch, aber doch sehr laut. Und das bei Regen? Und mit geschlossenen Parks? Vielleicht ist es auch nur ein Test. Ich bekam noch mehr Arbeit und es wird hier definitiv weniger in der nächsten Zeit, einen Beitrag jeden Tag will ich weiterhin versuchen, aber es wird bestimmt weniger Inhalt. Ich habe das zwar schonmal gesagt, und dann kaum geändert, aber jetzt wird es ernst.

Etwas Amüsantes auf Facebook passiert gerade bei den Improbables bibliothèques, den “unwahrscheinlichen Bibliotheken”, les tranches poétiques heißt das “Projekt”, das gerade so explodiert, dass sie dafür eine neue Seite aufgemacht haben. Man erzählt mit Buchtiteln Geschichten. Hier ein Artikel außerhalb von Facebook. Ich habe das mal gemacht – weniger poetisch als die Franzosen, fürchte ich.

Ich plauderte heute mailend mit Alain Claude Sulzer, den ich neulich verlinkt hatte, Sie erinnern sich vielleicht; ich kannte ihn gar nicht und hatte auch noch nichts von ihm gelesen (haha, ich glaubte sogar, er schriebe Kochbücher, aber pssst!). Das wird sich jetzt ändern. Und das darf hier gern als Leseanregung verstanden werden. Das wünschte sich ja zumindest eine Dame hier ;-)

Ich war unterwegs, wir starteten zu zweit, aber der Gatte gab nach nicht mal 50 Metern auf, die Muskelzerrung von neulich, die er in der Wohnung nicht spürt, machte sich bemerkbar. Ich änderte mehrfach die Richtung, lief am äußersten Rand des erlaubten Radius entlang, traf Polizisten, die mich aber nicht anhielten und nicht kontrollierten. Ich weiß auch nicht, warum sie mancherorts gehäuft auftreten und mancherorts gar nicht. Ein Freund, der mit seiner Familie seit drei Jahren in Villefranche lebt, ist scheinbar Zielscheibe von Denunziation geworden. Er musste schon nachweisen, dass er dort seinen Hauptwohnsitz hat, so ungewöhnlich ist es, dass man in einem Ferienort ganzjährig lebt, und kaum setzt er mit seinen Kindern den Fuß vor die Tür, rückt die Polizei an. Ballspielen auf der Straße geht nicht. Radfahren geht nicht. Man könnte heulen. Ich fand heute bei Herrn Buddenbohm diese Kinderfotos aus Spanien. Die bringen mich auch zum Heulen. Der Freund, ein Architekt, fuhr aber unkontrolliert 130 Kilomter zu einer Baustelle in die Berge und genauso unkontrolliert wieder zurück. Muss man vermutlich nicht verstehen.

Das Wetter wechselte zwischen Sonnenschein (Osten) und drohenden Wolken (Westen). Auf den letzten Metern wieder Tropfen.

Ein Versuch, die Hundehalter zu disziplinieren. Dieser Weg ist ein Trottoir und kein Crottoir (ein Fußweg und kein Hundescheißweg)

Ich laufe bei meinem Schneider vorbei, nicht wegen eventueller Masken, das hätte er bestimmt abgelehnt, Pedro versteht sich als Coutourier und macht Änderungsschneiderei etc. nur zum Überleben. Ich weiß, dass er den Winter in Indien verbringen wollte, er ist noch nicht zurück und ich frage mich, was auch ihm geworden ist. Später rufe ich bei der angegebenen Nummer an. Pedro ist gesund erfahre ich und er versucht seit einiger Zeit nach Frankreich zu kommen, aber es ist schwierig. Klar. Ich verspreche, demnächst nochmal vorbeizugehen und den Briefkasten zu leeren. Die Dame, die mir Auskunft gibt, wohnt in Antibes und ist derzeit dort blockiert.

Le Pont Carnot. Noch nie so leer gesehen. Ich stehe trotzdem auf der Verkehrsinsel zum Fotografieren. Die wenigen Autos sind speedy. Die Baustellen in der Stadt werden wieder in Angriff genommen, sagte gestern der Bürgermeister. Daraufhin hat sich auch unser Handwerker für den Kellerraum wieder gemeldet. Er kommt am Wochenende, sagt er.

Die Rue d’Antibes in beide Richtungen. DIE Einkaufsstraße von Cannes.

Die neue Fußgängerzone. Auf der linken Hälfte normalerweise die Restaurantterrassen. Wann Cafés und Restaurants wieder öffnen dürfen, wird Ende Mai mitgeteilt.

Ich bedaure, dass ich mich nicht traue, Menschen von vorne zu fotografieren. Dies war offensichtlich ein Zwillingspaar. Identisch aussehend: Schwarz violett gekleidet, gleicher Gang, gleiche Haltung, gleiche Handtasche. Erstaunlich.

So viel für heute! Bis morgen, gesund und trallala!


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Corona Tagebuch – Tag 42

Die Franzosen werden zu Hühnerhaltern. Alle, die ein paar Quadratmeter Garten oder Hof haben, wollen jetzt Hühner halten, er verkaufe 40% mehr Küken als je zuvor, sagt ein Züchter in Nizza.

Nicht nur, dass man jetzt dafür Zeit habe, sondern viele geben an “zurück zu den Wurzeln” zu wollen. Und nicht nur die üblichen Rentner, auch junge Menschen seien jetzt darunter. Vielleicht war auch der Eier-Engpass zu Anfang der Krise, ein Beweggrund. Das Huhn ist und isst bescheiden: ein paar Körner täglich und 150 kg Essenreste/Jahr, dafür liefert es, so hofft man, jede Menge Eier. Und ein bisschen Haustierfeeling. Mir sind Hühner in meinen ländlichen Jahren immer fremd geblieben, aber Hühner sind toll, sagen andere, die es wissen müssen, etwa Friederike vom Landlebenblog, ich hab nur mal willkürlich einen Beitrag rausgesucht, oder der junge Seefahrer Guirec, der mit seinem Huhn Monique, die Welt umsegelt hat. Über Guirec hab ich auch was auf Deutsch gefunden!

Seit Freitag brütete ich darüber, wie ich an einem Podcast teilnehmen könnte, wie gut, dass man Teenager-Enkel hat, die wissen alles und erklären es in einer etwas coolen Art, aber sie erklären es. Heute habe ich dann Aufnahmen gemacht. Mal ist der Anfang holprig, mal das Ende. Nach dem sechsten Mal habe ich beschlossen, dass es jetzt gut ist. Mal sehen, ob was daraus wird. In der Zwischenzeit können Sie ja schon mal –> hier reinhören, da gibt es Interviews mit Schreibenden und gerade täglich einen kleinen Sonderpodcast mit AutorInnen und Buchtipps!


Mittags haben wir draußen gegessen, für heute Abend oder morgen sind schon wieder Unwetter angesagt, man wollte es mittags nicht glauben, so blau war der Himmel. Als ich mich dann für einen Kaffee noch etwas in die Sonne setzte, man würde ja gerne seine blasse Haut zart anbräunen, kamen die ersten Wolken.

Tut mir leid, dass Peter und der Wolf schon nicht mehr funktionieren, oder ist das nur bei mir so? Etwas länger sichtbar im Internet sind Opern, Ballett und Konzerte der Oper Paris. Ab heute Abend gibts dort Carmen. Das Video hier ist nur eine Vorschau. Sie müssten bitte selbst auf die verlinkte Seite klicken und dann dort Carmen auswählen. Oder Sie schauen dort Cinderella an oder etwas ganz anders, oder gar nichts. Machen Sie das, wie Sie wollen, ich kann es leider nur nicht anders verlinken.

Wir haben genau diese Version von Carmen, eine verfilmte Oper, letzten Sommer in Cannes bei freiem Eintritt unter freiem Himmel auf der Aussichtsterrasse vor dem Musée de la Castre gesehen. Man musste rechtzeitig da sein, um einen der wenigen Liegestühle zu ergattern, denn es gab auch keine Reservierung. Und hatte man einen, dann sollte man sich möglichst nicht mehr daraus entfernen. Nur ein Strickjäckchen darin liegen lassen, gilt nicht. Es gab da Enttäuschungen. Es war dennoch ein tolles Ambiente, roter Teppich, laue Sommernacht. Nach drei Stunden unbeweglich im Liegestuhl tat einem aber der Rücken empfindlich weh und man kam kaum wieder hoch aus dieser Hängematte. Bisschen störend war, dass es der letzte Freitag Abend der Saison war und damit auch das letzte Open-Air-Event der Disco im Palais des Festivals, Luftlinie nur 500 Meter entfernt, und wir nahmen indirekt nicht nur an der Lasershow teil, sondern auch an den Bummbummmbumm-Bässen, die der eindringlich singenden Carmen manchmal die Worte aus dem Mund bliesen. Wir hatten also drei Spektakel anstatt einem und das alles gratis.

Viel mehr ist heute nicht passiert. Keine neuen Masken im Briefkasten, das überprüfe ich jetzt vorsichtshalber täglich ;-) Heute kamen die ersten Beitragsberechnungen für die URSSAF, die weiterhin so tun, als habe ich ihnen nicht geschrieben. Seufz. So viel für heute. Bis morgen. So gesund wie möglich!

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Corona Tagebuch – Tag 41 Sonntag

Sonntagmorgen im Bett am offenen Fenster. Monsieur hat mir Kaffee ans Bett gebracht. Die Turteltauben roucoulent, ich musste eben erstmal nachschauen wie das deutsche Wort dafür heißt. Gurren ist es vielleicht, obwohl das auch die normalen Tauben tun und das Gurren der Turteltauben ist lieblicher, weicher, eher ein Schruhschruh, wie man es Eulen zuordnet. Die Turteltaube ist Vogel des Jahres 2020 habe ich bei der Gelegenheit erfahren. Aber in keinem Turteltaubenvideos, wo man sie turteln sieht, hört man sie. Was ist das denn für eine Missorganisation! Die Turteltauben schruhschruhen im Akkord, es ist Frühling! Dazwischen kreischen spitz die grünen Papageien, die es nun überall gibt, auch hier. Dann für mich nicht zu definierendes Vogelgezwitscher. Wie lieblich. Gefiepse, Gepiepse, gezwirbeltes Gezwitscher. Wir haben wieder eine Amsel, sagte Monsieur vor ein paar Wochen sehr stolz. Ich kann die Amsel aber nicht heraushören, obwohl ich das Vogelstimmenvideo angehört habe. Dann ein anderes Geräusch, eher rauschend, huschsch, ein Citroen-Picasso Weibchen vielleicht. Dann rauscht es tiefer, aber satt, sicher ein Männchen, ein Audi100 Männchen könnte es sein. Dazwischen kreischen wieder die Papageien. Ein junger Scooter röhrt den Berg hinauf, etwas brünftig, Frühling eben. Schruhschruuuh gurren und turteln die Turteltauben. Die Turteltauben seien schwer zu sehen, heißt es. Wir haben seit eh und je ein Pärchen im Vorgarten. Sie sind sehr treu. Also ich kann nicht sehen, ob sie treu miteinander sind, das heißt, ob es immer dasselbe Paar ist, das hier herumturtelt, aber ich vermute das, auf jeden Fall sind sie treu mit ihrem Ort bei uns. Und das trotz der Katze. Sie sind nur von der Palme, die gefällt wurde, in den Pittosporum umgezogen. Sitzen vertrauensvoll auf der Balkonbrüstung und laufen gemeinsam durch den Klee. Schruhschruuuu gurr gurr. Penetrantes Gekeif der Papageien, ähnlich dem der Möwen. Ein Sco-oo-ooter kommt mit äähn-ääähnänänännnn angefahren. Sehr jung auch er vermutlich. Glockenläuten von Ferne und nein, kein Hund, der bellt. Sonntagmorgen an einer Durchgangsstraße in Corona-Zeiten. Ich genieße es, weil es kein lauter Geräuschbrei ist, sondern weil ich die einzelnen Geräusche erkennen kann. Gezwirbeltes Gezwitscher, Schruhschruuuh, Flügelschlagen. Schritte, und schon wieder ein brünftiger Scooter. Ich schließe das Fenster.

https://www.youtube.com/watch?v=c1ubCo4HY_M

Die Katze findet es doof, dass wir im Bett liegen und lesen und sie nicht dazukommen darf und sie maunzt. Also stehe ich auf, mache mir einen zweiten Kaffee und transformiere fünf der zehn Äpfel, die ich geliefert bekam, in eine weitere Apfeltarte. Diesmal aber schnippele ich die Äpfel nur in Stücke und werfe sie über den Tarte Boden (175g Mehl, 125g Butter, 3El kaltes Wasser, 1El Zucker, 1Prise Salz). Darüber eine Creme aus Eiern, Sahne und Vanillezucker. Eigentlich gehört noch Maizena rein, hab ich vergessen, geht auch so, merke ich später. Ich lese ein bisschen im Internet herum, höre in den empfohlenen Podcast und dort eine Sendung mit einem leitenden Kommissar, das mir vielleicht nützlich sein kann, hoffe ich. Er spricht von der Mafia, von Geldwäsche und dass die momentan ausgesetzte Straßen- und Einbruchskriminalität sich umorientiert auf Cyberkriminalität. Man muss flexibel sein. Drogenproduzenten warten derzeit vergeblich auf Produkte aus China, Drogen, die schon da sind und nicht mehr in Clubs umgesetzt werden können, werden jetzt mit der Post geliefert. Ich fange an hier zu schreiben, bestelle für Mittags ein Hähnchen. Jetzt verstehe ich auch, warum es hier kein Außer-Haus-Essen gibt, also abgesehen von den klassischen Pizzalieferanten, weil man hier ja nicht raus soll und auf einen Bringdienst angewiesen ist. Außer-Haus-Essen machen UND Liefern sieht aber kein klassisches Restaurant, das umgestellt hat, vor. Wenn man strategisch günstig liegt, bietet man Essen-to-go an, das abgeholt werden kann. Sonst nicht. Der Metzger bietet schon immer Grillhähnchen an. Die Tarte ist fertig, ein bisschen wird telefoniert, schon mache ich mich auf den Weg zum Metzger.

Ich solle das Auto bewegen, befindet Monsieur, als sei es ein Pferd, es ist ein schlechter Rat, denn ich finde keinen Parkplatz beim Zurückkommen. Dann endlich einen in einer engen Seitenstraße, auf halbem Weg zum Metzger, dort blühen die Kastanien, wie schön! Und es summt vor lauter Bienen. Das beglückt mich wirklich dieses Summen und die Gewissheit, dass es noch Bienen gibt.

Was diese beglückenden Tierbilder angeht, Delphine und Haie und was sonst nicht noch alles in den Häfen von französischen Küstenstädten gesichtet und durchs Web gejagt wird, lese ich auf einer französischen Faktenchecker-Seite von AFP, dass es sich um ein altes Video handelt, das außerdem in der Türkei aufgenommen wurde. Und nur am Rande, Brigitte Macron trägt auch keine Gesichtsmaske von Louis Vuitton.

Mittagessen im Innenhof, wir plaudern mit der Familie, die ihrerseits auf der Terrasse isst. Morgen fängt die Schule wieder an. Also nur virtuell. Die letzten beiden Wochen waren Ferien. Für die Kids ändert sich, dass sie weniger am PC spielen, sondern lernen. Die Deutschlehrerin ist eine der wenigen, die via Skype oder Zoom unterrichtet. Die Deutschen eben. Hüstel. Der Sommerferien-Austausch wird wohl dieses Jahr nicht stattfinden, es betrübt die Enkelin. Ihre Berliner-Austauschschülerin, für Ende März vorgesehen, kam auch schon nicht. Sie findet es ungerecht, der Bruder hat das alles schon hinter sich. Nur sie darf nicht reisen!

Sehr schön das Ballett Peter and The Wolf der Britischen Royal Ballet School.

https://www.youtube.com/watch?v=vF8iuOW7BwA

Schönen Sonntag! Machen Sie, was Sie wollen und passen Sie auf sich auf!

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La Quarantaine

Vierzig also. Ich schiele schon seit heute Morgen zu den Blogkollegen, ob denn niemand was geschrieben oder entdeckt hat zur Quarantäne, philosophisch, religiös, medizinisch. Oder ist das Thema schon durch? Gleich zu Anfang abgehakt? Ich suche ein bisschen und finde nicht gerade etwas zur Symbolhaftigkeit der vierzig Tage, mal abgesehen von den vierzig Tagen, die Jesus in der Wüste verbracht hat, aber etwas über Blaise Pascal, mein “Retter” mit dem Satz Le coeur a ses raison que la raison ne connait point. Das wissen Sie aber schon. Und der Satz mit dem “drin bleiben” hat mich damals auch beeindruckt. Dann stolperte ich über Was stärkt uns in der Corona-Krise, dahinter eine Sammlung vieler (nicht nur) religiöser Lebenshilfe-Links, das ist auch nicht neu, aber vielleicht kennen Sie es noch nicht. Ich klickte mal auf den Link zum Podcast Lebenswert. Ich habe dort, mangels Zeit, nicht wirklich viel reingehört, klingt aber alles interessant. Wenn man dafür gerade ein offenes Ohr hat, sagen wir so. (Ich musste auf “Episode herunterladen” klicken, um den Podcast hören zu können.)

Beim Wort Ökumene fiel mir der Verein andere zeiten ein, von dem ich jedes Jahr den anderen Adventskalender beziehe und ein paar Jahre an der Fastenaktion 7 Wochen anders leben teilgenommen habe. Dort habe mich für den Newsletter eingeschrieben. Er kommt aber erst heute Abend.

Das passt ja alles irgendwie. Gestern Abend habe ich einen aus der Mediathek ausgeliehenen Film gesehen, eine Doku über mehrere Pilger, die den Weg nach Santiago del Compostela gelaufen sind. Die Besonderheit ist, dass alle den Weg alleine liefen und sich nicht den zahlreichen Gruppen angeschlossen haben.

Und auf dem Weg, während der langen Wandertage mit ihrer Wut, ihrem körperlichen Schmerz, mit Krankheit (wundgelaufen, Blasen, Knieschmerzen, einer der Wanderer bekam unterwegs sogar einen Herzinfarkt – und wurde gerettet) ihren Tränen, und ihren Ängsten konfrontiert wurden. Ein Wanderer fand abends keine Unterkunft, lief eine zusätzliche Strecke und fand wieder keine Unterkunft, und schlief zum ersten Mal in seinem Leben unter freiem Himmel, zunächst voller Angst, und er war dann von der Stille und dem Sternenhimmel über ihm beeindruckt und schlief tief und fest. Während man einer anderen Pilgerin im Schlagfsaal das Portemonnaie gestohlen hat. Fassungslosigkeit, Wut, Tränen. Aufgeben? Weiterlaufen? Ohne Geld und mit Knieschmerzen unter strömendem Regen? Warum tut man sich das an? Alle wurden mit sich selbst konfrontiert auf diesem Weg – das ist ja auch der Sinn, weniger das tüchtige Wandern und das Ankommen, also zumindest sehe ich das so. Und sie wanderten und hatten manchmal Angst, verliefen sich, fühlten sich einsam, schwach und heulten, jammerten, fluchten, klagten, hatten Schmerzen, nicht durchgängig, aber immer wieder, wurden entttäuscht und dennoch liefen sie weiter und erlebten dann auch Momente voller Glück allein in der Natur, Stille, magische Momente in einer unansehnlichen Kirche oder auf einer Lichtung oder sie trafen punktuell Menschen, die halfen, stützten oder aufmunternd lächelten. So ist das Leben. Das ganze Leben. Und Heulen, Jammern, Angst spüren und sich einsam fühlen gehören dazu. Wenn man diese unangenehmen Zustände nicht immer nur wegschiebt, indem man sich ununterbrochen beschäftigt und ablenkt, wenn man zulässt, all das zu fühlen in all seinem Schmerz, dann merkt man, dass es einen gar nicht so weit hinabzieht. Irgendwo ist Grund, es ist dunkel und schmerzhaft, man weint viele Tränen, aber es geht weiter. Es geht immer weiter. Vielleicht sollten wir die Ausgangssperre als eine Art Pilgerpfad-Zeit ansehen.

Ok, das war schon das Wort zum Sonntag. Heute gabs bei uns Aioli. Ich habe nur knapp 15 Jahre gebraucht, um dieses typisch provenzalische Gericht selbst zu kochen. Als es das zum ersten Mal auf dem Hof gab, war ich schon im Vorfeld verblüfft, dass man dieses komische Brett von trockenem Fisch 24 Stunden lang in fließendem Quellwasser entsalzte. Das kann man in der Stadt nicht essen, dachte ich. Wenn ich dort 24 Stunden lang Wasser laufen lasse, kostet mich das eigentlich einfache Essen ein Vermögen. Der trockene Fisch, Stockfisch, luftgetrockneter, eingesalzener und somit konservierter Kalbejau oder Dorsch wird unter fließendem Wasser entsalzen und weich, bleibt aber leicht salzig. Dazu gibt es dampfgegartes oder gekochtes Gemüse, es passt, was man gerade da hat: Karotten, Zucchini, Lauch, Blumenkohl, ein paar Kartoffeln und hartgekochte Eier. Das alles wird mit einer ordentlichen Menge der dem Gericht namengebenden Aioli, einer Art Knoblauchmajonnaise, gegessen. Als ich das zum ersten Mal vorgesetzt bekam, fand ich es noch unschicklich, mittags frischen Knoblauch zu verzehren. Man muss ja danach noch sozialisieren, dachte ich, und nahm daher nichts von der gelblichen Creme, sondern aß den salzigen Fisch und das fad schmeckende Gemüse so und verstand nicht, was daran so toll sein sollte. Alle anderen strichen die Aioli auf Gemüse und Fisch und schwärmten mit vollem Mund, wie köstlich es sei. Danach stanken alle nach Knoblauch, eigentlich das richtige Essen für Social Distancing, aber sie scherten sich einen Dreck darum, dass sie, wenn sie mit mir sprachen, eine Knoblauchfahne hatten. Ich war schockiert. Wie lecker alles wird, wenn man diese scharfe Aioli darüber streicht, erfuhr ich erst Jahre später, als ich mich traute, an einem helllichten Mittag frischen Knoblauch zu essen wie alle anderen. Aioli ist ein provenzalisches Wort, es besteht aus Ail und Oglio, also Knoblauch und Öl, und es ist nichts anderes. Nur dass noch ein rohes Eigelb dazukommt. Eine Aioli fest (und nicht flüssig) aufzuschlagen, ist eine Kunst. Ich habe es heute zweimal nicht geschafft, giftete Monsieur an, der mich natürlich nicht kritisieren wollte, aber natürlich doch etwas zu sagen hat, ohne jemals in seinem Leben eine Aioli aufgeschlagen zu haben, und am Ende habe ich die zweite flüssige Variante mit gekaufter Majonnaise verrührt, es war nicht perfekt aber immer noch ziemlich lecker, und der Gatte sagte nichts mehr sondern aß vergnügt und wischte die letzten Spuren Aioli mit Brot aus dem Schälchen.


Ein Artikel, der nochmal sagt, warum es hier in Frankreich so anders läuft als in Deutschland. Ich bin ja immer etwas verschämt, die Franzosen offen zu kritisieren. Hier aber spricht eine Französin, die in Deutschland lebt. Derselbe Text in Französisch.

Die Masken sind da! Sie gammeln wohl schon ein paar Tage im Briefkasten herum, normalerweise wirft der Briefträger die Post in den Türschlitz und alles fällt auf den Boden. Diese Masken aber wurden in den innen befindlichen Briefkasten geworfen, und ich fand sie heute nur zufällig. Sie sind grottenhässlich, riesig und sehen aus wie ein Stück Putzlappen.

Es gibt noch eine braune Maske, die aussieht wie ein Socken (es gab drei, für jede Partei im Haus eine, mit der dann die anderen abgeholt werden können). Ok, ich will nicht meckern, es ist ein ziemlicher Akt gewesen und der Bürgermeister reißt sich gerade den Allerwertesten auf für seine Stadt und seine Bürger. Wir haben in der Zwischenzeit die Freitags-Nathalie beauftragt, die bereit ist, uns ein kleines Dutzen Masken zu nähen (zumindest für die Übergangszeit bis es endlich wieder Einweg-Papiermasken geben wird, eines Tages). Problem ist, es gibt nirgends kein allerkleinstes Stückchen Gummiband mehr, sie kreiert also eine Variante ohne Gummi. Das Problem, das sich mit den wiederverwendbaren und waschbaren Masken stellt und weshalb der Gatte sie ablehnt, ist das aufwändige Wasch- und Trockenprozedere. Selbst ich, die ich guten Willens bin, dachte beim Lesen, das mache ich nicht. Und wer von den undisziplinierten Franzosen wird das machen? Die benutzten Masken in einer geschlossenen Plastiktüte aufbewahren und nicht etwa in die Schmutzwäsche werfen. Dann seine Waschmaschine für zwei Masken anwerfen, 30 Minuten bei 60°-95° waschen, die Maschine vorher und nachher mit Javel desinfizieren, die Masken (alle drei Schichten) müssen danach innerhalb kurzer Zeit komplett durchgetrocknet sein, dürfen aber nicht mit dem Fön trockengefönt werden. Also vielleicht trockengebügelt …

Das einzig sinnvolle sind Einwegmasken, sagt der Gatte, aber je nun … es gibt keine.

Bei Agnes trifft geht es heute um Rituale … löst viel bei mir Ritualhasserin aus :-)  Punkt 20 Uhr hupen gerade rituell die Schiffssirenen und lösen das abendliche Applaudieren ein. Ich applaudiere rituell aber nicht. In unserer Straße applaudiert niemand. Bei “Agnes trifft” wird die Sendereihe Alltag anders erwähnt. Kleine Szenen zu einem Thema aus verschiedenen Ländern. So was liebe ich ja. Danke dafür.

Dieses Lied habe ich den ganzen Tag schon im Kopf. Sie jetzt auch.

Danke für all Ihre lieben Kommentare! Ich hoffe, Ihr Tag war erträglich. Ich weiß von so vielen kranken Menschen, die quasi eine Quarantäne in der Quarantäne erleben und zusätzlich Schmerzen haben. Es ist ein Elend. Seien Sie behütet. Und alle andern auch, klar. Bleiben Sie alle so gesund und munter wie Sie können, und bis morgen! 

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Corona Tagebuch – Tag 39

Heute morgen zum ersten Mal unsicher, welcher Wochentag ist. Etwas, was andere ja schon länger zu spüren scheinen, hatte ich bisher eher selten. Zu gut strukturiert vermutlich. Gestern haben wir bis sehr spät oder sehr früh, je nachdem, vor dem Fernseher gehangen, aber nach der neuen Miniserie auf arte mit Eric Cantonna kam noch ein spannender Film über eine in Syrien entführte deutsche Ärztin. Eher unübersichtlich die Situation in den diversen Krisengebieten, wo die Ärztin auch nicht dem richtigen Helfer vertraut, weil er so aggressiv und brutal wirkt, sondern dem wuschelhaarigen, eher sanften Typen. Falsche Entscheidung. Das alles hat mich aufgewühlt, ich schlafe spät und schlecht und komme heute entsprechend spät aus dem Bett und fühle mich wie Samstag.

Herrjeh, im Vergleich dazu, wie ist das alles so schön geordnet und übersichtlich bei uns, dachte ich nach dem Film und was für ein Glück wir haben, hier zu leben. Auch wenn die URSSAF, die Sozialversicherung, man spricht es übrigens wie ein Wort aus und buchstabiert nicht durch: Ührsaf, nicht UErEsEsAEf. Man macht aus allen Abkürzungen Worte, was es sie mir noch unverständlicher macht. SDEG heißt Sdeg, was so ähnlich klingt wie ein Steak, ist das Syndicat Départemental de Électricité de du Gaz. L’URSSAf also tut so, als habe sie meine Briefe nicht bekommen und schickt mir jetzt alle Unterlagen als Autorin mit Microentreprise zu. Es nervt. Ich soll so viel anderes tun, zusätzlich ein Briefstreit mit der Französischen Verwaltung, passt mir nicht in den Zeitplan.

Heute erstmals die Wäsche draußen aufgehängt, und auch nachmittags, zur zweiten Wäscheserie, die Vögel in einer Lautstärke zwitschern gehört, die schon fast frech erscheint. Und zusätzlich den weit entfernten Lärm der Baustelle. Normalerweise hört man vorne, vor lauter Straßenlärm, und hinten, wegen der Wasserspiele im Park, gar nichts anderes. Es ist immer noch so ruhig, obwohl schon deutlich mehr Autos fahren, ich stelle mich nicht mehr in die Mitte der Straße zum Fotografieren! Und der Staubfilm in der Wohnung ist auch nicht weniger geworden.

Bisschen Internet, zwei Mails, ein neues Projekt, super, aber wann soll ich das alles machen? Vor allem die Technik kapieren?! Ich dreh mich um und schon ist es mittags. Es gibt mein absolutes Lieblingsessen, Spaghetti Aglio, Olio, Peperoncini und Crevetten. Schnell, easy, saulecker. Kann es immer kaum fotografieren, weil schon aufgegessen.

Danke auch für das Rezept für “Caviar d’Aubergine”. Ich probiere das gerne einen Tag. Als ich das zum ersten Mal, angekündigt wie eine Delikatesse sondergleichen, vorgesetzt bekam, bei einem Freund, der auch schon nicht mehr lebt übrigens, erwartete ich ein wahres Wunder: Kaviar aus Auberginen, hmmm. Und dann sah ich es und lachte fassungslos auf. WAS? Dieser kalte graue Brei ist es jetzt? Das ist KAVIAR d’Aubergines? KAVIAR! Weder die Konsistenz noch die Farbe noch sonst irgendwas daran erinnerte an KAVIAR und naja, es war essbar, aber es schmeckte wie ein kalter grauer Brei. Das Auge isst mit, immerhin. Die Franzosen nennen jedes pürierte Gemüse Caviar. Man isst es zum Apéro und stippt Chips ein oder streicht es auf gegrillte Brotscheiben. Dip würde man bei uns auf Neudeutsch sagen. Gemüsematsch. Brei. Dickliche Soßen. Mus. Auberginenmus. Na gut.

Pastour, der Maler. Ja, da gäbe es gerade auch eine sehr schöne Ausstellung in Cannes, dieser Provinzstadt. Diese Stadt hat auch andere Ecken, aber da komme ich gerade nicht hin. Man hält sich ja an seinen Kilometer-Auslauf und saust nicht in der Gegend herum. Wozu auch, gibt ja eh nix. Aber mein täglicher Stadtteilblick auf das provinzielle Cannes und die Cannois beeinflusst sicher das Leben meines Kommissars. Die Pastour-Ausstellung, die jetzt ungesehen hängt, wird hoffentlich verlängert. Wir haben sie glücklicherweise schon Anfang des Jahres gesehen.


Lehrer der Ricarda Huch Schule in Braunschweig schicken einen Gruß an SchülerInnen und LehrerInnen. Nett was? Danke an Markus Franz!

Mehr geht heute nicht. Ich habe mich ein zweites Mal umgedreht und schon ist es Abend. Qu’est-ce qu’on mange chérie? Ich weiß es doch auch nicht. Guten Abend in die Welt gewünscht! Hoffe, Ihr Tag war froh und so gesund wie möglich. Bis morgen! Sie wissen schon ….

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Corona-Tagebuch – Tag 38

Die Sonne scheint wieder! Ich beschließe, früh auf den Markt zu gehen. Ich möchte nicht am Wochenende dorthin, ich befürchte, dass dann dort zu viele Menschen herumtingeln. Donnerstag früh, 9 Uhr, scheint mir ein perfekter Moment zu sein. Ich nehme einen anderen Weg als üblich. Man braucht etwas Abwechslung bei den Mini-Ausflügen. Und ich entdecke, dass an/in der Großaustelle gearbeitet wird. Hier wird eine neue Wohnanlage entstehen. Das Projekt zieht sich seit über zehn Jahren. Jetzt ist das ehemalige Viertel komplett abgerissen und es wird gebaut. Und ich bin heilfroh, jetzt nicht hier zu wohnen. Zu Hause bleiben müssen mit Baulärm in der Nachbarschaft wäre mir ein Graus.

Als erstes entdecke ich einen Décrottoir. Dann schöne Häuser, die Villa Aloha und Le Clos Azur, von denen ich den oberen Zugang kenne, er geht von der Avenue de Grasse ab. Unter dem lückenhaften Aloha steht dort “Le Nid”, “das Nest” eingraviert. So hieß die Villa wohl vorher. Im Viertel wird schmerzlich eine Katze vermisst.

Es geht eine Treppe hinunter und bergab, ich wähle die Rue Louis Pastour, hier hat der Maler Louis Pastour früher gelebt. Sein (ehemaliges) Wohnhaus liegt heute schräg gegenüber der Feuerwehr und der Parkhauszufahrt. Ich quere die Schnellstraße (bei Rot, es ist aber weit und breit kein Auto zu sehen), gehe die Treppe hinunter. Überall riecht es frisch nach Chlor.


Der Markt ist ein Schock. Abgesperrt klar, aber so wenige Händler und kaum einer der regionalen Erzeuger. Ich stehe einen Moment an, zum ersten Mal wird mein Ausgangsdokument angesehen, ich bekomme Fieber gemessen und die Hände desinfiziert. Dann muss ich mich entscheiden, ob ich Fisch will oder Gemüse, die Wege trennen sich hier. Ich will Gemüse und darf mich außerhalb des vorbereiteten Rundwegs bewegen, weil wir so wenige Kunden sind. Eine meiner Gemüsehändlerinnen ist immerhin da. Ich stehe kurz an, zwei Damen sind vor mir. Ich muss mich zusammenreißen, dass ich nicht schluchze, als ich dran bin. Wir lächeln uns hinter unseren Masken an. Sie bedient mich, früher durfte man einfach eine Schüssel nehmen und selbst auswählen, das geht derzeit nicht. Ich kaufe einen winzigen Blumenkohl, erste Zucchini, Mairübchen und die ersten Erbsen. An einem anderen Stand finde ich Artischocken, Avocado und Spargel und spanische Himbeeren, die heimischen Erdbeeren sehen zu blass aus, es hat ja auch geregnet die letzten Tage. Eier nehme ich an einem weiteren Stand mit. Das wars für heute.

Bei Monoprix bekomme ich auch Fieber gemessen, es dürfen nur fünf Kunden gleichzeitig im Laden sein, steht zumindest an der Tür, ich darf hinein, aber ich fürchte, wir sind dennoch mehr als fünf, plus die Menschen, die Regale auffüllen, die Kassiererinnen und der Sicherheitsmensch; niemand desinfiziert die Körbe oder die Wagen, also packe ich die Einkäufe in meine eigene Tasche; leckeren Saft, Kaffee, Schokoladennachtisch und einen Mozzarella. Beim Tierarzt erwerbe ich Katzenfutter, und den Rest meines (Klein-)Geldes teile ich gerecht unter zwei wohnsitzlosen Frauen, die am Eingang zum Parkhaus ihren angestammten Platz haben. Mit dem Aufzug des Parkhauses fahre ich hoch und spare mir so ein Stück der Steigung.

Zuhause liegt Monsieur im Bett, er hat sich einen Muskel gezerrt oder vielleicht auch gerissen, es habe “klack” gemacht beim Rudern, sagt er. Ich binde ihm einen kalten Gelbeutel um den Oberschenkel, wir telefonieren mit der Tochter, die uns eine elastische Binde vor die Tür stellt.

Dann lese ich erneut die Auberginenrezepte und mache eine Mischung aus der türkischen Pfanne und dem italienischen Gratin. Die türkische Pfanne (mit Rinderhack) bekommt einen Mozzarella und geriebenen Parmesan drüber und wird in den Ofen geschoben. Dazu gibts Nudeln. Es riecht köstlich, wird auch lecker, einen Tick zu flüssig vielleicht, ich habe im letzten Moment noch Rinderbrühe angeschüttet, weil ich Angst hatte, dass die Auberginen pappig bleiben, das sind sie nicht, sie sind schmelzend, haben aber so gut wie keinen Geschmack findet Monsieur, also ich bin, was den Geschmack von Auberginen angeht, eh unsicher, aber ja nun, es ist nicht ihre Saison, ich denke, das ist so wie mit den Tomaten, die besten gibts erst im Spätsommer. Aber: Ich kann das jetzt, hüpf, freu, danke! :D Eine Aubergine bleibt mir, die wird vielleicht gegrillt.

Gestern Abend in einer Sendung große Bewunderung für Deutschland. “Was für ein Talent!” sagte bewundernd Anne Sophie Lapix, eine beliebte Nachrichtensprecherin, nachdem man uns die (erste) Rede Angela Merkels und die Ansprache von Herrn Steinmeier vorgespielt hat: “in dieser Krise, die das Schlechteste und das Beste in uns zum Vorschein bringe” sollen wir “das Beste geben, auch für Europa”. Ich höre das auch zum ersten Mal und bin ein bisschen stolz. Alle Journalisten sind sprachlos über die wenigen Toten in Deutschland, und das ohne Ausgangssperre. Die Auslandskorrespondenten werden zum “Wunder von Deutschland” befragt. Es ist ein bisschen das, was Wolfram neulich in seinem Kommentar sagte: Angela Merkel erklärt sachlich die Umstände, die Menschen hören ihr zu, die Deutschen haben Vertrauen in die Regierung, zumindest mehr, als die Franzosen in ihre. Es gäbe in Deutschland auch Gegenstimmen, aber keine generelle Gegenbewegung: in Frankreich sagt die Regierung etwas und sofort sind alle dagegen und regen sich auf. In Deutschland höre Angela Merkel auf Christian Drosten, der heute als der sehr diskrete “Mister Corona” in den französischen Zeitungen vorgestellt wird. Ein “Held” sei er, heißt es an anderer Stelle. Was für ein Glück, eine promovierte Physikerin als Kanzlerin zu haben, heißt es, die in der Lage ist, wissenschaftlich zu denken und ihrem Chef-Virologen zuzuhören. Außerdem seien die Deutschen reaktiver, es gäbe noch eine deutsche Industrie und das Gesundheitssystem sei schlicht besser “aufgestellt”. Es gebe Tests, Masken, die Krankenhäuser haben mehr Betten und sind besser ausgestattet. Auch die Bevölkerung sei vernünftiger und müsse nicht mit einer Ausgangsperre diszipliniert werden. Man hört ebenso mit Staunen, dass dort vor den Supermärkten Sicherheitsleute stehen, die nicht nur Fieber messen und die Kunden einzeln hineinließen, sondern auch Handschuhe verteilen und die Einkaufswagen desinfizieren! Was es alles gibt! So siehts aus. Große Bewunderung, aber seien wir ehrlich, Deutsch sein will natürlich doch keiner. Die Franzosen sind wie dieser undisziplierte zerstrittene Haufen in dem kleinen gallischen Dorf, das den Römern trotzt. Und sie sind mächtig stolz darauf. Und naja, es ist schlimm mit den vielen Toten, aber so ist es halt und es wird auch wieder vorbeigehen. Ein bisschen was von diesem Fatalismus gibt es auch in der Kölschen Mentalität: et kütt wie et kütt. Und: et hätt noch immer jot jejange. Das erklärt vielleicht auch, dass die Rheinländer, die Franzosen unter den Deutschen, sich schon wieder in den Einkaufsstraßen drängeln. 

Gestern hatte auch Croco einen Artikel in ihrem Blog, der, wenn ich es recht verstehe, dasselbe sagt wie der französische, den ich verlinkt hatte: COVID19 ist auch eine systemische Gefäßentzündung.

Ein Polizist wurde bei einer Kontrolle von einem wütenden Mann nicht nur beschimpft (Gestapo!) sondern auch in die Hand gebissen und dabei stark verletzt. In den Altersheimen werden jetzt hier und da im Außenbereich Plexiglasscheiben aufgestellt und man kann seine Angehörigen, anlässlich eines Geburtstags beispielsweise, halbwegs sehen und hören, nur nicht umarmen. Der Schwiegersohn könnte wieder “auf Montage” arbeiten, aber es gibt derzeit keine Unterkünfte.

Gerade sprechen sie im Fernsehen davon, wie schwierig es sein wird, Theater und Kinos wieder zu öffnen, man wird nur die Hälfte des Saales füllen dürfen und zwischen den Seancen lüften oder desinfizieren. Problem sind die Klimaanlagen, die den Virus auch durch die Luft blasen. Die entweder ausgeschaltet werden oder nur zwischen den Seancen durchlüften sollen. Noch nicht zu Ende gedacht. Dabei warte ich so auf diesen Film! Ich mag Isabell Huppert oft nicht, die Rolle in diesem Film (der Krimi La Daronne von Hannelore Cayre ist toll!) aber passt zu ihr und scheint ihr wirklich Spaß zu machen.

Heute ist Welttag des Buches und ich will Ihnen nun nicht schon wieder meine eigenen Bücher zeigen. Aber welches sonst? Ich lese aktuell zwar Unmengen, aber keine Bücher und wenn, dann sind sie Rechercherelevant und das will ich Ihnen nicht zeigen. 

Hier ein paar Bücher, die neben meinem Bett lagern, in die ich gerne hineingeschaut habe. Wie gerne hätte ich Sur l’eau von Guy de Maupassant gelesen, ich bekam es von der Verlegerin des kleinen Mons Verlages geschenkt: eine kleine Auszeit auf dem Boot zwischen Antibes und St. Tropez, auf See, konzentriert auf sich selbst und das Meer, den Wind, die Wellen … wie passend für die Zeit der Ausgangssperre, dachte ich, allein, ich schaffe es nicht, mich auf den französischen Text zu konzentrieren, zu fremd die Worte, zu poetisch, es strengt mich zu sehr an. Ich blättere Seiten um und weiß nicht, was ich gelesen habe. Es gibt eine deutsche Ausgabe bei mare.

Gelesen, gerne und in einem Rutsch: Dörte Hansen Altes Land. Zwei Frauen, ein altes Haus und eine Art von Familie. Kennen Sie vielleicht schon, ich kannte weder die Autorin noch den Titel.

Ines Geipel Umkämpfte Zone. Mein Bruder, der Osten und der Hass. Hat mich sehr beeindruckt. Sehr klug. Hat mir aber auch gezeigt, wie wenig ich vom Osten weiß und verstehen kann.

Fatih Akin Im Clinch. Die Geschichte meiner Filme. Genau das und einfach toll. Bilder und Geschichten zur Entstehung seiner Filme. Toll, sagte ich das schon?

Olivier Bocquet/Jean-Marc Rochette Ailefroide. Altitude 3954. Wenn ich Französisch lesen will greife ich oft zu BD’s/Graphic Novels; geht leichter ist dennoch nicht banal. Ein verschlossener Junge entdeckt die Leidenschaft des Kletterns. Und wird am Ende doch kein Bergführer sondern …. Düster, aber packend.

Alexandra Horowitz Von der Kunst die Welt mit anderen Augen zu sehen. Elf Spaziergänge und das Vergnügen der Aufmerksamkeit. Mein großer Lieblingsklassiker, habe ich schonmal besprochen, und gerade wieder herausgeholt.

Und eine Librarian Rhapsody :D Hab ich schonmal erzählt, dass mein erster Berufswunsch Bibliothekarin war?!

Bis morgen! Lesen Sie, wenn Sie können, zuhause, im Lesesessel, im Bett, auf dem Balkon in der Sonne, oder wo Sie wollen. Und falls Sie rausgehen, passen Sie auf sich auf!

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Corona Tagebuch – Tag 37

Herzlichen Dank für Ihre Auberginen-Rezepte, ich habe heute dann mutig und motiviert zwei Auberginen erstanden, der Gatte ist hoch erfreut und dankt ebenso! Mal sehen, was ich morgen daraus mache. Ich werde berichten. Ich freue mich, dass es hier so lebendig ist, auch wenn ich nicht auf alles antworte, ich lese, lache und beherzige. Dass ich We’ll meet again nicht kannte, hat mich betrübt. Monsieur kennt es auch nicht, er ist schon ein Nachkriegskind, vielleicht liegt es daran. Aber tatsächlich wurde es kürzlich wieder gespielt, nach der Ansprache der Queen nämlich und ich habe mir heute mehrere Versionen angehört und auch die Informationen dazu gelesen. Und hier das Original.

Wir warten hier ja auf unsere erste Maske, die der Bürgermeister für alle Einwohner hat anfertigen lassen, und die gerade ausgeliefert werden, und mit der wie dann am 4. Mai (das wurde ausgelost) irgendwo die zweite Maske abholen können. Hier ging es neulich auch um Preise von Masken: uns wurden heute von einem Unterwäschehersteller, der auf Masken umgestellt hat, welche angeboten. Wir können sie als “gute Kunden” vorbestellen: 5 für den Preis von 40 Euro! Es sind diese selbstgenähten, mehrfach gefältelten Masken, für die es von Anfang an Anleitungen im Internet gab. Wir haben keine Farbwahl (gezeigt wurden welche in Rosa!) und geliefert wird (ohne Gewähr) irgendwann im Mai. Ich habe jetzt mal unsere Freitags-Nathalie gefragt, die auch gerade näht, ob sie sie zu diesem Preis herstellen kann. Oder welcher Preis ihr vorschwebt. Als ich ganz am Anfang mit den Masken von der schwäbischen Alb für etwa 10 Euro das Stück liebäugelte, tippte sich Monsieur an die Stirn. Das dürfe nicht mehr als ein paar Pfennige kosten, sagte er und verbat mir, diesen Wucher zu unterstützen. Jetzt, Wochen später, ohne die mindeste Maske, sind wir dann auch bereit 8 Euro für ein rosa Stoffläppchen zu zahlen. Dabei sagte die WHO heute, dass generelles Maskentragen kontraproduktiv sei, auch wenn ich den Beitrag gerade nicht mehr finde. Herr Bonelli hat auch Bedenken und spricht über die Psychologie der Maske.

https://www.youtube.com/watch?v=_ryfkVvHi04

Heute morgen bekam ich einen Beitrag zugeschickt, der (leider) auf Französisch ist, ich finde ihn aber so interessant, dass ich ihn hier trotzdem einstelle : Und wenn sich alle getäuscht hätten?!, lautet die Überschrift. Nein, es ist keine weitere Verschwörungstheorie, Ärzte haben nur festgestellt, dass 9 von 10 Patienten, die man beatmet, trotzdem sterben, (und der eine, der überlebt, in einem sehr schlechten Zustand ist) weil es sich ursächlich gar nicht um eine virale Lungenentzündung handele, sondern um eine Art Embolie, also um kleine Gefäßverstopfungen in den Blutbahnen, das heißt, es macht keinen Sinn, die Lunge zu beatmen, weil das Blut gar nicht erst in der Lunge ankommt. Also, das ist bisher alles nicht im großen Stil erwiesen, genausowenig wie die Studie mit dem Chloroxyne, aber es scheint, wenn man den Patienten Blutgerinnungsmittel und macrolide (?) Antibiotika verabreicht, geht es ihnen deutlich besser und sie können das Krankenhaus zumindest auf ihren Beinen stehend wieder verlassen. Ich bin keine Ärztin, ich weiß auch nicht, was macrolide Antibiotika sind, ich gebe es Ihnen mal so weiter, der Ansatz scheint Sinn zu machen und im Moment weiß ja keiner was genaues für gar nichts, scheint es.

Das ist ja heute sehr Corona-lastig, eigentlich wollte ich etwas über Müllmänner schreiben, aber was ich mir morgens überlege ist, bis ich abends dann wirklich schreibe, etwas komplett anderes geworden. Daher jetzt einen kleinen Schwenker zu etwas Positivem: Es gab Post heute! Hipphipphurrah! Handgeschriebene Briefe und vegane Glücksgummiherzen, wie toll! Danke! Und es gab den edlen Hochglanzkatalog des monegassischen Deutsch-Internationalen Clubs mit dem Jahresbericht und allen Veranstaltungen des letzten Jahres. Und ich mittendrin! Danke auch dafür!

Noch ein paar Tulpen aus Amsterdam …

Und noch etwas Ballett …

https://www.youtube.com/watch?v=NiM-x4fPFRI

Jetzt soll hier schnell noch Abendessen gezaubert werden. Bis morgen! Machen Sie, was Sie wollen, aber passen Sie auf sich auf!


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Corona Tagebuch – Tag 36

Heute geht alles ums Essen. In der heutigen Augabe von Nice Matin flehen die Restaurateure, dass man sie ihre Lokale wieder öffnen lässt. Essen zum Mitnehmen, um die Krisenzeit zu überstehen, wie es sogar in der deutschen Provinz üblich geworden ist, gibt es hier nicht. Oder nur hin und wieder. Ein Restaurant in Nizza bietet das wohl an. Warum manche das hier dürfen und dort nicht, ist wohl von den jeweiligen Gemeinden abhängig. In einer kleinen Bäckerei in einem Ort im Hinterland, wo man, das ist in Frankreich häufig üblich, seinen Kaffee zum Mitnehmen bekam, darf das Sandwich zum Mitnehmen zwar gekauft, der Kaffee aber nicht mehr verkauft werden.

Für die Restaurants machen sich jetzt auch die Chefs der Gastronomieführer stark, der Guide Gantie und Gault Millau. Sie fordern nicht nur eine schnelle Wiedereröffnung der Restaurants und Cafés, sondern auch Steuerbefreiung. Essen hat in Frankreich quasi religiösen Stellenwert, ich hätte auch vermutet, man die Restaurants relativ bald wieder öffnet. Aber die Lage in Frankreich ist noch weit von Lockerung entfernt, wir robben uns gerade, was die Todesfälle angeht, weltweit an die dritte Stelle vor. Über 20.000 Tote heute. Uns trennt nur noch ein sehr wenig von Italien und Spanien, wobei Mumbai gerade Spanien als stärkstes betroffenes Land erwähnte. Das erklärt vielleicht auch das coole Ambiente in Deutschland, wo es nur etwa 4000 Tote gab, bei über 145.000 positiv getesteten Fällen. Also Zahlen sind Schall und Rauch, ich will auch gar nicht im Einzelnen darauf herumreiten, aber so in etwa.

Der Chef des Gastro-Führers Gault Millau bittet die Franzosen darum, dass sie nach der Wiedereröffnung, so gut sie finanziell können, die Restaurants unterstützen mögen, um sie zu erhalten. Eigentlich muss man das den Franzosen nicht sagen, Essen gehen ist ein Nationalsport. Aber nun ja, alle sind von der Krise geschüttelt und das Budget ist knapp.

Alain Claude Sulzer gibt weiterhin kulinarische Lebenszeichen, diesmal geht es um die Aubergine, und das werde ich demnächst testen, mit der schwammigen Aubergine, dem Lieblingsgemüse des Gatten, wurde ich noch nie richtig warm. Es ist das einzige Gemüse, das ich wissentlich im Kühlschrank vergammeln lasse, wenn Monsieur es mir mitbringt, in der Hoffnung, das sich ihm etwas daraus zaubere. Niemals. Aber möglicherweise kann sich das ändern. Bei uns gab es heute Ofenspargel (grün) und ja, den gibt es hier schon, er ist regional und nicht holzig. Ich habe das schlichte und ultimative Spargel-schmoren-in-Papillote-und-im-Ofen-Rezept von Arthurs Tochter, der ich dafür auf ewig Dank schulde. Astrid peppt ihre Spargelrezepte immer weiter auf, brauchts für mich nicht, ich, wir lieben es schlicht. Aber selbstverständlich mit Vinaigrette, wie man es hier isst. Nix Béchamel. On est en France, wie meine Schwiegermutter, Gotthabsieselig, in dieser Frage spitz anmerkte.

Dazu gabs nochmal die köstlichen Lammkoteletts mit etwas Knobi und Rosmarin, und da die Kartoffeln verkocht waren, zerdrückte ich sie spontan zu Püree. Und da außerdem noch ein Rest Teig von neulich im Kühlschrank herumlungerte, gabs zum Nachtisch eine kleine Apfeltarte.

Und wenn Google Photos wieder arbeiten will, bekommen Sie davon auch ein Foto.

Und gleich gibts von den restlichen Spargel ein Spargelrisotto. Es muss aber noch gemacht werden, deshalb lasse ich Sie jetzt … 

Hier regnet es immer noch, vielleicht hilft dieses Lied.

Und wir werden uns wiedersehen. I don’t know when, I don’t know where, but we’ll meet again. Gefunden via Jens Rosteck.

Bonne soirée! Bis morgen. So gesund wie möglich und so zuhause wie möglich.

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Corona Tagebuch – Tag 35

Fünfunddreißig! Ich schreibe jeden Tag und die Zeit rast trotzdem davon. Wir haben noch drei Wochen Ausgangssperre vor uns, bis es ein bisschen lockerer wird. Sie haben mir gestern zahlreich geschrieben, dass es bei Ihnen in Deutschland noch gar nicht wirklich losginge heute, fake news, und in jedem Bundesland sei es anders, aber irgendwie ist das Öffnen des Einzelhandels und der Buchhandlungen doch ein Signal, auch wenn man nur einzeln in einen Laden darf (es heißt ja nicht umsonst Einzelhandel, kleiner Scherz, haha) und Abstand gehalten werden muss. Und Ikea zögert noch, ist aber schon im Gespräch. Eisdielen dürfen den Straßenverkauf öffnen. Restaurants bieten zumindest Essen zum Mitnehmen an. Ich sah irgendwo Fotos von (vielen) Leuten, die sich an der Isar in der Sonne aalten. Ich lese von einem Draußen-Leben in Köln, Küsschen rechts links wie früher, gemeinsames Spielen von Kindern, gemeinsames Bier von jungen Erwachsenen, ach komm, alles nicht so schlimm. Und bei Croco las ich, es kämen schon wieder Staumeldungen im Radio, und Leute mit Maske würden beim Einkaufen komisch angeschaut. Also aus meiner festen Ausgangssperren-Sicht, meine Lieben in Deutschland, sieht das alles schon sehr locker aus.

Hier wird noch überlegt wegen der zukünftigen Schulöffnung, bislang gibt es mehrere Hypothesen, wie es ablaufen könnte, sicher sei noch gar nichts, sagt der Premierminister; vielleicht soll es erst nur dort losgehen, wo die Corona-Situation weniger dramatisch ist, vielleicht werden die Klassen geteilt und bekommen nur ein über die andere Woche Unterricht in der Schule, vielleicht sollen andere Räume (Sporthallen) miteinbezogen werden und die Bürgermeister sollen ein Mitentscheidungsrecht bekommen, aber klar ist, man will die Schulen öffnen, weil 5-10% der Schüler ohne Internetzugang und ohne PC und damit komplett abgeschnitten vom Unterricht sind.

Maskentragen wird aber vermutlich Pflicht, zumindest in den Öffentlichen Verkehrsmitteln. Ab heute gibt es ein Besuchsrecht bei sterbenden Angehörigen.

Restaurants und Cafés bleiben weiterhin, auch nach dem 11. Mai, geschlossen, genau wie Hotels und andere Unterkünfte. Der Tourismus wird damit fast komplett runtergefahren. Un crève-coeur sei das, etwas, was einem das Herz brechen lässt, bedauert der Premierminister. Ich fand heute (via Tina E.) diesen Reiseblogger, der sich Gedanken über zukünftiges Reisen macht. Alles nicht lustig, zumindest für die, die beruflich damit zu tun haben.   

Aber blicken wir auf das Positive, die Buchhandlungen haben in Deutschland seit heute wieder auf! Das ist doch wundervoll! Und wissen Sie was? Heute kamen meine lang erwarteten Bücher an!

Man sieht ihnen den langen beschwerlichen Weg an, vermutlich mussten sie zwei Wochen Corona-Quarantäne an einem finsteren Ort ausharren, und sie haben auch ein bisschen geweint unterwegs, aber jetzt sind sie da! Großes Merci an den Verlag! Heute kann ich Ihnen natürlich kein Vollmondbild mehr damit basteln, der Mond hat schon wieder stark abgenommen und außerdem regnet es schon seit gestern, der Mond verbirgt sich abends und nachts hinter einer dicken Wolkendecke. Aber genauso ist es ja, das Wetter im April, und in diesem Kriminalroman. Im besten Sinne wechselhaft!

Aber etwas anderes, wundervolles ist, trotz Corona und trotz bislang geschlossener Buchhandlungen, passiert: “Vollmond über der Côte d’Azur” hat es auf die Spiegel-Bestsellerliste geschafft! Platz 27, wenn das nichts ist! Ich freue mich unbeschreiblich, das hätte ich dieses Jahr nicht erwartet. Großartig! Und das verdanke ich Ihnen, meine lieben Leserinnen und Leser! Ganz herzlichen Dank, dass Sie mein Buch auch unter diesen widrigen Umständen gekauft haben! Danke! Danke! Danke!

Aber: Ein Satz und ein Link noch zum Thema, darauf hatte mich Caro gestern schon aufmerksam gemacht, gesehen habe ich es eben erst. Nur weil es bei mir gerade ganz gut läuft und ich, so wie es aussieht, auch weiterhin Arbeit habe, bedeutet das nicht, dass der Buchhandel, die Verlage und alle, die daran hängen (AutorInnen, ÜbersetzerInnen, GrafikerInnen, DruckerInnen …) unbeschadet durch die Krise kommen werden.

Ich schaffe es derzeit nicht, alle Ihre Kommentare oder Mails einzeln, zeitnah und würdigend zu beantworten, aber ich lese jeden! Und freue mich auch über jeden! Und wenn ich X antworte und Y nicht, so will das nichts heißen, bitte glauben Sie mir, es ist alles ein Zeitproblem. Hier wird auch gearbeitet und telefoniert und auf allen Kanälen geschrieben und getippt und gekocht und gegessen und abends mache ich dann mal alle Konten zu.

Anbei Nizza und Aix-en-Provence “en confinement”. 

Damit lasse ich es für heute. Passen Sie weiterhin gut auf sich auf! Bis morgen! Drin und so gesund wie möglich.

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Corona Tagebuch – Tag 34 Sonntag

Es regnet. Morgens liest Monsieur farblich passend zum Sofa, die Katze träumt mit offenen Augen, auch sie hat ihre Fellfarbe dem Sofa angepasst. So sieht man all die Katzenhaare nicht. Praktisch.

Wir hören Moustaki und Aznavour.

Ich sitze am PC, ich soll was fertig kriegen heute. Mal sehen, ob ich es schaffe. Insofern geht heute der Gatte raus zum Metzger und zum Bäcker. Er füllt nicht mal seine attestation de déplacement aus. Es regnet, sagt er, da geht kein Flic raus. Ich bin besorgt, 135 Euro Strafe immerhin, wenn … aber er behält Recht. Ich habe in der Zwischenzeit schnell eine Wirsing-Ziegenkäse-Pinienkerne-Tarte gebastelt.

Monsieurs Tochter bringt mir jetzt immer ganz viel frisches Gemüse von regionalen Anbietern mit, weil ich neulich so dringend eine Gemüsekiste bestellen wollte und sie keine Lust hatte, noch irgendwohin zu fahren, um sie abzuholen. Dieses Gemüse, da fühle ich mich jetzt noch mehr verpflichtet, will ich in etwas Gutes verwandeln und will, dass wir es frisch essen. Wir essen die Tarte aber jetzt doch heute Abend, denn der Gatte will nicht mehr so lange warten, bis sie fertig ist. Hungrige Männer sind genauso ungeduldig wie hungrige Katzen. ESSEN! JETZT! Er hat Rinderfilet genre tournedos gekauft (wir geben ja sonst kein Geld aus, sagt er, da kann man schonmal das zarte aber teure Filet kaufen).

Das heißt, man dreht das Filet in der Pfanne gerade einmal um tourne-dos, schon ist es fertig. Also, es ist dann roh innen und so soll es hier sein. Dazu gibts Gnocchi, geht schnell, und die letzten zwei Artischocken, die essen wir hier roh mit Vinaigrette. ich habe schonmal gezeigt, wie man die isst, aber man hat ja auch neue LeserInnen, n’est-ce pas ;)

Der Teller wird mit einer Gabel, die man oben darunterschiebt, etwas geneigt, so dass man die Vinaigrette, in meinem Fall nur das Öl, wie in einer Vertiefung vor sich hat. Dort taucht man dann die einzeln abgezupften Blättchen ab.

Sie sehen, man zieht mit den Zähnen anfangs nur ein bisschen des “Fleisches” aus den Blättern; der Rest ist zu hart

Je weiter man nach innen kommt, desto zarter werden die Blättchen und desto mehr kann man davon essen.

Am Ende schneidet man den Artischockenboden in feine Scheiben und isst sie dann ebenso mit der Vinaigrette. Es ist ein bisschen bitter und man bekommt “stumpfe” Zähne. Ich finds lecker und es ist die praktischste Vorspeise, die es gibt. Alle machen alles selbst ;)

Die Tarte ist jetzt auch fertig – das Essen für heute Abend.

Der Gatte machte bereits die Sieste, ich sitze hier und schreibe, es regnet immer noch.

Nachdem Aznavour heute früh von den Comédien sang, hatte ich Lust auf Zirkus und siehe da, Le Cirque du Soleil schenkt uns 60 Minuten Spektakel, weil wir nicht zum Zirkus kommen können. Toll, oder?

Und noch ein kleines Video, CoronaVirus-Rhapsody, ist vielleicht schon ein paar Tage alt, ich gebs Ihnen aber mit, weil ich mitbekommen habe, dass es bei Ihnen (in Deutschland) morgen “wieder los” geht und so viele schon in den Startlöchern stehen. Endlich wieder raus und unter Leute, shoppen, Kaffee trinken, Essen gehen. So sehr der Einzelhandel, der Buchhandel, Cafés und Restaurants unsere Unterstützung brauchen, bitte respektieren Sie die Abstandsregeln und bleiben Sie vorsichtig, und vielleicht doch lieber noch den einen oder anderen Tag freiwillig zu Hause!

Schönen Sonntag noch! Bis morgen! Gesund und trallala und vielleicht sehen wir uns drin und hier!

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Corona Tagebuch – Tag 33

In Kürze die Schlagzeilen: Die 18 Millionen über 70jährigen bleiben nach dem 11. Mai nicht offiziell confiné, er möchte niemanden diskrimieren, sagt Macron, aber es wird ihnen empfohlen, freiwillig drin zu bleiben bzw. man appelliert an ihre individuelle Verantwortung. Bei der Police Nationale gibt es nun noch drei Fälle mehr, bei der Marine aber, Sie erinnern sich, da waren es gestern 680, sind es heute schon 1081 Fälle, die positiv gestestet wurden. Unser Bürgermeister bemüht sich derzeit, ein paar Franzosen und vor allem Cannois aus einem Kreuzfahrtschiff zu holen, die seit vier Wochen in ihrer Kabine festsitzen; das Kreuzfahrtschiff hängt irgendwo vor Sizilien fest und man will sie nicht anlegen lassen. Und, das tollste für mich: Die Märkte sind seit heute wieder geöffnet, Zugang allerdings nur in einem superkomplizierten Verfahren: Man wird nur in begrenzter Zahl eingelassen; steht (in langer Schlange) mit zwei Metern Abstand draußen an;  Fieber wird gemessen, Hände desinfiziert, (noch keine Maskenpflicht), es gibt nur einen mit Barrieren abgesperrten Vorwärts-Parcours, man kann nicht zurück, man darf sich die Ware nicht mehr selbst aussuchen, wird vom behandschuhten und Maskentragenden Händlern bedient, Stände in zwei Meter Abstand, das alles wird von der Police Municipale überwacht. Aber immerhin. Die Schlange und die Wartezeit waren lang, wie ich dem Internet entnehme, für viele waren es zu viele Menschen. Ich warte auf etwas Normalisierung, bis ich dort wieder hingehe. Monsieurs Tochter hat mir die letzten beiden Wochen absolut frisches Gemüse eines regionalen Anbieters aus dem Supermarkt mitgebracht, damit kann ich leben. Und: Das Filmfestival wird zwar abgesagt, aber es wird im Juni wenigsten den Marché, die Filmmesse, also den für uns in der Regel nicht sichtbaren aber viel wichtigeren Teil des Festivals, in einer Online-Version geben. Und hier sind immer noch alle aus dem Häuschen weil die Tour de France Ende August in Nizza starten wird: ein gutes Signal für eine heitere Rentrée heißt es.

Hier die Kanaldeckel von vorgestern (immer mit meinen Schuhen, Verzeihung); es gibt so viele! Und so viele verschiedene: rund, eckig, oval: Abwasser, Strom, Gas, Straßenbeleuchtung … Als ich im Internet suchte, stieß ich auf diesen Hobby-Fotografen, der sich auf Kanaldeckel spezialisiert hat. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Und vielleicht kennen Sie schon die Raubdruckerin, die mit/auf Kanal- und Gullideckeln T-Shirts und Taschen bedruckt?!

Ich habe die Fotos jetzt noch kleiner gemacht und hoffe, dass sie jetzt nicht mehr übereinanderliegen?! Bei mir sieht ja alles immer gut aus, aber nicht auf allen tablets und Handys. Wenn ich von Ihnen nichts höre, denke ich, dass es geklappt hat. Danke!

Und zum Abschluss wundervolle Musik, gefunden beim Podcast Agnes trifft. Merci!

Einen schönen Samstagabend! Bis morgen, gesund und trallalla!

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Corona Tagebuch – Tag 32

Heute Morgen um 5 Uhr wachte ich auf, weil plötzlich so viele Autos durch die Straße rauschten. Um 5 Uhr ist das nächtliche Ausgangsverbot, couvre-feu, zu Ende und alle waren gleichzeitig in unserer Straße unterwegs. So schien es mir zumindest. Ich schlief dann noch ein bisschen ein, aber es blieb ein Montagsgefühl wegen dieses Autolärms, diesem “es geht wieder los nach dem ruhigen Wochenende”. Wir sind früh am Morgen eine Stunde unterwegs gewesen, liefen im Ein-Kilometer-Radius über den Suquet bis ans Meer und zurück. Das Wetter ist nur so halb sonnig und es ist etwas frisch. Es sind insgesamt deutlich mehr Autos und mehr Menschen unterwegs als die letzten Male, auch wenn das auf den Fotos nicht so ausssieht. Und wir sehen Polizei, die am Hafen die Autos kontrolliert.

Wie Sie sehen, sind die Straßen überall noch nass von der Desinfektion. Ich habe mich an den Geruch schon so gewöhnt, dass ich ihn kaum noch wahrnehme. Das Geräusch der einzelnen Autos, die herumfahren oder manchmal auch drei und vier, empfinde ich hingegen als wahnsinnig laut.

Die Gullideckel bekommen Sie vermutlich morgen. Eilt ja nicht. Wir haben ja noch ein paar Tage.

Hier gibt es Petitionen von Eltern gegen die geplante Schulöffnung am 11. Mai; angeblich sind 90% der Eltern und Lehrer dagegen und sprechen sich für eine Rückkehr zur Schule erst im September aus. Die Restaurateure fordern hingegen, die Restaurants zu öffnen, da man dort sehr gut Abstand halten und nur jeden zweiten Tisch besetzen und maximal zwei Personen an einem Tisch akzeptieren könnte.

Ich warte auf die Petition der Senioren, denn es ist weiterhin im Gespräch, dass die über 70 Jährigen und die Menschen mit Vorerkrankungen weiterhin zuhause bleiben sollen. Ich finde das vernünftig, auch wenn gerade die Senioren, die “ihr Leben davonlaufen” sehen, es nicht drin halten wird. Monsieur ist über 70 und Risikopatient und er sieht der Öffnung mit gemischten Gefühlen entgegen. Und wo kann ich hingehen, ohne ihm das Virus mitzubringen? Zum Friseur? Wenn die Friseurin und ihre Kundinnen nicht getestet sind? Ich werde also aus solidarischen Gründen ebenso auch längerfristig zuhause bleiben, rester confiné, wie es hier heißt. 

Im Commissariat der Police Nationale sind 34 von 160 Polizisten positiv getestet; die Gewerkschaft der Polizei fordert das Gebäude in Quarantäne zu nehmen und 14 Tage zu schließen, da die Zahl der COVID-Fälle täglich zunimmt. Innerhalb der Marine sind knapp 700 Soldaten positiv getestet worden; angeblich hat man die ersten Fälle auf dem Flugzeugträger Charles de Gaulle nicht ernst genommen und die kranken Soldaten zurück in ihre Kabinen geschickt, anstatt sie zu isolieren. Andere durften ihre Familien besuchen und haben dort den Virus weiterverbreitet. Innerhalb einer Woche sind die Zahlen von 50 positiv getesteten Soldaten auf 680 angestiegen.

In der Zeitung gibt es heute eine Doppelseite über Menschen, die das Positive des Zuhausebleibens herausstellen und ein un confinement heureux leben. Da werden Fotos und Dias aus 50 Jahren Reise sortiert, gescannt und bearbeitet. Fotobücher werden gemacht. Jemand zeichnet die Blicke aus seinen Fenstern. Andere stricken und häkeln. Ein Engländer nimmt einen Intensiv-Onlinekurs zum Französischlernen. Und eine Dame macht einen Onlinekochkurs.

Beim Podcast Agnes trifft geht es um Musik und welchen musikalischen Impuls wir heute gehabt haben. Bei mir war es heute Christophe, ein französischer Sänger, der gerade gestorben ist. Ich wusste zunächst nicht, wer er ist, auch als ich das Foto des verlebten Mannes mit dünnen langen Haaren sah, war ich keinen Deut schlauer. Seine Songs, zumindest einen Teil derer, die heute den ganzen Tag liefen, kannte ich aber schon. Christophe ist vielleicht in Deutschland gar nicht bekannt, aber seine Songs werden in französischen Radiosendern häufig gespielt. Hier gibt es ja die Verpflichtung, einen gewissen Anteil französischer Musik bei der Musikauswahl zu berücksichtigen.

So viel für heute. Ich hoffe, Sie hatten einen guten Tag. Wir lesen uns morgen wieder, gesund, so hoffe ich, und drinnen!

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Corona Tagebuch – Tag 31

Vielen herzlichen Dank für alle Ihre Kommentare zum letzten Tagebucheintrag und den erläuternden Gastkommentar von Wolfram, der die Situation in Frankreich grundsätzlich beleuchtet.

Ich wollte gestern nicht so betrübt klingen, wie es wohl den Anschein hatte. Ich kann nur wiederholen, was ich schon ganz zu Anfang der Ausgangssperre schrieb: wir sind in einer privilegierten Situation; wir haben eine ausreichend große Wohnung, haben Strom und warmes Wasser und Internet (das allerdings und insbesondere abends schwächelt, grrr, aber grundsätzlich ist es da), wir sind gesund, bekommen eingekauft und vertragen uns. Für mich persönlich hat sich gar nicht so viel geändert, ich saß schon immer die meiste Zeit drin und am Esstisch und schrieb, selbst bei bestem Wetter. So auch jetzt. Der pensionierte Gatte war auch vorher schon zu Hause. Die Katze hat es sowieso am liebsten, wenn wir alle da sind und zu ihrer Verfügung stehen (Fressen, Streicheln). Ich habe nur grundsätzlich das Thema, diese Zahlenhysterie und das Gezänk überall satt. Alle wissen alles besser, meckern über die Maßnahmen, die “natürlich” nicht angemessen sind und über die Politiker, über “die da oben” und vor allem über Macron (siehe Kommentar von Wolfram). Und diese Verschwörungstheoretiker, die glauben, dass es diesen Virus nicht gibt, und dass die Ausgangssperre nur ein Test ist, um zu sehen, was man mit uns noch alles machen kann. All das habe ich satt. Vier weitere Wochen zuhause, die werden wir hinkriegen. Der Ein-Kilometer-Radius, erscheint mir nicht so dramatisch, weil er uns immerhin bis zum Meer führt. Ansonsten rudere ich jetzt neuerdings auch im Hinterhof.

Gerade aber wird im Fernsehen erörtert, dass die Menschen über 70 zu ihrem eigenen Schutz bis Ende des Jahres zu Hause bleiben sollen! Wenn sie das hier durchsetzen, das stelle ich mir dann tatsächlich anstrengend vor.

Im Internet bin ich heute gleich zweimal über den Aufruf zur deutsch-französischen Grenzöffnung gestolpert. Die Deutschen, die an der französischen Grenze leben, aber wollen das nicht. Da gibt es Handgreiflichkeiten, man wirft Eier auf die Franzosen und beschimpft sie, sie sollten in ihrem Corona-Land bleiben.

Bei Herrn Buddenbohm bin ich heute über eine amüsante Geschichte über das “wer drückt auf den Ampelknopf in Zeiten von Corona” gestoßen. Das würde ein guter Comedie-Akt, wenn ich hier je so etwas machen möchte: Deutsche an der Ampel. Franzosen an der Ampel. Ich hatte da schonmal drüber geschrieben, aber ich finde es nicht mehr, aber Franzosen an der Ampel gibt es so gut wie gar nicht. Oder nur kurzzeitig, dann sind alle schon losgelaufen, ohne auf irgendwelche Knöpfe zu drücken. Und von wegen “Nur bei Grün der Kinder wegen!” – ich war häufig die einzige, die wegen irgendwelcher Kinder stehenblieb, während deren Mutter sie schnellschnell bei Rot hinüberscheuchte. In Frankfurt hat man Monsieur und mir empört hinterhergerufen, dass es “Hallo! So aber nicht gehe”, als wir bei Rot die Straße überquerten. “Was wollte er?”, fragte Monsieur. “Dass wir nicht bei Rot gehen sollen”, erklärte ich. “Quoi?” Monsieur wollte es nicht glauben.

Croco und ich, wir haben gestern (unabgesprochen und jede bei sich) “Drei Tage in Quiberon” gesehen, ein Film über ein Interview mit Romy Schneider. Croco findet Marie Bäumer nicht überzeugend, Monsieur schlief sogar dabei ein. Nur ich, die ich den Film hier schon seinerzeit im Kino gesehen habe, bin auch zum zweiten Mal davon gefangengenommen.

Croco schreibt dann, wie sehr sie die zugebaute Côte d’Azur schockiert hat, die sie in den von mir verlinkten Filmen gesehen hat. Mich hat das Mitte der Achtziger Jahre schon schockiert, als ich zum ersten Mal an der Côte d’Azur war. Ich dachte, auch darüber bereits geschrieben zu haben, aber auch das finde ich gerade nicht mehr. Mitte der Achtziger reiste ich mit meinem damaligen Freund langsam von Dorf zu Dorf und von Campingplatz zu Campingplatz und peu à peu in den Süden. Wir paddelten auf der Ardèche mit einem Klepper Faltboot herum und da waren damals schon viele Menschen und dennoch war es wundervoll. Wir wanderten durch die Gorges du Verdon und saßen auf lauschigen Platanenbestandenen Plätzen in kleine Dörfern herum. Und ich wollte von Anfang an nur an die Côte d’Azur. Ans Meer! Mir ging es nicht schnell genug, auch wenn ich unseren Urlaub durchaus mochte. Und dann waren wir endlich da und ich war entsetzt. Das Meer war privatisiert, nur an ein paar hässlichen Ecken war es ohne Liegestuhlzwang zugänglich. Es war voll und laut, die Buchten eng, das Essen teuer und die Kellner unfreundlich. Das ist die vielgepriesene Côte d’Azur? Das Mittelmeer? Ich heulte vor Enttäuschung. Bei Bandol (das war uns damals noch als Geheimtipp angepriesen worden) fanden wir endlich einen Platz auf einem Campinggelände. Auch dort war es voll, es war ein Bikerwochenende und Motorräder überall. Und ein lautes Ambiente auf dem Platz. Am nächsten Tag standen wir auf der Küstenstraße stundenlang im Stau. Ich hatte extrem schlechte Laune. “Da hast du doch so unbedingt hingewollt”, sagte der Freund ein bisschen süffisant. “Ja, aber jetzt will ich weg hier”, maulte ich. Wir fuhren erneut landeinwärts und schon 15 Kilometer hinter der Küste war es wieder ruhig, die runde Besitzerin des kleinen Restaurants, auf dem erneut im Schatten einer Platane liegenden Platz, so herzlich, das Essen üppig und nicht zu teuer, alles so wie man sich klischeemäßig das ländliche Frankreich vorstellt. Nie wieder Côte d’Azur, sagte ich damals.

Ich habe heute Gullideckel fotografiert, die kriegen Sie vermutlich morgen. Der gesenkte Blick nahm auch all die Hundehaufen wahr. Schrecklich. Niemand nutzt mehr die Tüten, scheint es. Die Haufen fotografiere ich Ihnen aber nicht, auch wenn das ebenfalls sehr französisch ist.

Kein französisches Lied, aber so voller Nach-Corona-Hoffnung. Ich finde viele Musikstücke übrigens via Vonny Marshall-Edwards.

Die Katze maunzt, der Gatte lief auch schon nervös an mir vorbei. Qu’est-ce qu’on mange? steht unausgesprochen im Raum. Ich eile in die Küche. Einen guten Abend zuhause! Passen Sie auf sich auf! Bis morgen!

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