12 von 12 im Februar 2024

Zwölf Fotos vom zwölften Tag des Monats zu veröffentlichen – dazu fordert uns seit vielen Jahren Caro vom Blog Draußen nur Kännchen auf. Dann wollen wir mal.

Heute ist in Deutschland Rosenmontag – kennt man hier nicht, und von Karneval, Fastnacht oder Fasching ist hier nichts zu spüren. Ich biete Mimosen und Meer. Hier der Blick aus dem Fenster mit der von Regen und Sturm nun schon etwas gebeutelten Mimose.

Wir frühstücken – das ist hier immer sehr unspektakulär, stehend in der Küche. Heute gibts Orangenkonfitüre-Verkostung, ich habe gestern Abend noch einmal eine weitere Fuhre Marmelade gekocht. Es ist immer dasselbe Rezept, trotzdem findet Monsieur die zweite Marmeladenversion (noch) besser als die erste.

Wir gehen an den Strand, mettre les pieds dans l’eau, erstmals in diesem Jahr tauchen wir die Füße ins Meerwasser. Ich ziehe meinen Badeanzug an, man weiß nie, vielleicht tauche ich den ganzen Körper ein. Auf dem Weg zum Auto, steht eines der zig kleinen “Playmobil-Autos” wie ich sie nenne. Ein Citroen Ami – ein Elektrozweisitzer, der ohne Führerschein gefahren werden kann, es ist DAS Auto der Gymnasiasten der upper-class. Vor jedem Lycée stehen zig dieser Kistchen, manchmal quer zur Straße in einem schmalen Platz, viel häufiger aber findet man die winzigen Autos mitten in einer großen Parklücke. Ohne Führerschein meint auch, ohne Erfahrung im Parken.

Am Strand gehe ich dann nicht richtig ins Wasser, es sind zu viele Wellen. Aber es ist sooo toll und wir laufen am Strand entlang. Ich konnte mich nicht entscheiden, welches das schönste Foto ist, deshalb bekommen Sie mehrere.

Natürlich sammeln wir auch wieder Müll. Nach zwei Regen- und Sturmtagen gibt es viel davon am Strand. Dieses Foto gibt es, weil der Müll farblich so schön passt, haha.

Wieder zuhause mache ich Mittagessen. Radieschen zum Entrée, danach gibts Thunfisch und Nudeln (Trofie) in Tomatensoße, Käse und ein Fertigdessert.

Sieste, heute ohne Bild. Ich schlafe wirklich ein – das Laufen am Meer und gegen den Wind hat mich müde und muskelkaterig gemacht. Man wird ja bekanntlich nicht jünger, seufz.

Monsieur begleitet ein Familienmitglied zu einem Krankenbesuch ins Krankenhaus nach Nizza. Ich verbringe den Nachmittag vor und am PC, denke nach, schreibe und beantworte Mails. Melde mich nebenbei noch schnell zur diesjährigen Fastenchallenge an. Es ist wirklich erstaunlich, wie sehr mich dieses gemeinsame Ausmisten motiviert. Ich weiß, dass ich nicht jeden Tag dabei sein werde, aber etwas geht immer!

Teatime. Heute mal die romantische Version und mit selbstgebackenem Quatre-quart, ein Rührkuchen.

Gestern habe ich spontan meine kleine Kamera aus der Versenkung geholt und eben gerade habe ich mir ein Handbuch bestellt, sie hat mich nämlich von Anfang an überfordert und ich will jetzt lernen, mit ihr korrekt umzugehen. Auch wenn die Handy-Bilder-Qualität natürlich für Social Media und auch für hier vollkommen ausreicht, so habe ich die breiig-unscharfen Bilder des Handy manchmal satt, insbesondere Zoomen geht gar nicht.

Monsieur ist zurück. Keine guten Nachrichten. Das Leben ist manchmal unerträglich.

Zum Abendessen gibt es die Reste von heute Mittag: Trofie mit Tomatensoße, Käse und Vanillejoghurt, aber ich habe vergessen, es zu dokumentieren.

Es fehlt ein zwölftes Bild. Sie bekommen Leonard Cohen.

Danke, wenn Sie meinen Tag angesehen haben. Die anderen 12 von 12er finden Sie verlässlich bei Caro Kännchen. Huch, da sind schon über hundert!

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Der Süden ist blau: im Februar am Meer

unbekannter Hund

Nach vierundzwanzig Stunden Wind und horizontal an unsere Fenster gepeitschtem Regen, nachdem es bei uns durch die Decke regnete, die Äste und Blüten der Mimose so nass und schwer nach unten hingen, als sei sie eine Trauerweide und sich Monsieurs Bridgepartnerin abmeldete “bei diesem Wetter ginge sie nicht aus dem Haus”, etwas worüber ich mich früher lustig gemacht habe, für das ich jetzt aber durchaus Verständnis habe, denn ja, warum soll man bei so einem Wetter rausgehen (wenn man nicht unbedingt muss, wohlgemerkt), wenn es nur einen Tag später wieder sonnig, mild und blauhimmelig ist? So wie heute.

Ich freue mich ja immer, wenn ich Ihnen das tägliche Meer etwas anders zeigen kann. Heute also lag meterhoch die Posidonie am Strand in Moure Rouge, dem östlichen Stadtteil von Cannes. Die Posidonie ist keine Alge, sondern ein Meergras, das gaanz langsam wächst und quasi die Lunge des Mittelmeers ist. Seitdem ich weiß, wie wichtig dieses Pflänzchen für das Ökosystem ist und dass es auch im trockenen struppigen Zustand am Strand liegend noch hilft, diesen vor dem Weggeschwemmt werden zu bewahren und deswegen zumindest in der Wintersaison da liegen bleiben darf, mag ich die buschigen Schwänzchen, die stacheligen Bällchen und die trockenen Gräser richtig gern. Ich finde auch nicht, dass sie schlecht riecht, aber die neuen Anwohner in den zunehmend schickeren Häusern des alten Stadtteils (ein ehemaliges Fischerdorf, hier gibt es auch einen kleinen Hafen) mögen sie nicht. Die haben häufig wenig Sinn für Ökologie und Natur, die wollen nicht über den elastischen Meergrasboden laufen und staunen, sondern sich ganzjährig an einem “sauberen” Strand sonnen. Nun, im Moment liegt sie noch da, die Posidonie und ist an manchen Stellen hoch aufgetürmt und sieht ein bisschen aus wie (kleine) Steilküste. Ich mag das.

Es war ein klein bisschen windig, ein paar Segler waren unterwegs, aber der Kiter hat es bald aufgegeben und landete am Strand: Flaute.

Schön oder?

à bientôt

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WmdedgT Februar 2024

WmdedgT steht für “Was machst du eigentlich den ganzen Tag” und das will Frau Brüllen an jedem Monatsfünften von uns wissen. Tagebuchbloggen nennt man das auch. Langjährige LeserInnen wissen das natürlich alles schon.

Um acht Uhr wache ich auf. Ich konnte gestern Abend lange nicht einschlafen, dachte immer noch an “Zone of Interest”, um ein Uhr morgens nahm ich etwas ein. Freundlicherweise hat Monsieur mich dann nicht früh geweckt.

Ich mache ein paar Dehnübungen im Bett, dann stehe ich auf, koche mir Kaffee und bereite uns beiden Marmeladenbrote mit der bitteren Orangenmarmelade zu. Monsieur hält mir schon einen Brief entgegen, an dem er lange gesessen hat und den ich gegenlesen soll. Das mache ich, wir diskutieren darüber.

Dann koche ich mir eine Ladung heißes Wasser und gehe damit ins Bad. Nein, wir haben immer noch kein warmes Wasser im Bad, wir hoffen, dass der plombier heute das bestellte Teil bekommen wird und dann, wie versprochen, zu uns kommt, ansonsten gehe ich heute Mittag wieder ins Schwimmbad, denke ich; ich war gestern nicht schwimmen wegen Kino.

Ich setze mich an den PC, habe eine Mail bekommen, deren Beantwortung mich den restlichen Vormittag beschäftigt. Schon ist es Mittag, ich mache ein schnelles und pragmatisches Mittagessen: Rest der Mangoldtarte zum Entrée, Schweinekotelett und Tagliatelle, Ziegenkäse und eine Eiercreme (Fertigdessert).

Der plombier hat sich nicht gemeldet. Vielleicht morgen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Ich erfahre, dass Monsieur heute nachmittag Bridge spielen wird und dass ich ihn bitte dorthin fahren möge. Sein Bridgeclub liegt auf dem Weg zum Schwimmbad, kein Problem.

Kurze Sieste. Danach sehe ich alarmiert eine neue Mail aufploppen, die mich daran erninnert, dass ich den Abgabetermin für die Kolumne des Frankreichmagazins leicht überschritten habe. Ob der Text heute käme? wird immerhin noch ganz freundlich gefragt. Ups.

14.30 Uhr Kleiner Kaffee, danach fahre ich Monsieur zum Bridge; die Mimose steht nun in voller Blüte und nimmt mir den Atem, als ich aus der Haustür trete. Wie riecht die Mimose? Süßstaubig denke ich jedes Mal. Kann etwas staubig riechen?

Ich komme sofort wieder zurück, Schwimmbad ist nicht, ich muss den Text schreiben. Ich suche meine Notizen zusammen und beginne. Ich werfe alle Ideen zusammen, der Text ist dann wie immer doppelt so lang wie er sein soll (4500 Zeichen inkl Leerzeichen).

17 Uhr mache ich mir einen Tee und esse drei Haferkekse. Ich kürze herum, verwerfe ganze Absätze, schreibe neue Absätze, kürze erneut.

Schwupps ist es 19 Uhr und Monsieur ist schon zurück und setzt sich vor den Fernseher. Ich arbeite immer noch am Text, andere Mails gehen ein, die ich nebenbei beantworte. Um halb neun bekomme ich Hunger und schäle schnell ein Stück Kürbis, aus dem ich uns ein Süppchen koche. Um 21 Uhr essen wir. Monsieur geht zurück ins Wohnzimmer vor den Fernseher, ich vor den PC.

Jetzt (22 Uhr) lasse ich den Text mal abhängen bis morgen früh, und schreibe ich schnell hier an WmdedgT, danke fürs Lesen über diesen heute sehr ereignislosen Tag, die anderen Tagebuchblogger finden Sie wie immer bei Frau Brüllen.

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Gesehen und gelesen

Heute morgen haben wir den Film “Zone of Interest” gesehen, er hatte letztes Jahr während des Filmfestivals in Cannes von sich reden gemacht und den “Großen Preis der Jury” gewonnen, Sandra Hüller spielt die weibliche Hauptrolle als Hedwig Höss, die Frau des Auschwitz-Lagerkommandanten Rudolf Höss, die in unmittelbarer Nähe des KZ Auschwitz, ein gemütliches und gastfreundliches Haus führt und einen wundervollen Garten angelegt hat, der von der Lagermauer begrenzt wird. Man würde die Mauer aber noch begrünen, “damit man sie weniger sieht”, erzählt sie ihrer Mutter, die sie dort besucht und “das Paradies” lobt, das ihre Tochter geschaffen hat. Die Mutter reist dann aber doch überraschend ab, weil sie nicht ausblenden kann, was der Rest der Familie weder hört noch sieht; auch wir Zuschauer sehen es nicht, wir hören es aber: das Brüllen, das Hundegebell, Schreie und ein stetes düsteres Tönen.

Ich konnte mir, die ich den Film während des Festivals 2023 nicht gesehen, sondern nur die Kritiken gelesen habe, lange nicht vorstellen, was das Besondere dieses Films sein sollte, kann man über Hedwig Höss’ Blumen- und Gemüsegarten wirklich einen beeindruckenden Film machen? Bis vor kurzem gab es auch keinen Trailer, nur ein Foto eines sommerlichen Picknicks am Fluss. Es blieb mir ein Rätsel. Nun, man kann, oder sagen wir Jonathan Glazer kann es. Mit einer Filmmusik einem Soundtrack von Mica Levi (ich habe extra auf den Abspann gewartet, um den Namen zu finden!). Ich bin, das wissen Sie, wenn Sie hier viel mitlesen, hochsensibel, mir gehen (Film-)Bilder nah, Gerüche ekeln mich schnell und mein Alltag ist anstrengend, weil ich alles, und alles gleichzeitig, höre. Die Musik Der Soundtrack des Filmes geht mir von der ersten Sekunde an in den Körper, vibriert und tönt in mir, wie auch die ganze Geräuschkulisse dessen, was hinter der noch ungenügend begrünten Gartenmauer geschieht, was aber bis auf den Feuerschein in der Nacht und ein paar dunkle Wolken, nicht gezeigt wird. Mir gehen die Töne buchstäblich “dans les tripes”, wörtlich “in die Eingeweide”, durch und durch, am Ende ist mir schlecht und ich könnte mich zeitgleich mit Rudolf Höss, der unablässig damit beschäftigt ist, wie man die “Lieferungen” effizient vergasen und dann verbrennen kann, im Treppenhaus übergeben.

Es ist ein wichtiger Film. Hier die deutsche Version einer französischen Kritik aus “Sortir à Paris”. Wir waren froh zu sehen, dass in dem zu einem Drittel gefüllten Kinosaal auch viele jüngere Menschen saßen.

Wir bleiben im Thema, in gewisser Weise zumindest. Denn ebenso frisch erschienen ist die Graphic Novel “Lebensborn” von Isabel Maroger, die sich mit der norwegischen Herkunft ihrer Mutter, die als kleines Mädchen von einem französischen Paar adoptiert wurde, beschäftigt. Ihre Mutter wurde 1944 in einem privaten norwegischen Entbindungsheim geboren, es war eines der Lebensborn-Heime, in denen von deutschen Soldaten geschwängerte junge Frauen anonym entbinden konnten; was sich im ersten Moment wie Mütterfürsorge anhört, war jedoch Plan einer nationalsozialistischen Bevölkerungspolitik; “arisch” aussehende Kinder sollten später von SS-Familien adoptiert werden und mit zum Aufbau einer deutschen “Elite” beitragen.

Isabel Maroger erzählt die Spurensuche aus ihrer Sicht, ihre Mutter hatte bereits 2008 ihre Geschichte veröffentlicht: Les racines du silence.

Die Geschichte ist erschütternd, wird aber durch die charmante Darstellung aller Personen, die sämtlich auffallend große Augen haben, abgemildert und erträglich. Dass in der norwegischen Ursprungsfamilie so viel Liebe für die “verlorene” Tochter existiert, die sie und ihre Familie warmherzig in die Arme schließt, ist tröstlich. Ich habe die Graphic Novel in einem Rutsch durchgelesen, ich konnte einfach nicht aufhören, und ging in einer berührten aber heiteren Grundstimmung aus dem Buch. Wie gut, wenn alte und generationsübergreifend wichtige Geschichten aufgearbeitet werden können und in gewisser Weise “gut ausgehen”.

Ich hatte im vergangenen Sommer “Der Silberfuchs meiner Mutter” von Alois Hotschnig gelesen. Es ist eine ähnliche, gleichwohl viel düsterere und tragische Geschichte: eine schwangere norwegische junge Frau kommt im Heimatdorf und in der Familie des deutschen, in dem Fall österreichischen (Soldaten-) Freundes an, wird dort aber keinesfalls mit offenen Armen aufgenommen. Zurück kann sie auch nicht, ihre eigene Familie hat sie verstoßen, in Norwegen ist sie nun eine Kollaborateurin und die “Deutschen-Hure”. Die Spurensuche, hier die des Sohnes, der versucht aus den mageren Worten seiner schweigsamen Mutter, ihr und damit sein Leben zu rekonstruiren, konnte ich nur in kleinen Häppchen verkraften.

Und last, but not least, habe ich auch “Stay away from Gretchen” von Susanne Abel gelesen – erst hatte ich keine Lust, ich weiß vielleicht zu viel über das Leben während und nach dem Zweiten Weltkrieg, dachte ich zumindest, und wollte keinen seichten Roman darüber lesen. Wenn Romane oder Filme schnell zu viel Erfolg haben, werde ich ja auch eigenartig widerstrebend-widerständig und finde erst Jahre später zu ihnen oder auch überhaupt nicht. Ich folge auf Instagram aber ein paar literarisch engagierten Französinnen, die in Deutschland leben, und der Hinweis sowohl auf “Stay away from Gretchen” als auch “Lebensborn” verdanke ich der Besprechung von @cecilemrnt. Merci an dieser Stelle! Da “Stay away from Gretchen” in großen Teilen in Heidelberg und Köln spielt und zudem noch andere Themen enthält, die mich gerade stark beschäftigen, kam mir das Buch sehr nah und ich habe es auch fast in einem Rutsch gelesen.

Noch eine Mandelblüte für etwas douceur …

… wird fortgesetzt

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Chandeleur oder heut’ gibts Crêpes!

Meine Instragram-Timeline ist schon am frühen Morgen voller Crêpes-Rezepte, denn heute ist Chandeleur, Mariä Lichtmess, da werden in Frankreich traditionell Crêpes gegessen. Alle Frenchies weltweit teilen ihr Crêpes-Rezept. Traditionen wollen hier eingehalten werden, so mache ich also auch Crêpes, das Rezept nehme ich von typischfranzösisch, es ist weniger gourmand als (Achtung, hier kommen Sie zu Youtube –>) die Variante meines Koch-Helden Philippe Etchebest, von dem man immer denkt, da hat sich ein Rugbyman in die Küche verirrt, und dessen Rezepte seines Anfängerkochbuchs ich peu à peu nachkoche, und mit dem ich sogar, Achtung, das mögen Sie vielleicht nicht hören oder lesen, an Weihnachten eine terrine de Foie Gras mit Erfolg gemacht habe. Ich war ganz unsicher, ob es meiner verwöhnten französischen Familie schmecken würde und fragte dreimal nach “schmeckt es euch wirklich?”, und “ist es wirklich gut und so wie es sein soll?”, aber sie bestätigten mir mit vollem Mund, dass es köstlich sei und es blieb auch kein fettiges Entenleberstückchen übrig. Merci Monsieur Etchebest, mein Held, allerdings halbiere ich immer seine normannische Üppigkeit bei Sahne und Butter, und heute also mache ich Crêpes nicht nach seinem Rezept.

Mein größtes Problem ist nicht etwa der Teig, sondern die Form der auszubackenden Crêpes – wir besitzen drei verschiedene Crêpe-Pfannen, zwei aus Monsieurs Uralt-Beständen, die dritte habe ich mir selbst gekauft, aber irgendwie komme ich mit keiner zurecht. Nein, ich rede nichtmal davon, die Crêpe in die Luft zu werfen, die sich dabei drehen und wieder in der Pfanne landen soll, ich rede auch nicht davon, zusätzlich ein Geldstück in der Hand zu halten, was man tun soll, damit einem das Geld nicht ausgeht, ich rede nur davon, eine runde und gleichmäßig dünne Crêpe hinzukriegen. Bislang sahen meine Crêpes immer ein bisschen aus wie Kunstobjekte oder erinnerten an Quallen. Geschmeckt haben sie natürlich trotzdem. Aber ich habe nie, so wie in der Familie üblich, mal eben schnell fünfzig Crêpes gebacken und dazu eingeladen – hier isst man nämlich nicht eine Crêpe zum Nachtisch, sondern mindestens drei, man muss ja schon allein, um mehrere Geschmacksrichtungen zu probieren (Salzkaramell, Maronencreme, Zucker mit Zitronensaft, Orangenkonfitüre …) mehrere Crêpes essen; Monsieur, der Schwiegersohn und die Enkel schaffen locker fünf. Wenn wir zehn am Tisch sind, das ist man hier schnell, braucht es also mindestens fünfzig Crêpes. Ich bin froh und ausreichend erhitzt, wenn ich zehn irgendwie ausgebacken habe.

Aber auch hier gilt, Übung macht die Meisterin, und nach knapp zwanzig Jahren, habe ich heute halbwegs den Dreh raus und kann ich plötzlich auch runde Crêpes, hurrah!

Nicht unbedingt gleichmäßig dünn, das kleine Stöckchen, um den Crêpeteig schön zu verteilen, das es hier im Haushalt schon einmal gab, habe ich immer noch nicht wiedergefunden und auch nicht daran gedacht, es erneut zu kaufen, Chandeleur ist wie Weihnachten, es kommt immer ganz plötzlich.

Ich mag übrigens @clementinelatron, ein Frenchy in Amsterdam (auf Instagram) sehr gerne. Die Serie zu Crêpes ist sehr witzig!

Voilà, und wir essen jetzt! Bon appetit!

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Gelesen und gesehen

Am Montag waren wir im Kino, ich wollte Le dernier des juifs sehen, der gerade noch ein letztes Mal und zur besten Mittagsschlaf-Zeit um 13.40 Uhr im Kino lief. Der Titel heißt tatsächlich so: Der letzte Jude. Der Film bekam von Presse und Publikum einvernehmlich gute Kritiken, es ist selten, dass Publikum und Presse sich so einig sind und den Film “hilarant und bouleversant” urkomisch und erschütternd, finden; es erschien mir vielversprechend.

Es geht um Mutter und Sohn, die als letzte Juden in einem sozial schwachen Hochhausviertel wohnen, um sie herum nur noch Araber und Schwarze. Der jüdische Lebensmittelhändler schließt, die ganze Communauté Juive ist weggezogen. “Wir müssen auch gehen”, sagt die schwerkranke Mutter zu ihrem Sohn, nicht nur weg aus dem Viertel will sie, sondern ganz weg nach Israel. Ruben Bellisha aber, ein bisschen candide, geht es nur zögerlich an, denn er hat sich in seinem Viertel ganz gut eingerichtet, hat dort Freunde und schläft mit einer (verheirateten) arabischen Nachbarin, die sich zuhause langweilt; er verheimlicht seiner Mutter die antisemitischen Schmierereien an der Tür und sogar den nächtlichen Einbruch, bei dem er sich hinter dem Kleiderständer versteckt. Die Dialoge zwischen Mutter und Sohn, beide nicht ganz in der Realität verankert, haben mich traurig gestimmt, aber rückblickend und mit ein bisschen Abstand sind die sympathischen Züge des Films hängengeblieben, wirklich gelacht habe ich trotzdem nur selten, zu aktuell und bedrückend ist das Thema – wir waren vermutlich die einzigen Nichtjuden im Kino, denn das Publikum lachte geschlossen und amüsiert an manchen Stellen, deren Komik sich mir/uns entzog.

“Wo sollen wir jetzt noch hingehen?” fragt mich die ältere Dame, die neben mir saß, als das Licht im Kino wieder anging. Ich möchte gar nichts sagen, um mich nicht als Deutsche zu outen, und antworte nur mit einem bedrückten Seufzen und hebe die Schultern. “Sind Sie aus Cannes?” fragt sie. “Ja”, antwortet Monsieur. “Und das hat er alles vor dem 7. Oktober schon gedreht, kann man sich das vorstellen”, redet sie weiter. “Ich bin aus Paris hierhergekommen. Wo soll ich jetzt hingehen, wenn es hier nicht mehr geht?”

Ich habe auch gelesen, heute etwa die Rede von Marcel Reif in der Jüdischen Allgemeinen: Hätte ich ihn fragen sollen?

Ich habe gestern vergessen, den Link zu Lila in Israel zu teilen. Der Blog wurde schon bei Herrn Buddenbohm und auch bei Dirk von Iberty hin und wieder verlinkt. Ich habe ihn schon vor einiger Zeit in meine Blogroll aufgenommen, lese dort bislang nur unregelmäßig, hier ist auch gerade viel los.

Wiederentdeckt und erneut gelesen habe ich zwei BDs; aufgrund der aktuellen Situation erschienen sie mir jetzt viel eindrücklicher.

Guy Delisle begleitet seine Frau, die für die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen arbeitet, nach Israel. Zwischen Haushalt, Kinderbetreuung und dem Versuch, ein neues Projekt in Angriff zu nehmen, erkundet er Jerusalem. Die “Aufzeichnungen” seines Alltags in dieser geteilten Stadt (sie leben im Ostteil Jerusalems) sind lakonisch, humorvoll, und trotz des einfachen Stils eindrücklich und manchmal verstörend. Klar ist am Ende nur, dass man dieses Land so schnell nicht verstehen kann.

Wie kann sich die Frau eines angesehenen israelisch-palästinensischen Chirurgen von ihm unbemerkt radikalisieren und ein Selbstmordattentat in Tel Aviv begehen? Ihr Mann sucht nach Antworten und begibt sich zurück nach Palästina und in seine Familie, die tief in die Untergrundbewegung verstrickt ist und für ein freies Palästina kämpft. Yasmina Khadras “Attentäterin”, das ich als BD mit dem Titel “Das Attentat” gelesen habe, zeigt ebenfalls wie komplex und verfahren die Situation in Israel ist. Sehr spannend, dabei einfühlsam für beide Seiten, und genau deshalb lässt einen das Buch unbefriedigt, um nicht zu sagen hoffnungslos zurück: Es gibt keine einfache Antwort, keine einfache Lösung in diesem Konflikt.

wird fortgesetzt …

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Ajaccio hin und zurück

In Frankreich gehen seit Tagen und auch noch die kommenden Tage die Bauern auf die Straße – gehen ist bildlich zu verstehen, sie fahren vielmehr und blockieren Autobahnen und Bundesstraßen mit ihren Traktoren. Heute ist Paris dran. Es wurde Mist vor Ministerien und Präfekturen ausgekippt, Autoreifen aufgehäuft und angezündet und sie wollten die Zufahrt zur Großmarkthalle Rungis blockieren, das ist ihnen nicht gelungen, aber sie blockieren dennoch Zufahrtsstraßen nach Paris. Notre fin c’est votre faim heißt es auf einem immer wieder gezeigten Plakat. Wörtlich, “unser Ende ist euer Hunger”, meint, wenn wir nicht mehr da sind, habt ihr nichts mehr zu Essen. Ich habe mein französisches Leben auf einem kleinen Bauernhof begonnen, und auch wenn ich dort nur einen Jahreslauf mitgelebt und gearbeitet habe, weiß ich, dass Landwirtschaft eine tägliche und mühevolle Arbeit ist. Beglückend auch, oder sagen wir zutiefst befriedigend, und ja, sicher, es ist eine Entscheidung für dieses Leben, aber es ist eben auch eine nie aufhörende, tägliche, zeitweise nächtliche (beim Lammen, wie es derzeit die Schäfer im Bergdorf erleben, zum Beispiel) Arbeit. Ich bin absolut solidarisch mit den Bauern – ich finde zum Beispiel die erpresserische Preispolitik der großen Supermärkte katastrophal, die den Bauern den Preis für einen Salat oder einen Liter Milch diktieren und niedrig halten, hingegen den Preis für die Verbraucher verdoppeln oder verdreifachen, ohne, dass die Erzeuger auch nur einen Cent mehr daran verdienen. Und wenn die Bauern nicht einverstanden sind, Pech für sie, dann nehmen die Supermärkte eben spanisches oder niederländisches Gemüse ins Angebot und kicken die französische Ware raus. Den Verbrauchern ist es in der Regel egal, jede und jeder will sowieso nur möglichst günstig einkaufen, und man nickt die Werbung für die billigen Supermärkte, die das alles (angeblich) nur für uns machen, zustimmend ab. Oder nicht. Es geht aus vielerlei Gründen nicht immer, aber ich persönlich bin zutiefst zufrieden, wenn ich Obst und Gemüse, Fisch und manchmal auch Fleisch direkt beim Erzeuger einkaufe.

Ich wollte hier eigentlich gar nicht predigen, aber unser geplanter Ausflug fiel genau in die Zeit der Autobahnblockaden der Bauern. Es ist eine Sache, mit den Bauern solidarisch zu sein, eine andere, eventuell nicht von Cannes nach Toulon zu kommen und die Fähre nach Ajaccio zu verpassen. Der Ausflug war für uns nun nicht gerade lebenswichtig, obwohl Monsieur einen Freund wiedersehen wollte, einen Korsen, der in Ajaccio lebt, und man wird ja nicht jünger, nicht wahr. Vielleicht war das Angebot der Corsica Ferries eines, das der Fähre im Winter das Überleben sichert, für wenig Geld eine Art Minikreuzfahrt – Ajaccio hin und zurück, zwei Nächte auf der Fähre und einen Abend Tanz und Trallala – so hat man wenigstens eine Handvoll Gäste auf der Fähre, und fährt nicht komplett leer übers derzeit ruhige Januarmeer. Wir fuhren also nachmittags um 15 Uhr schon los, damit wir einen großen Zeitpuffer hatten, aber die Blockaden in Toulon hatten dort schon und auschließlich am Vormittag stattgefunden, wir kamen ohne jede Schwierigkeit in die Stadt und in unser Parkhaus (übers Internet reserviert und bezahlt, das System hat das Auto beim Ein- und Ausfahren ohne Probleme am Nummernschild erkannt, perfekt!). Wir schlenderten noch ein bisschen durch das abendliche Toulon und besuchten, wie immer mit Monsieur, mehrere bouquinisten, Buchantiquariate. Gegen 19 Uhr näherten wir uns der Fähre – zu Fuß. Das Auto blieb in Toulon – wir hatten nicht vor, Korsika zu bereisen, der Freund wohnt in Ajaccio in Laufnähe zum Hafen.

Wir hatten eine einfache vollkommen überheizte Innenkabine, bei der wir Temperatur gleichmal auf 15 Grad runterdrehten und zunächst Essen gingen. Auch nach dem Essen war es noch viel zu warm, nicht nur deswegen schliefen wir nicht besonders gut, obwohl das Meer beinahe spiegelglatt war und ich das Medikament mit dem sprechenden Namen mercalm gegen Reiseübelkeit nicht brauchte.

Gegen sechs Uhr morgens wurden wir unsanft durch Lautsprecher geweckt, zusätzlich klopfte ein Mitarbeiter laut an unsere Tür. Wir sollten bitte raus aus der Kabine, und nichts drin lassen, die Zimmerfeen wollten sie wieder für neue Gäste herrichten. Wir befolgten das, auch wenn wir später an der Rezeption erfuhren, dass wir alles drin lassen könnten, denn wir behielten dieselbe Kabine für den gesamten Aufenthalt. Davon wollte der Mitarbeiter auf dem Flur aber nichts wissen. Nun gut, wir hatten jeder nur eine kleine Tasche mit Schlafanzug und Zahnbürste und einem bis drei Büchern darin, die konnten wir beim Freund unterstellen. Um sieben Uhr, es war noch ziemlich dunkel, standen wir schon auf dem Markt von Ajaccio, die Händler waren noch dabei, die Stände aufzubauen. Wir tranken Kaffee im einzigen kleinen Bistro, das geöffnet hatte.

Danach trödelten wir über den kleinen Flohmarkt und am Hafen entlang zum Haus des Freundes.

Trotzdem waren wir schon um acht Uhr beim Freund, der zwar beteuerte, dass wir ihn nicht geweckt hätten, aber er wirkte dennoch leicht verschlafen. Wir tranken Tee und plauderten.

Die Herren tauschten Erinnerungen aus, bis es Zeit war Mittag zu essen (ich wählte Ravioli Josephine beim Italiener, Il Passegero, eines der wenigen Restaurants, das in dieser Saison geöffnet hatte! Sehr fein!) Danach blieben die beiden unter sich, und ich spazierte ein bisschen durch die Innenstadt, wo fast alle Läden geschlossen waren. Ajaccio hält Winterschlaf.

Auch Napoléon war nicht an seinem angestammten Platz …. dafür gab es aber andere Napoléons in Ajaccio …

Um 16 Uhr waren wir verabredet, um gemeinsam das Musée Fesch zu besichtigen, da war ich zwar vor ein paar Jahren schon einmal (guckstu hier), allerdings hatten mich die alten “Schinken” die da hingen (des vieilles croûtes, nannte der Freund sie, “alte Krusten”) eher gelangweilt. Der Freund zeigte uns immerhin hier und da ein “Schätzchen”, etwa einen Botticelli. Hier könnten Sie ihn sehen. Und natürlich kommt man um die Familie Bonaparte nicht herum, ich habe ich es nicht so mit Napoléon, der Freund aber ist ein Napoléon Spezialist und weiß zu jedem Bild und jeder Büste etwas zu sagen.

Napoléon überquert die Alpen – auf der zukünftigen Route Napoléon

Wir hatten alles in allem eine Stunde, dachten wir, die Damen des Museums waren aber schon beim Einlass um 16 Uhr eher abweisend, wir hätten nur noch 45 Minuten Zeit, ob wir wirklich noch hineinwollten? Das wollten wir, aber tatsächlich schlossen sie schon um Viertel vor Fünf unerbittlich einen Saal vor unserer Nase. Da müssen Sie eben nochmal kommen, sagten sie kühl.

Zum Sonnenuntergang fuhren wir raus zu den Iles Sanguinaires. Dies ist, zumindest im Winter, das Naherholungsgebiet der Einwohner von Ajaccio, hier wird gejoggt und spaziert, man führt Hunde aus und sagt sich freundlich “guten Tag”, genau wie in Cannes im Naturpark La Croix des Gardes. Die Farben des Sonnenuntergangs waren nicht superspektakulär, aber schöner als erwartet an einem überwiegend bewölkten Tag.

Dann stiegen wir wieder in den sechsten Stock hinauf, aßen später Pizza, die Herren tranken guten korsischen Rotwein (Patrimonio) und wir erzählten noch bis spät.

Zurück auf der Fähre fanden wir “unsere” Kabine nun zwar gut temperiert, aber ungemacht vor. Nun gut. Ich warf noch einen Blick auf die Abendveranstaltung im großen Saal, es wurde zu französischen Schlagern getanzt und gesungen, es war nichts Ausschweifendes, ich hatte ja ursprünglich Angst, dass diese Fahrt so ein lautes und alkohollastiges Event werden könnte, wo man nachts im Aufzug Erbrochenes findet (so habe ich es seinerzeit auf den Fähren nach Norwegen erlebt). Das war absolut nicht der Fall. Gerne hätte ich mitgetanzt, aber meine Knochen wollten nicht mehr, ich hatte laut meinem Schrittzähler doch unbemerkt 12 Kilometer zurückgelegt, und fiel muskelkaterig in mein ungemachtes Bett, in dem ich jetzt ein bisschen besser schlief.

Immerhin ließ man uns am nächsten Morgen schlafen, wir duschten warm (das muss man ausnutzen!) und wir frühstückten spät,

und obwohl ich eigentlich noch mal “schnell auf dem Markt” wollte, ein paar korsische Produkte erwerben, ich hatte mir extra sagen lassen, wo ich den besten Honig und bei wem die beste charcuterie erstehen könnte, ließ ich Honig Honig sein und fiel einfach nur auf eine sonnenbeschiene Bank auf Deck, blickte aufs Meer und Ajaccio und las, bis wir abfuhren, und es schnell zu windig wurde. Herumsitzen und lesen machte ich auch fast den ganzen Tag, es gab nämlich kein Internet, zwischendurch aßen wir zu Mittag, den Kaffee nahmen wir im großen Saal, hörten uns die Gitarrenklänge und den Gesang der Musiker an und guckten aufs Meer. Monsieur leistete mir zeitweise Gesellschaft, genoss aber meist die (relative) Ruhe unserer Kabine.

In Toulon schaltete ich den Routenplaner an und hörte mit Schrecken, dass die A 57 gesperrt sei. Herrjeh – die Bauern, denken wir, und ich suchte nervös eine Alternativroute, Monsieur fuhr aber dennoch erstmal Richtung Autobahn, vielleicht gäbe es eine ausgeschilderte Umleitung – wir hörten den Verkehrsfunk 107.7, um Lyon herum gehe nichts mehr, erfuhren wir, 200 Kilometer Autobahn waren gesperrt, und nun rollten alle Traktoren nach Paris. Wir aber haben Glück, die A57 war frei und außerdem schön leer! Die Blockaden aber werden in den nächsten Tagen auch wieder im Süden stattfinden, und die A 57 wird Anfang Februar (nachts) wegen Bauarbeiten gesperrt sein, sollten Sie hier unterwegs sein, stellen Sie sich bitte darauf ein!

Kleine Zugabe – denn dieses Lied habe ich seither im Kopf, es wurde auf der Fähre mindestens fünfmal gesungen – mit und ohne Publikum: Elle a les yeux revolver, elle a le regard qui tue, elle a tiré la première, m’a touché, c’est foutu …

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Dies und das am Donnerstag

In den Bergen bei Nachbars. Schön da!

Es ist schon wieder gefühlt Wochen her, dass wir in den Bergen waren, dabei war es erst letztes Wochenende. Diese Woche, vier Tage erst, ist schon wieder vollgefüllt mit ohne Wasser bei einem Mieter, mit ohne Warmwasser bei uns, manchmal auch mit ohne Strom. Die Telefonate und Kostenvoranschläge und nicht eingehaltenen Termine mit Heizungs- und Wasser-Installateuren, le plombier auf Französisch, falls Sie das Wort mal benötigen sollten, das zehrt alles ein bisschen an den Nerven. Mit ohne Warmwasser das hatten wir etwa zehn Tage lang. Da wurde sich dann wieder, wie früher, mit auf dem Herd gekochtem heißen Wasser in der Küche am Spülbecken rasiert und gewaschen (Monsieur).

Oder im Schwimmbad geduscht und Haare gewaschen (ich). Zwischenzeitlich waren wir in den Bergen, da war es zwar ziemlich kalt, aber dafür gabs warmes Wasser und einen ordentlichen Wasserdruck, den wir hier in Cannes auch nicht haben. Da dümpelt oder rinnt das Wasser nur so ein bisschen aus dem Duschkopf, und nein, kommen Sie mir nicht mit Entkalken, das hat damit nichts zu tun.

Gestern Abend also hat ein beherzter Installateur uns den Warmwasserboiler wieder repariert, nach zwei Stunden hätte er es fast aufgegeben, wenn Monsieur ihn nicht ermutigt hätte, weiterzumachen, heute morgen habe ich warm geduscht, eine Wonne, sogar der Wasserdruck ist stärker geworden. Heute Mittag dann plötzlich kein Strom mehr, die Sicherung springt wiederholt und anhaltend raus. Ich entstöpsele alles, aber nichts zu machen. No Strom. Die Wohnung wird kalt, der Kühlschrank samt den Tiefkühlfächern wird vermutlich warm, ich öffne ihn vorsichtshalber nicht. Monsieur ist beim komplett wasserlosen Mieter und versucht dort sein Glück mit einem anderen, kurzfristig disponiblen plombier. Ich rufe also wieder den freundlichen Heizungstechniker von gestern an. Der ist jetzt wieder auf dem Weg hierher. Mit ohne Strom ist nicht lustig.

in der Mitte auf dem Hügel: Châteauneuf d’Entraunes

In den Bergen gab es auch ein bisschen Ärger, also zumindest habe ich mich geärgert, aber hier gilt ja “praktisch geht vor schön”, und eine Treppe ist eine Treppe, nicht wahr, warum stelle ich mich so an. In den südfranzösischen Bergen hat man auch wenig Verständnis für meine Anstellerei, dabei will ich es nur schön haben. Schön. Was ist schon schön. Ça ne me choque pas befindet der Gatte. Da haben Sie’s.

Die kleine Auberge in unserem Dorf war wegen Krankheit geschlossen, so sind wir zum Essen in das Nachbardorf gefahren, dort, wo ich mein südfranzösisches Leben begonnen habe. Die damaligen Besitzer der dortigen Auberge haben sich zur Ruhe gesetzt und ein junges Paar, Karen und Julien, haben die Auberge letztes Jahr übernommen, ich wollte schon eine Weile mal hin. Sie haben sie vom orangebraunen achtziger Jahre-Charme befreit und entstaubt, und hell und freundlich hergerichtet, und auch das Menü war frisch und kreativ und originell. Es gab nicht zum hundertsten Mal Rindfleischeintopf (la Daube), der einem hier schon aus den Ohren kommt, auch kein Kalbsragout (Blanquette de veau) oder die immerwährenden Ravioli mit Kürbis- oder sonstiger Füllung, sondern als amuse bouche selbstgemachtes Curry-Hummus mit Bauernbrot, zur Vorspeise ein raffiniertes Süppchen und ein Pilzcrostini,

danach einen einfachen, aber geschmacklich überraschenden Eintopf, in dem man jedes einzelne Gemüse herausschmeckte, und ein leckeres Dessert – gedünsteter Apfel an Mandel-Kokos-Crumble und darüber eine blumige-Salbei-Honig-Mischung, ich kann es leider nicht so poetisch wiedergeben, wie es die junge Aubergistin vorstellte. Die Schlagsahne hatte zusätzlich noch ein zitroniges Aroma. Es war ganz köstlich! Zum (guten!) Kaffee gabs selbstgebackene und noch lauwarme Madeleines, die man auch erwerben kann.

Ich war begeistert und fand es perfekt und hatte nach dem kompletten Menü nicht das Gefühl überfüllt zu sein, wie sonst so oft. Für Monsieur hätte es ein klein bisschen mehr Fleisch im Eintopf sein dürfen, um das auch zu sagen. Aber wir werden auf jeden Fall wiederkommen! Es ist das derzeit (für mich) beste Restaurant im Umkreis von Valberg, in dem man frisch und kreativ zubereitetes Essen, mit Zutaten von regionalen Erzeugern und überwiegend in bio-Qualität, zu einem angemessenen Preis genießen kann, ein Geheimtipp! Sie haben auch eine gute Weinauswahl, so weit ich das sehen konnte, aber ich trinke ja keinen Akohol mehr, ich kann also nicht ins Detail gehen. Der Käse aber kommt von den Erzeugern aus den umliegenden Dörfern und natürlich ist der Käse von “meinem” Hof dabei! (Da hat sich seither viel verändert, aber Käse wird noch produziert.)

Es gibt allerdings nur ein Menü auf der Karte, es wechselt selbstverständlich, im Sommer täglich – und es ist immer besser, wenn Sie reservieren! Dienstag und Mittwoch sind Ruhetage.

So, der Installateur war da, und es ist schon wieder vorbei mit dem warmen Wasser. Laienhaft und sehr verkürzt erklärt: Die Anlage überhitzte sich und hat das Thermostat zerbröselt und all das führte zum Stromausfall. Es werden neue Teile bestellt, und nächste Woche Freitag, vermutlich, sehen wir den Installateur wieder. Bis dahin rasiert Monsieur sich abermals in der Küche und ich dusche erneut im Schwimmbad. Immerhin haben wir aufs Neue durchgängig Strom, und der ebenfalls seit Tagen komplett wasserlose Mieter, bei dem Monsieur mit einem anderen plombier intervenierte, hat auch wieder Wasser. Immer positiv bleiben.

Und ich koche jetzt Orangenkonfitüre. Vor dem Bergaufenthalt durfte ich bei einer Freundin Orangen ernten und mache nun nach dem bewährten Rezept Orangenkonfitüre. Seit drei Tagen duftet das ganze Haus schon nach Orangen, es ist eine optische und olfaktorische Freude! Das ist dann bei allem Ärger und bei allem Düsteren (kurz vor Redaktionsschluss erreichte uns noch eine Hiobsbotschaft. Die Einschläge kommen näher.) das Heitere, das wir dieses Jahr nicht aus den Augen verlieren wollen!

Und noch ein paar nachgereichte Fotos. Die Konfitüre ist gut geworden!

miammiam
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Und immer wieder die Mimosen

Heute wieder Sonne, 18 Grad und Wind, bestes Drei-Wetter-Taft-Wetter, und mich zog es wie jedes Jahr um diese Zeit in den Naturpark La Croix des Gardes. Und schon auf dem Weg muss ich stoppen, denn da sind sie schon, die Mimosen! Manche ein bisschen gebeutelt und zerzaust vom gestrigen Regen, aber sie wiegen sich gelb vor blauem Himmel im Wind. Und in der Luft hängt schwer ihr Duft.

zerzauste Mimose

Ist natürlich nix Neues, die Wege, die ich abgehe, sind jedes Jahr dieselben, die Mimosen, die ich ablichte, in der Regel auch. Trotzdem jedes Jahr aufs Neue schön!

fluffige Mimose
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Mimosen im Regen

Ja, so gehts. Eben noch strahlender Sonnenschein, heute dann Regen. Der Zeitungsausträger war wohl auch überrascht, denn unsere Tageszeitung, die bei Ankündigung von geringster Feuchtigkeit eigentlich in ein Tütchen verpackt wird, lag ungeschützt im Garten und ist entsprechend durchnässt. Im Hintergrund sehen Sie etwas unscharf Monsieur mit Schirm, sowie den schon zartgelb scheinenden Mimosenbaum, es braucht nur noch ein, zwei sonnige Tage und dann gehts los mit der Mimosenblüte.

Hier und da blüht sie schon. Unsere Mimose ist nicht die allererste, aber immerhin unter den frühblühenden Sorten. Was wir allerdings dieses Jahr nicht haben, sind Orangen. Also der Baum hängt durchaus voll mit kleinen Früchten, nur sind sie noch lange nicht reif, wie sie es eigentlich sein sollten und auch bisher all die Jahre waren, nein, derzeit sind die Orangen noch grüne Bällchen. Wir vermuten, dass der Mimosenbaum und ein anderer Baum im Garten, Pittosporum für die mitlesende Gartenfraktion, “Klebsamen” ist der deutsche Name, und genau das tun sie, die Dinger kleben ganzjährig an den Schuhen fest; der Pittosporum ist gemeinhin ein Busch, unserer aber hat sich zu einem ausgewachsenen Baum gemausert, und nimmt, wie gesagt, zusammen mit der Mimose dem Orangenbaum Sonne und vielleicht auch Wasser weg. Mal sehen, wo ich dieses Jahr Orangen herbekomme, um meine Marmelade zu kochen.

Die allgemeine Aufregung um das neue Parlament von Präsident Macron legt sich langsam wieder – sehr schön hat es auch dieses Mal Nils Minkmar ausgedrückt: “Es war, als hätte man eine Dose Tennisbälle in das Gehege gelangweilter Waschbären gekippt.” Ich bin absolut entzückt über dieses Bild, wie kommt man auf sowas, frage ich mich, denn ja, es ist vollkommen passend! Den Link haben Sie vielleicht schon beim deutlich reaktiveren und in der Regel täglich bloggenden Herrn Buddenbohm gelesen, vielleicht haben Sie den Newsletter von Herrn Minkmar auch abonniert, das ist sicherlich eine gute Entscheidung, wenn Sie die deutsch-französische Szenerie interessiert. Ich kann immerhin noch etwas ergänzen, denn Rachida Dati, unter Sarkozy kurze Zeit Justizministerin, verhaspelte sich seinerzeit mit dem Wort Inflation und sprach von einer gegen Null gehenden Fellation. Haha, großer Skandal. Aber sie versank nicht vor Scham im Boden, sondern lachte souverän sämtliche Fragen “Ja, was denn nun, Frau Dati, Fellation oder Inflation?” mit einem “Na, beides!” weg.

Dass die Tochter marokkanischer Einwanderer es bis nach ganz oben geschafft hat, gefällt nicht allen. “Hat die überhaupt schon ein Buch gelesen?”, wird gehässig gefragt. Außerdem hätte sie gefälligst links zu sein, Einwanderer und Kultur will man links besetzt sehen, wie kann sie rechts sein? Und dann noch unter Sarkozy? Nun, man wird sehen, was sie machen wird. On verra.

Ich habe Crème Caramel gemacht. Mein absolutes Lieblingsdessert, ich weiß gar nicht, warum ich es nicht öfter mache – doch, ich weiß es natürlich schon, es ist nichts für mal eben schnell, es muss lange vor dem Genuss zubereitet werden, am besten am Vorabend, es muss lange bei niedriger Temperatur im Wasserbad köcheln, danach lange kühl stehen, und man muss den Karamell dafür selbst machen, eigentlich alles nicht schwierig, und dann irgendwie doch. Aber es lohnt sich. Ich habe es immerhin schon so oft gemacht, dass ich mein Rezept aus zwei Rezepten zusammengestellt habe. Aus dem hier nämlich und dem hier. Sehr nett liest sich auch dieses Rezept von Aurélie Bastien für “umgekippten Vanillepudding” (Crème renversé heißt die Crème nämlich auch, weil man den Flan am Ende stürzt). Ich nahm einen halben Liter Milch, drei Eier, etwas mehr Zucker als alle anderen, Vanilleextrakt, und ich habe die Puddingform mit Butter ausgerieben, dann wird der hineingegossene Karamell nämlich etwas cremig und schmeckt wie Werthers Echte. Délicieux! Außerdem habe ich es eine Stunde bei nur 140°C im Wasserbad köcheln lassen (das muss man mit seinem Backofen austesten), sonst bekommt der Flan Löcher und die löchrige Konsistenz stört erheblich beim Genuss. Doch doch, man wird anspruchsvoll in diesem Land.

Einen Filmtipp wollte ich noch loswerden. Falls Sie bei Schnee und Glatteis lange nicht raus können, lohnt sich die vierteilige Serie über Magellans Weltreise auf arte. Spannend, gut gemacht und sehenswert! Und die ganze Reise wurde nur wegen der Gewürznelken gemacht! Unglaublich!

à bientôt! Schönen Abend!

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12 von 12 im Januar 2024

Heute ist der 12. Sie wissen schon, was das bedeutet: wir veröffentlichen 12 Bilder von unserem Tag. Los gehts.

Das Grau hat ein Ende. Die Sonne scheint wieder. Blick aus dem Fenster mit morgendlichem Berufsverkehr.

In der Küche (ohne Morgensonne im Winter) hat Monsieur schon Geschirr gespült.

Den Vormittag verbringe ich am PC. Erst suche ich einen neuen Stromanbieter und schließe einen Vertrag ab. Dann glätte und bearbeite ich ein wenig einen Lebenslauf und Anschreiben eines französischen Freundes, der zurück nach Deutschland geht und sich dort mit der Handwerkskammer herumschlägt. In Frankreich hat er selbstständig als Installateur und Elektriker gearbeitet, das möchte er in Deutschland auch machen, seine Art der Ausbildung (vor allem der fehlende Meisterbrief, so etwas gibt es hier gar nicht) stehen ihm da im Weg.

Es ist schon fast halb eins, als ich fertig bin, Monsieur tigert schon nervös und hungrig durch die Wohnung und deckt demonstrativ den Tisch. Das Mittagessen muss schnell gehen. Ich haue zwei Stück feines Rindersteak in die Pfanne (l’onglet, falls Sie es genauer wissen möchten) und dazu gibts das restliche Kartoffel-Maronenpüree von gestern. Käse. Ein Fertigdessert. Basta. Ein wenig schönes Foto vom hungrig hinuntergeschlungen Mittagessen. Ein Beitrag für den Hashtag #fürmehrrealitätiminternet.

Sie bekommen als Zugabe ein Foto von Monsieurs Serviettenring. Er ist zur klassischen Stoffserviette zurückgekehrt. Und nein, wir haben keinen Serviettenring für Madame.

Mittagsroutine: Sieste. Kann aber nicht einschlafen, mir geht zu viel im Kopf herum. Außerdem scheint die Sonne so stark, dass die Wohnung total hell ist. Ich merke aber erst, dass es die Sonne ist, als ich vergeblich versuche, das Licht auszuschalten.

Wir gehen raus. Monsieur will eine Ausstellung im Stadtarchiv sehen. Ich will in die Sonne. Machen wir beides. Im Garten blüht es. “Ja, ist denn heut scho’ Ostern”, könnte man fragen, frei nach Franz B.

Unterwegs zum Stadtarchiv mit Blick aufs Meer.

Kleine Ausstellung über die Brüder Seeberger in Cannes, allesamt Fotografen. Sie gelten als die ersten Mode- und Streetstylefotografen. Der verlinkte Artikel stammt jedoch von einer Ausstellung in Deauville (in deutscher Sprache gibt es nicht viel über sie).

Danach gibt es Tee und heiße Schokolade am Boulevard du Midi. Sieht schön aus, aber der kalte Wind tut mir am (unbedeckten) Kopf weh. Lange halte ich es nicht aus und dränge zum Aufbruch.

Zum Abendessen gibt es ein sahnig-sämiges Kürbissüppchen. Und dann sehen wir die restlichen Folgen der australischen Serie Mystery Road, die wir gestern angefangen haben zu sehen.

Danke fürs Anschauen und Lesen! Die anderen 12von12er wie immer bei Caro von Draußen nur Kännchen.

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Ein paar Links am Dienstag

Hier ein paar Neuigkeiten (nicht nur) aus Frankreich: die Ministerpräsidentin Elisabeth Borne musste gehen. “Borne out” titelt Annika Jöres in der ZEIT dazu.

Ok, Franz Beckenbauer, “ja, ist denn heut scho’ Weihnachten” ist tot. Das muss ich Ihnen nicht verlinken, ich lese jetzt viel über seine “Skandale”, von denen ich nicht viel mitbekommen habe, aber ich glaube, gemessen an den heutigen Fußballern, die sich in Dubai, wo sonst, gerne mal ein vergoldetes Steak servieren lassen (Franck Ribéry im Video), war er grundsolide. Ich interessiere mich nicht besonders für Fußball, aber mir fehlen diese schlecht angezogenen und schlecht frisierten (erinnern Sie sich noch an die Dauerwellen-Mode?), aber motivierten Fußballer meiner Kindheit: Franz Beckenbauer, Uwe Seeler, Gert Müller – alle schon gestorben. Tatsächlich habe ich (mit meinen fünfzig Pfennig Taschengeld!) seinerzeit Kaugummi zum überteuerten Preis an der Tankstelle gekauft, weil da Fußballerbildchen drin waren! Kann sich daran noch jemand erinnern?

Schon lange plane ich, einen Beitrag über das, was ich gerne gelesen habe, zu machen. Es scheitert daran, dass ich die Bücher, die ich gerne zeigen möchte, immer gerade nicht da habe, wo ich bin – und so dümpelt der Artikel herum und wer weiß, ob er je veröffentlicht wird. Hier aber ein Link zu Nils Minkmar, dessen Newsletter, immer mit einem deutsch-französischen Blick, ich seit kurzem abonniert habe. Gefunden habe ich den Newsletter via Herrn Buddenbohm, wie könnte es anders sein. Herrn Minkmar und seinen deutsch-französischen Blick, er sei für die Deutschen ein undisziplinierter Franzose, für die Franzosen aber ein pedantischer Deutscher, wie er anlässlich eines Vortrags beim CCFA in Nizza erzählte, schätze ich sehr! Falls Sie etwas zum Film Napoléon wissen wollen, dann lesen Sie hier (dies war auch der Beitrag, der bei Herrn Buddenbohm verlinkt war, nur damit Sie nicht zweimal dasselbe lesen).

So viel für heute.

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Sonntag

Monsieur hat vom Markt etwas Frühling mitgebracht, nein, keine Tulpen, keine Mimosen auch keine Anemomen, aber Radieschen! Und Artischocken, und frischen Fisch! Ich hatte zwar gestern erst Dorade, sie war auch ziemlich lecker, aber frischer Fisch vom Fischmarkt, heute früh gefangen, “er hat sich noch bewegt” sagte Monsieur, ist doch noch mal etwas anderes.

Wir essen heute mittag die Dorade, das ist der grummelig schauende Fisch im Vordergrund, (sie hatte sich vermutlich auch nicht vorgestellt, heute schon bei uns auf dem Teller zu enden, es tut mir leid), den kleinen Thunfisch (eigentlich ein Bonito) schneiden wir in dicke Scheiben und frieren ihn ein. Und jedes Mal seufze ich, denn keine Katze maunzt jämmerlich nach dem Fisch, keine Katze knabbert leidenschaftlich eine Fischgräte ab. Sie fehlt immer wieder die Katze.

Die Dorade mache ich in einer Papillote aus Backpapier, ihren Bauch fülle ich mit Zitrone, frischem Thymian, Petersilie und etwas Rosmarin, ein bisschen Salz und Pfeffer, anschließend wird sie mit dem sehr französischen filet de l’huile d’olives begossen (ein “Schuss Öl” hört sich längst nicht so genießerisch an),

und dann kommt die Dorade etwa 20 Minuten in den Ofen. Nach zehn Minuten drehe ich sie herum, werfe schon einmal einen Blick in die Papillote und dann entscheide ich, dass es etwas weniger als zwanzig Minuten werden. That’s it. Sehr einfach und sehr lecker! Dazu gabs feinen Reis aus der Camargue mit etwas Kurkuma schön gelb gekocht.

Nachmittags waren wir im Kino. Im noch ziemlich neuen Cineum von Cannes, ein nicht uninteressantes Gebäude von außen, von Innen echt ein Graus. Nicht nur, dass es unübersichtlich und schlecht konzipiert ist, es sieht aus wie eine Mischung aus U-Bahn-Haltestelle und nächtlichem Alptraum-Szenario.

Aber die Säle sind groß, die Sitze bequem, man hat viel Beinfreiheit und die Technik ist top. Wir haben die Vorpremiere eines Films über den Maler Pierre Bonnard und seine Frau Marthe gesehen. Der Film heißt in der Tat: Bonnard, Pierre et Marthe. Es gibt im Nachbarort le Cannet, der zwar mit Cannes so zusammengewachsen ist, dass man es optisch kaum noch wahrnimmt, aber eine eigenständige Gemeinde ist, das Bonnard Museum. Kleines, feines Museum, das in Zusammenarbeit mit dem Musée d’Orsay in Paris immer wieder neue Ausstellungen konzipiert. Die Ausstellungen ändern sich, der Stil bleibt derselbe, vieles hat man im Laufe der Zeit auch schon gesehen. Es wundert mich (gerade überprüft), dass ich noch nie über eine Ausstellung geschrieben habe, dabei habe ich schon viele gesehen. Es gibt in Le Cannet sogar einen Spazierweg zu den Orten, an denen Bonnard gelebt und gemalt hat. Le Cannet ist überhaupt ein nettes kleines Städtchen mit einer niedlichen Altstadt(straße), in der es ein paar hübsche kleine Kunsthandwerkerlädchen gibt.

Fazit: Sehr sehenswerter Film mit einer tollen Cécile de France in der Rolle der Marthe Bonnard. Nach dem Film erzählte uns die Direktorin des Bonnard Museums noch einiges zu den Hintergründen. Die nächste Bonnard Ausstellung werde ich mit anderen Augen ansehen!

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Im Januar am Meer

Vor zwei Tagen habe ich mir den Rücken gezerrt und konnte mich kaum noch bewegen. Ich lief stöhnend und wie ein Klappmesser gebeugt herum und fühlte mich sehr alt. Wärmflasche, Bett, Schmerzmittel. Nicht so heiter. Gestern erreichte ich dann den Physiotherapeuten, kinésitherapeute heißt das hier, abgekürzt kiné (sprich: kineeh), für den Fall, dass Sie das mal brauchen und dann nicht, wie ich anfangs, glauben, es handele sich um einen Chinesen. Mein kiné ist ein älterer Herr, der aber immer noch praktiziert, in einer allerdings etwas heruntergekommenen Praxis. Wenn ich ihn nicht kennen würde (ein Schulfreund von Monsieur) fände ich das alles nicht vertrauenerweckend. Die Praxen insbesondere älterer Ärzt*innen und anderer im Gesundheitswesen Arbeitender sehen hier oft aus wie angegammelte Wohnzimmer oder erinnern an spartanische Klosterzellen. Anyway, der kiné hat heilende Hände und die Situation erinnerte mich lustigerweise an den Anfang des Films “Iris et les hommes”, bei dem die Zahnärztin sich von ihrem kiné wieder einrenken lässt. Um sie zu entspannen und abzulenken, während er ihre verrenkten Wirbel manipuliert, stellt er sehr persönliche Fragen. Mein kiné stellt persönliche Fragen, kurz bevor er mir auf die schmerzenden Stellen drückt. Die Technik ist wohl, so vertrauensvoll rüberzukommen und weiterhin persönliche Fragen zu stellen, so dass ich mich trotz allem wieder entspanne.

Nun gut, den restlichen Tag verbrachte ich im Bett. Repos! Ausruhen, hatte er mir streng verordnet. Ich war auch irgendwie k.o. und der Rücken tat eher mehr weh als weniger.

Heute aber ist es erstaunlicherweise besser, nicht ganz gut, aber besser, ich kann aufrecht stehen und gehen und mich fast normal hinsetzen. Das Wetter ist auch besser. Gestern schüttetet es den ganzen Tag wie aus Kübeln. Wir beschlossen, mittags am Strand essen zu gehen.

Und siehe da, zwischen 12 und 13 Uhr war es kurze Zeit so sonnig und warm, dass wir nicht nur auf der Terrasse des kleinen Restaurants essen können, sondern sogar die Jacken ausziehen. Im Januar! Das ist jedes Jahr aufs Neue geradezu ein Wunder für mich und absolut beglückend!

Das Meer ist spiegelglatt und ein paar Stand-up-Paddler gleiten vorbei.

Das will ich dieses Jahr lernen! Trotz Rücken und Knie und Alter. Ich will das schon lange lernen, aber erst kamen mir die “jiblets” dazwischen (ein Phantasie-Wort von Stasia), meint kritische Stimmen, die immer so gemeines Zeug zischen, wenn unser vorwitziges Ich sich einen Schritt “zu weit” vorwagt. “Mach dich nicht lächerlich” zum Beispiel. “In deinem Alter!” “Denk an deine Knie!” “Du wirst nur ständig ins Wasser fallen!” Dann tatsächlich die kaputten Knie, denn, was wenn ich falle und mir zusätzlich weh tue? Aber jetzt, und nicht zuletzt dank meines kleinen Jahresanfangs-Workshops, verbanne ich die fiesen Stimmen ins Off. Ich will Stand-up-Paddeln lernen! Yes!

Heute ist auch Dreikönigstag und man müsste traditionell eigentlich den Dreikönigskuchen, la Galette des Rois essen. Das haben wir heute allerdings versäumt. Hier immerhin ein aktueller Beitrag inklusive Rezepte bei Hilke von Mein Frankreich. Aber man kann la galette noch während des ganzen Januar essen, genau wie man sich auch den ganzen Januar noch ein frohes neues Jahr wünschen darf!

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Heiter bis wolkig am Meer

Jeden Tag etwas Heiteres tun oder fühlen – zumindest versuchen will ich es. Das Wetter ist wie die Überschrift, aber raus kann man ja trotzdem gehen. Ans Meer vorzugsweise. Wir waren dort um die Mittagszeit, aber das Gegenlicht macht daraus eine eher abendliche Stimmung.

Im letzten Herbst wurde in Cannes ein kleiner Skatepark eröffnet, den ich mir gerne ansehen wollte. Er liegt am unteren Ende der Strandpromenade, ist nett, aber wirklich klein. Er wurde heute von eher jungen Jungs genutzt, die mit Tretrollern herumsausten.

Nach einer Stunde waren wir durchgeweht und ausgekühlt, obwohl es zweistellige Temperaturen hatte. Schnell nach Hause, warmen Tee trinken und ein letztes Stück Christstollen essen.

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Heiter bis wolkig

Einfach anfangen. Hier liegen ja immer noch ein paar halbfertige lange Texte auf Halde, mit seinerzeit aktuellem Bezug, die ich alle nur noch ein bisschen abhängen lassen wollte, um zu sehen, ob meine kritisch-flapsigen Töne mich am Folgetag noch überzeugen würden, und dann war am Folgetag schon wieder alles anders oder keine Zeit oder was weiß ich. Jetzt sind diese Texte irgendwie hinfällig.

Und jetzt ist es schon da, das neues Jahr. Was tun, um nicht von Schwermut und Verzweiflung erdrückt zu werden? Ich suche mir ein Jahresmotto, das “Wort des Jahres”. Keine Vorsätze, sondern eine Haltung. Wie möchte ich sein in diesem Jahr? Was brauche ich in diesem Jahr? Wie soll dieses Jahr für mich werden? Das expandiert in den einschlägigen Kreisen, ich bin immer noch treuer Fan des zweiwöchigen Workshops bei Stasia. Und hier noch einmal Stasia über die Art, wie man das Wort des Jahres sichtbar (durchs Jahr) “trägt”. Das erste “Wort des Jahres”, das ich je gewählt habe, war Liebe, es war auch mal Ease, nachzulesen hier. Ich habe seit etwa sieben Jahren jedes Jahr ein “Wort des Jahres”, auch wenn ich nicht immer und schon gar nicht immer amüsant darüber schreibe. Letztes Jahr war es Vertrauen. Vertrauen als Bollwerk gegen die Ängste. Dieses Jahr wird es vermutlich Heiterkeit. Klingt, als ich anfangs darauf herumkaue, etwas nunuche (sprich: nühnüsch), wie man hier für einfältig oder dümmlich sagt.

Aber wussten Sie, dass Heiterkeit im Buddhismus ein Merkmal der Erleuchtung ist? Da kommt einem dieses harmlose Wort plötzlich sehr gewichtig vor. Lesen Sie mal hier, wenn Sie mögen. Dass als Antonym, also als Gegenteil von Heiterkeit, die Schwermut aufgeführt wird, ein Gefühl, das mich schnell befällt, hat mich dann doch sehr auf die Seite der Heiterkeit gezogen. Ich tue aktiv etwas gegen die Schwermut, ich suche und lasse die Heiterkeit in mein Leben.

Ich wollte am ersten Tag im neuen Jahr wenigstens einmal laut lachen und bin ins Kino gegangen. Iris et les hommes wird vermutlich nicht vom deutschen Filmverleih erworben werden, dafür ist der Film, nach einem sehr amüsanten Beginn, ein wenig zu leer und hat außerdem ein banales Ende. Aber ich habe dennoch gelacht. Zweck erfüllt.

Worüber ich mich auch amüsiere, eine Weile schon, ist das Magierduo Siegfried und Joy. Ihre Art, Menschen auftauchen oder verschwinden zu lassen, ist so wenig magisch wie clownesk und die vielen kleinen und großen NachahmerInnen, die bei Instagram verlinkt werden, sind auch herzallerliebst.

Kann das helfen, die Weltlage zu ertragen? Das werden wir sehen.

Es hilft mir heute auf jeden Fall schonmal, dass ich bei den diversen Abos, die ich kündigen will, und die mich in ihrer Absurdität des Prozederes, eigentlich schreien lassen wollen, nur kurz schnaufe, alles wegklicke, den PC neu starte und hoffe, dass es später vielleicht doch geht: Um den Streamingdienst Canal+ Serien, über den Internetanbieter free für ein Jahr kostenlos erworben (vollkommen sinnlos, nicht eine einzige Serie gesehen), zu kündigen, muss man sich zunächst bei free einwählen (ich hoffe, Sie haben ihr Login und das Passwort gespeichert), dort auf “Fernsehen” klicken, die Serien von Canal+ anklicken und dann werden Sie gebeten, zwecks Änderung des Abonnements sich nun bei Canal+ im “espace privée” einzuklicken. Das hätte man auch direkt machen können, aber dafür brauchen wir das Passwort von Canal+, das wir leider nicht eingespeichert haben und an das wir uns ums Verrecken auch nicht erinnern können. Ich dachte via free könnte man das umgehen. Nix is. Ich teste mal alle Variationen der möglichen für “banale-Seiten-gewählten-Passwörter” durch. Keines funktioniert. Passwort vergessen also, neues Passwort anfordern. Ich bekomme zwar einen Link geschickt, der führt aber ins Leere. Ich versuche es mehrfach, in der Zwischenzeit ist die Seite bei Canal+, wo ich versuche ein Passwort einzugeben, erloschen. WTF. Warum muss man das 2024 immer noch erleben? Wieviel Lebenszeit geht mit diesem Mist verloren? Kein Mensch will mehr solche Szenarien lesen, sehen oder erleben. Nie wieder ein kostenloses Probeabo, schwöre ich mir. Einatmen, ausatmen, ich werde erstmal einen heiteren Text darüber schreiben und es später noch einmal versuchen.

Ich will auch versuchen, häufiger zu schreiben, kürzere Texte über kleinere Begebenheiten aus dem französischen Alltag. Heitere Grundstimmung. Was man sich eben so vornimmt am Anfang des Jahres. Wird das reichen? Auch das werden wir sehen.

Ein gutes, friedliches (zumindest im privaten Bereich, auf die Weltlage haben wir vermutlich alle keinen Einfluss), möglichst gesundes und heiteres Jahr 2024 wünsche ich Ihnen und uns allen!

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Weihnachtsmarkt im Bergdorf: L’important c’est d’aimer!

Gestern vor dem Einschlafen war mir ein amüsanter Titel für den Bericht über den immergleichen Weihnachtsmarkt im Bergdorf eingefallen, zweizeilig wäre er geworden, das weiß ich noch, aber leider erinnere ich mich heute an gar nichts mehr. “Alle Jahre wieder” hatten wir letztes Jahr, “Baby it’s cold outside” wurde im anderen Zusammenhang auch schon verwendet. “Sozialkater” möchte ich ihn nicht nennen, obwohl es sich bei mir nach ein paar intensiven Dorftagen, an denen ich mich, nicht nur gefühlt, ununterbrochen mit vielen Menschen über immer wieder dieselben Dinge austauschen muss, so anfühlt. Es ist mir zum Beispiel unbegreiflich, dass wir jedes Jahr aufs Neue versuchen, die Zelte irgendwie anders zu stellen und darüber auch noch diskutieren müssen. Aber gut. Fangen wir von vorne an.

Wir kamen am Donnerstag an, zur besten Mittagszeit, die Temperaturen im leicht bewölkten Hinterland immer kurz über Null, stellenweise war die Natur von Rauhreif überzuckert, die Straßen feucht, aber nicht gefroren. Auf den Serpentinen zum Dorf hingegen fanden sich an vielen Stelle plattgefahrener Schnee. “Ihr könnt nicht bis zum Haus fahren”, schrieb mir die Freundin mit vielen Ausrufezeichen, und wir könnten auch nicht direkt hinlaufen, “bitte riskiert nichts”, flehte sie mich auf Whatsapp an, das ganze Dorf sei eine Glatteisfläche, es gäbe nur einen kleinen freigeräumten Weg, den wir nehmen könnten. Wir schleppten also die Taschen zickzack durchs Dorf und die Treppen hinauf, stapften durch Schnee und schlugen uns zum Haus durch. Die Freundin hatte direkt vor unserem Haus immerhin Schnee geschippt und sie hatte außerdem geheizt, sodass wir im Haus bereits 14 Grad hatten, als wir ankamen! Mit uns kam zeitgleich der Postbote an, den kenne ich noch aus meiner Zeit von ganz früher, er brachte damals die Post auf den Bauernhof. Wir plauderten, er hatte überraschenderweise Post für mich und natürlich den Postkalender im Angebot, und selbstverständlich kaufte ich ihm einen ab. Den Postkalender zu kaufen, genau wie den Kalender der Feuerwehr, gehört hier zum guten Ton (auch wenn ich zumindest den der Feuerwehr sofort entsorge) man zeigt damit seine Wertschätzung. Der Postkalender ist auch nicht mehr das, was er mal war, ich hänge ihn auch keinesfalls auf, sondern lege ihn in eine Schublade, immerhin ist er eine verlässliche Hilfe bei den Namenstagen, aber einen guten Draht zum Postboten zu haben, ist allemal wichtig und in den Bergen nochmal mehr als in der Stadt.

Ich suchte ein Paar Spikes, die ich Monsieur letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt habe, die schnallte ich an meine Schuhe und kam so von nun an rutschfrei durchs Dorf.

Am Donnerstagnachmittag verpackten wir Plätzchen in Tüten und dekorierten schon einmal die Dinge im ebenerdigen Keller, denen Feuchtigkeit nichts anhaben kann (wir stellten beispielweise die Santons, die provenzalischen Krippefiguren auf), durch den Keller floss nämlich Wasser – der viele Schnee, das Schmelzwasser, was auch immer, ein breiter werdendes Rinnsaal kam uns aus den Tiefen des vollgestellten Kellers entgegen. Wir informierten die Besitzerin, machten Bestandsfotos – wir wollten nicht Schuld sein, wenn dort Gelagertes unbrauchbar geworden ist. Wir nutzten den Keller natürlich trotzdem – es gab keine Alternative.

Zwei Männer versuchten das Eis auf dem Platz aufzuhacken und wegzuschippen. Einer von ihnen maulte, er sähe das gar nicht ein, dass er das machen muss, er habe bereits vor seinem Haus geräumt, basta, außerdem würde es am Freitag sowieso wieder schneien.

Lange Diskussionen, aber wenn ich etwas kapiert habe in all den Jahren, dann, dass das Dorf nur funktioniert, wenn jeder ein bisschen mehr als nur “seins” macht und eine Mitverantwortung für das Dorf übernimmt. Und das vor allem im Winter! Ich hackte dann auch das Eis vor dem Haus eines älteren Nachbarn auf und schaufelte es weg, und als ich gerade aufhören wollte, stand eine alte Dame im Schnee vor mir. Bis hierher kam sie, vor ihrem Haus aber ist es glatt. Sie sei mit ihren Kindern gekommen, sagte sie stolz. Ich murmelte etwas in meinen nichtvorhandene Bart, ob der Kinder, die sie bei diesen Bedingungen nicht mal zum Haus begleiten und den Weg freiräumen wollten, und hackte schnell auch vor ihrem Haus etwas Eis und schippte es zur Seite. Das alles mit der neuen Schneeschaufel übrigens. Es gab nur eine einzige im Baumarkt! Später am Abend backte ich mehrere Fuhren salzige Tarteletts für den Weihnachtsmarkt, die ich dann einfror.

Nachts begann es wieder zu schneien, es schneite auch den ganzen nächsten Tag. Morgens packte ich beherzt die Schneeschaufel und schippte den kleinen Pfad vor dem Haus frei und hatte im Nu nasse Füße. Ich verstand es erst gar nicht, ich hatte doch die Super-Schnee-Schuhe an, die ich noch aus meiner aktiven Berg-Zeit besitze, und die ich kaum getragen habe. Das Plastik aber, ungetragen oder nicht, ist im Laufe der Jahre, in der die Schuhe im Schrank standen, mürbe geworden und brach beim ersten Schritt im Schnee entzwei. Mit klitschnassen Füßen tauchte ich bei der Freundin zum Kürbis- und Gemüseschneiden für 30 Liter zu kochende Suppe auf. Die Freundin steckte mich erstmal in Fellhausschuhe und leiht mir dann warme schneetaugliche Allroundschuhe in meiner Schuhgröße. Ich wüßte echt nicht, was ich ohne sie gemacht hätte!

Nach und nach kamen die die Dorfbewohner fürs Wochenende an. Man begrüßte sich, redete, aber so gut wie keiner gibt und will Küsschen, viele sind erkältet, manche hatten und manche kommen nicht wegen Covid. Es gab gleichmal Diskussionen wegen der vielen großen Hunde, die unangeleint und außer Rand und Band durchs Dorf rannten. Ein großer, sehr süßer, aber sehr ungestümer Hund hat Tendenz, Leute zur Begrüßung anzuspringen. Das mögen nicht alle und bei Glatteis, bei dem sowieso alle herumeiern, ist es nicht so geschickt. Jemand brüllte den Hund an, ein andere gab ihm einen Tritt. Das mochte widerum sein Besitzer nicht. Es wurde laut.

Wir machten noch hunderterlei Dinge, suchten die Waffeleisen für den Waffelstand, die Töpfe für den Glühwein und den heißen Apfelsaft, bereiteten eine Tombola vor, stellten vier Geschenkkörbe zusammen, schrieben Nummern auf Zettelchen, bauten einen kleinen Heizkörper zusammen, der am nächsten Tag den Keller heizen soll (was ihm nicht gelang), stellten Tische im Festsaal, und dort sollte später noch ein Lichterhimmel aufgehängt werden; spätabends backte ich erneut, dieses Mal salzige Muffins und eine letzte Fuhre Tarteletts und stellte fest, dass mir jetzt Eier fehlen. Ich schickte Monsieur zur Freundin. Auf seinem Rückweg zog das Eis auf den Wegen schon wieder an.

Am frühen Morgen des Weihnachtsmarkttages rutschten wir alle wieder mühsam über Glatteis durchs Dorf (nur ich nicht, ich habe Spikes!); die Männer, die sich zusätzlich auf dem Platz zum Helfen einfinden, warfen nun überall Erde und Schotter hin, der Platz sah jetzt dreckig aus, aber immerhin war er nicht mehr glatt. Wir transportierten und dekorierten Süßes und Salziges und auch alles andere. Zwei Ausstellerinnen haben sich bis zu uns durchgekämpft. Mutter und Tochter, sie bieten Honig und Honigprodukte (Honigkuchen, Bonbons, Propolis) und Schmuck an. Wir stellten ihnen ein Zelt auf, ein zweites Zelt bleibt leer, es kommt kein weiterer Aussteller mehr. Also stellten wir selbst einen Tisch auf und verteilten unser Angebot.

Später wurde es wärmer, die Sonne kam sogar heraus, was aber vor allem bedeutete, dass Schnee und Eis nun tauten, und von allen Dächern tropfte, floss und platschte es. Regenrinnen haben in diesem Dorf, genau wie Schneebremsen auf dem Dach, eher Seltenheitswert. Rund um die beiden Zelte platschte es und spritzte. Da man den Musikern wegen der Witterung abgesagt hat, hatten wir nun keine Musik. Jemand stellte uns kurzfristig eine fahrbare Anlage in den Keller, alle fummelten daran herum, aber niemand weiß, wie sie funktioniert, und wir kriegen keinen Ton aus ihr raus.

Die Bürgermeisterin plante erstmals ein Krippenspiel mit den Kindern, brauchte dafür aber Kissen, damit die Kinder in der Kirche auf dem Boden sitzen können. Wir haben große und lose Kissen auf dem Sofa, ich packte sie in große Plastiktüten und stapfte damit zur Kirche. Mit mir stapft noch ein Elektriker dorthin, der sich trotz des Wetters als Nothelfer einfand, denn in der Kirche geht entweder Licht oder Heizung, wenn man beides anschaltet, fliegt die Sicherung raus. Ohne Heizung ist es in der Kirche aber definitiv zu kalt.

Fast alle Dorfbewohner, die zum Weihnachtsmarkt-Event gekommen sind, sind jetzt auf dem Platz, alle plaudern mit allen, begucken die Dinge, die es zu kaufen gibt, kaufen auch das eine oder andere, der Aubergist serviert Kaffee, die ersten Waffeln werden gebacken, kleine Kinder rennen herum und auch die Hunde sind wieder überall, auch in unserem Weihnachtsmarkt-Keller liegt immer ein Hund im Weg herum, nicht alle finden das toll, aber man will auch niemanden vergraulen. Wir Organisatorinnen kaufen alle etwas von den beiden einzigen Ausstellerinnen, denen wir außerdem Glühwein und Waffeln spendieren. Man muss die Damen ja ermutigen, wiederzukommen. Am späten Vormittag kommt wie jedes Mal der als Nikolaus verkleidete Schäfer, verteilt Mandarinen, Kekse und Schokolade an die Kinder, und die, die mögen, und das sind in der Regel alle, dürfen eine Runde auf dem braven Esel drehen.

Wir wärmen derweil die Suppe auf, lassen uns die schweren Töpfe auf den Platz tragen und servieren dort für alle gratis Kürbissuppe. Viele suchen die letzten Sonnenstrahlen in einer Ecke des Platzes, essen, plaudern und trinken Glühwein.

Dann flüstert uns jemand zu, dass im Festsaal zwar der Lichterhimmel angebracht, nicht aber die Tische gedeckt worden seien. Wir sehen uns an und verdrehen ein wenig die Augen. Es ist seit letztem Jahr eigentlich nicht mehr unsere Aufgabe, oder sagen wir, man hat uns letztes Jahr hinauskomplimentiert, es fühlt sich aber anscheinend niemand anders dafür zuständig, wir machen es also zähneknirschend und schweigend trotzdem. Als wir zurückkommen, werden händeringend Kartenspieler für den Belote-Wettbewerb gesucht. Zusätzlich zum Konkurrenz-Markt im großen Nachbardorf gibt es nämlich in einem anderen Dorf eine weitere Konkurrenzveranstaltung: einen großen Belote-Wettbewerb, den viele passionierte Kartenspieler interessanter fanden als unseren. Ich meine, kann man sich in diesen Dörfern, in denen sich alle kennen, auch die Bürgermeister, nicht ein bisschen besser abstimmen? Ich wecke den Gatten aus seiner Sieste und schicke ihn zum Kartenspielen in die Auberge; sie sind dort so wenige, dass am Ende alle etwas gewinnen. Immerhin etwas.

Die Bürgermeisterin sammelt nun die Kinder ein und probt mit ihnen ein Krippenspiel, eine provenzalische Pastorale, das/die abends in der Kirche aufgeführt werden soll; dass die Kinder nach der Probe das Lebkuchenhaus aufessen dürfen, hat dabei einen gewissen Überzeugungsfaktor.

Natürlich sprechen die Kinder die Rollen später nicht, dafür war es viel zu kurzfristig, das tun der Pfarrer, die Bürgermeisterin und eine Freundin von ihr, die Kinder mimen aber ihre Rollen: Der kleine Sohn des Schäfers spielt mit lässiger Größe einen Schäfer, bedauert allerdings, dass er keinen echten Hund mit in die Kirche hat bringen dürfen, zwei Kleine gefallen sich in der Rolle der freundlichen Ochsen und Esel, der kleine schüchterne Joseph muss von seiner Maria immer mal geschubst werden, damit er sich bewegt, und sie bringt dann, sehr zackig, das Jesuskind auf die Welt, in der Provençe, klar.

Es gibt noch ein paar mehr Rollen, darunter der “Ravi”, ein einfacher und naiver Charakter, der sich über alles freut (und der als Santon immer mit freudig erhobenen Armen dargestellt wird)

freudig und sehr stolz gespielt von der (cleveren!) kleinen Tochter der Schäferfamilie – bis hin zu den heiligen drei Königen – und natürlich sind alle Eltern und Großeltern anwesend, machen stolz und gerührt Fotos – durchaus ein kluger Schachzug, um die Kirche voll zu kriegen, und tatsächlich sind dieses Mal ein paar Leute da, die sonst nicht in die Kirche gehen. Wir nehmen also die Weihnachtsgeschichte vorweg und vom Heiligen Nikolaus, obwohl anwesend, spricht keiner mehr. Alles ist anders heute und der Pfarrer erlaubt sogar, dass wir zum Abschluss ein profanes Lied singen: L’important c’est d’aimer von Pascal Obispo, das wir dann durch die Kirche schmettern: Wichtig ist, dass wir lieben!

Hier die Karakoke-Version, falls Sie mitsingen wollen (nicht ganz einfach!)

Und danach gibt es einen geselligen Apéro in der Kirche. Dann schlittern wir zurück, ziehen uns ein bisschen weniger winterlich und weniger warm an, und es geht in den Gemeindesaal für das festliche Abendessen – das der Metzger und Traiteur aus dem “großen” Dorf liefert und serviert. Er konnte wegen des Glatteises natürlich auch nicht mit dem Auto bis zum Festsaal fahren, sodass sie mit seiner Frau und Tochter alles in riesigen Thermosbehältern haben tragen müssen. Das Leben in den Bergen kann, insbesondere im Winter, echt anstrengend sein.

Das Essen ist lecker, die Stimmung ist nett. Die Bürgermeisterin hält eine kleine Rede und dankt uns namentlich für unsere Arbeit und bedauert die Konkurrenzveranstaltungen, die uns Gäste von außerhalb abgezogen haben. Aber alle sind sich einig, es war ein schönes Event, mit dem wir am Ende des Jahres noch einmal die Dorfbewohner versammelt haben. Die Geschenkkörbe werden verlost und der Inhalt gefällt sehr. Wir sitzen an einem Tisch, an dem lustig erzählt wird und man muss uns gegen Mitternacht beinahe rauswerfen. Es regnet natürlich schon wieder, als wir nachhause laufen. Sehr sehr müde falle ich ins Bett.

Am Sonntag sind wir bei den Schäfersleuten zum Essen eingeladen und ich muss nicht kochen, hurrah, (ich backe nur schnell morgens einen Kuchen, denn so macht man das hier – man fragt, ob man etwas mitbringen kann und wenn ja, dann ist es in der Regel das Dessert). Auch dort ist es nett und gesellig und wir kommen satt und müdegequatscht erst am späten Nachmittag zurück – weshalb ich erst spät abends hier zu tippen beginne und dann irgendwann wieder erschöpft ins Bett falle.

Und heute, am Montag, war Aufräumen angesagt! Und auch die Natur räumt auf, es ist unglaublich, es taut wie verrückt, es liegt fast kein Schnee mehr und vor allem ist nirgends mehr Glatteis! Und das Dorf ist leer. Was für ein Kontrast! Gestern war es noch wuselig und laut im Dorf, heute ist es wie ausgestorben. Andere finden das immer deprimierend, mir tut die Stille gut. Ich bin nach solchen intensiven trubeligen Tagen, so euphorisierend es im Moment sein kann, völlig erschöpft und ausgelaugt. “Sozialkater” nenne ich es, denn nach Tagen voller Kontakte fühle ich mich, als habe ich Nächte durchgezecht. Ich verpacke also heute früh alleine und in aller Stille die kleinen Santons und freue mich an ihren nett gezeichneten Gesichtern: was für eine Arbeit! Sie sind alle handgefertigt und handbemalt von einem Santonnier, einem Krippenfigurenhersteller, der seinerzeit als “bester” seiner Zunft ausgezeichnet wurde. Leider hat er sich zur Ruhe gesetzt; sein Atelier wurde zwar übernommen, der neue Santonnier hat aber nicht mehr diesen feinen Strich, der jeder Figur ein besonderes Aussehen gibt.

Aber schon kommt die Freundin dazu und wir entfernen nun zügig die weihnachtliche Deko, sämtliche Girlanden und Lichterketten und auch die weihnachtlichen Duschvorhänge. Nur der Baum auf dem Platz bleibt, und der Schneemann an der Tür darf auch hängenbleiben bis zum nächsten Jahr! Die beiden anderen Schneemann-Duschvorhänge, die wir eigentlich noch hatten, sind übrigens verschwunden, bevor sie dekoriert werden konnten. Die Freundin zweifelt schon an ihrer Wahrnehmung. “Wir hatten doch drei?” Fragt sie mich. Ja, wir hatten definitiv drei davon, ich erinnere mich gut. Ich bin durchaus nicht traurig, dass wir nur noch einen haben, kann mir allerdings beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie jemand geklaut haben sollte. Und nein, ICH habe sie nicht verschwinden lassen, ich schwöre!

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Wmdedgt Dezember 2023

Heute ist der 5. des Monats, Eingeweihte wissen es schon, Tagebuchbloggen ist angesagt: Wmdedgt, kurz für “Was machst du eigentlich den ganzen Tag” fragt Frau Brüllen jeden Monat wieder.

Gegen halb acht wache ich auf. Es regnet wohl nicht mehr. Der rauschende Autoverkehr, den ich hinter den geschlossenen Fenstern und Fensterläden wahrnehme, hört sich nach trockener Straße an. Es hat mehrere Tage geregnet. Im Bergdorf hingegen geschneit und der Schnee blieb liegen. Alles ist seither ungewiss. Für Donnerstag und Freitag wird dort nämlich erneut Schnee angekündigt. Werden wir den Weihnachtsmarkt absagen oder nicht, wurde gestern lange diskutiert. Ich suche im Handy nach einer neuen Information dazu. Nichts. Ich blättere die aktuelle Lage durch, lese dann aber zwei völlig unaktuelle Texte, Gaza kann ich mir noch nicht antun.

Monsieur öffnet energisch die Fensterläden (Sonne, hellblauer Himmel) und sagt, wir müssen HEUTE den Waschbeckenunterschrank und dies und das für das Bad der Baustelle in den Bergen kaufen, da der Installateur von dort oben uns bis eben nichts vorgeschlagen hat. Ich stehe auf und suche noch vor dem Kaffee die dazu geschriebenen Mails und Angebote in der Hängeregistratur. Habe ich schon einmal darüber geklagt, dass die Ablage in Frankreich vollkommen anders funktioniert? Die Ordner werden anders organisiert und anders eingehängt, mit dem Schild an der hinteren Pappe, das heißt, der Hänge-Ordner öffnet sich nach vorne, das Aktuelle wird dann aber hinten eingeordnet. Ich kann mich an dieses System nicht mehr gewöhnen und finde nie etwas, und muss, wann immer ich etwas suche, den ganzen Ordner rausnehmen und durchsuchen. Ich finde die Mail mit dem Angebot dennoch nicht und suche sie jetzt im PC und drucke sie aus. Wir diskutieren über dies und das. Was wollen wir? Wo gehen wir hin und warum. Nebenbei trinke ich einen Kaffee und esse ein Stück Rührkuchen.

Dann gehe ich ins Bad. Um halb zehn sind wir bereit, als eine dringende Mail mit einem angehängten Video eintrifft: Wasser dort, wo es nicht sein soll, in der Küche bei einem Mieter. Im alten Haus, in dem vor zwei Wochen schon ein Keller voller Wasser stand, weil ein Abflussrohr außerhalb des Hauses (das Stück unter dem Trottoir, das zur Kanalisation führt) kaputt ist. Es wurde zwar kurzfristig behoben, aber das Rohr muss repariert werden. Im Prinzip gibt es ein Gesetz, das besagt, dass Reparationen der Kanalisation außerhalb des Hauses von der Stadt übernommen werden. Davon will die Stadt aber nichts wissen. Wir werden es wohl selbst zahlen, warten aber noch immer auf den Kostenvoranschlag vom Abwasserentsorgungsdienst. Monsieur begibt sich also mal wieder als ersthelfender Laieninstallateur zum Ort des Geschehens.

Ich fange an hier zu tippen und mache mir einen weiteren Kaffee und nasche probehalber zwei Vanillekipferl, die ich gestern für den Weihnachtsmarkt (es ist eigentlich ein Nikolausmarkt, wissen Sie aber schon) gebacken habe. Nach dem ersten missglückten Versuch (mürbe, aber fade), habe ich nun schon zum zweiten Mal Kipferl nach dem Familienrezept meiner Freundin A. gebacken. Herzensdank! Sie wurden sehr lecker! Kleiner Tipp: für Vanillekipferl, die nach Vanille schmecken sollen, nicht mit echter Vanille sparen!

Der Mieter ruft nun aufgeregt an (er spricht kein Französisch, weshalb die Kommunikation meistens über geschriebene Nachrichten oder die Tochter erfolgt). Ich versichere ihm, dass Monsieur schon unterwegs ist, frage mich aber auch, warum er noch nicht da ist. Ich hoffe, es ist nicht gleichzeitig auch irgendwas mit dem Auto. Monsieur hat – aus Gründen – kein Handy. Dass ich ihn nicht erreichen kann, ist manchmal etwas anstrengend, und das, obwohl ich es ja auch noch kenne, ohne Handy und ohne die stets und ständige Rückversicherung zu leben. Mit Anfang zwanzig habe ich zwei Monate in Italien verbracht, meine Eltern genau einmal angerufen, dass ich gut angekommen bin und vermutlich noch ein freundliches Kärtchen geschrieben, dass dann zwei Wochen später ankam. Damit mussten sie klarkommen. Kann man sich heute nicht mehr vorstellen.

Ich frage die Freundin nach den Neuigkeiten im Dorf, bekomme Fotos von Menschen, die kniehoch im Schnee stehen und Autos freischaufeln. Ich habe gestern via Internet beim Baumarkt und bei einem Gartencenter schon nach einer Schneeschaufel geschaut, das Angebot in Cannes ist verständlicherweise stark reduziert. Eine (überschaubare) Schneeschaufelauswahl wird es nur in den landwirtschaftlichen Cooperativen im höher gelegenen Hinterland geben. Die sind bei Schneefall dann aber auch schnell ausverkauft. Ich werde froh sein, überhaupt etwas zu finden. Die Musik für den Weihnachtsmarkt wurde abgesagt, erfahre ich, und die kleinen Zelte werden erstmal nicht aufgebaut, unter der kommenden Schneelast würden sie zusammenbrechen. Was wir konkret damit machen, sehen wir am Samstag, wird mir geantwortet. Am Samstag! Da findet er schon statt, der Weihnachtsmarkt! Voilà, das ist südfranzösische Spontanität. Bis zum Schluss wissen wir nicht, wie und was wir machen, oder ob wir doch alles ganz anders machen oder nicht. Manchmal macht es mich auch nach über 18 Jahren noch wahnsinnig.

Wie schon in den letzten Tagen, überprüfe ich den Lieferstatus von zwei Bestellungen. Einmal ein riesiges Paket mit viel Dresdner Christstollen und einmal Funktionsunterwäsche für die frierenden Enkelkinder in Lyon. Wird wohl beides nicht rechtzeitig ankommen. Die Christstollenlieferung, obzwar schon lange unterwegs, wurde wohl durch den Schnee irgendwo blockiert und kommt nicht weiter. Ob sie noch vor meiner Abfahrt in die Berge ankommt, ist ungewiss. Das ist doof, ich wollte einen Teil gerne da oben verschenken. Danach werden wir uns in alle Winde zerstreuen und uns erst im nächsten Jahr wiedersehen, bisschen zu spät für Christstollen. Die Funktionsunterwäsche sollte ein Geburtstagsgeschenk für beide Enkelkinder sein, die im kalten Lyon frieren. Der Geburtstag ist morgen, die Eltern werden am Wochenende nach Lyon fahren – aber meine Bestellung harrt noch in den Starlöchern, so wie es aussieht.

Es kommen noch diverse Nachrichten aus dem Bergdorf, auf die ich reagieren muss, unter anderem wird gefragt, ob ich auf dem Weg nach oben Kommissions-Ware von einer Ausstellerin, die am Samstag lieber im “großen” Bergdorf verkaufen will, mitbringen könne. Kann ich, klar. Das zukünftige Prozedere muss mehrfach hin-und hergesendet werden. Immerhin, der Weihnachtsmarkt soll wirklich stattfinden. Ich hatte ihn gestern in Gedanken, und durchaus mit einer gewissen Erleichterung, schon abgehakt. Nun also, erneut Motivation dafür zusammenkratzen.

11.50 Uhr. Ich bereite Essen vor. Ofengemüse, Polenta und ich mariniere uns je eine Scheibe Lammkeule mit Knoblauch und Rosmarin und Olivenöl.

12.20 Uhr. Das Handy ploppt wieder auf. Die Tochter des Wasserschaden-Mieters teilt mir mit, dass Monsieur noch eine Weile bei ihnen bleiben wird, um mit dem richtigen Installateur weiter zu arbeiten. Das immerhin ist ein (neu erworbenes) Zugeständnis von Monsieur, mich über andere informieren zu lassen, da er weiß, dass ich mir ab einer gewissen Zeit doch Sorgen mache, vor allem, wenn er zum Essen nicht rechtzeitg da ist!

Da ich Hunger habe, schiebe ich das Ofengemüse und die Polenta in den Ofen. Das werde ich schonmal braten und dann essen. Später, wenn Monsieur kommt, brate ich ihm das Lammfleisch. Ich decke den Tisch, stelle fest, dass ich kein Brot mehr habe, auch keines mehr im Gefrierschrank. Tant pis, dann eben ohne Brot.

13 Uhr esse ich Ofengemüse (Blumenkohl, Karotten, Lauch) und Polenta. Danach die Hälfte einer überreifen Mango.

Ich tippe hier ein bisschen und will mich dann zur 20 minütigen Verdauungssieste hinlegen. Im Bad sehe ich den Wäscheberg und ich erinnere mich, dass ich dringend Bettwäsche waschen wollte. Wenn die Sonne scheint, kann ich die großen Wäschestücke nämlich draußen trocknen. Drinnen dauert es zu lang. Ich werfe also schnell noch die Wäsche in die Maschine, stelle ein Kurzprogramm an, so dass die Wäsche später wenigstens noch etwas Nachmittagssonne bekommen wird. (Ich könnte mich erneut aufregen über den französischen Supermarkt, wo Nachfüllprodukte teurer verkauft werden als das Produkt in der Originalverpackung. Was soll das? Wer ökologisch denkt und weniger Verpackung will, soll gefälligst mehr zahlen? Es interessiert hier einfach keinen! Ich habe also gestern knurrend wieder eine große Flasche Waschmittel erstanden.)

14 Uhr: Kaum liege ich, kommt Monsieur nach Hause. Er ist erschöpft. Also mache ich ihm erstmal sein Essen warm. Es war nicht das Abflussrohr-Problem, sondern ein anderes. Es ist ein altes Haus. Glücklicherweise hat er einen Installateur gefunden, der bereit war, sofort zu kommen und außerdem seine Mittagspause durchzuarbeiten. Selten in Frankreich.

14.40 Uhr Sieste.

15.37 Uhr. Ich war tatsächlich über die zwanzig Minuten hinaus eingeschlafen. Hänge dann eilig die Wäsche auf den Balkon. Monsieur hat keine Energie mehr, um nach Waschbeckenunterschränken zu schauen, ich gehe also kurz in die Stadt, um das zu machen, was ich eigentlich heute früh schon vorhatte, ein paar Dinge einzukaufen, die ich zu Tetiana in die Ukraine schicken will. Schon beim Gedanken daran bricht mir das Herz. Die Ukraine. Israel. Es ist nicht zum Aushalten.

In der Innenstadt laufe ich nur schnell von A nach B und C und wieder zurück, den Weihnachtsmarkt lasse ich schnöde links liegen, und habe auch keine Muße, die Weihnachtsbeleuchtungen zu fotografieren. Bin am Ende leider nicht so erfolgreich, wie ich gern gewesen wäre und werde das Paket nicht mehr morgen fertig bekommen. Dann also erst nächste Woche. Hoffen wir, dass es dann noch einen Transporteur gibt, der vor Weihnachten hinfährt.

Ich warte lange auf den Bus, kaufe beim Aussteigen beim Bäcker noch ein frisches Brot und bin um 19 Uhr wieder zuhause. Monsieur schaut Nachrichten. Ich bekam eine Mail für eine Textfreigabe, die ich überfliege, deren Kürzungen ich später oder morgen noch einmal genauer ansehen muss. Ich hole die Wäsche wieder vom Balkon, besonders trocken ist sie nicht geworden. Dann koche ich Karotten-Ingwer-Kürbissuppe mit dem Kürbis der auf deutsch “Langer von Neapel” heißt. Hihi. Ausgezeichneter Kürbis! Viel mehr wird heute nicht mehr passieren. Doch, das Handy ploppt gerade noch einmal auf: die Weihnachtsmarkt-Freundin aus den Bergen schickt mir nochmal eine kleine Einkaufsliste mit Dingen, die ich morgen besorgen und am Donnerstag mitbringen soll.

20.40 Uhr: Wir essen Suppe und den Rest des Fleisches von heute Mittag.

Danke fürs Lesen meines Dienstags. Schönen Abend! Die anderen Tagebuchblogger finden Sie wie immer verlässlich bei Frau Brüllen!

ps: gerade bei einer anderen Bloggerin gefunden und mich erinnert: ich habe heute irgendwann auch den heutigen Text in meinem Adventskalender “der andere Advent” gelesen. Aber heute ist das Innehalten dabei nicht so richtig gelungen, deswegen habe ich wohl auch vergessen, es aufzuschreiben.

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Südfrankreich kann sehr kalt sein

Gerade komme ich von zwei unterkühlten Bergtagen halswehkrank zurück an die Küste und freute mich auf eine warme Wohnung, nix is, nach einem langen und ungeklärten Stromausfall nachts und vormittags, springt die eigentlich nagelneue Heizungstherme nicht mehr an. Ich komme also in eine ausgekühlte Wohnung und muss mir gar keine der vielen Kleidungsschichten ausziehen, ich lasse sogar die Mütze auf dem Kopf, und lege mich nach dem Mittagessen komplett angezogen und zuzüglich Wärmflasche ins Bett. Ich habe an der Gastherme, die “spielerisch einfach” zu bedienen ist, wie das Youtube-Tutorial behauptet, alle Knöpfe in jeder beliebigen Reihenfolge schon gedrückt, sie aus- und wieder eingeschaltet, sie springt kurz an, um dann erschöpft wieder runterzufahren. Errror 118. Was immer das bedeutet. Am Samstag könnte jemand kommen, um nach der Therme zu sehen, sagt man dem Gatten am Telefon, da muss ich leider im Hintergrund hörbar losmeckern, was dem Gatten zwar unangenehm ist, aber doch wirkungsvoll – es ist in der Tat besser, wenn ich nicht selbst am Telefon bin, denn meine in diesem Fall eisig-unterkühlte Aggressivität könnte bewirken, dass gleich gar niemand mehr kommt. Das kenne ich schon, ich lasse es also gerne den Gatten höflich aber bestimmt regeln, wenn es dann nicht läuft, meckere ich hörbar im Hintergrund. Da bekommen die Abwimmel-Sekretärinnen Mitleid mit dem Gatten und schicken uns jemanden “schon” für Mittwoch. Ich hätte ja gerne noch dringlich etwas von “fragiler Person eines gewissen Alters” und “ich bin krank” hinzugerufen, aber da hat der Gatte schon aufgelegt. Das mag er ja nicht, wenn ich auf sein Alter und seine gesundheitliche Fragilität anspiele, aber beides ist doch langsam spielentscheidend.

Später ist uns eingefallen, dass wir im Keller noch ein Gasöfchen haben. Ich glaube, diese Art von Ofen gibt es in Deutschland nicht – kann mich da aber auch täuschen; in Deutschland lebte ich (als Erwachsene zumindest) immer in gut mit Heizkörpern ausgestatteten Wohnungen, die mollig warm wurden. Oh, wie ich sie im südfranzösischen Winter vermisse, diese gut isolierten, warmen deutschen Wohnungen. Gut, das ist vielleicht auch eine Illusion, Heizkosten explodieren auch in Deutschland, ich lese vom Frieren in deutschen Dachwohnungen zumindest bei Herrn Buddenbohm. Petroleumöfen gibt es hier auch noch, die sind aber vermutlich wirklich eine sehr französische Sache. Stinken auch sehr, vor allem beim Ausschalten, weshalb man dann lüften muss, und die gerade schön erarbeitete Wärme wieder zum Fenster hinausfliegen lässt. Wenn man hingegen nicht lüftet, besteht immer die Gefahr von Kohlenmonoxydvergiftung. So kamen vor ein paar Jahren ein paar Jugendliche, die in einer Gartenhütte gefeiert und dann neben dem Öfchen geschlafen hatten, ums Leben. Wir haben aber ein Gasöfchen und das schieben wir jetzt vom Wohnzimmer in die Küche und wieder zurück. Ich kann der Wohnung beim Auskühlen zusehen, waren es 17 Grad als ich ankam, sind es jetzt, wo die Sonne weg ist, nur noch 15.

Im Bergdorf waren es am Samstag hingegen 14 Grad indoor, am nächsten Tag schon nur noch 12, und das, obwohl ich den Wohnraum immer mit ordentlichem Feuer im Kaminofen warm gehalten habe. Draußen wurde es natürlich auch immer kälter, und kaum war die Sonne weg, sanken die Temperaturen unter Null. Es erinnert mich an meine Zeit, als ich ganzjährig im Bergdorf gelebt habe, die meiste Zeit draußen war, und abends dann bis auf die Knochen ausgekühlt und kaum noch warm wurde. In dieser Zeit lernte ich immerhin ein ordentliches Feuer zu machen, eine der Fähigkeiten, auf die ich stolz bin. Auf dem Bauernhof räucherte ich seinerzeit noch ziemlich unfähig das ganze Haus ein.

Ich schlafe mit Skiunterwäsche, Mütze, Socken und Bettflasche und sage mir aufmunternd, dass ich es doch eigentlich mag, im Kühlen zu schlafen, aber erstens bin ich entwöhnt, zweitens älter geworden, dann wuselten irgendwelche Viren im Dorf herum, und einer hat sich vorwitzig bis zu mir durchgeschlagen, und aus dem Halsweh wurde eine Erkältung. Ich hoffe, es bleibt dabei und will nicht noch C*** werden.

Warum also mache ich das? Bei sportlicher Kälte im Dorf herumhängen? Weil wir den traditionellen Weihnachtsmarkt vorbereiten, darum! Wir sind die meiste Zeit nur zu zweit, die Vereinspräsidentin des Eichhörnchenvereins und ich, plus der Lebensgefährte der Präsidentin. Er macht die männlich-technischen Dinge: er schlägt drei Weihnachtsbäume und transportiert sie ins Dorf und wir stellen sie gemeinsam auf, er säubert das Dorf von all dem Laub und kümmert sich auch um Elektrizität im alten Gewölbekeller, in dem wir traditionell Glühwein und heiße Schokolade ausschenken, Waffeln backen und wo man sich bei sehr ungemütlichem Wetter ein bisschen aufwärmen kann. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg. Der Keller gehört nicht uns, sondern wird uns nur freundlicherweise zur Verfügung gestellt, er wird allerdings von der großen Familie, der er gehört, das ganze Jahr über als Abstelldepot genutzt; wir räumen also jedes Jahr aufs Neue den vorderen Teil des Kellers leer und teilen ihn mit Vorhängen, die wir auf sehr abenteuerliche Art vorsichtig anbringen (der Putz bröckelt schon ab, wenn man ihn streng ansieht) vom vollgestopften Depot dahinter ab. Die Vereinspräsidentin hat vor Jahren schon Duschvorhänge im weihnachtlichen Design erstanden, dieses Jahr hat sie unseren Weihnachtsduschvorhangbestand erneut aufgestockt, unter anderem mit drei fröhlich grinsenden übergroßen Schneemännern. Mich macht das fertig. Duschvorhänge schön und gut, sie sind strapazierfähig und können Feuchtigkeit problemlos ab. Geniale Idee eigentlich, aber dieses Design! Und wer kommt eigentlich auf die Idee, sich Schneemänner in die Dusche zu hängen? Gibt es dafür wirklich einen Markt? Unfassbar. Und ja, ich lasse es zu, dass wir mit diesen Duschvorhängen und anderem mir nicht wirklich gefallendem Dekokram arbeiten.

Der Geschmack im französischen Bergdorf ist ein anderer als in der deutschen Großstadt. Und der Geschmack der Vereinspräsidentin ist noch einmal sehr besonders. Die Idee für den Weihnachtsmarkt war zwar ursprünglich meine, im Laufe der Jahre ist es aber ihr Herzensprojekt geworden, und ohne ihren Eifer und ihre Hingabe gäbe es den Markt sicherlich schon nicht mehr, ich mag sie daher weder kritisieren noch in ihrem Elan bremsen, ich versuche nur etwas vorsichtig ordnend einzugreifen. Einen Schneemann an der Tür zum ebenerdigen Keller, kann ich mir vorstellen, er hat sowas Einladendes, mit den ausgebreiteten Armen. Ob die Bürgermeisterin, die es gerne schick haben will, und die beispielsweise die verschrammten bunten Kugeln an den Weihnachtsbäumen nicht mehr erträgt, es jetzt aushält, dass sie auf dem Platz von einem riesigen Schneemann angegrinst wird, ist allerdings fraglich. Aber da muss sie durch, nicht wahr. Wir haben noch zwei weitere Schneemann-Duschvorhänge, wer weiß, wo wir die noch unterbringen.

Wir sind die meiste Zeit zu zweit, das Rauf und Runter von der Leiter und das Gefummel in der Kälte mit Vorhängen, Lichterketten und Draht (draußen muss ja alles zusätzlich mit Draht angebunden werden, damit die Deko Wind und Wetter unbeschadet übersteht) ist anstrengend und ich bin weihnachtsdekomäßig schon gut saturiert, zuhause mache ich dieses Jahr nix, das ist so gut wie sicher! Nur einmal haben wir eine “Art-Direktorin”, die uns mit einem gewissen Hang zur Perfektion anweist, wie wir die Federboa-Girlanden um den Weihnachtsbaum auf dem Platz in möglichst symmetrischen Wellen anbringen sollen. Es sei “viel zu ordentlich” raunt mir später jemand anders auf dem Platz zu. Man kann es wirklich nicht allen Recht machen.

Wir haben schon letztes Wochenende damit angefangen, alte Lichterketten zu sichten und die Deko zu ordnen. Beim Abbauen und Aufräumen wird nämlich in der Regel alles immer nur schnell zackzack in Kisten und riesige Plastiksäcke geworfen und niemand hat Lust, das alles vor dem nächsten Weihnachtsmarkt mal schön zu ordnen. Und ja, wir sind früh dran dieses Jahr, weil wir logistisch noch eine Beerdigung eingeplant haben, von der wir nicht wissen, wann sie sein wird: Die derzeitige Dorfälteste liegt im Sterben. Es geht dem Ende zu, aber es ist ein langer und schwerer und auch schwieriger Abschied. Niemand mag sich ausmalen, dass sie möglicherweise kurz vor dem Weihnachtsmarkt sterben wird, wir müssen es aber mitbedenken. Die Präsidentin und der Lebensgefährte sind davon unmittelbar betroffen, sie tragen schwer daran, die Vorbereitungen des Marktes im Dorf und die Besuche im Pflegeheim in Nizza zu koordinieren. Schon deswegen will ich dieses Mal besonders viel mithelfen, werde auch wieder Plätzchen und am Vortag des Marktes salzige Tartes und Muffins backen. Für das Backen sind wir nur zu dritt. Die anderen Damen des Dorfes, die sich früher engagiert haben, sind entweder zu alt geworden, aus irgendwelchen Gründen gekränkt, oder sie haben sich entschieden im Dezember lieber in die Karibik zu reisen. Es sei ihnen gegönnt.

Ob wir dieses Jahr wieder mehr Publikum haben werden, ist leider auch ungewiss, denn im größeren Nachbardorf ist zeitgleich auch Markt und die Aussteller, die traditionell gerne zu uns kamen, ziehen es nun vor, lieber dorthin zu gehen. Wir tun und machen trotzdem, was wir können.

Die Dorfälteste, die ich gerne als eine kleine energische, strenge, aber auch fröhliche Dame mit blitzenden Augen und roten Apfelbäckchen in Erinnerung behalten werde, hat sich, Weihnachtsmarktlogistisch gesehen, perfekt verabschiedet. Am Sonntagnachmittag haben wir es erfahren. Die Beerdigung wird am kommenden Freitag sein. Adieu Antonia!

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12 von 12 im November 2023

Ich habe lange überlegt, ob ich heute mitmachen werde, ich erinnere mich an all die Fotos auf denen Pepita sonst dabei war. Das Frühstücks-Kaffeetrinken, bei dem sie immer auf meinen Knien lag, zum Beispiel. Das Kaffee-Foto ohne sie ist doof, finde ich. Ich mache es, mag es aber nicht. Hier also der Ihnen schon bekannte Blick aus dem Fenster. Blauester Novemberhimmel.

Spät am Vormittag gehe ich Schwimmen. Die Schranke zum Parkplatz will aber nicht aufgehen. Ich versuche es zweimal, dann suche ich mir einen anderen Parkplatz, sonntags geht das recht problemlos.

Ich nährere mich dem Schwimmbad von einer anderen Seite.

Ich schwimme meine vierzig Minuten mit drei anderen Damen in der Bahn. Wir haben den selben Rhythmus, das klappt ganz gut. Das letzte Mal hatte ich meine Flossen vergessen, das war schrecklich, ich hatte das Gefühl, überhaupt nicht voran zu kommen. Heute, mit den Flossen, bin ich beglückend schnell (naja, in der langsamsten Bahn!). Nach dem Schwimmen ziehe ich meine Kontaktlinsen aus.

Zuhause mache ich ein schnelles Mittagessen mit (teilweise) Resten. Riesiges und leckeres Schweinekotelett (vom Bio-Metzger, ein Genuss!), das wir uns teilen, dazu Rest-Reis mit Speck, Zwiebeln, Kreuzkümmel und Tomate aufgepimpt, und Rest-Kartoffelstampf. Anschließend Käse und eine kleine Apfeltarte (mit einem Rest-Teig), die ich gestern Abend gebacken habe.

Die französische Alternative zum Lüften heißt Papier d’Arménie. Man verbrennt Duft-Papier.

Sieste mit Einschlafmeditation.

Ich kriege nochmal die Erinnerung für die Versammlung gegen Antisemitismus in Nizza. Bis zum Schluss bin ich unentschieden, ob ich nicht doch hinfahren soll.

Hier gibt es ja weder Stolpersteine noch Mahnwachen. Niemand erinnerte sich an die Kristallnacht. Dafür werden in Paris (und anderswo) schon wieder Häuser mit Judensternen markiert und “Für Juden kein Zugang” aufgesprayt (wörtlich: Juifs out und Interdit aux juifs). Über 1250 antisemitische Straftaten gab es seit dem 7. Oktober. Ich fand die Franzosen bislang unangenehm schweigsam diesbezüglich. Über den Aufruf zu einem Marsch “Gegen Antisemitismus” heute Nachmittag in Paris war ich richtiggehend erleichtert. Aber dann begannen die Streitereien. Wenn Marine Le Pen käme, dann käme Melenchon nicht (das war in der Tat so), Präsident Macron kam auch nicht (bedauerlich finde ich), immerhin schrieb er einen offenen Brief. In Nizza hatte der Bürgermeister Christian Estrosi zu einer Veranstaltung für heute morgen aufgerufen. David Lisnard, Bürgermeister von Cannes und Vorsitzender aller französischen Bürgermeister, rief zu einer anderen Veranstaltung auf, allerdings nicht etwa in Cannes, sondern in Nizza vor der Präfektur. Er forderte Estrosi auf, seine Veranstaltung zugunsten der von ihm am Nachmittag organisierten abzusagen. Estrosi lässt sich als Bürgermeister in seiner eigenen Stadt natürlich nichts von dem konservativen Bürgermeister aus Cannes sagen. So gab es also zwei Veranstaltungen in Nizza, heute morgen eine mit Estrosi und heute nachmittag die mit David Lisnard. Mich nervte dieses Gerangel der Platzhirsche und ich ging zu keiner Veranstaltung – in Cannes wäre ich allerdings präsent gewesen und hätte mein Rendezvous mit der Samstags-Nathalie zum Papiere ordnen dafür auch abgesagt. (Foto=Endergebnis!)

Ich sah mir den Marsch in Paris dann im Fernsehen an und war gerührt, dass mehr als 100.000 Personen versammelt waren, die friedlich demonstrierten. Hier ein kleiner Film. (FAZ)

Der Gatte ist vom Bridge zurück und ich koche uns ein Karotten-Ingwer-Kürbis-Süppchen.

Abends schauen wir in der Arte-Mediathek einen großen Klassiker: Die große Freiheit. Habe ich als Kind zum ersten (und letzten) Mal gesehen und hatte mich damals sehr beeindruckt.

Ich konnte mich an Vieles nicht mehr erinnern. Ist immer noch ein toller Film!

So war mein Tag. Vielen Dank fürs Anschauen und Lesen! Jetzt gehe ich ins Bett!

Die anderen 12 von 12er gibts wie immer bei Caro von “Draußen nur Kännchen”. Oh Mann, es sind schon über hundert! Und ich bin die Hundertelfte! Wie hübsch!

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